OGH 15Os115/12v

OGH15Os115/12v17.10.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Oktober 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krausam als Schriftführerin in der Strafsache gegen Thomas K***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 25. April 2012, GZ 9 Hv 18/12m-46, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen III. und IV., demgemäß auch im Strafausspruch und im Privatbeteiligtenzuspruch an die E***** GmbH i.L. aufgehoben und in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde Thomas K***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB (I./), des Vergehens des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nach § 153c Abs 1 StGB (II./), des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (III./) sowie des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (IV./) schuldig erkannt.

Danach hat er in Gleisdorf und anderen Orten

I./ von März 2007 bis Juli 2008 als De-facto-Geschäftsführer der K***** GmbH Vermögen der Gesellschaft durch nachangeführte Tathandlungen beiseite geschafft und verringert und dadurch die Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger oder wenigstens eines von ihnen unter Herbeiführung eines 50.000 Euro übersteigenden Schadens vereitelt oder geschmälert, und zwar

1./ indem er mindestens drei Dienstnehmer der K***** GmbH beim Bau seines privaten Wohnhauses einsetzte, ohne die entsprechende Rechnungslegung an die K***** GmbH zu veranlassen, wodurch das Unternehmensvermögen zumindest um einen Betrag von 10.620 Euro verringert wurde,

2./ indem er Rechnungen im Zusammenhang mit der Errichtung des privaten Wohnhauses im Betrag von 68.338,86 Euro über die K***** GmbH bezahlte, ohne eine entsprechende Weiterverrechnung durch das Unternehmen an ihn zu veranlassen,

II./ von September 2009 bis November 2009 als De-facto-Geschäftsführer der K***** GmbH und somit als Dienstgeber Beiträge seiner Dienstnehmer zur Sozialversicherung in Höhe von 61.290,08 Euro einbehalten und dem berechtigten Sozialversicherungsträger, der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse, vorsätzlich vorenthalten,

III./ als Geschäftsführer der Ke***** GmbH Güter, die ihm anvertraut worden waren, sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

1./ von 2. März bis 8. Oktober 2010, indem er Barentnahmen in Höhe von 23.346,23 Euro zum Nachteil des Ing. Norbert E***** beziehungsweise der Firma Ke***** GmbH tätigte;

2./ am 30. September 2010, indem er sich 8.517 Euro, die die Firma S***** AG an die Firma Ke***** GmbH zu zahlen hatte, zum Nachteil der Firma Ke***** Bau GmbH auf sein Privatkonto mit der Kontonummer *****, bei der Raiffeisenbank ***** überweisen ließ,

IV./ die ihm eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und dadurch den von ihm vertretenen Unternehmen einen Vermögensnachteil zugefügt, dadurch dass er

1./ hinsichtlich der Ke***** GmbH, zu deren Geschäftsführer er gemäß § 25 GmbHG bestellt worden war, wobei er diese Funktion aufgrund des zwischen ihm und Ing. Norbert E***** abgeschlossenen Treuhandvertrags, mithin durch Rechtsgeschäft, ausübte, wobei er dem Vollmachtgeber Ing. Norbert E***** beziehungsweise der Ke***** GmbH einen Vermögensnachteil zufügte, dadurch dass er im Zeitraum 2. März 2010 bis 8. Oktober 2010 Geldbeträge in Höhe von zumindest 50.000 Euro für den von ihm in Form eines Einzelunternehmens seit 5. November 2009 betriebenen Gastronomiebetrieb C***** und das von Juli bis Ende Oktober 2010 bestehende Restaurant L***** in H***** über die Firma Ke***** GmbH ausgab bzw Personal der Firma Ke***** GmbH in seinen Gastronomiebetrieben verwendete,

2./ als De-facto-Geschäftsführer der Firma K***** GmbH im April 2008 im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben Robert und Petra I***** in ***** einen Bargeldbetrag von 40.000 Euro von Robert I***** in bar übernahm, diesen Betrag für sich einbehielt und in den Geschäftsbüchern verschwieg und dadurch dem von ihm vertretenen Unternehmen einen Vermögensnachteil in Höhe von 40.000 Euro zufügte.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Bezugspunkt jeder Anfechtung nach Z 5 des § 281 Abs 1 StPO ist der Ausspruch des Erstgerichts über entscheidende Tatsachen, das sind solche, die die rechtliche Entscheidung über Schuld- oder Freispruch oder - im Fall gerichtlicher Strafbarkeit - die Frage darüber beeinflussen, welche strafbare Handlung begründet werde (zum Begriff s Ratz, WK-StPO § 281 Rz 399; RIS-Justiz RS0117264). Indem sich die Mängelrüge gegen die Konstatierung richtet, wonach der am 27. Jänner 2010 über das Unternehmen der K***** GmbH eröffnete Konkurs am 8. März 2010 „eingestellt“ wurde (US 5), spricht sie keine solche entscheidende Tatsache an.

Soweit die Beschwerde - wiederholt ohne Bezeichnung von Fundstellen im Akt (RIS-Justiz RS0124172) - den Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall; zu I./, III./ und IV./) erhebt und unter diesem Aspekt die erstgerichtlichen Konstatierungen zur Vereinbarung vom 19. April 2010 (US 5), zur subjektiven Tatseite des Angeklagten anlässlich der (unter III./1./) inkriminierten Barentnahme von 23.346,23 Euro (US 8) und (insgesamt) zu den „zu III./2./ getroffenen Feststellungen“ (vgl US 8) beanstandet, entbehrt sie einer Darstellung, welche konkreten, in der Hauptverhandlung vorgekommenen Verfahrensergebnisse das Erstgericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellte Beweiswürdigung unberücksichtigt gelassen haben soll. Mit der schlichten Bestreitung selektiv herausgegriffener Urteilsannahmen unter Wiederholung der eigenen Verantwortung sowie dem Einwand, die (vom Erstgericht durchaus mitberücksichtigte; vgl US 10 ff) Einlassung des Angeklagten sei nicht ausreichend gewürdigt worden, wird der herangezogene Nichtigkeitsgrund ebenso wenig zur Ausführung gebracht wie mit dem (eingangs der Beschwerdeschrift erhobenen) Postulat, eine geständige Verantwortung des Angeklagten entbinde das Gericht nicht von seiner Prüfungspflicht.

Zu I./ bemängelt die Beschwerde weiters, die erstrichterlichen Feststellungen zur Gläubigermehrheit, zur vom Angeklagten bewirkten Verringerung des Vermögens der K***** GmbH und zum bewirkten Forderungsausfall des Finanzamts (US 6 f) seien „unschlüssig“, „durch die Ergebnisse des Beweisverfahrens nicht gedeckt“ und „überhaupt nicht begründet“ (der Sache nach Z 5 vierter Fall). Dabei übergeht sie die maßgeblichen Erwägungen der Tatrichter (US 6 f und 10 ff), die ihre darauf bezogenen Sachverhaltsannahmen - logisch und empirisch einwandfrei - auf den Vorstrafakt AZ 13 Hv 164/11k des Landesgerichts für Strafsachen Graz und die Einlassung des Angeklagten selbst (vgl ON 41 S 4 f) gründeten.

Die (zu I./1./) vorgebrachte Kritik, der Werklohnanspruch von 10.600 Euro für den Einsatz dreier Dienstnehmer (US 6) sei „unrichtig“ sowie überdies „unbegründet“ geblieben und es seien „Arbeitskräfte nicht dem Vermögensbegriff einer Gesellschaft zu unterstellen“, nimmt nicht Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS-Justiz RS0119370), wonach dieser Betrag den Entgeltanspruch der K***** GmbH für geleistete Arbeit repräsentiert (US 6; vgl dazu im Übrigen Kirchbacher in WK2 § 156 Rz 8), welcher rechnerisch dargestellt und mit den darauf bezogenen Erhebungsergebnissen des Landeskriminalamts Steiermark begründet wurde (US 11).

Dem Rechtsmittelvorbringen zuwider blieben auch die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite des Angeklagten zu I./ nicht unbegründet (Z 5 vierter Fall), sondern wurden aus dem gezeigten äußeren (und vom Angeklagten eingeräumten) Verhalten erschlossen (US 12), was unter dem Gesichtspunkt der Begründungstauglichkeit konkret nicht zu beanstanden ist (RIS-Justiz RS0098671, RS0116882).

Die unsubstanziierte Kritik, die Urteilsannahmen zu IV./ des Schuldspruchs (US 8 f) seien „undeutlich“ und „mit sich selbst im Widerspruch“ entzieht sich mangels der gebotenen Konkretisierung (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO) einer inhaltlichen Erwiderung. Diese Konstatierungen wurden - dem Beschwerdevorwurf (Z 5 vierter Fall) zuwider - mit Bezugnahme auf die Schilderung des Zeugen Norbert E*****, die insoweit vorliegenden Urkunden und das Geständnis des Angeklagten formell einwandfrei begründet (US 14). Dass die vom Erstgericht angestellten Überlegungen dem Rechtsmittelwerber nicht ausreichend überzeugend erscheinen und aus den Verfahrensergebnissen - insbesondere aus den Einlassungen des Angeklagten - auch andere Schlüsse denkbar wären, vermag eine unzureichende Begründung nicht darzustellen (RIS-Justiz RS0098471), sondern läuft auf die bloße Bekämpfung der den Tatrichtern vorbehaltenen Abwägung der Beweisergebnisse (§ 258 Abs 2 StPO) hinaus.

Eine der Verfahrensordnung entsprechende Ausführung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes erfordert grundsätzlich das strikte Festhalten am Urteilssachverhalt und den ausschließlich auf dessen Basis geführten Nachweis eines Rechtsirrtums. Diesen Kriterien wird die Beschwerde - indem sie die erstrichterlichen Feststellungen schlicht bestreitet und durch eigene Annahmen ersetzt - nicht gerecht.

Soweit die Ausführungen der Beschwerde (zu II./ und IV./) Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Angeklagten vermissen, werden sie auf die hiezu getroffenen Konstatierungen US 7 und 8 f verwiesen.

Der - gleichermaßen als Subsumtionsrüge (Z 10) vorgebrachte - Einwand, aufgrund der Rücküberweisung von 8.517 Euro auf das Konto der Ke***** GmbH sei mangels „begrifflicher“ Bereicherung des Angeklagten (zu III./2./) keine Deliktsvollendung nach § 133 StGB bewirkt worden, legt nicht dar, weshalb es hiefür - entgegen dem klaren Normtext (mit dem Vorsatz zueignet, … zu bereichern) - auf eine endgültige Vermögensverschiebung ankommen sollte (vgl Leukauf/Steininger StGB3 RN 14 und 30; Kienapfel/Schmoller StudB BT II RN 112, jeweils zu § 133).

Die daran anknüpfende Behauptung, „aufgrund der Beweisergebnisse habe der Angeklagte selbst die Rücküberweisung veranlasst“ (inhaltlich Z 9 lit b), setzt sich einerseits über den Urteilssachverhalt (US 8: „ohne Zutun des Angeklagten“) hinweg und verabsäumt andererseits die gebotene Darlegung, welche Verfahrensergebnisse die Voraussetzungen des offenbar angesprochenen Strafaufhebungsgrundes der tätigen Reue (§ 167 StGB) indizieren würden.

Aus welchem Grund beim Tatbestand der Untreue nach § 153 StGB (IV./) der vom (bedingten) Vorsatz des Täters umfasste Vermögensnachteil des Machtgebers ein dauernder sein müsste bzw ein umfassender Vorteilsausgleich bei der Schadensberechnung stattfinden sollte, erklärt die Rechtsrüge, die auf „Forderungen des Angeklagten gegenüber der Ke***** GmbH“ und die am 19. April 2010 vereinbarte Forderungsabtretung von 30.000 Euro an die Konkursmasse (US 5) hinweist, nicht (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 153 Rz 39).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch hinsichtlich der Schuldsprüche III./ und IV./ von dem Urteil anhaftender, von Amts wegen wahrzunehmender (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO) Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO.

Nach den zu III./ maßgeblichen Urteilsfeststellungen (US 8) nützte der Angeklagte die ihm als Geschäftsführer der Ke***** GmbH zukommende „faktische Verfügungsmacht“ mit Bereicherungsvorsatz aus und tätigte - zum Nachteil des Unternehmens - Barentnahmen von 23.346,23 Euro, welche er für sich verbrauchte (III./1./). Weiters eignete er sich den Betrag von 8.517 Euro, den die S***** AG an die Ke***** GmbH zu zahlen hatte, dadurch zu, dass er „auf dem Einzahlungsbeleg seine private Kontonummer anbrachte und sich den Betrag überweisen ließ“ (III./2./).

Diese Verhaltensweisen beurteilten die Tatrichter in rechtlicher Hinsicht als Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (US 16), was aber zur Voraussetzung hätte, dass dem Täter das Gut (jeweils) mit einem konkreten Verwendungszweck anvertraut worden ist, er solcherart den Gewahrsam am fremden Gut einvernehmlich mit dem Berechtigten erlangt hat (RIS-Justiz RS0093947; Leukauf-Steininger, StGB3 § 133 RN 3), wozu das Urteil jedoch keine (hinreichende) Aussage trifft. Die Entscheidungsgründe enthalten - anstelle von darauf bezogenen Konstatierungen - jeweils nur den Rechtsbegriff „anvertraut“ (US 8), bieten aber insofern keinen Sachverhaltsbezug (RIS-Justiz RS0119090). Dass der Angeklagte Geschäftsführer einer GmbH und daher in der Lage war, Barentnahmen zu tätigen (II./1./) bzw sich (zu III./2./) einen Geldbetrag mittels Bekanntgabe seiner Privatkontonummer überweisen zu lassen, ist nämlich für die rechtliche Annahme, es seien ihm diese Gelder mit einem konkreten Verwendungszweck anvertraut worden, noch nicht tragfähig.

Sollte der Angeklagte - was nach der Aktenlage nicht auszuschließen ist - eine ihm als Geschäftsführer eingeräumte Befugnis, über das Vermögen der Ke***** GmbH zu verfügen, wissentlich missbraucht und rechtliche Verfügungen - etwa durch Anweisung gegenüber der Bank - getätigt haben, wäre sein Verhalten - bei entsprechendem Vorsatz - dem Tatbestand der Untreue (§ 153 StGB) zu subsumieren.

Beruht die Vermögensverschiebung aber auf einer durch Täuschung über Tatsachen erreichten Verfügung eines anderen, sohin auf einer täterfremden Handlung, käme eine rechtliche Beurteilung als Betrug in Betracht (Kirchbacher in WK2 § 146 Rz 140). Da solcherart die Feststellungen des Erstgerichts durch die bloße Verwendung von Rechtsbegriffen („anvertrautes Gut“; US 8) ohne hinreichenden Sachverhaltsbezug bleiben, vermögen sie die rechtliche Beurteilung als Veruntreuung (§ 133 StGB) nicht zu tragen.

Zu Punkt IV./1./ des Schuldspruchs hielt der Schöffensenat in tatsächlicher Hinsicht fest, dass der Angeklagte zumindest 50.000 Euro für von ihm betriebene Einzelfirmen „über die Ke***** GmbH ausgab“ und „deren Personal in seinen Gastronomiebetrieben verwendete“ (US 2 und 8). Die rechtliche Unterstellung dieses Verhaltens unter den Tatbestand der Untreue nach § 153 StGB hätte zur Voraussetzung, dass die vermögensschädigende Handlung einen Missbrauch rechtlicher Vertretungsmacht darstellt, demnach in einem Rechtsgeschäft oder einer sonstigen Rechtshandlung besteht, die der Verpflichtung im Innenverhältnis widerspricht. Den darauf bezogenen Sachverhaltsannahmen (US 8) ist nicht zu entnehmen, welche konkreten Handlungen des Angeklagten mit welchem (rechtlichem) Charakter den zu IV./1./ inkriminierten Aufwendungen für gesellschaftsfremde Zwecke zu Grunde lagen. Auch insofern stellt die bloße Verwendung von dem Tatbestand des § 153 StGB entnommenen Rechtsbegriffen (US 8: „missbrauchte der Angeklagte die ihm eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich“) die für eine rechtliche Beurteilung erforderliche Feststellungsgrundlage ebenso wenig her wie die im Rahmen der Beweiswürdigung dargestellte „pflichtwidrige Abrechnung“ diverser Fremdbelege „über die Ke***** GmbH“ (US 14).

Gleiches gilt für den (zu IV./2./ inkriminierten) und in den Geschäftsbüchern verschwiegenen Empfang von 40.000 Euro, welche der Angeklagte in bar übernahm und einbehielt (US 3 und 9). Da die Tathandlung nach § 153 StGB - wie schon dargelegt - den Missbrauch einer rechtlichen Verfügungs- oder Verpflichtungsmacht erfordert, der alle Arten von Rechtsgeschäften und Handlungen mit rechtlichem Charakter, nicht aber schlichte (faktische) Zugriffe auf das Vermögen des Machtgebers meint, reicht das bloße Zueignen eines in bar übernommenen Geldbetrags hiefür nicht aus. Vielmehr käme insofern eine - von weiteren Konstatierungen abhängige - Beurteilung nach § 133 StGB in Betracht (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 153 Rz 24).

Da auf Basis des vorliegenden Urteilssubstrats eine abschließende rechtliche Beurteilung der dem Angeklagten zu III./ und IV./ angelasteten Handlungen nicht möglich ist, war in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur das Urteil in den Schuldsprüchen III./ und IV./ sowie im Strafausspruch und im Privatbeteiligtenzuspruch aufzuheben (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO) und dem Landesgericht für Strafsachen Graz insoweit die neue Verhandlung und Entscheidung aufzutragen.

Der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft waren mit ihren Berufungen auf diese kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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