OGH 10Ob25/22g

OGH10Ob25/22g13.12.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Faber und die Hofräte Mag. Schober, Dr. Thunhart und Dr. Annerl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. K*, Rechtsanwalt, *, gegen die beklagte Partei N*, vertreten durch Ing. Mag. Dr. Roland Hansely, Rechtsanwalt in Wien, wegen 28.903,97 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse: 6.697,63 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. Jänner 2022, GZ 11 R 211/21m‑33, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 11. Oktober 2021, GZ 26 Cg 34/19i‑28, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0100OB00025.22G.1213.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die im Umfang der Abweisung eines Teilbetrags von 22.206,34 EUR sA als unangefochten in Rechtskraft erwachsen sind, werden im Übrigen aufgehoben. Die Rechtssache wird insofern zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Die Beklagte war eine von sieben Miteigentümern einer Liegenschaft, die zum Teil im „Bauland“ und zum Teil im „Grünland“ lag. Intern war die „Grünlandfläche“ bereits länger vier und die „Baulandfläche“ drei Miteigentümern, darunter die Beklagte, zugewiesen worden. Zudem waren sich die Eigentümer schon seit geraumer Zeit einig, die Liegenschaft entsprechend dieser Zuweisung zu teilen und (zumindest) die „Baulandfläche“ zu veräußern. Über Vermittlung eines von ihnen beauftragten Maklers legte ein Immobilienentwickler (nur) für die „Baulandfläche“ ein Anbot über 1,65 Mio EUR, das von den Miteigentümern auch angenommen wurde. Über Wunsch des Käufers sollte der Kläger als Rechtsanwalt den Kaufvertrag errichten und im Grundbuch durchführen.

[2] Im Zuge einer Besprechung in der Kanzlei des Klägers bot dieser an, auch den (Real‑)Teilungsvertrag zu errichten und im Grundbuch durchzuführen, womit unter anderem die Beklagte einverstanden war. Über das Honorar des Klägers wurde dabei nicht gesprochen. Der Beklagten war aber klar, dass der Kläger ein solches verrechnen und dieses nicht vom Käufer übernommen würde. Unter den Eigentümern der Liegenschaft bestand Konsens darüber, dass die Miteigentümer, die die „Baulandfläche“ erhalten, sämtliche Kosten der Realteilung (Vertragserrichtung, Vermessung, Kosten der Gemeinde Wien etc) tragen. Erst zu einem späteren, nicht mehr konkret feststellbaren Zeitpunkt fragte die Beklagte beim Kläger nach, mit welchen Kosten sie zu rechnen habe. Der Kläger teilte ihr dabei mit, dass er die Kosten nicht abschätzen könne, aber entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen abrechnen werde.

[3] In der Folge errichtete der Kläger auftragsgemäß einen Realteilungsvertrag, mit dem die „Gründlandfläche“ in vier Teilflächen geteilt, diese abgetrennt und jeweils eigene Einlagezahlen für vier der vormaligen Miteigentümer eröffnet wurden. Die „Baulandfläche“ verblieb (zu nunmehr anderen Anteilen) im Eigentum der Beklagten und der restlichen zwei vormaligen Miteigentümer. Zudem errichtete der Kläger einen Kaufvertrag, mit dem die „Baulandfläche“ umgehend an den Immobilienentwickler veräußert wurde. Nach den Verträgen haben die (drei) Verkäufer der Liegenschaft (bzw Miteigentümer, denen die „Baulandfläche“ zugewiesen wurde) die Kosten der Realteilung (Errichtung und grundbücherliche Durchführung des Vertrags; Kostenersatz im Sinn der Bauordnung für Wien) und der Käufer die Kosten des Kaufvertrags zu tragen. Im Innenverhältnis vereinbarten die Verkäufer eine prozentmäßige Aufteilung der Kosten der Realteilung, wobei auf die Beklagte ein Anteil von 25,32 % fällt.

[4] Am 14. Mai 2019 übermittelte der Kläger der Beklagten das Leistungsverzeichnis über ein Gesamthonorar von 115.358,36 EUR für die Realteilung und verwies auf den von ihr zu tragenden Anteil. Die Beklagte leistete darauf keine Zahlung. Die beiden anderen Verkäufer bezahlten das ihnen anteilig verrechnete Honorar; ein Verkäufer unter Abzug eines geringen Nachlasses.

[5] Für die Errichtung des Realteilungsvertrags und dessen grundbücherliche Durchführung begehrt der Kläger von der Beklagten ein anteiliges Honorar von 28.903,97 EUR sA. Sofern das Gericht zur Ansicht gelange, dass sein Honorar nicht nach dem RATG, sondern den Bestimmungen des NTG zu berechnen sei, begehre er eventualiter 26.538 EUR sA.

[6] Die Beklagte hält dem im Wesentlichen entgegen, dass die Forderung des Klägers eklatant überzogen sei und er sie als Konsumentin entgegen § 5a Abs 1 Z 3 KSchG weder über die voraussichtliche Höhe des Honorars noch die Art seiner Berechnung informiert habe. Wäre der Kläger seiner Aufklärungspflicht nachgekommen, hätte sie ihn ausdrücklich nicht beauftragt, zumal die Realteilung am „freien Markt“ für insgesamt rund 15.000 bis 30.000 EUR erhältlich gewesen wäre; bei einer Abrechnung nach § 18 Abs 1 NTG hätte sie überhaupt nur (anteilige) Kosten von etwas mehr als 3.000 EUR zahlen müssen. Sie fechte daher den Vertrag mit dem Kläger (unter anderem) wegen des von ihm verursachten Irrtums über die Honorarverrechnung an. Abgesehen davon stehe dem Kläger ohnedies (gar) kein Honorar zu, weil er „Fehlleistungen“ zu verantworten und ihre Interessen auch nicht bestmöglich vertreten, sondern einseitig zugunsten der Käufer agiert habe. So habe es der Kläger zu ihren Lasten verabsäumt, darauf hinzuwirken, dass sich der Käufer zur Übernahme aller tatsächlichen Kosten der Gemeinde Wien verpflichtet, was ihr (anteilige) Kosten von 7.078,71 EUR verursacht habe. Weiters habe der Kläger eine Formulierung in den Kaufvertrag aufgenommen, nach der sie für die Kosten der Entsorgung etwaiger Kontaminationen mit Baurestmassen aufzukommen habe, ohne dies mit ihr vorher zu erörtern oder sie über das damit verbundene Risiko aufzuklären. Aufgrund dieser Vertragsklausel habe sie der Käufer mittlerweile aufgefordert, ihm (anteilige) Kosten für die Entsorgung von Baurestmassen von 39.879 EUR zu zahlen. Durch vom Kläger zu vertretende Verzögerungen sei ihr überdies noch ein Zinsschaden von 6.145,17 EUR entstanden. Schließlich habe sie 458 EUR an Eintragungsgebühren zahlen müssen, obwohl der Kläger ihr versichert habe, dass solche nicht anfallen würden. Alle diese Beträge wende sie als Gegenforderungen ein.

[7] Die Vorinstanzen erkannten die Klagsforderung mit 6.697,63 EUR als zu Recht, die Gegenforderungen hingegen als nicht zu Recht bestehend und verpflichteten die Beklagte zur Zahlung von 6.697,63 EUR sA an den Kläger. Das Mehrbegehren von 22.206,34 EUR sA wiesen sie ab. Da keine besondere Honorarvereinbarung getroffen worden sei und das RATG keinen einschlägigen Tarif enthalte, richte sich die Entlohnung des Klägers nach den Bestimmungen des NTG (§ 8 Abs 5 AHK). Darauf aufbauend stehe ihm für die Realteilung die doppelte Gebühr des § 18 Abs 1 NTG zu, weil die Errichtung eines Realteilungsvertrags generell kompliziert und die Tätigkeit des Klägers überdies auch als ungewöhnlich umfangreich einzustufen sei (§ 3 Abs 1 NTG). Als Bemessungsgrundlage sei der Kaufpreis des im inhaltlichen und unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Realteilung geschlossenen Kaufvertrags (von 1,65 Mio EUR) heranzuziehen, weil die „Baulandfläche“ überhaupt erst durch die Realteilung verkauft werden habe können. Mit der doppelten Gebühr nach §§ 18 Abs 1, 3 Abs 1 NTG seien alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Realteilung abgegolten. Zusätzlich dazu stünden dem Kläger nur noch die Kosten für zwei Grundbuchsgesuche zu, was insgesamt ein Honorar von 26.451,94 EUR ergebe. Davon müsse die Beklagte nach der internen Vereinbarung zwischen den Liegenschaftseigentümern 6.697,63 EUR (25,32 %) tragen. Der Irrtumseinwand gehe ins Leere, weil dem Kläger ohnedies nur das angemessene Honorar zustehe, das die Klägerin selbst als marktkonform zugestanden habe. Ein relevanter Irrtum liege daher nicht vor. Die eingewandten Gegenforderungen bestünden allesamt nicht zu Recht.

[8] Die Revision ließ das Berufungsgericht zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob für eine im Kontext mit einem Kaufvertrag erfolgte Realteilung der vereinbarte Kaufpreis als Bemessungsgrundlage iSd § 5 Z 21 AHK herangezogen werden könne.

Rechtliche Beurteilung

[9] Die vom Kläger beantwortete Revision der Beklagten ist zulässig und im Umfang des Aufhebungsantrags auch berechtigt.

1. Vorauszuschicken ist zweierlei:

[10] 1.1. Im Verfahren ist die anteilige Haftung der Beklagten für einen (allenfalls) berechtigten Honoraranspruch des Klägers nicht strittig.

[11] 1.2. Das Erstgericht ist davon ausgegangen, dass es sich beim „Eventualbegehren“ bloß um eine eventualiter erfolgte Einschränkung des ursprünglichen Klagebegehrens handle. Da diese Ansicht nicht bekämpft wurde, ist nur zu ergänzen, dass das „Eventualbegehren“ unter dieser Prämisse zu Recht nicht gesondert erledigt wurde (RIS‑Justiz RS0037601; 7 Ob 197/17x ua).

[12] 2. Nach der ständigen Rechtsprechung bestimmt sich die Rangfolge der Rechtsgrundlagen für das Anwaltshonorar wie folgt: 1. Parteienvereinbarung, 2. RATG und 3. angemessenes Entgelt nach § 1152 ABGB, wobei jede Rechtsgrundlage die nachfolgende ausschließt (RS0071999; 6 Ob 193/21g ua). Wurde keine Vereinbarung getroffen, hat der Rechtsanwalt daher in erster Linie Anspruch auf ein nach dem Rechtsanwaltstarif ermitteltes Entgelt (RS0038356; 7 Ob 143/20k ua). Besteht auch kein Tarif, kommt den Allgemeinen Honorar-Kriterien (AHK) als qualifiziertes Gutachten über die Angemessenheit der im RATG nicht näher geregelten anwaltlichen Leistungen Bedeutung zu (RS0038369; RS0038356 [T5]).

[13] Vor diesem Hintergrund wendet sich die Beklagte nicht dagegen, dass das (angemessene) Honorar des Klägers anhand der AHK zu ermitteln ist und ihm für die Errichtung des Realteilungsvertrags eine Gebühr nach § 18 Abs 1 NTG zusteht (§ 8 Abs 5 AHK). Sie beanstandet (nur) die nach § 5 Z 21 AHK ermittelte Bemessungsgrundlage sowie die Erhöhung der Wertgebühr nach § 3 Abs 1 NTG.

2.1. Zur Bemessungsgrundlage

[14] Der Oberste Gerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, dass erstes Beurteilungskriterium zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 5 AHK das Interesse des Auftraggebers ist. Nur wenn dieses nicht eindeutig in Geld beziffert werden kann, sind die einzelnen Mindestbemessungsgrundlagen als Hilfsmittel heranzuziehen (RS0052157; Thiele, Anwaltskosten3, 62 f; Ziehensack, Praxiskommentar Kostenrecht, § 5 AHK Rz 1424 ua). Die Ermittlung und Bewertung dieses Interesses oder der spezifischen Bedeutung der Sache kann notwendigerweise nur einzelfallbezogen erfolgen (5 Ob 96/09t).

[15] Wenn die Vorinstanzen das Interesse der Miteigentümer, denen bei der Realteilung die „Baulandfläche“ zugewiesen wurde, mit der Gegenleistung für deren Verkauf annehmen, ist darin keine Fehlbeurteilung zu erkennen, erfolgte die Realteilung letztlich doch bloß deshalb, um dem Immobilienentwickler die „Baulandfläche“ verkaufen zu können. Auch wenn sich das Interesse an der Realteilung von Liegenschaften nicht zwingend an ihrem Wert orientieren muss (vgl hingegen § 5 Abs 7 NTG), ist hier entscheidend, dass die Realteilung nur Mittel zum Zweck war. Besteht das eigentliche Ziel darin, Liegenschaftsteile zu verwerten, ist es naheliegend, das Interesse an der Realteilung primär im Erlös aus dem Verkauf zu sehen (zum Verkauf vgl: 1 Ob 42/03p). Stichhaltige Argumente gegen diese Sicht führt die Beklagte nicht ins Treffen: Wenn sie meint, im Kaufvertrag sei ein Kaufpreis von (lediglich) 1,308 Mio EUR vorgesehen, ist das richtig. Sie übergeht jedoch, dass sie (und die anderen zwei Miteigentümer) sich mit dem Käufer ursprünglich auf einen Kaufpreis von 1,65 Mio EUR geeinigt hatte(n). Erst als sich der Käufer in einem Sideletter zusätzlich verpflichtete, von den Verkäufern nicht aufzubringende 342.000 EUR an (prognostizierten) Kosten für die „Bauplatzschaffung“ (§ 50 Bauordnung für Wien) zu bevorschussen, wurde der (in bar zu zahlende) Kaufpreis im Kaufvertrag entsprechend reduziert. Warum diese (Gegen‑)Leistung der Käufer bei Ermittlung des Interesses iSd § 5 AHK unberücksichtigt bleiben sollte, erklärt die Beklagte nicht näher. Zudem haben bereits die Vorinstanzen zu Recht betont, dass bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage eigentlich das Interesse sämtlicher Miteigentümer – also auch jener, denen die „Grünlandfläche“ zugewiesen wurde – zu berücksichtigen wäre und daher der Rückgriff (nur) auf den Kaufpreis der „Baufläche“ nicht zu Ungunsten der Beklagten ausschlägt. Auf die von der Beklagten weiters angestellten Überlegungen, auf welcher Grundlage andere rechtskundige Vertragserrichter ihr Honorar unter Umständen bemessen hätten, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (vgl dagegen unten 5.).

2.2. Zur Erhöhung der Wertgebühr

[16] Der ungewöhnliche Umfang iSd § 3 Abs 1 NTG bezieht sich auf die Weitläufigkeit der Tätigkeit, wofür etwa langwierige Verhandlungen mit den Parteien, Klärung undurchsichtiger Rechtsverhältnisse, mehrfache Umarbeitung der Urkunde und ähnliche arbeitserschwerende Umstände Kriterien bilden. Eine besondere Schwierigkeit oder Verantwortlichkeit ist anzunehmen, wenn die Rechtslage unklar ist oder der Vertragsverfasser besondere Pflichten übernimmt (RS0070800). Die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Erhöhung der Wertgebühr vorliegen, ist auf den konkreten Auftrag zugeschnitten und kann daher ebenfalls nur anhand der Umstände des konkreten Falls beantwortet werden (vgl 8 Ob 92/14h [Zeitaufwand]).

[17] Die Beurteilung der Vorinstanzen entspricht der dargestellten Rechtsprechung. Wenn die Beklagte dem entgegenhält, der Kläger habe den hohen Aufwand und die aufgetretenen Schwierigkeiten „selbst produziert“, findet das im Sachverhalt keine Stütze. Nach dem Konzept der §§ 2, 3 NTG wirkt es sich auch nicht aus, ob einzelne Tätigkeiten allenfalls nicht (unbedingt) erforderlich waren, vom Kläger verzögert oder von den Beteiligten selbst erbracht wurden, weil keine Entlohnung nach Einzelleistung erfolgt (vgl RS0070775; RS0052229). Warum sich die Realteilung einer Liegenschaft mit unterschiedlichen Widmungen und sieben Miteigentümern mit teils divergierenden Interessen hinsichtlich der Komplexität nicht von typischen Fällen abheben sollte, legt die Beklagte nicht dar. Ebenso wenig erklärt sie, weshalb die festgestellten Umstände bzw notwendigen Schritte (zahlreiche Telefonate und Schreiben zur Informationsaufnahme, langwierige Verhandlungen mit mehreren Beteiligten, mühevolle Meinungsbildung der Miteigentümer, fehlende Mittel zur Begleichung der Kosten der Realteilung etc) keinen besonderen Aufwand verursacht haben sollten, der die Erhöhung auf das Doppelte rechtfertigt. Dass die Vorinstanzen den ihnen im Einzelfall zukommenden Beurteilungsspielraum überschritten haben, stellt die Beklagte nicht schlüssig dar.

[18] 2.3. Insgesamt sind die Entscheidungen der Vorinstanzen hinsichtlich der Höhe des iSd § 1152 ABGB angemessenen Honorars nicht zu beanstanden.

[19] 3. Es trifft zu, dass der Rechtsanwalt kein Honorar begehren kann bzw seinen Honoraranspruch „verwirkt“, wenn seine Tätigkeit für den Mandanten „wertlos“ ist (RS0116278; RS0038710; vgl auch RS0038663). Warum das hier der Fall sein soll, obwohl die Realteilung durchgeführt wurde und die Beklagte deren Ergebnis nicht bemängelt, ist hingegen nicht verständlich.

[20] 3.1. Davon zu trennen sind freilich die Folgen der Verletzung von Aufklärungspflichten, die nach ständiger Rechtsprechung (regelmäßig nur) zum Ersatz des verursachten Vertrauensschadens berechtigt (RS0112203 [T7]; 8 Ob 48/21y ua). Zwar können Aufklärungspflichten auch hinsichtlich der zu erwartenden Honorarverrechnung bestehen, vor allem wenn der Mandant in solchen Fragen unerfahren und unsicher ist (RS0047275; 4 Ob 114/15s ua). Ihre Verletzung führt aber ebenfalls nur zu Schadenersatzansprüchen und nicht zum Verlust des Honoraranspruchs (7 Ob 85/20f; 7 Ob 164/18w; 1 Ob 70/17a ua), wobei die Vermögensdifferenz zu ersetzen ist, die bei pflichtgemäßer Beratung nicht eingetreten wäre (RS0022706 [T7]; RS0023549 [T28]).

[21] 3.2. Soweit sich die Beklagte daher auf fehlende oder unzureichende Aufklärungen stützt, ist das nur für dieim Rahmen der Aufrechnungseinrede eingewandten Schadenersatzforderungen, nicht aber für die Höhe des angemessenen Honorars respektive die Hauptforderung relevant. Anzumerken ist nur, dass entgegen der Ansicht der Beklagten das Überschreiten disziplinarrechtlicher Grenzen bei der Honorarvereinbarung diese nicht sittenwidrig oder nichtig macht (vgl RS0038374 [T2]; RS0038770).

[22] 4. Worauf die Beklagte mit dem Verweis auf die Rechtsprechung, wonach die Übernahme einer Treuhandschaft in eigener Sache durch einen Rechtsanwalt eine verbotene Form der Doppelvertretung darstellt (RS0131574) und zudem bei jeder wirtschaftlichen Verflechtung des Treuhänders mit einer der Vertragsparteien die Übernahme der Treuhandschaft untersagt ist (RS0131512), hinaus will, erschließt sich nicht, weil sich derartiges den Feststellungen nicht entnehmen lässt.

[23] 5. Im Ergebnis zutreffend ist demgegenüber der Einwand, die Vorinstanzen hätten ihre Irrtumseinrede zu Unrecht verworfen.

[24] 5.1. Der Kläger hat das Vorbringen der Beklagten, sie sei Konsumentin nicht (substantiiert) bestritten; dass er kein Unternehmer iSd § 1 Abs 1 Z 1, Abs 2 KSchG ist, hat er verständlicherweise nicht behauptet. Darauf aufbauend ist der Beklagten zuzustimmen, dass den Kläger nach der Rechtsprechung die Informationspflichten des § 5a Abs 1 Z 3 KSchG getroffen haben (3 Ob 112/19w), denen er nach den Feststellungen hinsichtlich seines Honoraranspruchs (gar) nicht nachgekommen ist. Da der Irrtum eines Teils über einen Umstand, über den ihn der andere nach geltendem Recht hätte aufklären müssen, immer als Irrtum über den Inhalt des Vertrags gilt (§ 871 Abs 2 ABGB) und derjenige, der eine gesetzlich gebotene Aufklärung unterlässt, den Irrtum des Partners stets veranlasst hat, wären die Voraussetzungen einer Anfechtung des Vertrags über die Beauftragung des Klägers mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung des Realteilungsvertrags an sich gegeben (3 Ob 112/19w). Die Beklagte hat auch vorgebracht, dass sie nicht den Kläger, sondern einen anderen Rechtsanwalt oder Notar beauftragt hätte, wenn sie darüber informiert worden wäre, in welcher Größenordnung sich das Honorar des Klägers bewegen werde.

[25] 5.2. Wenn das Erstgericht dennoch Feststellungen zum behaupteten Irrtum unterlässt und ausführt, ein solcher liege schon deshalb nicht vor, weil nicht das begehrte, sondern das angemessene Honorar maßgeblich sei, meint es offensichtlich, dass der Kläger im Fall einer erfolgreichen Anfechtung des Vertrags (über die Beauftragung des Klägers) nach § 877 ABGB genauso Anspruch auf ein angemessenes Honorar iSd § 1152 ABGB hätte. Dazu hat der Oberste Gerichtshof aber schon klargestellt, dass in der vorliegenden Konstellation (nur) ein dem verschafften Nutzen angemessenes Honorar verlangt werden kann, weil der Irrende nur insoweit bereichert ist. Das bedeutet, dass der Kläger nur jenen Betrag begehren könnte, den die Beklagte – nach ihrer Behauptung – bei Beauftragung eines „billigeren“ Notars oder Rechtsanwalts für dieselbe Leistung bezahlt hätte. Denn der Umstand, dass ein bestimmtes Honorar angemessen ist, bedeutet noch nicht, dass dieselbe Leistung nicht auch – etwa durch Vereinbarung einer niedrigeren Bemessungsgrundlage oder eines Pauschalhonorars – (deutlich) billiger bezogen werden könnte (3 Ob 112/19w).

5.3. Auch wenn die Beklagte in ihrer Berufung in erster Linie auf einen Irrtum über die Gegenforderung (zu den Kosten der „Bauplatzschaffung“) Bezug genommen hat, hat sie sich doch (gerade noch) ausreichend dagegen gewandt, dass der Kläger sie nicht über seinen Honoraranspruch und dessen Berechnungsgrundlagen aufgeklärt habe und sich das Erstgericht mit ihrer Irrtumseinrede insofern nicht auseinandergesetzt hat. Da sich das Berufungsgericht damit in seiner Entscheidung nicht befasst hat, hält die Beklagte diesen, nunmehr um das Berufungsgericht erweiterten Standpunkt in der Revision zu Recht aufrecht.

[26] 5.4. Angesichts dessen erweist sich die Sache in Bezug auf die Hauptforderung noch nicht als spruchreif, weil das Erstgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Beklagte tatsächlich eine unrichtige Vorstellung über die Höhe des zu erwartenden Honorars hatte, wenn ja, ob sie bei Kenntnis von der tatsächlich vorgenommenen Abrechnung von einer Beauftragung des Klägers Abstand genommen hätte und ob es möglich gewesen wäre, am „freien Markt“ für dieselben Leistungen ein deutlich niedrigeres Honorar zu vereinbaren.

[27] 6. Vor diesem Hintergrund führt an der Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen kein Weg vorbei.

[28] 6.1. Die Aufhebung hat sich dabei zwar auch auf den Ausspruch, dass die Gegenforderung der Beklagten nicht zu Recht bestehe, zu erstrecken, weil dieser Ausspruch in einem mehrgliedrigem Urteil für sich allein nicht in Rechtskraft erwachsen kann (RS0041026 [T5]; RS0040857; RS0040742 [T5, T7] ua). Allerdings ist der durch diesen Ausspruch betroffene Sachantrag als abschließend erledigter Streitpunkt anzusehen (vgl 1 Ob 108/97g), weil die Beklagte die Berufungsentscheidung insofern nicht gesetzmäßig bekämpft. Mit Ausnahme einiger weniger Sätze beschränkt sich die Revision dazu nämlich darauf, die Berufung wörtlich zu wiederholen, wobei großteils nicht einmal das Wort „Erstgericht“ durch „Berufungsgericht“ ersetzt wird. Das wird den an eine Rechtsrüge gestellten Anforderungen nicht gerecht (RS0043603 [T15]; 3 Ob 24/20f; 1 Ob 164/19b ua). Da die notwendige Auseinandersetzung mit den Argumenten des Berufungsgerichts gerade nicht stattfindet, ist die Revision in dieser Hinsicht nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043605; RS0043603 [T9]).

[29] 6.2. Abschließend erledigt ist aber auch die Höhe des angemessenen Honorars iSd § 1152 ABGB für den Fall, dass sich die Irrtumseinrede als nicht berechtigt erweisen sollte.

[30] 6.3. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht den Sachverhalt daher (nur mehr) um jene, oben aufgezeigten Tatsachengrundlagen zu ergänzen haben, die für die Erledigung der Irrtumseinrede hinsichtlich des Vertrags über die Beauftragung des Klägers notwendig sind. Auf dieser Grundlage wird es sodann neuerlich über das verbliebene Klagebegehren zu entscheiden haben.

[31] 7. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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