Spruch:
I. Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
II. Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden im klagsabweisenden Ausspruch über die Unterlassungs‑ und Entfernungsbegehren (Punkte 1. und 2. des erstinstanzlichen Urteilsspruchs) dahin abgeändert, dass die Entscheidung in der Hauptsache insgesamt wie folgt zu lauten hat:
„1. Die beklagte Partei ist schuldig, in Zukunft jegliche Störung des Rechts der klagenden Partei und ihrer Besucher sowie Lieferanten auf freie Zufahrt zum Grundstück Nr 909/2 KG ***** der klagenden Partei mit dem Haus D***** über das Grundstück Nr 911 KG ***** der beklagten Partei zu unterlassen, insbesondere durch Offenhalten der Schrankenanlage, sodass weder die klagende Partei noch Besucher oder Lieferanten gezwungen sind, die Schrankenanlage erst zu öffnen;
2. die beklagte Partei ist schuldig, das südöstlich des Zufahrtswegs zur Liegenschaft der klagenden Partei D***** auf einer Stange angebrachte Schild mit der Aufschrift 'Einfahrt verboten! Zuwiderhandlung wird zur Anzeige gebracht!' zu entfernen.“
III. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 8.942,40 EUR (darin 969,90 EUR USt und 3.123 EUR Barauslagen) an Verfahrenskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war auch noch nach Klagszustellung Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG *****, bestehend aus dem Grundstück Nr 909/2 mit dem darauf errichteten Wohnhaus D***** samt Nebengebäude. Seit dem Verkauf der Liegenschaft im Herbst 2012 wohnt der Kläger nicht mehr dort. Der Beklagte ist Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG *****, bestehend aus den Grundstücken Nr 2 und 911. Das ehemalige Grundstück des Klägers wird vom öffentlichen Weg über einen in der Natur als Asphaltstraße ausgebildeten Zufahrtsweg erreicht, der teilweise über ein Grundstück des Beklagten führt.
Der Kläger, der die Liegenschaft mit Kaufvertrag vom 8. 4. 2010 vom Rechtsnachfolger des Beklagten erworben hatte, benutzte diese Zufahrt zunächst ungehindert. Erst im Spätherbst 2010 entbrannte zwischen den Parteien ein Streit über diese Zufahrt. Am 24. 6. 2011 stellte der Beklagte eine Schrankenanlage, bestehend aus zwei Stehern sowie einem weißen Querbalken, auf und versperrte diese mit einem Bogenschloss. Weiters stellte er eine Fahrverbotstafel mit der Aufschrift „Einfahrt verboten! Zuwiderhandlung wird zur Anzeige gebracht!“ auf.
Nachdem der Kläger gegen den Beklagten eine einstweilige Verfügung zur Beseitigung der Schrankenanlage erwirkt hatte, demontierte der Beklagte zunächst die Schrankenanlage und das Schild. Nach Aufhebung dieser einstweiligen Verfügung durch das Rekursgericht stellte der Beklagte am 10. 9. 2011 die Schrankenanlage samt versperrbarem Bogenschloss und die Tafel wieder auf. Da er die Schrankenanlage versperrt hielt, brachte der Kläger am 22. 9. 2011 beim Erstgericht eine Besitzstörungsklage ein. Anlässlich einer Verhandlung im Zuge des Besitzstörungsverfahrens trafen die Parteien die Vereinbarung, dass „der Schranken“ in der Zeit von 8:00 Uhr bis 22:00 Uhr täglich offen sei und von 22:00 Uhr bis 8:00 Uhr „der Schranken“ (geschlossen, nicht verschlossen) heruntergesenkt werden könne. Daraufhin vereinbarten sie einfaches Ruhen dieses Verfahrens.
Bis zum 19. 5. 2012 hielt sich der Beklagte im Wesentlichen an diese Vereinbarung, ab diesem Zeitpunkt versperrte er die Schranke sporadisch und seit 13. 6. 2012 hielt er die Schrankenanlage ständig verschlossen, sodass der Kläger beim Erstgericht die Erlassung einer einstweiligen Verfügung begehrte. Diese einstweilige Verfügung wurde vom Erstgericht am 4. 7. 2012 für die Zeit bis drei Monate nach rechtskräftiger Beendigung des gegenständlichen Verfahrens erlassen, was das Rekursgericht bestätigte. Seit der Erlassung dieser einstweiligen Verfügung kann der Kläger ungehindert zu seinem Haus zufahren.
Im rechtskräftig abgeschlossenen Vorprozess der Parteien wurde festgestellt, dass dem Kläger als Eigentümer der von ihm erworbenen Liegenschaft die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens über das im Eigentum des Beklagten verbliebene Trennstück zusteht (3 Ob 172/13k).
Der Kläger begehrte (als „Wiederherstellungsbegehren“ bezeichnet) vom Beklagten, ihm und seinen Besuchern sowie Lieferanten die ungestörte Zufahrt zu seinem Grundstück Nr 909/2 über das Grundstück des Beklagten durch Offenhalten der am 10. 9. 2011 errichteten Schrankenanlage „wiederherzustellen“, sodass weder er noch Dritte (Besucher, Lieferanten etc) gezwungen seien, die Schrankenanlage erst zu öffnen. Weiters stellte er das im Spruch angeführte Entfernungsbegehren und begehrte überdies, den Beklagten dazu zu verurteilen, in Zukunft jegliche Störung seines Rechts und des seiner Besucher sowie Lieferanten auf freie Zufahrt zu seinem Grundstück Nr 909/2 zu unterlassen. Im Spätherbst 2010 habe der Beklagte seine Berechtigung zur Zufahrt über dessen Grundstück bestritten. Zu seinem Haus bestehe keine andere Zufahrtsmöglichkeit. Die Übergabe des Schlüssels für die Schrankenanlage sei vom Beklagten nur unter der Bedingung erfolgt, dass nur er allein die Schrankenanlage öffnen könne, was er nicht akzeptiert habe. Die Fahrverbotstafel bringe zum Ausdruck, dass seine Liegenschaft nicht mit einem Kraftfahrzeug erreicht werden dürfe.
Der Beklagte wendete im Wesentlichen ein, er habe dem Kläger einen Schlüssel für die Schrankenanlage ausgefolgt, dieser habe sich jedoch geweigert, den Schlüssel anzunehmen und ihm diesen retourniert. Das Entfernungsbegehren der Tafel sei unbegründet. Ein Begehren auf Entfernung der Schrankenanlage greife unzulässig in sein Eigentumsrecht ein. Seit der Vereinbarung im Besitzstörungsverfahren Ende des Jahres 2011 habe er die Schrankenanlage offengehalten.
Das Erstgericht wies die „Wiederherstellungs‑“ und Entfernungsbegehren ab (Punkte 1. und 2.) und gab dem Unterlassungsbegehren statt. Da der Kläger eine offenkundige Grunddienstbarkeit habe, könne er die „Wiederherstellung“, Entfernung und Unterlassung begehren. Da er seit der Erlassung der zweiten einstweiligen Verfügung ungehindert zu seinem Grundstück zufahren könne, sei jedoch das „Wiederherstellungs‑“ und Entfernungsbegehren abzuweisen, weil ihm das „rechtliche Interesse“ fehle. Nach § 234 ZPO sei der Kläger trotz der Tatsache, dass er nicht mehr Eigentümer der Liegenschaft sei, berechtigt, „das Verfahren fortzusetzen, wobei“ dem Unterlassungsbegehren stattzugeben sei.
Das Berufungsgericht bestätigte über Berufung beider Parteien das Urteil des Erstgerichts in der Hauptsache. Ergänzend führte es zum „Wiederherstellungsbegehren“ aus, der Beklagte habe dieses Begehren erfüllt, weil der Kläger seit Erlassung der einstweiligen Verfügung ungehindert zu seinem Haus zufahren könne und dort nicht mehr wohne. Der Beklagte habe ihn in Bezug auf die Schrankenanlage „wenngleich aufgrund der einstweiligen Verfügung ... klaglos gestellt“. Wegen der Verbotstafel könne sich der Kläger oder allenfalls dessen Rechtsnachfolger nicht für beschwert erachten, weil dem Beklagten zugebilligt werden müsse, Eingriffen Dritter vorzubeugen. Zum Unterlassungsbegehren führte es aus, dass bei Veräußerung einer streitverfangenen Sache der Kläger formell Prozesspartei bleibe und die Sachlegitimation behalte. Da sich der Beklagte nicht an die im Zuge des Besitzstörungsverfahrens geschlossene Vereinbarung gehalten und erst nach Rechtskraft der einstweiligen Verfügung den Anspruch des Klägers erfüllt habe, könne die Wiederholungsgefahr nicht ausgeschlossen werden. Auf die behaupteten Feststellungsmängel zur Ausfolgung des Schlüssels müsse nicht weiter eingegangen werden.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands (wegen des Werts der Durchfahrtsrechte) 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteige, und ließ die ordentliche Revision zu, weil das rechtliche Interesse an der „Wiederherstellung“ gegeben sein könnte, wenn sich der Beklagte durch die einstweilige Verfügung „erzwungen“ dem Begehren des Klägers füge.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Kläger gegen die Abweisung des „Wiederherstellungs‑“ und Entfernungsbegehrens erhobene Revision ist zulässig und berechtigt. Die Revision des Beklagten, die sich gegen die Stattgebung des Unterlassungsbegehrens richtet, ist ebenfalls zulässig, aber nicht berechtigt.
1. Ausführungen zu beiden Rechtsmitteln:
1.1. Das Klagebegehren der Servitutenklage (actio confessoria) im Sinn des § 523 ABGB geht je nach den Verhältnissen des Falls auf a) Feststellung der Dienstbarkeit und/oder auf Einverleibung des noch nicht eingetragenen Rechts nur gegen den oder die Eigentümer der dienenden Sache, b) Wiederherstellung, besonders durch Beseitigung der verursachten Beeinträchtigung gegen jeden Störer, c) Unterlassung künftiger Störungen gegen jeden Störer sowie d) allenfalls Ersatz des verursachten Schadens nach allgemeinen Grundsätzen (RIS‑Justiz RS0106908; zuletzt 1 Ob 185/12f = immolex 2013/49, 154 [ Maier‑Hülle ]; 1 Ob 7/13f).
Der Kläger nimmt als (nunmehr vormaliger) Eigentümer einer Liegenschaft, zu dessen Gunsten die Wegeservitut des Geh‑ und Fahrrechts auf der dienenden Liegenschaft feststeht, den Alleineigentümer der dienenden Liegenschaft als Störer mit der Behauptung in Anspruch, dieser habe unzulässig auf dem Servitutsweg eine versperrbare Schrankenanlage installiert und eine Fahrverbotstafel angebracht. Er begehrt, die Schrankenanlage offenzuhalten, die Entfernung des Schildes und die Unterlassung jeglicher Störung seines Rechts auf freie Zufahrt zu seinem Grundstück.
1.2. Klagegrund der Servitutenklage ist jede Störung der Dienstbarkeit, selbst wenn sie nur geringfügig ist, aber doch dauernd wirkt, oder wenn Wiederholung droht (RIS‑Justiz RS0037140; Hofmann in Rummel 3 § 523 ABGB Rz 6). Sie kann auf Beseitigung des Hindernisses oder der Beeinträchtigung und gegen jeden gerichtet werden, der den Dienstbarkeitsberechtigten an der Ausübung seines Rechts hindert oder ihn darin stört. Als beachtliche Störungshandlung kommt jedes Verhalten in Betracht, das unter oder auch ohne weitere Mitwirkung des Störers in adäquat‑kausaler Weise eine Beeinträchtigung der Servitut zur Folge hat (RIS‑Justiz RS0012084). Die Beschränkung der Rechtsausübung durch den Belasteten ist ohne zumindest schlüssige Zustimmung des Berechtigten nur dann zulässig, wenn die Ausübung des Rechts dadurch nicht ernstlich erschwert oder gefährdet wird (vgl RIS‑Justiz RS0011733 [T7]; RS0011740 [T6]). Erhebliche oder gar unzumutbare Erschwernisse müssen dagegen nicht hingenommen werden (RIS‑Justiz RS0011733 [T5]; 1 Ob 304/01i = SZ 2002/86 mwN).
1.3. Nach § 234 ZPO hat die Veräußerung einer streitverfangenen Sache oder Forderung auf den Prozess keinen Einfluss. Diese Bestimmung stellt nach der herrschenden Irrelevanztheorie insofern eine Ausnahme gegenüber § 406 ZPO dar, als für die Frage der Aktiv‑ und Passivlegitimation der Zeitpunkt der Streitanhängigkeit entscheidet; für die anderen Entscheidungsgrundlagen bleibt es dagegen bei der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts des Schlusses der Verhandlung der Tatsacheninstanz (RIS‑Justiz RS0109183 [T1]). Veräußerung im Sinn des § 234 ZPO wird in Judikatur und Lehre als jede wechselnde Rechtszuständigkeit der vom Klagebegehren betroffenen Sache und Forderung außerhalb einer Gesamtrechtsnachfolge definiert (RIS‑Justiz RS0039302; vgl Klicka in Fasching/Konecny 2 § 234 ZPO Rz 1 und 21). § 234 ZPO soll demnach für jede Art der Einzelrechtsnachfolge gelten (RIS‑Justiz RS0039231 [T1]; Klicka aaO Rz 18). Vorausgesetzt wird, dass nach der Veräußerung für oder gegen den Rechtsnachfolger nach dem materiellen Recht ein identischer Anspruch besteht, weil nur dann eine Rechtsnachfolge vorliegt (RIS‑Justiz RS0039231 [T7]; zuletzt 1 Ob 253/11d, dazu Klicka , § 234 ZPO und der Zuschlag in der Zwangsversteigerung, ecolex 2012, 976; Klicka aaO Rz 11; Rechberger/Klicka in Rechberger ZPO 4 § 234 Rz 1).
2. Zur Revision des Beklagten (Unterlassungsbegehren):
2.1. Nach ständiger Judikatur setzt der Unterlassungsanspruch eine Unterlassungspflicht und die Gefahr, dass dieser zuwidergehandelt wird, voraus (RIS‑Justiz RS0037660). Hat der Beklagte bereits gegen diese Unterlassungspflicht verstoßen, so hat er die Umstände zu behaupten und zu beweisen, aus denen sich gewichtige Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er gewillt ist von künftigen Störungen Abstand zu nehmen (RIS‑Justiz RS0037661; RS0012087). Dabei kommt es bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr nicht nur auf die Art des erfolgten Eingriffs, sondern auch auf die Willensrichtung des Täters an, für die insbesondere auch sein Verhalten nach der Beanstandung oder während des Rechtsstreits wichtige Anhaltspunkte bieten kann (RIS‑Justiz RS0079692). Die Wiederholungsgefahr ist auch dann aufrecht, wenn der Beklagte im Prozess seine Unterlassungspflicht bestreitet und keine Gewähr dafür besteht, dass er Eingriffe in absehbarer Zeit unterlässt (RIS‑Justiz RS0012055). Dementsprechend wird in ständiger Rechtsprechung auch vertreten, dass die Wiederholungsgefahr dann bestehen bleibt, wenn der Beklagte zwar einer einstweiligen Verfügung Rechnung trägt, aber im Prozess weiter den Standpunkt vertritt, dass er zu den beanstandeten Handlungen berechtigt ist (RIS‑Justiz RS0079564; zuletzt 8 ObA 134/04w). Da die Vermutung dafür spricht, dass derjenige, der den Verstoß bereits begangen hat, neuerlich geneigt sein wird, diesen Verstoß zu wiederholen, liegt es an ihm die besonderen Umstände darzutun, die eine Wiederholung völlig ausgeschlossen oder doch als unwahrscheinlich erscheinen lassen (RIS‑Justiz RS0080065). Es hat also der Beklagte den Wegfall der Wiederholungsgefahr zu behaupten und (im Prozess) zu beweisen (RIS‑Justiz RS0005402).
2.2. Der Beklagte bestritt das Unterlassungsbegehren und bot auch keinen Unterlassungsvergleich an. Die Fahrverbotstafel steht nach wie vor auf seiner Liegenschaft. Die anlässlich des Besitzstörungsverfahrens zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung hielt er seit 13. 6. 2012 nicht mehr ein und verschloss die Schrankenanlage. Erst seit Erlassung der einstweiligen Verfügung vom 4. 7. 2012 kann der Kläger ungehindert zu seinem Haus zufahren. Berücksichtigt man, dass der Beklagte nach Aufhebung der ersten einstweiligen Verfügung durch das Rekursgericht am 10. 9. 2011 wiederum die Schrankenanlage aufstellte, ist ohne Zweifel nach wie vor die Gefahr gegeben, dass er auch in Zukunft Störungshandlungen setzt, die in die Servitut des Geh‑ und Fahrrechts eingreifen.
2.3. Dem Kläger blieb gemäß § 234 ZPO auch nach dem Verkauf der Liegenschaft die Sachlegitimation zur Verfolgung des Unterlassungsbegehrens. Entgegen der Ansicht des Beklagten fehlt ihm auch nicht das rechtliche Interesse an der Unterlassungsverpflichtung. Er macht das Zufahrtsrecht als vormaliger Eigentümer der herrschenden Liegenschaft geltend. Das kommt im Unterlassungsbegehren auch ausreichend zum Ausdruck, wonach es der Beklagte zu unterlassen hat, das Recht des Klägers und seiner Besucher sowie Lieferanten auf freie Zufahrt zu seinem Grundstück zu stören. Eine Umstellung des Begehrens auf den Rechtsnachfolger auf Klägerseite ist zwar möglich, aber nicht notwendig (10 Ob 2003/96y; Rechberger/Klicka aaO § 234 Rz 4 mwN).
2.4. Der Revision des Beklagten ist daher ein Erfolg zu versagen.
3. Zur Revision des Klägers:
3.1. „Wiederherstellungsbegehren“ auf ungestörte Zufahrt:
3.1.1. Der Kläger begehrt vom Beklagten nicht die Wiederherstellung des früheren Zustands (Entfernung/Beseitigung der Schrankenanlage), sondern das Offenhalten der Schrankenanlage, sodass weder er noch Besucher oder Lieferanten gezwungen sind, diese erst zu öffnen. Da er seit Erlassung der zweiten einstweiligen Verfügung ungehindert zu seinem Haus zufahren kann, verlangt er mit diesem Begehren in Wahrheit die Unterlassung zukünftiger Störungen des Beklagten in der Weise, dass dieser die Schrankenanlage weiterhin geöffnet hält und nicht wieder schließt. Das Klagebegehren zielt nicht auf die Wiederherstellung eines vorigen Zustands, sondern auf die Unterlassung künftiger Störungen des Geh- und Fahrrechts des Klägers durch die vom Beklagten errichtete Schrankenanlage ab. Dabei handelt es sich somit nicht um ein „Wiederherstellungsbegehren“ (wovon sowohl die Parteien als auch die Vorinstanzen ausgingen), sondern um eine Konkretisierung des ohnehin gestellten Unterlassungsbegehrens (vgl RIS‑Justiz RS0037607).
3.1.2. Das Fahrrecht (§ 492 ABGB) berechtigt als umfassendste Wegeservitut zu seiner Ausübung für alle wirtschaftlichen Zwecke des herrschenden Grundstücks. Die Beschaffenheit des Fahrzeugs ist im Allgemeinen gleichgültig (RIS‑Justiz RS0016365 [T3]). Für die Ausübung der ungemessenen Dienstbarkeit des Fahrrechts ist das Bedürfnis der herrschenden Liegenschaft bzw des servitutsberechtigten Klägers maßgeblich (vgl RIS‑Justiz RS0011691; RS0011756) und zwar im Rahmen der ursprünglichen oder doch zumindest vorhersehbaren Bewirtschaftungsart (RIS‑Justiz RS0097856).
Die im Sinn des § 484 ABGB vorzunehmende Abwägung der Interessen der Parteien dahin, ob dem dienstbarkeitsberechtigten Kläger die durch die Schrankenanlage bedingten Erschwernisse zuzumuten sind, rechtfertigt hier nicht die vom Beklagten in Anspruch genommene Einschränkung des Geh‑ und Fahrrechts. Wird die Rechtsausübung beschränkt, dann ist dies nur zulässig, wenn die Ausübung des Rechts dadurch nicht ernstlich erschwert oder gefährdet wird. Erhebliche oder gar unzumutbare Erschwernisse müssen nicht hingenommen werden. Stets ist der Widerstreit zwischen den Interessen des Berechtigten und jenen des Belasteten einer Dienstbarkeit in ein billiges Verhältnis zu setzen (1 Ob 136/04p; 2 Ob 88/06i, jeweils mwN).
Der Beklagte hat die versperrbare Schrankenanlage errichtet, nachdem zwischen den Parteien ein Streit über die Zufahrt entbrannt war. Einen weiteren Grund für deren Errichtung nannte er nicht. Er bestritt auch nicht, dass Besucher und Lieferanten zum früheren Grundstück des Klägers zufahren. Selbst wenn festgestellt worden wäre, dass der Beklagte dem Kläger einen Schlüssel zur Öffnung der Schrankanlage übersandt hätte, den dieser retournierte, wäre dieser gezwungen, vor jeder Zufahrt den verschlossenen Schranken aufzusperren und diesen hochzuheben. Dies hindert nicht nur seine ungehinderte Zufahrt, sondern auch Besucher und Lieferanten, über den Servitutsweg auf die Liegenschaft des Klägers zuzufahren. Der Beklagte kann ein Interesse an einer Hintanhaltung einer Beeinträchtigung nicht darlegen. Dass unberechtigte Personen die Zufahrt genützt hätten, behauptet er gar nicht. Er führt kein schutzwürdiges Interesse an der Errichtung der Schrankenanlage an. Ein solches ist den Feststellungen auch nicht zu entnehmen.
Aus dem mangelnden Interesse des Beklagten an der Errichtung der Schrankanlage ergibt sich, dass der Kläger Einschränkungen seines Rechts auf ungehinderte Zu‑ und Abfahrt zu seiner vormaligen Liegenschaft nicht hinnehmen muss.
3.1.3. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts hat der Beklagte durch sein Verhalten nach Erlassung der zweiten einstweiligen Verfügung das (wie dargelegt auf künftiges Unterlassen gerichtete) Begehren des Klägers, die Schrankenanlage auch zukünftig geöffnet zu halten, weder „erfüllt“, noch ihn diesbezüglich „klaglos gestellt“. Dass der Kläger nach dem Verkauf seiner Liegenschaft nicht mehr dort wohnt, ist im Hinblick auf § 234 ZPO kein Hindernis für die Berechtigung des Unterlassungsbegehrens. Dass der Beklagte den Kläger nach Erlassung der zweiten einstweiligen Verfügung ungehindert zu seinem Haus zufahren lässt, zeigt ‑ wie zu Punkt 2.2. dargelegt ‑ nicht auf, dass keine Wiederholung des rechtswidrigen Verhaltens des Beklagten droht. Mit der zweiten einstweiligen Verfügung war dem Beklagten aufgetragen worden, unverzüglich das von ihm installierte Bogenschloss auf der Schrankenanlage auf dem Zufahrtsweg über sein Grundstück zu entfernen und den Schranken in der Zeit von 8:00 bis 22:00 Uhr täglich geöffnet zu halten bzw von 22:00 bis 8:00 Uhr geschlossen, aber nicht verschlossen zu halten; die einstweilige Verfügung gilt für die Zeit bis drei Monate nach rechtskräftiger Beendigung des gegenständlichen Verfahrens. Aufgrund der Vorgangsweise des Beklagten nach der Aufhebung der ersten einstweiligen Verfügung und seines Verhaltens nach der im Besitzstörungsverfahren getroffenen Vereinbarung ist zu befürchten, dass er sein Verhalten nur auf die Dauer der zweiten einstweiligen Verfügung ausrichtet und danach seine Störungshandlungen fortsetzt.
Entgegen der Ansicht des Beklagten, der mit seinen Ausführungen offenbar darauf hinaus will, er beachte das Fahrrecht jetzt aus freien Stücken, ist die zweite einstweilige Verfügung nach wie vor aufrecht und nicht „außer Kraft getreten bzw unvollstreckbar geworden.“ Die von ihm herangezogene Bestimmung des § 396 EO kommt nur in jenen Fällen zur Anwendung, in denen die Vornahme des Vollzugs vorangehende Maßnahmen des Sicherungswerbers voraussetzt (Sicherheitsleistung oder Kostenvorschuss). Die Exekution zur Erzwingung einer einstweiligen Verfügung aufgrund eines im Sicherungsverfahren geschaffenen Titels ist nicht an die Monatsfrist des § 396 EO gebunden (RIS‑Justiz RS0078908; RS0005850; RS0005820; E. Kodek in Angst, EO 2 ; G. Kodek in Burgstaller/Deixler‑Hübner , EO, je § 396 Rz 1).
Der Beklagte konnte somit nicht unter Beweis stellen, dass die Wiederholung der Störung durch Verschlossenhalten der Schrankenanlage nicht mehr drohe.
3.1.4. Nach § 405 ZPO ist die Anpassung des Urteilsspruchs an den sachlichen Inhalt des Klagebegehrens abweichend vom Wortlaut zulässig, sofern die Grenzen des Streitgegenstands nicht überschritten werden (RIS‑Justiz RS0041254, besonders [T4, T16]). Da der Kläger hinsichtlich der Schrankenanlage erkennbar ein Unterlassungsbegehren stellte, ist diesem in Form einer Konkretisierung des ohnehin berechtigten Unterlassungsgebots durch ein Einzelverbot stattzugeben.
3.2. Entfernungsbegehren:
Die Störungshandlung, gegen die sich der Servitutsberechtigte nach § 523 ABGB zur Wehr setzen kann, muss nicht unbedingt in faktischen Hindernissen bestehen. Auch das Anbringen von Bodenmarkierungen, das von Verkehrsteilnehmern dahin verstanden werden muss, dass sie auf den dadurch gekennzeichneten Plätzen befugt ihre Fahrzeuge abstellen können, stellt bei Behinderung des Servitutsberechtigten einen unzulässigen Eingriff in seine Rechte dar (RIS‑Justiz RS0012084). Ob eine Verbotstafel eine (zu beseitigende) Beeinträchtigung einer Dienstbarkeit ist, kann nicht ausschließlich danach beurteilt werden, ob ihr Inhalt objektiv richtig ist. Vielmehr ist auch zu berücksichtigen, welchen Eindruck sie bei einem unbefangenen Leser, insbesondere demjenigen, gegen den sich das Verbot richten könnte, erweckt (RIS‑Justiz RS0012128; zuletzt 1 Ob 185/12f = immolex 2013/49, 154 [ Maier‑Hülle ]).
Das Aufstellen der Tafel mit der Aufschrift „Einfahrt verboten! Zuwiderhandlung wird zur Anzeige gebracht!“, die für Verkehrsteilnehmer eindeutig erkennbar das Befahren des Wegs mit Fahrzeugen verbietet, ist grundsätzlich im Sinn dieser Kriterien als Störung eines uneingeschränkten Geh‑ und Fahrrechts anzusehen. Lenker von Fahrzeugen können sich durch diese Tafel dazu veranlasst sehen, eine Benutzung des Wegs zu unterlassen. Es bedeutet eine Beeinträchtigung des Interesses des Eigentümers der herrschenden Liegenschaft, wenn sowohl er als auch seine Besucher von der Zufahrt zur herrschenden Liegenschaft aufgrund des Verbots der Einfahrt und der Androhung einer Anzeige abgehalten werden können. Ob die Anzeige im Hinblick darauf, dass es sich um eine private Zufahrt handelt, von einer Verwaltungsbehörde weiter verfolgt wird, spielt hier keine Rolle. Bereits das Androhen eines solchen Übels ist ausreichend, wird doch der berechtigte Benützer (Dienstbarkeitsberechtigter und dessen Besucher) verunsichert.
Wenn das Berufungsgericht bei der auch hier gemäß § 484 ABGB vorzunehmenden Interessenabwägung berücksichtigt, dass der Beklagte mit dieser Tafel Eingriffen Dritter vorbeugen will, ist darauf hinzuweisen, dass er solche Eingriffe gar nicht behauptet. Das Aufstellen der Fahrverbotstafel resultiert allein aus der Bestreitung des mittlerweile rechtskräftig festgestellten Rechts des Klägers als Eigentümer der herrschenden Liegenschaft auf Zufahrt über die Liegenschaft des Beklagten. Da die Tafel nach wie vor angebracht ist und der Beklagte keine schutzwürdigen Interessen nennen kann, ist auch das Entfernungsbegehren berechtigt.
3.3. Entgegen der Ansicht des Beklagten stellt der Kläger seine Begehren nicht aufgrund einer ihm „ad personam“ zustehenden Berechtigung, sondern als (vormaliger) Eigentümer der herrschenden Liegenschaft. Im Hinblick auf § 234 ZPO kann keine Rede davon sein, dass sich der Kläger seines Zufahrtsrechts als Eigentümer des herrschenden Guts „begeben“ hätte.
4. Aus den dargelegten Gründen ist der Revision des Klägers daher Folge zu geben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen über das Unterlassungs‑ und Entfernungsbegehren sind im Sinn einer Klagsstattgebung abzuändern.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 43 Abs 2 1. Fall ZPO, im Rechtsmittelverfahren auch auf § 50 ZPO. Das allfällige Unterliegen bei der Wiederherstellung fällt keinesfalls ins Gewicht, erreicht der Kläger doch im Wesentlichen, was er begehrt. Dem Kläger stehen auch die im Verfahren über die einstweilige Verfügung gemäß § 393 Abs 1 EO vorbehaltenen und ‑ entgegen den Einwendungen des Beklagten ‑ dort ebenfalls verzeichneten Kosten zu. Den Einwänden des Beklagten im Kostenpunkt, die ausgehend von der erstinstanzlichen Entscheidung die unrichtige Anwendung des (gemeint:) § 43 Abs 1 ZPO relevieren, kommt im Hinblick auf die nunmehr vom Obersten Gerichtshof zu fällende Kostenentscheidung keine Berechtigung zu. Kosten für die Beantwortung der Berufung des Beklagten im Kostenpunkt sind dem Kläger nicht zusätzlich zuzusprechen (2 Ob 197/13d mwN). Ihm gebühren die Kosten für die Revisionsbeantwortung nur auf der Bemessungsgrundlage für das Unterlassungsbegehren.
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