European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0020OB00158.16Y.0929.000
Spruch:
I. Der Antrag der gefährdeten Partei auf Berichtigung ihrer Bezeichnung wird abgewiesen.
II. Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben, und die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Rekursgericht zurückverwiesen.
Die gefährdete Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen. Die Kosten des Revisionsrekurses sind weitere Kosten des Rekursverfahrens.
Begründung:
Das Erstgericht erließ am 8. Jänner 2016 im einseitigen Verfahren eine einstweilige Verfügung (Drittverbot nach § 379 Abs 3 Z 3 EO) zur Sicherung eines Anspruchs von rund 20 Mio EUR und verfügte nach den Vorschriften der VO (EG) Nr 1393/2007 über die Zustellung von Schriftstücken (EuZVO) deren Zustellung im Rechtshilfeweg an den in London ansässigen Gegner der gefährdeten Partei. Im nach der EuZVO vorgesehenen Formular führte es als Anschrift des Empfängers dessen im Sicherungsantrag angegebene Adresse in *****, B***** Road 7 an.
Am 27. Februar 2016 bestätigte die Empfangsstelle ( Foreign Process Section der Senior Courts of England and Wales ) unter Verwendung des in der EuZVO vorgesehenen Formulars, dass die Zustellung am 10. Februar 2016 in Übereinstimmung mit dem Recht des ersuchten Staates („in accordance with the law of the Member State addressed“) an der Adresse *****, 7 P***** Place, erfolgt sei, und zwar durch Zurücklassen („leaving“) des Zustellstücks an der Türschwelle der Adresse des Beklagten („at the doorstep of the defendant's address“). Diese Bestätigung langte am 3. März 2016 beim Erstgericht ein.
Bereits am 19. Februar 2016 hatte der Drittschuldner dem Gericht die Sperre zweier Konten des Gegners der gefährdeten Partei mit einem Stand von 265.484,97 USD bzw 1.261,36 EUR mitgeteilt. Der Gegner selbst begehrte am 25. Februar 2016 durch einen Rechtsanwalt Akteneinsicht. Er brachte vor, dass ihm die Erlassung der einstweiligen Verfügung bekannt geworden sei, nicht aber deren Inhalt. Das Erstgericht verfügte daraufhin die Übermittlung der einstweiligen Verfügung an den Einschreiter. Die Daten gelangten noch am 25. Februar 2016 in dessen elektronischen Verfügungsbereich.
Am 10. März 2016 erhob der Gegner der gefährdeten Partei Rekurs, hilfsweise Widerspruch. Zur Rechtzeitigkeit brachte er vor, dass ihm die einstweilige Verfügung nicht persönlich zugestellt worden sei; maßgebend sei daher die nach § 89d Abs 2 GOG mit 26. Februar 2016 erfolgte Zustellung an seinen Vertreter. Das Erstgericht legte die Akten nach Einholen der Rechtsmittelbeantwortung, in der die gefährdete Partei auf die Verspätung des Rekurses hinwies, dem Rekursgericht vor.
Mit Schriftsatz vom 11. April 2016 teilte der Gegner der gefährdeten Partei dem Erstgericht mit, dass die Zustellung in Großbritannien offenkundig mangelhaft gewesen sei: Nach der Zustellbestätigung sei sie an der Adresse 7 P***** Place erfolgt; dort sei der Gegner nicht wohnhaft gewesen, keine der Parteien habe diese Adresse angegeben. Die richtige Adresse sei B***** Road 7. Das Erstgericht verfügte die Weiterleitung dieses Schriftsatzes an das Rekursgericht; wann es dort einlangte, ist nicht aktenkundig.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Rekursgericht den Rekurs zurück. Aus der Zustellbestätigung der Empfangsstelle ergebe sich die Zustellung der einstweiligen Verfügung am 10. Februar 2016, der erst am 10. März 2016 erhobene Rekurs sei daher verspätet. Der Revisionsrekurs sei mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.
In seinem außerordentlichen Revisionsrekurs macht der Gegner der gefährdeten Partei geltend, dass die einstweilige Verfügung in England nicht wirksam zugestellt worden sei. Das Zustellstück sei nicht an der vom ersuchenden Gericht genannten Abgabestelle, sondern an einer anderen Stelle zurückgelassen worden. An die Bestätigung der englischen Empfangsstelle, dass die Zustellung ordnungsgemäß erfolgt sei, sei das österreichische Gericht nicht gebunden. In diesem Zusammenhang regt er ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof an.
In der ihr freigestellten Revisionsrekursbeantwortung beantragt die gefährdete Partei, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben. Die Zustellung sei nach englischem Recht wirksam erfolgt; die Empfangstelle sei befugt, auch an einer von ihr ermittelten anderen Adresse des Empfängers zuzustellen. Mit der Rechtsmittelbeantwortung verbindet die gefährdete Partei einen Antrag auf Berichtigung ihrer Bezeichnung. Diese habe sich aufgrund einer „Resolution“ ihrer Alleingesellschafterin geändert, ohne dass es zu einem Wechsel des Rechtssubjekts gekommen sei. Einen Nachweis legt sie dafür nicht vor.
Rechtliche Beurteilung
I. Der Antrag auf Berichtigung der Parteibezeichnung ist abzuweisen, weil die gefährdete Partei keinen Nachweis der Änderung ihrer Bezeichnung ohne Änderung der Rechtspersönlichkeit vorgelegt hat. Aufgrund einer bloßen Behauptung kann diese Berichtigung nicht erfolgen. Ein Verbesserungsauftrag war nicht zu erteilen, weil dies die Erledigung des Revisionsrekurses verzögert hätte. Der gefährdeten Partei steht es frei, im fortgesetzten Verfahren einen neuerlichen (dann aber entsprechend zu belegenden) Antrag zu stellen.
II. Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
1. Zur Zulässigkeit des Revisionsrekurses und der Revisionsrekursbeantwortung:
1.1. Im Sicherungsverfahren kann – entgegen der Ansicht des Rechtsmittelwerbers – die Zurückweisung eines Rekurses durch das Rekursgericht nicht analog § 519 Abs 1 Z 1 ZPO in jedem Fall, sondern nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des gemäß § 402 Abs 4 iVm § 78 EO anzuwendenden § 528 ZPO angefochten werden (2 Ob 186/07b mwN; RIS-Justiz RS0044501 [T19]). Lässt das Rekursgericht den Revisionsrekurs (wie hier) nicht zu, muss der Entscheidungsgegenstand daher 30.000 EUR übersteigen. Das trifft hier zu, ohne dass ein Bewertungsausspruch des Rekursgerichts erforderlich gewesen wäre: In Exekutionsverfahren ist für den Wert des Entscheidungsgegenstands in der Regel der betriebene Anspruch maßgebend; anderes gilt nur dann, wenn die Entscheidung nicht das Verfahren als Ganzes betrifft (RIS‑Justiz RS0121365 [insb T1]). Es besteht kein Anlass, Verfahren zur Sicherung einer Geldforderung (§ 379 EO) anders zu behandeln, wobei hier auf die Höhe der zu sichernden Forderung abzustellen ist. Da diese mehr als 20 Mio EUR beträgt, ist der Revisionsrekurs nicht jedenfalls unzulässig. Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ergibt sich aus dem noch darzustellenden Mangel des Rekursverfahrens, der zur Wahrung der Rechtssicherheit aufzugreifen ist.
1.2. Der gefährdeten Partei war schon deswegen Gelegenheit zur Beantwortung des Revisionsrekurses zu geben, weil dieser mit dem (möglichen) Zustellmangel einen bisher nicht beachteten Aspekt aufzeigte. Um die nach Art 6 EMRK gebotene Waffengleichheit herzustellen, war daher dem Rechtsmittelgegner im Einzelfall die Möglichkeit zur Äußerung einzuräumen (3 Ob 162/03z, SZ 2004/26; RIS‑Justiz RS0118686). Damit kann offen bleiben, ob ansonsten an der Rechtsprechung festgehalten werden kann, wonach der Revisionsrekurs gegen die Zurückweisung eines Rechtsmittels im Sicherungsverfahrens grundsätzlich einseitig ist (RIS‑Justiz RS0005674; zuletzt 2 Ob 247/07y; dies referierend Zechner in Fasching/Konecny ² vor §§ 514 ff ZPO Rz 146; hingegen wegen Art 6 EMRK für generelle Zweiseitigkeit König , Einstweilige Verfügungen 4 Rz 6/79a; ihm folgend E. Kodek in Angst/Oberhammer , EO 3 § 402 Rz 3).
2. Die Zurückweisung des Rekurses beruht auf einem mangelhaften Verfahren.
2.1. Die Zustellung erfolgt nach Art 7 Abs 1 EuZVO außer bei einem - hier nicht vorliegenden – anders lautenden Ersuchen nach dem Recht des Zustellstaates. Dieses Recht regelt die Art und Weise, wie das Schriftstück an den Empfänger zugestellt, diesem also zur Kenntnis gebracht wird, somit den technischen Zustellvorgang (8 Ob 17/12a mwN). Fraglich ist jedoch, ob dieses Recht auch die Frage erfasst, ob die Zustellung – wie hier - an einem anderen Ort als jenem wirksam vorgenommen werden kann, der im Zustellersuchen als Adresse des Empfängers genannt ist. Das scheint nach zwei Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs (1 Ob 218/11g; 2 Ob 217/12v) zu verneinen zu sein. Danach bleibe die Frage, an welchem Ort zuzustellen sei, von der EuZVO unberührt; sie sei daher nach der lex fori des Prozessgerichts, hier also nach österreichischem Verfahrensrecht zu beurteilen.
Nähme man diese Ausführungen wörtlich, wäre die hier strittige Zustellung als unwirksam anzusehen, weil sie nach österreichischem Zustellrecht (vorbehaltlich einer Heilung nach § 7 ZustG) wirksam nur an der in der Zustellverfügung genannten Adresse vorgenommen werden könnte (9 ObA 224/93; 8 Ob 107/99i; zuletzt [wohl obiter] 3 Ob 45/08a; anders jedoch VwGH 97/08/0022; krit auch Stumvoll in Fasching/Konecny 2 § 13 ZustG Rz 9).
2.2. Die beiden zur EuZVO genannten Entscheidungen betrafen allerdings nicht die hier strittige Frage. In 1 Ob 218/11g war zu prüfen, ob einer in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft dadurch wirksam zugestellt wurde, dass das Prozessgericht die Zustellung an ein Organ dieser Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat verfügte und diese Zustellung im Rechtshilfeweg nach dem Recht dieses Staates vorgenommen wurde. Der Oberste Gerichtshof bejahte diese Frage. 2 Ob 217/12v hatte eine Postzustellung (Art 14 EuZVO) an der vom Prozessgericht angeführten Adresse zum Gegenstand, sodass sich die Frage der Abgrenzung zu Art 7 EuZVO (Zustellung im Rechtshilfeweg) überhaupt nicht stellte. Die Formulierung, dass für die Bestimmung der Zustelladresse (des Zustellorts) das Recht des Prozessgerichts maßgebend sei, bezog sich daher in beiden Entscheidungen nicht auf die Frage, ob eine nach dem Recht des Zustellstaats zulässige Zustellung an einem anderen Ort als der im Ersuchen angegebenen Adresse des Empfängers auch für den ersuchenden Staat als wirksam anzusehen ist oder nicht.
2.3. Die Formulierungen zur Maßgeblichkeit der lex fori des Prozessgerichts für die Bestimmung der Zustelladresse gehen auf nicht näher begründete Ausführungen von Lindacher (Europäisches Zustellungsrecht, ZZP 114 [2001] 188) und Heiderhoff (zuletzt in Rauscher, EuZPR/EuIPR II 4 [2015] Einl EG-ZustVO Rz 21) zurück. Was diese Autoren damit konkret meinen, erhellt am ehesten aus einem Verweis Lindachers (FN 32) auf einen Festschriftbeitrag von Gottwald (Sicherheit vor Effizienz? Auslandszustellung in der Europäischen Union in Zivil- und Handelssachen, FS Schütze [1999] 225 [231 f]). Dieser erörterte die Frage, ob nicht auch die Zustellung an Postfachadressen von Unternehmen als wirksam angesehen werden sollte, und schlug dafür international einheitliche Regelungen vor. Mit der hier interessierenden Frage befasste er sich ebenso wenig wie Lindacher und Heiderhoff .
2.4. Nach Ansicht des hier erkennenden Senats ist für die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen wirksam an einem anderen Ort als der im Zustellersuchen angeführten Adresse des Empfängers zugestellt werden kann, das Recht des Zustellstaats maßgebend.
(a) Grundsätzlich ist die Rechtswirksamkeit einer Zustellung zwar nach dem Recht des Prozessgerichts zu beurteilen (2 Ob 101/14p SZ 2014/123 mwN; Kondrig , IPRax 2007, 138 [140]). Bei der Zustellung im Rechtshilfeweg genügt jedoch, wie sich (jedenfalls) aus § 106 Abs 2 ZPO ergibt, (auch) aus österreichischer Sicht die Einhaltung der Ortsform, also der Zustellvorschriften des Zustellstaats (8 Ob 17/12a; 4 Ob 60/05k); das an sich maßgebende österreichische Recht verweist somit auf das Recht dieses Staats. Daher kann offen bleiben, ob sich die Maßgeblichkeit dieses Rechts im Anwendungsbereich der EuZVO nicht schon unmittelbar aus deren Art 7 Abs 1 und Art 9 Abs 1 EuZVO ergibt ( Peer , Die Europäische Zustellverordnung, ÖJZ 2012, 5; aA Kondrig , IPRax 2007, 138 [140]; vgl auch Brenn , EZV [2002] 44). Erst die Rechtsfolgen einer danach wirksamen Zustellung (zB das Auslösen von Fristen) sind wieder nach dem Verfahrensrecht des Prozessgerichts zu beurteilen ( Gitschthaler in Rechberger 4 § 121 Rz 8 mwN).
(b) Ersucht das Prozessgericht um Zustellung nach dem Recht des Zustellstaats (Art 7 Abs 1 EuZVO), so liegt darin nicht die (konkrete) Verfügung einer Zustellung nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes, die nach der Rechtsprechung (oben 2.1.) vorbehaltlich einer Heilung nach § 7 ZustG zur Unwirksamkeit einer Zustellung an einer anderen als der in dieser Verfügung ausdrücklich oder implizit genannten Abgabestelle führt. Denn die einschlägigen Regeln des II. Abschnitts des Zustellgesetzes erfassen nur den „technischen Zustellvorgang“ (vgl 8 Ob 17/12a) bei einer Zustellung im Inland, bei einer Zustellung im Ausland sind sie nicht anzuwenden (VwGH Ra 2015/08/0142). Bei einer Zustellung im Rechtshilfeweg werden sie (jedenfalls) aufgrund der aus § 106 Abs 2 ZPO abzuleitenden Verweisung auf das Recht des Zustellstaats durch dessen Vorschriften ersetzt. Zwar könnte ein österreichisches Gericht (theoretisch) um Zustellung nur an einer bestimmten Adresse in einem anderen Mitgliedstaat ersuchen; das wäre dann aber als ausdrücklich zu bezeichnendes Ersuchen um Zustellung in einem besonderen Verfahren nach Art 7 Abs 1, 2. Alternative, EuZVO zu werten.
(c) Ansonsten kann ein Zustellersuchen aber nur dahin verstanden werden, dass eine nach dem Recht des Zustellstaats wirksame Zustellung angestrebt wird. Sieht dieses Recht vor, dass auch an einem anderen Ort als jenem zugestellt werden kann, der im Ersuchen als Adresse des Empfängers genannt wird, so gibt es keinen Grund, eine solche Zustellung von vornherein als unwirksam anzusehen. Mit anderen Worten: Die Abgabestelle – genauer: jener Ort, der nach dem Recht des Zustellstaats der Abgabestelle iSv § 2 Z 4 ZustG funktional entspricht – ist nach dem Recht des Zustellstaats zu bestimmen ( Peer , ÖJZ 2012, 5).
(d) Zur Klarstellung ist festzuhalten, dass es dabei nicht um eine (nach österreichischem Recht zu beurteilende: 4 Ob 60/05k mwN) Heilung einer unwirksamen Zustellung geht (§ 7 ZustG). Vielmehr kann eine Zustellung nach dem Recht des Zustellstaats (wie etwa auch eine Hinterlegung nach österreichischem Recht) auch dann wirksam sein, wenn das Zustellstück dem Empfänger nicht tatsächlich zugekommen ist. In diesem Fall wäre allerdings unter Umständen ein nach Art 19 Abs 4 EuZVO zu beurteilender Antrag auf Wiedereinsetzung möglich, wobei der Anwendungsbereich dieser Bestimmung wegen des Vorrangs des Unionsrechts durch nationales Recht nicht eingeschränkt werden könnte.
2.5. Die Rolle der Empfangsstelle beschränkt sich darauf, die Zustellung sicherzustellen; sie hat nicht über inhaltliche Fragen, etwa die Berechtigung einer Annahmeverweigerung aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse des Empfängers, zu entscheiden (C‑384/14, Alta Realitat , Rn 55 f mwN). Das schließt eine förmliche Bindung an die Zustellbestätigung aus. Vielmehr ist die Wirksamkeit der Zustellung von jedem Gericht zu prüfen, für dessen Entscheidung sie präjudiziell ist. Dabei ist die mit dem Formular zur EuZVO vorgenommene Zustellbestätigung wie der Rückschein bei Inlandszustellungen (vgl RIS‑Justiz RS0040471) eine öffentliche Urkunde (§ 293 Abs 2 ZPO). Bis zum Beweis des Gegenteils ist daher von der Richtigkeit des beurkundeten Sachverhalts auszugehen. Das ist hier das Zurücklassen des Zustellstücks an der in der Bestätigung genannten Adresse. Zu prüfen bleibt aber die Rechtmäßigkeit der Zustellung: Zwar kann das Gericht bei Vorliegen der Bestätigung im Allgemeinen davon ausgehen, dass die Zustellvorschriften des Empfangsstaats eingehalten wurden. Bestehen jedoch Zweifel, hat es diese Frage von Amts wegen zu prüfen.
2.6. Solche Zweifel lagen hier vor, weil in der Bestätigung eine andere Adresse angegeben war, als sich aus den Schriftsätzen beider Parteien ergab, und der Empfänger zudem in seinem Rekurs vorgebracht hatte, dass ihm die einstweilige Verfügung erst aufgrund seines Ersuchens um Akteneinsicht zugestellt worden sei. Schon auf dieser Grundlage – also noch ohne Bedachtnahme auf den weiteren Schriftsatz des Empfängers mit den Ausführungen zu Zustellmängeln – wäre das Rekursgericht daher verpflichtet gewesen, die Rechtmäßigkeit der von ihm angenommenen Zustellung in Großbritannien zu prüfen. Das Unterbleiben dieser Prüfung begründet einen Mangel des Verfahrens.
3. Diese Erwägungen führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, ohne dass es des vom Rechtsmittelwerber angeregten Vorabentscheidungsersuchens bedarf.
Das Rekursgericht wird im fortgesetzten Verfahren durch Anfrage bei der englischen Empfangsstelle zu klären haben, ob (a) eine Zustellung nach englischem Recht wirksam auch an einer anderen Adresse als jener erfolgen kann, die von den Parteien und dem ersuchenden Gericht genannt wird, und ob (b) der Empfänger tatsächlich an der in der Bestätigung angegebenen Adresse wohnhaft war, sodass die Zustellung dort nach englischem Recht wirksam erfolgen konnte. Ob danach noch weitere Erhebungen zu Tatsachenfragen oder zum Inhalt des englischen Rechts erforderlich sind, hat das Rekursgericht zu beurteilen. Bleiben letztlich Zweifel an der wirksamen Zustellung in England und damit an der Verspätung des Rechtsmittels, so wäre es sachlich zu erledigen (RIS-Justiz RS0006965).
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 40, 52 ZPO.
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