OGH 2Ob105/16d

OGH2Ob105/16d28.6.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 30. September 2008 verstorbenen J***** S*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der erbl Tochter S***** F*****, vertreten durch Mag. Philipp Casper, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 11. März 2016, GZ 4 R 241/15p‑225, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0020OB00105.16D.0628.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 dritter Satz AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die das Hauptthema des Rechtsmittels bildende Frage der Beweislast für die Echtheit der vorgelegten „Vergleichsschriften“ stellt sich nicht:

1. Nach der Rechtsprechung können nur die in § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG genannten Mängel auch dann in einem Revisionsrekurs geltend gemacht werden, wenn sie vom Rekursgericht verneint wurden. Eine sonstige vom Rekursgericht verneinte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz kann aufgrund der klaren gesetzlichen Anordnung in § 66 Abs 1 Z 2 AußStrG aber nicht mehr im Revisionsrekurs geltend gemacht werden (8 Ob 63/13t uva; RIS‑Justiz RS0030748). Eine Ausnahme könnte nur dann vorliegen, wenn das Rekursgericht infolge unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen oder sie mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen hat (vgl 6 Ob 216/14d mwN).

2. Letzteres trifft hier nicht zu, hat doch das Rekursgericht „ungeachtet dessen“, also ungeachtet seiner zur Beweislast für die Echtheit der Urkunde vertretenen Rechtsansicht, auch ausgeführt, dass das in Maschinschrift abgefasste Pflichtteilsübereinkommen in der vorliegenden Form kein graphologisch geeignetes Vergleichsmaterial darstelle, „weil es wiederum nur eine Unterschrift enthält“. Damit bezog es sich erkennbar auf eine Äußerung des Schriftsachverständigen in der Tagsatzung vom 16. 1. 2013 (Bd I AS 492). Ob es diese richtig verstanden hat, kann dahinstehen. Denn es ist auch im Verfahren über das Erbrecht nach den §§ 161 ff AußStrG eine Frage der Beweiswürdigung, ob ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt werden soll. Diese Frage kann daher nicht erfolgreich Gegenstand eines Revisionsrekursverfahrens sein (3 Ob 1/11k; 4 Ob 177/12a; RIS‑Justiz RS0043163).

3. Mit dem in der Tagsatzung vom 22. 7. 2015 gestellten Beweisantrag begehrte die Antragstellerin eine Ergänzung des graphologischen Gutachtens zu der Pflichtteilsabfindungserklärung aus dem Jahr 1997, in der sie – obwohl bereits seit langem aktenkundig (vgl ON 99) – eine „neue Vergleichsgrundlage“ für den Schriftsachverständigen erblickte. In ihrem Rekurs hat die Rechtsmittelwerberin folgerichtig auch nur die Nichtberücksichtigung dieses Antrags als Verfahrensmangel gerügt (Bd II AS 441 ff). Mit dieser Verfahrensrüge hat sich das Rekursgericht befasst. Zu den bereits im ersten Rechtsgang vorgelegten Urkunden Beilagen ./A und ./B musste es sich in diesem Zusammenhang nicht äußern. Dem Obersten Gerichtshof aber ist die Prüfung eines behaupteten Mangels des erstinstanzlichen Verfahrens, der im Rekurs nicht gerügt wurde, verwehrt (RIS‑Justiz RS0030748 [T3]).

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