Spruch:
Das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 11. März 2002, GZ 39 Hv 4/02t-9, verletzt in dem zu Punkt I ergangenen Schuldspruch das Gesetz in der Bestimmung des § 28 Abs 2 SMG. Es wird in diesem Schuldspruch und im Strafausspruch aufgehoben und im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Feldkirch zurückverwiesen, bleibt im Übrigen aber unberührt.
Text
Entscheidungsgründe:
Patrick St***** wurde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 11. März 2002, GZ 39 Hv 4/02t-9, unter anderem des Verbrechens nach § 28 Abs 2 (zu ergänzen:) vierter Fall SMG (I) schuldig erkannt.
Danach hat er von November 2000 bis Juni 2001 in Vorarlberg ein Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG), nämlich insgesamt 800 bis 1000 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von jedenfalls 8 % (demnach mindestens 64 Gramm THC) "durch Übergaben" an verschiedene Drogenkonsumenten in Verkehr gesetzt.
Das Schöffengericht traf dazu nachstehende Feststellungen:
"Im Zeitraum November 2000 bis Juni 2001 bezog der Angeklagte von dem abgesondert verfolgten Dietmar W***** insgesamt ca 1000 bis 1500 Gramm Marihuana. Davon übergab er insgesamt mindestens ca 800 bis 1000 Gramm Marihuana an verschiedene Drogenkonsumenten zum Konsum. Das vom Angeklagten in Verkehr gesetzte Marihuana hatte jedenfalls eine Konzentration von 8 % reinem THC.
Der Angeklagte handelte jeweils mit dem Wissen und dem Willen, den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr zu setzen."
Rechtliche Beurteilung
Wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, verletzt der auf diese Feststellungen gegründete Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 582 f, EvBl 2002/19) das Gesetz in der Bestimmung des § 28 Abs 2 SMG.
§ 28 Abs 2 SMG beinhaltet als sog kumulatives Mischdelikt drei verschiedene, jeweils auf ein Suchtgift in einer großen Menge bezogene Tatbestände, nämlich der Erzeugung (erster Fall), der vertauschbaren Alternativen der Ein- oder Ausfuhr (zweiter und dritter Fall) sowie des Inverkehrsetzens (vierter Fall; Foregger/Litzka/Matzka SMG § 27 Erl VI.2, 14 Os 110/99, 13 Os 60/00). Der vorliegend in Rede stehende vierte Fall des § 28 Abs 2 SMG ist stets, aber nicht nur dann erfüllt, wenn ein die jeweilige Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) erreichendes Suchtgiftquantum durch einen Einzelakt in Verkehr gesetzt wird. Mehrere, für sich allein die Grenzmenge nicht erreichende Suchtgiftquanten sind aber nur insoweit zu jeweils großen Mengen zusammenzurechnen, als der Wille (§ 5 Abs 1 StGB) des Täters von vornherein die kontinuierliche Begehung und den daran geknüpften Additionseffekt mitumfasst. Auf diese Weise kann das Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG auch als tatbestandliche Handlungseinheit iS einer fortlaufenden Tatbestandsverwirklichung begangen werden (EvBl 1999/216, 2000/136, 2001/54; JBl 2001, 802; 13 Os 74/02). Wird ein solcher Täterwille nicht als erwiesen angenommen, können derartige Einzelakte nur jeweils das Vergehen nach § 27 Abs 1 sechster oder siebter Fall SMG begründen.
Die Entscheidungsgründe nehmen zu dieser rechtlich definierten, für die rechtsrichtige Subsumtion entscheidenden Tatsache nicht durch deren sachverhaltsmäßige Bejahung oder Verneinung Stellung, sodass der angefochtene Schuldspruch der erforderlichen Feststellungsgrundlage entbehrt (aaO § 281 Rz 4, 605 ff). Weil § 28 Abs 2 vierter Fall SMG eine gegenüber § 27 Abs 1 sechster und siebter Fall SMG selbständige Qualifikation darstellt, kommt Teilrechtskraft insoweit nicht in Betracht, sodass die Sache im Umfang des zu I ergangenen Schuldspruchs und des davon abhängigen Strafausspruchs zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen war (aaO § 289 Rz 7, 16 ff; 15 Os 138/01, 13 Os 169/01). Dem im Gerichtstag - unzulässig - gestellten Antrag des Verteidigers zu einem Normprüfungsverfahren (Art 89 Abs 2 B-VG) "betreffend die in der Suchtgiftgrenzmenge für THC mit 20 Gramm festgelegte Grenze" nachzukommen, sieht der Oberste Gerichtshof keine Veranlassung.
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