OGH 10Ob92/04h

OGH10Ob92/04h13.6.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Monika M*****, vertreten durch Klement, Schreiner & Partner, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei Dr. Hans Friedrich M*****, vertreten durch Dr. Edwin A. Payr, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterhaltserhöhung, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 6. September 2004, GZ 2 R 196/04i‑62, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 31. Dezember 2003, GZ 30 C 1/01a‑54, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Prozesskosten.

Begründung

Auf Grund des Scheidungsfolgenvergleichs vom 8. 8. 1980 steht der Klägerin gegen den Beklagten ein Unterhaltsanspruch gemäß § 66 EheG zu, der der Höhe nach nicht bestimmt wurde. Mit Urteil des Erstgerichts vom 9. 1. 1994 wurde der Beklagte verpflichtet, der Klägerin ab 1. 11. 1992 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 5.800 S zu zahlen. Beim Erstgericht ist eine auf die Feststellung, dass dieser Exekutionstitel erloschen sei, gerichtete Oppositionsklage des Beklagten gegen die Klägerin anhängig.

Mit ihrer am 29. 12. 2000 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin die Erhöhung des monatlichen Unterhaltsbeitrags von 5.800 S (421,50 EUR) um 12.400 S (901,14 EUR) auf 18.200 S (1.322,64 EUR) ab 1. 7. 2000, weil sich seit der letzten Unterhaltsfestsetzung die Umstände wesentlich geändert hätten. Sie habe aus gesundheitlichen Gründen ihr Kosmetikstudio aufgeben müssen und beziehe seit 1. 7. 2000 nur noch eine Pension von durchschnittlich monatlich 8.400 S. Im Mai 2000 habe sie ihr Zinshaus wegen nicht mehr bewältigbarer Kosten verkauft. Mit dem Verkaufserlös habe sie das Haus betreffende Kreditverbindlichkeiten abgedeckt und zu ihrer Wohnversorgung eine Eigentumswohnung gekauft. Der Beklagte sei noch für zwei Kinder sorgepflichtig und habe ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von zumindest 75.000 S aus Pensionsbezügen.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er wandte - soweit im Rekursverfahren von Interesse - ein, die Klägerin halte Seminare ab und erhalte hiefür auch Honorare. Sie sei nach wie vor als Kosmetik- und Stilberaterin tätig. Sie hätte ihr Zinshaus nicht verkaufen müssen, aus dem sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Jahr 1997 von 194.326 S und im Jahr 1998 von 179.837 S erzielt habe. Zumindest hätte sie den Kaufpreis veranlagen müssen und aus der Veranlagung jährlich rund 180.000 S erzielen können. Dieser Betrag decke sich in etwa mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Er habe seiner Tochter Christina M***** aus Anlass ihrer Hochzeit im Oktober 2000 unter Zugrundelegung eines Jahreseinkommens von 900.000 S eine freiwillige Dotation von 350.000 S geleistet, die er mit einem Kredit habe finanzieren müssen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf folgende, im Rekursverfahren noch wesentliche Feststellungen:

Die 1938 geborene Klägerin betrieb bis 30. 6. 2000 ein Kosmetikstudio. Aus diesem Gewerbebetrieb erzielte sie im Jahr 1999 ein wirtschaftliches Ergebnis von 78.651 S und im Jahr 2000 („Rumpfjahr") eines von minus 15.580 S. Nach dem 30. 6. 2000 tätigte sie nur noch in geringem Ausmaß Umsätze, zu denen sie vertraglich (zB Gutscheine) verpflichtet war, weil sie ihren Betrieb aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr fortführen konnte. Seit der Schließung ihres Betriebes macht sie - auch im Bekanntenkreis - keine Kosmetik- und Stilberatungen mehr. Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten wurde ihr Anspruch auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit ab 1. 4. 1996 anerkannt. Die Pensionseinkünfte der Klägerin betrugen im Jahr 2000 102.917 S (7.479,27 EUR), im Jahr 2001 103.065 S (7.490,24 EUR) und im Jahr 2002 7.631,07 EUR.

Die Klägerin war Eigentümerin einer mit Pfandrechten belasteten Liegenschaft mit einem Zinshaus in Liebenau. In die von der S***** GmbH verwalteten Liegenschaft investierte die Klägerin in den Jahren 1994 und 1995 etwa 2 Mio S (Dachreparatur, Fenster- und Fassadensanierung; die in keinem guten Zustand befindlichen Wohnungen wurden gerade so saniert, dass sie bewohnbar waren). Wegen des Zustands der Wohnungen gestaltete sich die Vermietung der Wohnung schwierig. Die Mieter wechselten häufig, sodass die Mietzinseinnahmen instabil waren. Aus der Vermietung und Verpachtung erzielte die Klägerin folgende wirtschaftlichen Ergebnisse:

1996: 40.713 S (2.958,73 EUR)

1997: 160.046 S (11.689,13 EUR)

1998: 155.363 S (11.290 EUR)

1999: 41.173 S (2.992,16 EUR)

2000: 3.277 S (238,15 EUR)

Das von der Hausverwaltung für das Objekt eingerichtete Treuhandkonto war zumeist überzogen. Die Klägerin erzielte aus dem Objekt aus der Eigentümerabrechnung tatsächlich keine regelmäßigen Einnahmen, sondern tätigte lediglich unregelmäßig Mietzinsentnahmen, so im Jahr 1997 15.000 S an hinterlegter Kaution, im Jahr 1998 25.000 S und im Jahr 1999 20.000 S an Kaution. Da aus der von der Hausverwaltung durchgeführten Eigentümerabrechnung aus dem Haus, auch wenn eine weitere Sanierung stattgefunden hätte, eine Einnahmenquelle nicht zu erzielen war, wurde der Klägerin von der Hausverwaltung wiederholt empfohlen, das Objekt zu verkaufen. Am 9. 5. 2000 verkaufte die Klägerin die Liegenschaft um 4,5 Mio S. Aus der Eigentümerabrechnung, die nach dem Verkauf zunächst einen aushaftenden Betrag von 228.000 S ergab, erzielte die Klägerin letztlich 28.000 S. Mit dem Verkaufserlös deckte sie aushaftende Kredite von etwa 2 Mio S ab. Mit dem Restbetrag kaufte sie eine knapp 100 m² große Eigentumswohnung in einem etwa 30 Jahre alten Haus, in der sie wohnt. Zuvor bewohnte die Klägerin eine etwa 112 m² große Mietwohnung in der Heinrichstraße. Für diese Wohnung hatte sie monatlich etwa 12.000 S einschließlich der Betriebskosten, jedoch ohne Stromkosten zu zahlen. Jährlich musste sie noch eine Betriebskostennachzahlung von etwa 6.000 S leisten. Insbesondere weil ihr die Kosten dieser Wohnung zu teuer geworden waren, entschloss sie sich zum Kauf der Eigentumswohnung und gab ihre Rechte an der Mietwohnung auf. Für die Eigentumswohnung hat sie lediglich Betriebskosten von etwa 5.000 S monatlich zu zahlen. Bei einer risikofreien Veranlagung des Verkaufserlöses hätte sie einen Zinssatz von etwa 3 bis 4,5 % abzüglich 25 % KESt erzielen können.

Aus Pensionsbezügen erzielte der Beklagte, der für zwei Töchter im Alter von 18 und 19 Jahren sorgepflichtig ist, ein wirtschaftliches Reineinkommen im Jahr 2000 von 941.502 S (68.422 EUR), im Jahr 2001 von 952.121 S (69.193 EUR) und im Jahr 2002 von 71.665 EUR. Er gab seiner Tochter Christina M***** aus dem Titel des Heiratsguts anlässlich deren Hochzeit im Oktober 2000 eine freiwillige, mit Bankkredit finanzierte Dotation in Höhe von 350.000 S.

Rechtlich führte das Erstgericht unter anderem aus, die Klägerin verfüge seit 1. 7. 2000 lediglich über Pensionseinkünfte. Eine weitere Erwerbstätigkeit sei ihr nach Erreichen der Voraussetzungen einer vorzeitigen Alterspension nicht zumutbar. Sie habe die Liegenschaft in Liebenau nicht verkauft, um sich eigener Erträgnisse zu begeben und dadurch allenfalls den Beklagten zu schädigen, sondern sei die Verkaufsentscheidung aus wirtschaftlichen Erwägungen (schwankende Erträgnisse; immer wieder bestehende Gefahr, kaum Mieter für die Wohnungen zu finden) getroffen worden. Der Verkauf sei ihr von der Hausverwaltung geraten worden. Deshalb sei es nicht geboten, die Klägerin auf bisher erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anzuspannen. Die Klägerin sei auch nicht verpflichtet gewesen, den nach Abzug der Schulden verbleibenden Verkaufserlös gewinnbringend anzulegen. Insbesondere im Hinblick auf ihr geringes Eigeneinkommen, ihre Abhängigkeit von den Unterhaltszahlungen des Beklagten und die erheblichen Zahlungen für ihre Mietwohnung sei die Klägerin berechtigt gewesen, sich mit dem restlichen Verkaufserlös adäquat wohnzuversorgen. Die vom Beklagten seiner Tochter geleistete Dotation könne keine Minderung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin bewirken, zumal ein Heiratsgut oder ein Ausstattungsbetrag gesetzlich nur in einem Ausmaß bemessen werde, dass der Unterhalt des Verpflichteten und derjenigen Personen, für die er unterhaltspflichtig sei, nicht beeinträchtigt oder gefährdet werde.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Mit Aufhebung sei schon deshalb vorzugehen, weil das Erstgericht die vom Beklagten zum Nachweis weiteren Einkommens aus einer Erwerbstätigkeit der Klägerin beantragten Beweise nicht aufgenommen habe. Ob die Klägerin weitere Einkünfte erzielt habe, sei wesentlich, weil solche Einkommen ihren Unterhaltsanspruch vermindern würden. In Bezug auf den Ertrag der von der Klägerin verkauften Liegenschaft bedürfe es einer Verfahrensergänzung, seien doch die vom Erstgericht hiezu getroffenen Feststellungen in sich widersprüchlich. Es seien diese Widersprüche aufzuklären und eindeutige Feststellungen zu treffen, ob die Liegenschaft für die Klägerin Gewinne abgeworfen habe oder ob die Klägerin regelmäßig Verluste aus der Liegenschaft habe abdecken müssen. Diese zu treffende Feststellung sei von Relevanz, weil die Klägerin im Rahmen allenfalls von ihr bis in das Jahr 2000 aus der Liegenschaft erzielter namhafter Gewinne bei der Unterhaltsbemessung anzuspannen sei. Auf Grund der Investition in eine Eigentumswohnung sei die Klägerin nicht verpflichtet gewesen, den verbleibenden Verkaufserlös zinsbringend anzulegen, weil die Verwendung des Geldes notwendig, zukunftsorientiert und zweckmäßig erfolgt sei. Die Pflicht zur Bestellung eines Heiratsguts wurzle in der Unterhaltspflicht. Daher seien subsidiär die Grundsätze der Unterhaltsbemessung anzuwenden, handle es doch um eine letzte abschließende Unterhaltsleistung. Die Höhe des Heiratsguts richte sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls. Der von der Rechtsprechung als Richtschnur angewandte Prozentsatz von 25 bis 30 % des Jahresnettoeinkommens verstehe sich nach Abzug der Unterhaltspflichten des Dotationspflichtigen. Dieser sei zur Leistung eines Heiratsgutes nur dann verpflichtet, wenn dadurch sein Unterhalt und der Unterhalt der Personen, für die er unterhaltspflichtig sei, nicht gefährdet werde. Im Rahmen der Kindesunterhaltsbemessung seien Heiratsausstattungskosten für ein anderes als das Unterhalt fordernde Kind jedenfalls zu berücksichtigen. Es erscheine deshalb verfehlt, die Leistung eines Heiratsgutes bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts nicht zu berücksichtigen. Das Erstgericht werde zu erheben haben, wie hoch der gesetzliche Heiratsgutanspruch zum Zeitpunkt der Hochzeit der Tochter des Beklagten gewesen sei. Das geleistete Heiratsgut werde dann zumindest in der Höhe des gesetzlichen Anspruchs bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen sein. Da es sich beim Heiratsgut um den letzten Ausfluss der Unterhaltspflicht handle, stelle der auf den Zeitraum von drei Jahren aufgeteilte Abzug des Heiratsguts von der Bemessungsgrundlage eine angemessene Berücksichtigung dar.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil zu Art und Umfang der Berücksichtigung der Leistung eines Heiratsguts im Rahmen der Ehegattenunterhaltsbemessung keine Rechtsprechung vorliege.

Die Klägerin beantragt in ihrem Rekurs, den angefochtenen Beschluss im Sinn der Wiederherstellung des Ersturteils abzuändern.

Der Beklagte beantragt in seiner Rekursbeantwortung, den Rekurs zurückzuweisen, soweit die Ausführungen nicht die Frage der Berücksichtigung des Heiratsguts bei der Bemessungsgrundlage des Ehegattenunterhalts betreffen, und ihm im Übrigen nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nur zum Teil berechtigt.

Zweck des Rekurses nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ist nur die Überprüfung der Rechtsansicht der zweiten Instanz - in jeder Richtung - durch den Obersten Gerichtshof; ist die dem Aufhebungsbeschluss zu Grunde liegende Rechtsansicht richtig, kann der Oberste Gerichtshof aber nicht überprüfen, ob die Verfahrensergänzung tatsächlich notwendig ist (Kodek in Rechberger, ZPO² § 519 Rz 5 mwN). Die Klägerin hat auf Grund des Scheidungsfolgenvergleichs gegen den Beklagten einen Unterhaltsanspruch nach § 66 EheG. Demnach hat der Beklagte der Klägerin, soweit ihre Einkünfte aus Vermögen und die Erträgnisse einer Erwerbstätigkeit, die von ihr den Umständen nach erwartet werden kann, nicht ausreichen, den nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt zu gewähren. Die Unterhaltspflicht ist demgemäß subsidiär: Sie besteht erst dann, wenn die Vermögenseinkünfte und Erträgnisse einer dem unterhaltsberechtigten Teil zumutbaren Erwerbstätigkeit nicht ausreichen, um ihm den nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt zu verschaffen (SZ 66/114 mwN; ua). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass tatsächlich erzielte Erwerbseinkünfte der Klägerin ihren Unterhaltsanspruch mindern, auch wenn sie insbesondere nach Erreichen der Voraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension eine Erwerbstätigkeit nicht mehr ausüben müsste (SZ 66/114), ist daher zutreffend. Dem von der Klägerin bekämpften Auftrag des Berufungsgerichts, das Verfahren in Hinsicht auf die vom Beklagten behaupteten erzielten Erwerbseinkünfte der Klägerin zu ergänzen, kann sohin nicht entgegen getreten werden.

Im Ergebnis zu Recht wendet sich die Klägerin gegen den Auftrag des Berufungsgerichts, das Verfahren in Bezug auf vor der Veräußerung der Liegenschaft erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu ergänzen. Die dem zu Grunde liegende Rechtsansicht des Berufungsgerichts, nach dem Verkauf der Liegenschaft im Mai 2000 seien nach dem Anspannungsgrundsatz etwaige zuvor erzielte (namhafte) Gewinne aus Vermietung und Verpachtung bei der Bemessung des ab 1. 7. 2000 geltendgemachten Unterhaltsanspruchs der Klägerin zu Gunsten des Beklagten zu berücksichtigen, ist nicht frei von Rechtsirrtum und mit der zu billigenden Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin sei nicht gehalten gewesen, den nach Begleichung von Schulden verbliebenen Restkaufpreis gewinnbringend anzulegen, nicht verträglich. Wie schon ausgeführt braucht nach § 66 EheG der Unterhaltsberechtigte für seinen Unterhalt nur die Einkünfte seines Vermögens und die Erträgnisse einer Erwerbstätigkeit, die von ihm den Umständen nach erwartet werden kann, nicht aber seinen Vermögensstamm heranzuziehen (3 Ob 130/00i = JBl 2001, 327). Nach der Rechtsprechung zu Unterhaltsansprüchen nach § 66 EheG sind tatsächlich nicht gezogene Einkünfte des Unterhaltsberechtigten an Vermögenserträgen angemessen zu berücksichtigen, die der Unterhalt fordernde Ehegatte vertretbarerweise hätte ziehen können; was vertretbar oder unvertretbar ist, bestimmt sich nach den konkreten Lebensverhältnissen unter Bedachtnahme auf die Entscheidung, die partnerschaftlich eingestellte Ehegatten im gemeinsamen Interesse getroffen hätten (10 Ob 53/00t; 8 Ob 588/93 mwN; vgl 2 Ob 230/00p; SZ 2002/16). Wird schlecht gewirtschaftet, so ist demnach als Erträgnis fiktiv dennoch all das zu berücksichtigen, das bei ordnungsgemäßer Wirtschaft erzielt worden wäre; der Unterhaltsberechtigte darf nicht zu Lasten des Unterhaltspflichtigen bei seiner Vermögensverwaltung nachlässig sein (8 Ob 588/93 mwN). Wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat, bedeutet ordnungsgemäß wirtschaften nicht, dass der Unterhaltsberechtigte ausschließlich jeweils die gerade höchsten Ertragsmöglichkeiten für die Anlegung seines gesamten Vermögens suchen müsste; dem Unterhaltsberechtigten ist bei der Vermögensanlage ein gewisser Ermessensspielraum einzuräumen (8 Ob 588/93). Eine strenge Beurteilung seines wirtschaftlichen Verhaltens erscheint nicht angemessen, zumal die Vermögensverwaltung einer Privatperson nicht ausschließlich nach betriebswirtschaftlich orientierten Gesichtspunkten erfolgt, sondern besonders auch von individuellen Fähigkeiten und Eigenschaften (Alter, geschäftliche Erfahrung, Lebenssituation usw) sowie persönlichen Zielsetzungen bestimmt wird (8 Ob 588/93).

Unter diesen Gesichtspunkten ist der Klägerin ihre Vermögensdisposition (Verkauf des Zinshauses; Verwendung des Kaufpreises zur Schuldentilgung und zum Erwerb einer Eigentumswohnung zur eigenen Wohnversorgung) nicht vorwerfbar, sodass sie sich rein fiktive Erträgnisse aus der Vermietung und Verpachtung einer Liegenschaft mit Zinshaus, deren Eigentümerin sie nicht mehr ist, oder aus der Veranlagung des aus dem Verkauf dieser Liegenschaft erzielten Kaufpreises, der nicht als „Erträgnis des Vermögens", sondern als Gegenwert für die Sachsubstanz selbst und damit als „Vermögenssubstanz" anzusehen ist (1 Ob 14/04x; 1 Ob 98/03y mwN), nicht auf ihr Einkommen anrechnen lassen muss: Nach den insoweit vom Beklagten in seiner Rekursbeantwortung nicht angegriffenen Feststellungen des Erstgerichts brach das "wirtschaftliche Ergebnis" aus der Vermietung und Verpachtung des Zinshauses im Jahr vor dem Verkauf, der von der Hausverwaltung mehrfach empfohlen wurde, auf einen Betrag ein, der bei weitem nicht ausreichte, die Kosten der von der Klägerin bewohnten Mietwohnung zu decken. Die Klägerin hatte beträchtliche Schulden, aber nur ein geringes Eigeneinkommen, wohnte in einer teuren Mietwohnung und war aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, ihren Gewerbebetrieb weiterzuführen. Schon diese feststehenden Umstände lassen die Vermögensdisposition der Klägerin unter dem Aspekt der Sicherung ihrer nach den Lebensverhältnissen angemessenen (Wohn‑)Bedürfnisse in der Pension angesichts der bescheidenen Pensionshöhe als wirtschaftlich vernünftig erscheinen, zumal bei verständiger Betrachtung der konkreten Lebensverhältnisse die zugrundeliegenden Entscheidungen von partnerschaftlich eingestellten Ehegatten so getroffen worden wären.

Gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Zahlung einer Heiratsausstattung (Heiratsgut iSd § 1220 ABGB) durch den Unterhaltsverpflichteten, sei bei der Festsetzung des Unterhalts der geschiedenen Ehefrau angemessen zu berücksichtigen, wendet sich die Rekurswerberin mit dem Argument, dass die gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen des Ausstattungspflichtigen schon bei der Bemessung der Heiratsausstattung als Abzugspost vom Jahresnettoeinkommen des Ausstattungspflichtigen in Anschlag zu bringen seien und daher nicht noch einmal bei der Bemessung des Unterhalts eines Unterhaltsberechtigten berücksichtigt werden dürften.

Hiezu wurde erwogen:

Gemäß § 1220 ABGB sind die Eltern verpflichtet, ihrer Tochter bei deren Verehelichung eine angemessene Ausstattung zu geben, wenn es einer solchen Hilfe bedarf, also selbst kein ausreichendes Vermögen besitzt. Dieser Anspruch, dessen Zweck die Gewährung einer den Lebensverhältnissen der Eltern angemessenen Starthilfe für das ausstattungsbedürftige Kind bei der Gründung einer eigenen Familie ist (1 Ob 4/03z; M. Bydlinski in Rummel³, ABGB § 1220 Rz 1 je mwN), geht aus der Unterhaltspflicht der Eltern hervor (1 Ob 4/03z mwN), ist seiner Rechtsnatur im weitesten Sinn ein Unterhaltsanspruch und unterliegt unterhaltsrechtlichen Grundsätzen (1 Ob 61/03g mwN; JBl 2002, 176; M. Bydlinski aaO § 1220 Rz 1). Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Söhne und Töchter zur Befriedigung der mit der ersten Heirat verbundenen Bedürfnisse noch einmal angemessen an den Lebensverhältnissen ihrer Eltern teilnehmen können (1 Ob 4/03z mwN).

Vermögen im Sinn des § 1220 ABGB ist auch das Einkommen des Ausstattungspflichtigen, wenn dieses ohne Gefährdung seines eigenen Unterhalts und des Unterhalts derjenigen Personen, für die er unterhaltspflichtig ist, entsprechende Ersparnisse und die Ansammlung entsprechenden Kapitals ermöglicht (1 Ob 4/03z mwN). Zur Ausmittlung der Höhe der Ausstattung stellt das Gesetz keine starre Regeln auf; maßgebend sind jeweils die Verhältnisse des Einzelfalls (1 Ob 4/03z mwN; RIS‑Justiz RS0022303). Grundsätzlich ist bei der Ausmittlung der Höhe der Ausstattung auf den Zeitpunkt der Eheschließung des Ausstattungsberechtigten abzustellen, wobei ein gewisser Zeitraum rund um den Zeitpunkt zu berücksichtigen ist und dies für die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten gilt (JBl 2002, 176; EvBl 2000/1, 24 = NZ 2000, 118 [Jud] je mwN). Die ständige Rechtsprechung hat - bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen - als Bemessungsrichtlinie 20 bis 30 % des Jahresnettoeinkommens eines sonst vermögenslosen Ausstattungsverpflichteten herausgearbeitet (1 Ob 4/03z mwN; VwGH JBl 1978, 613 mwN), und zwar nach Abzug von Unterhaltsverpflichtungen des Ausstattungspflichtigen (5 Ob 765/82 ua). Nach M. Bydlinski, aaO § 1221 Rz 1, ist dieser Prozentsatz bei freiwilliger Leistung aus dem Gesichtspunkt des Vergleiches über ungewisse Ansprüche angemessen, sollte aber zivilrechtlich die Obergrenze bilden (vgl Brauneder in Schwimann, ABGB² § 1221 Rz 13). Im Unterhaltsrecht hingegen werden nach ständiger Rechtsprechung (zB 7 Ob 167/02p = JBl 2003, 107; 4 Ob 228/99d; Schwimann, Unterhaltsrecht³ 25) weitere Unterhaltspflichten des Unterhaltsschuldners - auch wenn sie durch Exekutionstitel schon konkret bemessen sind - nicht durch Abzüge ihrer absoluten Höhe von der Bemessungsgrundlage, sondern ausschließlich durch Abzüge von Prozentpunkten vom maßgebenden Unterhaltssatz berücksichtigt, der in der herrschenden Rechtsprechung nach der Prozentmethode als pauschalierende Orientierungshilfe herausgebildet wurde (7 Ob 531/92 = JBl 2003, 107; 4 Ob 2285/96z = JBl 1997, 384; 1 Ob 549/95; 6 Ob 207/98d uva). In der Praxis werden je unterhaltsberechtigtem Kind 3 bis 4 % von der Grundquote abgezogen (Schwimann in Schwimann2, ABGB § 94 Rz 21; Schwimann, Unterhaltsrecht3 134 je mwN). Dieser Unterschied in der Art der Berücksichtigung konkurrierender Unterhaltspflichten des Unterhalts- bzw Ausstattungsverpflichteten zur Feststellung seiner Leistungsfähigkeit ist indes - entgegen der Ansicht der Rekurswerberin - kein stichhältiges Argument, das grundsätzlich gegen eine angemessene Berücksichtigung der Ausgaben für die Heiratsausstattung eines Kindes bei der Bemessung der Höhe des Unterhaltsanspruchs der anderen Kinder oder des (geschiedenen) Ehegatten spräche. Es kann nämlich keinem Zweifel unterliegen, dass die Bestellung einer Heiratsausstattung in Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung hiezu eine erhebliche Belastung eines Unterhaltspflichtigen bedeutet, der über ein (Arbeits‑, Pensions‑)Einkommen, nicht aber über Vermögen verfügt.

Die Höhe des Unterhalts eines nach § 66 EheG unterhaltsberechtigten Ehegatten wird in der Praxis nach der Prozentmethode, die das Erstgericht auch im vorliegenden und von den Parteien unbekämpft entsprechend der ständigen Rechtsprechung (zB 1 Ob 226/99p; 1 Ob 288/98d = JBl 1999, 752) zu Grunde legte, bemessen. Auch hier werden weitere Unterhaltspflichten des Unterhaltsschuldners durch Verminderung der Prozentsätze, und nicht als Abzugspost von der Bemessungsgrundlage berücksichtigt. Handelt es sich beim Ausstattungsanspruch aber - wie schon ausgeführt - um einen aus der Unterhaltspflicht der Eltern hervorgehenden Unterhaltsanspruch im weitesten Sinn, so erscheint es sachgerecht auf diesen durch eine den Umständen des Einzelfalls angemessene Verminderung der Prozentkomponente, und nicht - wie das Berufungsgericht meint - als Abzugspost von der Bemessungsgrundlage bei der Bemessung des Unterhalts geschiedener Ehegatten Bedacht zu nehmen.

Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, dass die einmalige eines in Erfüllung der Ausstattungspflicht geleistete Zahlung entsprechend den in der Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Einmalzahlungen an den Unterhaltsschuldner (1 Ob 683/90 uva) oder des Unterhaltsschuldners zur Abfindung eines Unterhaltsanspruchs (4 Ob 129/01a = SZ 74/185) entwickelten Grundsätzen nach den Umständen und Lebensverhältnissen im konkreten Einzelfall angemessen aufzuteilen ist. Als Aufteilungszeitraum ist die Anzahl der Monate heranzuziehen, die sich als Quotient aus der Division des angemessenen Ausstattungsbetrags durch den nach der Prozentmethode ermittelten hypothetischen monatlichen Unterhaltsanspruch der ausgestatteten Tochter ergibt.

Nach dem Parteienvortrag und den Feststellungen der Vorinstanzen bezieht der Beklagte nur ein Pensionseinkommen, hat aber kein Vermögen. Unter Zugrundelegung der oben genannten Bemessungsrichtlinie erscheint der von ihm seiner Tochter gegebene Ausstattungsbetrag zu hoch. Unter Bedachtnahme auf seine Sorgepflichten erscheint ein Betrag von 240.000 S angemessen, sollte ihm doch sein weit überdurchschnittliches Jahreseinkommen die Bildung entsprechender Ersparnisse ohne Gefährdung seines eigenen und des Unterhalts jener Personen, für die er unterhaltspflichtig ist, ermöglicht haben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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