OGH 1Ob61/03g

OGH1Ob61/03g29.4.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Rosa S*****, vertreten durch Dr. Ernst Gramm, Rechtsanwalt in Neulengbach, wider die Antragsgegner 1. Adolf H*****, und 2. Rosa H*****, vertreten durch Dr. Werner Hetsch und Dr. Werner Paulinz, Rechtsanwälte in Tulln, wegen Bestellung eines Heiratsguts infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 15. November 2002, GZ 37 R 289/02d-8, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Neulengbach vom 23. August 2002, GZ 1 Nc 10032/02m-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist die Tochter des Erstantragsgegners und der Zweitantragsgegnerin. Am 29. 5. 1981 schloss sie eine Ehe, die mit Beschluss des Erstgerichts vom 25. 11. 1992 gemäß § 55a EheG geschieden wurde.

Am 10. 7. 2002 begehrte die Antragstellerin von ihren Eltern die Bestellung eines Heiratsguts von je 3.750 EUR. Die Antragsgegner seien auf Grund ihrer Vermögens- und Einkommensverhältnisse in der Lage, die begehrte Summe zu zahlen.

Die Antragsgegner wendeten ein, sie seien nicht in der Lage und auch nicht bereit, dem Begehren der Antragstellerin nachzukommen. Sie seien zur Bestellung eines Heiratsguts nicht verpflichtet, habe doch ihre Tochter bereits im Mai 1980 (gemeint: 1981) geheiratet und in der Zeit von 1987 bis 1996 insgesamt 7.267,28 EUR als Heiratsgut erhalten. Diese Summe sei unter Bedachtnahme auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse mehr als angemessen gewesen.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Bestellung eines Heiratsguts ab. Zweck des Heiratsguts sei die Gewährung einer den Lebensverhältnissen der Eltern angemessenen Starthilfe für das ausstattungsberechtigte Kind bei der Gründung einer eigenen Familie. Der Anspruch sei durch die Eheschließung bedingt und setze den aufrechten Bestand der Ehe voraus. Infolge Beendigung der Ehe sei kein Anspruch mehr gegeben, denn der zukunftsorientierte Zweck des Heiratsguts könne nicht mehr erreicht werden.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach letztlich aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es ging ebenso wie das Erstgericht davon aus, dass der Anspruch der Tochter auf Bestellung eines Heiratsguts mit Beendigung deren Ehe erloschen sei. Der Zweck des Heiratsguts, als Starthilfe bei der Gründung einer eigenen Familie zu dienen, schließe begrifflich seine Einforderung nach Scheidung der Ehe aus; insoweit sei Heiratsgut nicht mit "Unterhaltsansprüchen an sich" vergleichbar. Die zum Unterhaltsrecht entwickelten Grundsätze seien nicht unbesehen auf die Bestellung eines Heiratsguts umzulegen.

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zweck des Heiratsguts nach § 1220 ABGB ist eine angemessene Starthilfe bei der Gründung einer eigenen Familie durch das Kind. Mit dem Heiratsgut erfüllen die Eltern letztmals ihre Unterhaltsverpflichtung; daher ist der Anspruch auf Bestellung eines Heiratsguts seiner Rechtsnatur nach im weitesten Sinn ein Unterhaltsanspruch und unterliegt unterhaltsrechtlichen Grundsätzen (JBl 2002, 176; EvBl 2000/1; ÖA 1998, 28; ÖA 1998, 132; vgl SZ 64/120; SZ 53/110; M. Bydlinski in Rummel ABGB3 Rz 1 f zu § 1220; Brauneder in Schwimann ABGB2 Rz 5 und 7 zu § 1220 f; Jud, Ausgewählte Fragen zu Heiratsgut und Ausstattung, in NZ 1999, 37 [39, 42 und 46]).

Nach ständiger Rechtsprechung und einhelliger Lehre entfällt der Anspruch auf Bestellung eines Heiratsguts mit der Beendigung der Ehe des anspruchsberechtigten Kindes, weil der zukunftsorientierte Zweck des Heiratsguts nach Beendigung der Ehe, für die es als Starthilfe dienen sollte, nicht mehr erreicht werden könne (7 Ob 20/01v; SZ 73/63; SZ 65/81; SZ 56/169; EFSlg 36.117; Gitschthaler, Unterhaltsrecht Rz 523; M. Bydlinski aaO Rz 3 zu § 1220; Jud aaO 41; Brauneder aaO Rz 10 zu § 1220 f). Mag auch das Begehren auf Bestellung eines Heiratsguts zu jedem beliebigen Zeitpunkt während der Ehe zulässig sein, weil die Unterlassung der Anspruchsverfolgung durch längere Zeit grundsätzlich noch nicht als Verzicht auf das Heiratsgut beurteilt werden kann (SZ 56/169; EFSlg 43.505; Brauneder aaO Rz 9 zu § 1220 f; vgl dagegen Jud aaO 44 und 46), so kann daraus nicht gefolgert werden, dass das Heiratsgut auch noch nach Beendigung der Ehe gefordert werden könne. Es ist nämlich seinem Wesen nach untrennbar mit der Eheschließung und der Ehe selbst verbunden, weshalb es nur während des Bestands der Ehe geltend gemacht werden kann (vgl SZ 73/63). Es wäre tatsächlich widersinnig und zweckwidrig, den Anspruch auf Bestellung von Heiratsgut für eine konkrete Ehe auch noch nach deren Auflösung für berechtigt zu erklären. Da also das Heiratsgut nach Beendigung einer Ehe - wie hier - jedenfalls nicht mehr begehrt werden kann, erübrigt es sich, auf die in Judikatur und Literatur kontroversiell behandelte Frage der Verjährung dieses Anspruchs (siehe hiezu M. Bydlinski aaO mwN; Jud aaO 43) einzugehen.

Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte