Spruch:
Die außerordentlichen Revisionen der beklagten Parteien werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildet die Frage, ob Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche der klagenden Stadtgemeinde gegen den (mit der Planung beauftragten) erstbeklagten Architekten und gegen die (mit der Errichtung beauftragte) zweitbeklagte Baugesellschaft im Hinblick auf den Zeitpunkt der Klagseinbringung und der Stellung eines Fortsetzungsantrags verfristet bzw verjährt sind. Die Vorinstanzen verneinten eine Verfristung bzw Verjährung.
Rechtliche Beurteilung
In den außerordentlichen Revisionen der beklagten Parteien wird keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt.
1. Nach der Rechtsprechung sind die für die Hemmung und die Verjährung von Verjährungsfristen entwickelten Grundsätze auch auf Gewährleistungsfristen anzuwenden (1 Ob 119/00g = SZ 73/152; RIS-Justiz RS0018790). Für die Unterbrechung einer Verjährungsfrist oder Gewährleistungsfrist genügt schon ein deklaratives Anerkenntnis (RIS-Justiz RS0033015). Die Anerkennung muss nicht ausdrücklich erfolgen; es genügt ein Verhalten, aus dem sich entnehmen lässt, dass der Schuldner das Bewusstsein hat, zur Zahlung verpflichtet zu sein (RIS-Justiz RS0034510 [T1]). Vom Schuldner unternommene Verbesserungsversuche wurden von der Rechtsprechung als deklaratives Anerkenntnis angesehen (RIS-Justiz RS0018762). Dadurch wird der neuerliche Lauf der unterbrochenen Frist in Gang gesetzt (RIS-Justiz RS0018762 [T1], RS0032394 [T3]).
Ob eine Erklärung ein Anerkenntnis bildet, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Deren Beurteilung wirft - abgesehen von einer hier nicht vorliegenden, im Interesse der Rechtseinheit und Rechtssicherheit aufzugreifenden Fehlbeurteilung - keine erhebliche Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO auf (RIS-Justiz RS0044468).
Durch Vergleichsverhandlungen tritt nach der Rechtsprechung eine Ablaufshemmung hinsichtlich der Verjährung oder Verfristung der Ansprüche des Geschädigten bzw Gewährleistungsberechtigten ein (7 Ob 219/04p = SZ 2004/188; RIS-Justiz RS0034518). Für die Annahme von Vergleichsverhandlungen reicht es aus, dass der Gläubiger seine Ansprüche anmeldet und der Schuldner eine Stellungnahme abgibt, in der er den Anspruch nicht vollständig ablehnt (RIS-Justiz RS0034518 [T5]). Nach dem Scheitern von Vergleichsgesprächen muss die Klage innerhalb angemessener Frist eingebracht werden (RIS-Justiz RS0034450, RS0020748). Wie lange Vergleichsgespräche dauern, stellt ebenfalls eine einzelfallbezogene Rechtsfrage dar (RIS-Justiz RS0032508 [T1]), die nur bei einer krassen Fehlbeurteilung aufzugreifen ist.
Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Klage sei gegenüber beiden beklagten Parteien im Hinblick auf anzunehmende deklarative Anerkennungserklärungen und die geführten Vergleichsverhandlungen rechtzeitig eingebracht worden, ist nicht zu beanstanden.
2. Auch der Zeitpunkt der Fortsetzung der Klage nach dem Ruhen führt nicht zur Annahme einer Verfristung. Gemäß § 1497 ABGB wird die Verjährung durch die Erhebung der Klage nur unter der weiteren Voraussetzung unterbrochen, dass die Klage gehörig fortgesetzt wird. Das Erfordernis der gehörigen Fortsetzung gilt auch für Gewährleistungsfristen (RIS-Justiz RS0018790).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist eine nicht gehörige Fortsetzung der Klage anzunehmen, wenn die Untätigkeit des Klägers ungewöhnlich ist und er damit zum Ausdruck bringt, dass ihm an der Erreichung des Prozessziels nicht mehr gelegen ist (RIS-Justiz RS0034765, RS0034849). Dabei ist nicht nur auf die Dauer der Untätigkeit, sondern vor allem auf die Gründe Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0034849), die im Verhältnis zwischen den Parteien gelegen sein müssen (RIS-Justiz RS0034849 [T1]). Die Frage, ob ein längeres Zuwarten mit der Fortsetzung der Verfolgung eines Anspruchs noch hingenommen werden kann oder ob eine ungewöhnliche Untätigkeit vorliegt, ist unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Falls zu beantworten (RIS-Justiz RS0034805). Dabei darf nach der ständigen Rechtsprechung etwa die bereits verstrichene Prozessdauer bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt bleiben (RIS-Justiz RS0034719).
In diesem Licht ist die Begründung des Berufungsgerichts, dass angesichts des bereits vier Jahre dauernden Verfahrens, in dem beträchtliche Kosten aufgelaufen sind, noch eine gehörige Fortsetzung der Klage angenommen werden kann, obwohl der Fortsetzungsantrag erst sechs Monate nach dem Ende der dreimonatigen Ruhensfrist eingebracht wurde, vertretbar, hat es doch für die beklagten Parteien - außer dem Verstreichen der Zeit - keine Hinweise darauf gegeben, dass die klagende Partei ihre Ansprüche nicht mehr verfolgen wolle.
3. Mangels erheblicher Rechtsfrage sind daher die Revisionen der beklagten Parteien zurückzuweisen.
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