BVergG 2006 §12 Abs3
BVergG 2006 §2 Z8
BVergG 2006 §329 Abs1
BVergG 2006 §4
BVergG 2006 §5
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §342 Abs2
BVergG 2018 §344 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs2
BVergG 2018 §351 Abs1
BVergG 2018 §351 Abs3
BVergG 2018 §351 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:W123.2213111.1.00
Spruch:
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hubert REISNER, Vertreter des Leiters der Gerichtsabteilung W123, über den Antrag der Bewerbergemeinschaft XXXX , und XXXX , vertreten durch die Muhri & Werschitz Partnerschaft von Rechtsanwälten GmbH, Neutorgasse 47, 8010 Graz, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren "AMS Graz-West - neuer Standort" des Auftraggebers Arbeitsmarktservice Österreich, Abteilung Infrastrukturmanagement, Treustraße 35-43, 1200 Wien, vertreten durch die Breitenfeld Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Marc-Aurel-Straße 6, 1010 Wien, vom 16. Jänner 2019 beschlossen:
A)
Das Bundesverwaltungsgericht gibt dem Antrag der Bewerbergemeinschaft XXXX Liegenschaftsverwertung und Verwaltung GmbH das Bundesverwaltungsgericht möge "der öffentlichen Auftraggeberin, Arbeitsmarktservice Österreich, es für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens im Vergabeverfahren ‚AMS Graz West - neuer Standort' untersagen, die Aufforderung zur ‚Angebotsabgabe an die ausgewählten Bewerber zu versenden, allfällige bisher eingelangte Angebote zu öffnen, sowie weiters die Angebotsfrist für den Fall aussetzen, dass bereits Bewerber zur Angebotslegung eingeladen wurde", teilweise statt.
Das Bundesverwaltungsgericht untersagt dem Auftraggeber Arbeitsmarktservice Österreich im Vergabeverfahren "AMS Graz-West - neuer Standort" gemäß §§ 350 Abs 1, 351 Abs 1, 3 und 4 BVergG, für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens Angebote zu öffnen, setzt die Angebotsfrist aus und weist die Anträge im Übrigen ab.
B)
DIE REVISION IST GEMÄß ART 133 ABS 4 B-VG NICHT ZULÄSSIG.
BEGRÜNDUNG
I. Verfahrensgang
1. Mit Schriftsatz vom 16. Jänner 2019 beantragte die Bewerbergemeinschaft XXXX , und XXXX , vertreten durch die Muhri & Werschitz Partnerschaft von Rechtsanwälten GmbH, Neutorgasse 47, 8010 Graz, in der Folge Antragstellerin, die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, die Nichtigerklärung der rechtswidrigen Nicht-Zulassung der Antragsteller zur Teilnahme am Vergabeverfahren im Sinne des Schreibens der öffentlichen Auftraggeberin, Arbeitsmarktservice Österreich, im Vergabeverfahren "AMS-Graz-West - neuer Standort" vom 10. Jänner 2019 und die Erlassung einer einstweiligen Verfügung wie im Spruch unter A) wiedergegeben sowie den Ersatz der Pauschalgebühr. Die Anträge betreffen das Vergabeverfahren "AMS Graz-West - neuer Standort" des Auftraggebers Arbeitsmarktservice Österreich, Abteilung Infrastrukturmanagement, Treustraße 35-43, 1200 Wien, vertreten durch die Breitenfeld Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Marc-Aurel-Straße 6, 1010 Wien.
1.1 Die Antragstellerin führt nach Darstellung des Sachverhalts, der gesondert anfechtbaren Entscheidung, der Rechtzeitigkeit und Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags aus, dass sie sich durch die rechtswidrige anfechtbare Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers in ihrem subjektiven Recht auf Durchführung eines vergaberechtskonformen Vergabeverfahrens und Teilnahme daran, insbesondere auf Gleichbehandlung aller Bieter, Ausscheiden von Teilnahmeanträgen anderer Bieter, wenn diese mit auch nur einem Ausscheidensgrund belastet sind, Aufforderung zur Mängelbehebung aufgrund des Vorliegens eines behebbaren Mangels, Nichtausscheidens des Teilnahmeantrages, weil dieser mit keinem Ausscheidungsgrund belastet ist, die Prüfung und Bewertung des Teilnahmeantrages, Einladung zur Abgabe eines Angebotes, Einhaltung der Festlegungen in der Ausschreibungsunterlage und in allen anderen subjektiven Rechten der Antragstellerin, mögen sie auch nicht an dieser Stelle des Nachprüfungsantrages genannt sein, sich aber aus der Gesamtheit des Vorbringens ergeben, verletzt.
1.2 Zur behaupteten Rechtswidrigkeit der angefochtenen Nichtzulassung zur Teilnahme führt sie im Wesentlichen aus, dass der Auftraggeber der Antragstellerin die Möglichkeit zur Verbesserung ihres Teilnahmeantrages einräumen hätte müssen, dies um so mehr, als es sich um einen bloßen Eignungsnachweismangel handle, dessen Nichtvorlage im Sinne der vergaberechtlichen Judikatur jedenfalls als behebbarer Mangel zu bewerten sei. Bei rechtskonformer Vorgangsweise wäre der Auftraggeber zu einem anderen Ergebnis gelangt und dies sei somit auch von wesentlichem Einfluss auf das Vergabeverfahren. Das Fehlen einer Strafregisterbescheinigung zähle zu den verbesserbaren Mängeln. Die Ansicht, dass bereits einmal eine Mängelbehebung eingeräumt worden sei, weshalb eine neuerliche Verbesserung nicht möglich sei, sei verfehlt. Das Schreiben des Auftraggebers vom 30. November 2018 erfasse ausschließlich die namhaft gemachten Referenzen. Das Schreiben vom 14. Dezember 2018 sei aufgrund der Festlegung in der Ausschreibungsunterlage erfolgt und stelle ebenso keine Aufforderung zur Mängelbehebung dar. Die Eigenerklärung im Sinn von Punkt 3.1 der Ausschreibungsunterlage sei durch fristgerechte Unterfertigung und Einbringung der Formblätter A und B des Teilnahmeantrags ohnehin anforderungsgemäß abgegeben worden. Im Fall der Aufforderung zur Behebung des Mangels wäre die Strafregisterbescheinigung für den vierten Geschäftsführer der Zweitantragstellerin vorgelegt worden und es hätte kein Grund dafür bestanden, die Antragstellerin nicht zur Teilnahme am Verfahren zuzulassen.
1.3 Die Ausschreibungsunterlage enthalte in Punkt 2.4 die Festlegung, dass nach Aufforderung die Eignungsnachweise binnen einer Der-Tages-Frist vorzulegen seien. Mit Schreiben vom 14. Dezember 2018 sei eine Frist bis 20. Dezember 2018, 9.00 Uhr zur Vorlage der Eignungsnachweise eingeräumt worden. Der Auftraggeber sei von seinen eigenen Festlegungen abgegangen. Durch diese rechtswidrige Vorgangsweise sei unweigerlich eine Besserstellung der Position anderer Bewerber eingetreten, die über diese Nachweise nicht so zeitnah wie die Antragstellerin haben verfügen können.
1.4 Der Antragsteller macht das Vorbringen zum Nachprüfungsantrag auch zum Vorbringen zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und führt im Wesentlichen aus, dass Gefahr im Verzug bestehe, weil der Auftraggeber andere Bewerber zur Abgabe von Angeboten einlade und so die Angebotsfrist auslöse. Die Antragstellerin habe ein massives Interesse am Abschluss des gegenständlichen Vertrages, weil der Leistungsgegenstand den Kerngegenstand der Antragstellerin bilde. Es drohe ihr ein im Nachprüfungsantrag näher aufgeschlüsselter Schaden. Die angefochtene Entscheidung sei rechtswidrig. Es gehe im Provisorialverfahren darum zu verhindern, dass die Entscheidung im Hauptverfahren durch faktische Ereignisse ins Leere gehe und die Antragstellerin vor vollendete Tatsachen und unwiederbringliche Schäden gestellt werde. Deshalb seien die beantragten Maßnahmen notwendig. Dem Interesse der Antragstellerin am Erhalt des Auftrags und daher an der Teilnahme an der zweiten Stufe des Vergabeverfahrens stehe kein wesentliches Interesse des Auftraggebers, das Vergabeverfahren fortzuführen entgegen. Besondere öffentliche Interessen, die der Erlassung der einstweiligen Verfügung entgegenstehen, ebenso wenig wie allfällige zu berücksichtigende Interessen anderer Parteien ersichtlich seien. Es drohe der Eintritt des Schadens. Zum Zweck der Verhinderung eines derartigen Schadens stelle sie den Antrag auf Erlassung der beantragten Maßnahmen. Diese seien notwendig und das gelindeste Mittel.
2. Am 22. Jänner 2019 erteilte der Auftraggeber allgemeine Auskünfte und sprach sich nicht gegen Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung aus.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen
1. Feststellungen (Sachverhalt)
1.1 Das Arbeitsmarktservice Österreich Bundesgeschäftsstelle schreibt unter der Bezeichnung "AMS Graz-West - neuer Standort" einen Bauauftrag mit dem CPV-Code 70220000-5 - Maschinentechnische Installationen in einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung nach dem Bestangebotsprinzip aus. Vergebende Stelle ist das Arbeitsmarktservice Österreich Bundesgeschäftsstelle, Infrastrukturmanagement. Der geschätzte Auftragswert liegt im Oberschwellenbereich. Der Auftraggeber veröffentlichte die Ausschreibung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 12. Oktober 2018 zur Zahl 2018/S 197-444627 und im Amtlichen Lieferungsanzeiger vom 12. Oktober 2018 zur Zahl L-658367-8a9. (Auskünfte des Auftraggebers)
1.2 Am 14. November 2018, 12.00 Uhr war das Ende der Teilnahmeantragsfrist. (Auskünfte des Auftraggebers)
1.3 Am 10. Jänner 2019 gab der Auftraggeber ua der Antragstellerin die Nicht-Zulassung zur Teilnahme bekannt. (Auskünfte des Auftraggebers)
1.4 Am 10. Jänner 2019 lud der Auftraggeber die ausgewählten Bewerber zur Angebotsabgabe ein und übersandte diesen die Angebotsunterlagen. (Auskünfte des Auftraggebers)
1.5 Der Auftraggeber habt weder das Vergabeverfahren widerrufen noch den Zuschlag erteilt. (Auskünfte des Auftraggebers)
1.6 Die Antragstellerin bezahlte Pauschalgebühren in der Höhe von €
9.723. (Verfahrensakt)
2. Beweiswürdigung
2. Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammern genannten Quellen. Diese sind Veröffentlichungen und die Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie Auskünfte, die nur der Auftraggeber erteilen kann. Auskünfte des Antragstellers betreffen ebenso ausschließlich mit dem Auftraggeber gemeinsame Dokumente. Die Echtheit und Richtigkeit von in den Schriftsätzen herangezogenen Unterlagen hat keine der Verfahrensparteien bestritten. Die herangezogenen Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche traten nicht auf.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1 Anzuwendendes Recht
3.1.1 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes - BVwGG, BGBl I 2013/10, idgF lauten:
"Einzelrichter
§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist."
3.1.2 Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes - VwGVG, BGBl I 2013/33 idgF, lauten:
"Anwendungsbereich
§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.
...
Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) ...
Beschlüsse
§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
(2) An seine Beschlüsse ist das Verwaltungsgericht insoweit gebunden, als sie nicht nur verfahrensleitend sind.
(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.
..."
3.1.3 Die einschlägigen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 - BVergG 2018), BGBl I 2018/65 idgF, lauten:
"4. Teil
Rechtsschutz vor dem Bundesverwaltungsgericht
1. Hauptstück
Zuständigkeit, fachkundige Laienrichter, Ausschluss und Ablehnung
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes
§ 327. Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig zur Entscheidung über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen.
Senatszuständigkeit und -zusammensetzung
§ 328. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten.
(2) ...
2. Hauptstück
Besondere Bestimmungen über das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichtes
1. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
Anzuwendendes Verfahrensrecht
§ 333. Soweit in diesem Bundesgesetz und im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, nichts anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles in den Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach diesem Bundesgesetz sinngemäß anzuwenden.
Zuständigkeit
§ 334. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes über Anträge zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (2. Abschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Abschnitt). Derartige Anträge sind unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen.
(2) Bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens ist das Bundesverwaltungsgericht zum Zwecke der Beseitigung von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz und die hierzu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig
1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen, sowie
2. zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte.
(3) ...
2. Abschnitt
Nachprüfungsverfahren
Einleitung des Verfahrens
§ 342. (1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern
1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und
2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
(2) ...
3. Abschnitt
Einstweilige Verfügungen
Antragstellung
§ 350. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.
(2) Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat zu enthalten:
1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens, der gesondert anfechtbaren Entscheidung sowie des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse,
2. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie des Vorliegens der in § 342 Abs. 1 genannten Voraussetzungen,
3. die genaue Bezeichnung der behaupteten Rechtswidrigkeit,
4. die genaue Darlegung der unmittelbar drohenden Schädigung der Interessen des Antragstellers und eine Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen,
5. die genaue Bezeichnung der begehrten vorläufigen Maßnahme und
6. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.
(3) ...
Erlassung der einstweiligen Verfügung
§ 351. (1) Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat das Bundesverwaltungsgericht die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.
(2) Ein entgegen einer Anordnung in einer einstweiligen Verfügung erteilter Zuschlag, erfolgter Abschluss einer Rahmenvereinbarung bzw. erklärter Widerruf des Vergabeverfahrens ist absolut nichtig bzw. unwirksam.
(3) Mit einer einstweiligen Verfügung können das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.
(4) In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.
(5) Einstweilige Verfügungen sind sofort vollstreckbar."
3.2 Zu Spruchpunkt A) -Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung
3.1.1 Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und Zulässigkeit des Antrages
3.1.1.1 Auftraggeber im Sinne des § 2 Z 8 BVergG 2006 ist das Arbeitsmarktservice Österreich. Es ist öffentlicher Auftraggeber gemäß § 4 Abs 1 Z 2 BVergG (st Rspr zB BVwG 19. 1. 2015, W123 2015052-2/19E; 4. 12. 2015, W149 2112412-2/28E; 19. 6. 2017, W123 2161157-1/2E). Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich um einen Bauauftrag gemäß § 5 BVergG. Der geschätzte Auftragswert des Gesamtvorhabens und des verfahrensgegenständlichen Loses liegen jedenfalls über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 Z 4 BVergG, sodass gemäß § 12 Abs 3 BVergG 2006 ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich vorliegt.
3.1.1.2 Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich und damit im Vollanwendungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 342 Abs 2 BVergG iVm Art 14b Abs 2 Z 1 lit a B-VG ist sohin gegeben.
3.1.1.3 Da darüber hinaus laut Stellungnahme des Auftraggebers das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 342 Abs 2 BVergG zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.
3.1.1.4 Schließlich geht das Bundesverwaltungsgericht vorläufig davon aus, dass dem Antragsteller die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 BVergG nicht offensichtlich fehlen. Der Nachprüfungsantrag wurde rechtzeitig eingebracht. Er enthält alle in § 344 Abs 1 BVergG geforderten Inhalte.
3.1.1.5 Im Ergebnis ist daher vorläufig davon auszugehen, dass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung gemäß § 350 Abs 1 BVergG zulässig ist, wobei auch die Voraussetzungen des § 350 Abs 2 BVergG vorliegen.
3.2.2 Inhaltliche Beurteilung des Antrages
3.2.2.1 Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 351 Abs 1 BVergG sowie auch im Hinblick auf die zu verfügende einstweilige Maßnahme ist zunächst darauf Bedacht zu nehmen, dass von Seiten des Auftraggebers die Erklärung des Widerrufs beabsichtigt ist. Es kann aus der Sicht des Provisorialverfahrens nicht ausgeschlossen werden, dass die von dem Antragsteller relevierten Rechtswidrigkeiten zutreffen und sie daher zur Teilnahme an der zweiten Stufe des Verhandlungsverfahrens einzuladen und zur Angebotslegung aufzufordern wäre, wodurch ihr auf Grund der behaupteten Rechtswidrigkeiten der Entgang des Auftrages mit allen daraus erwachsenden Nachteilen droht. Mit der vorliegenden einstweiligen Verfügung müssen daher - bei Nichtüberwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung gemäß § 351 Abs 1 BVergG - Maßnahmen getroffen werden, die eine spätere eine Zuschlagserteilung an den Antragsteller ermöglicht. Zur wirksamen Sicherung dieser möglicherweise bestehenden Ansprüche muss daher das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesvergabeamt in einem Stand gehalten werden, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an den Antragsteller ermöglicht (BVwG 29. 1. 2015, W187 2017416-1/3E).
3.2.2.2 Die Interessen des Antragstellers bestehen im Wesentlichen in der Abwendung des drohenden Schadens, in der Teilnahme an der zweiten Stufe des Verhandlungsverfahrens, der Angebotslegung und im Erhalt des Auftrags.
3.3.2.3 Der Auftraggeber brachte keine gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen vor.
3.2.2.4 Bei der Interessenabwägung ist schließlich auf die allgemeinen Interessen und Grundsätze Rücksicht zu nehmen, dass der Auftraggeber bei seiner zeitlichen Planung des Beschaffungsvorganges die Dauer eines allfälligen Rechtsschutzverfahrens mit einzukalkulieren hat (siehe zB BVwG 22. 8. 2014, W187 2010665-1/11E; 11. 7. 2017, W187 2163208-1/3E), dass das öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter zu berücksichtigen ist (grundlegend VfGH 1. 8. 2002, B 1194/02) und schließlich dass gemäß § 329 Abs 1 BVergG von der Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur dann abzusehen ist, wenn die Interessenabwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen ergibt (zB BVwG 2. 3. 2015, W187 2101270-1/6E; 19. 1. 2017, W187 2144680-1/2E). Es besteht ein Primat des vergaberechtlichen Primärrechtsschutzes (EuGH 9. 4. 2003, C-424/01 , CS Austria, Rn 30, Slg 2003, I-3249).
3.2.2.5 Öffentliche Interessen, die eine sofortige Zuschlagserteilung erforderlich machen würden, sind nicht ersichtlich.
3.2.2.6 Stellt man daher im vorliegenden Fall die Interessen des Antragstellers den öffentlichen Interessen sowie den Interessen des Auftraggebers gegenüber, ergibt sich, dass im gegenständlichen Fall vom grundsätzlichen Überwiegen der für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen auszugehen ist. Dem Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes, nämlich der Ermöglichung der Teilnahme an einem rechtskonformen Vergabeverfahren und einer Auftragserteilung an die allenfalls obsiegende Antragstellerin ist durch eine entsprechende Maßnahme Genüge zu leisten. Ungeachtet eines gesetzlichen Auftrags wäre der Auftraggeber verpflichtet gewesen, die Dauer eines Nachprüfungsverfahrens bei seiner Zeitplanung zu berücksichtigen.
3.2.2.7 Zweck einer einstweiligen Verfügung ist es demnach, die dem Antragsteller bei Zutreffen seines Vorbringens drohenden Schäden und Nachteile abzuwenden, indem der denkmögliche Anspruch auf Zuschlagserteilung dadurch wirksam gesichert wird, dass das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige Teilnahme des Antragstellers am Vergabeverfahren ermöglicht. Dabei ist gemäß § 351 Abs 3 BVergG 2018 die jeweils gelindeste zum Ziel führende Maßnahme anzuordnen.
3.2.2.8 Die beantragten Maßnahmen können unabhängig voneinander angeordnet werden. Der Antrag ist daher diesbezüglich trennbar. Die Aufforderung, die Einladung zur Angebotsöffnung zu versenden, zu untersagen geht ins Leere, da sie bereits am 10. Jänner 2019 erfolgt ist. Dieser Antrag ist daher abzuweisen.
3.2.2.9 Bei der bevorstehenden Einladung der ausgewählten Bewerber zur Angebotslegung und der bevorstehenden Angebotsöffnung ist das nötige und gelindeste Mittel gemäß § 351 Abs 3 BVergG 2018 die vorläufige Untersagung der Angebotsöffnung (zB BVwG 11. 9. 2015, W187 2113572-1/3E; 30. 1. 2018, W134 2183925-1/2E; 27. 2. 2018, W187 2186439-1/2E). Um den Antragstellerinnen die Möglichkeit zur Teilnahme am Vergabeverfahren zu bewahren, ist die Aussetzung der Angebotsfrist ebenfalls erforderlich (zB BVwG 20. 9. 2016, W139 2134579-1/2E; 7. 8. 2017, W187 2165912-1/2E; 12. 7. 2018, W138 2200339-1/2E). Es soll somit (lediglich) der Rechtsgestaltungsanspruch dahingehend gesichert werden, dass durch die einstweilige Verfügung verhindert werde, dass eine nachfolgende im Hauptverfahren erfolgte Nichtigerklärung unmöglich oder sonst absolut sinnlos wird (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; 7. 8. 2017, W187 2165912-1/2E; 27. 2. 2018, W187 2186439-1/2E; BVA 9. 3. 2007, N/0018-BVA/10/2007-EV011).
3.2.2.10 Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst/Oberhammer, Kommentar zur Exekutionsordnung³ [2015], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens.
§ 351 Abs 4 BVergG 2018 verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Der Auftraggeber ist durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichts davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum fest gesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; 4. 5. 2015, W187 2106525-1/2E; siehe auch VwGH 10. 12. 2007, AW 2007/04/0054). Auch wenn der Auftraggeber die Begrenzung der Dauer der Maßnahme mit sechs Wochen beantragte, beabsichtigt das Bundesverwaltungsgericht innerhalb der gesetzlichen Entscheidungsfrist von sechs Wochen zu entscheiden, sodass sich die Begrenzung der Dauer der anzuordnenden Maßnahme mit sechs Wochen erübrigt.
3.2.2.11 Über den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr wird gesondert entschieden werden.
3.3 Zu Spruchpunkt B) - Nichtzulassung der Revision
3.3.1 Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.3.2 Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl dazu VwGH 6. 11. 2002, 2002/04/0138;
30. 6. 2004, 2004/04/0028; 1. 2. 2005, 2005/04/0004; 29. 6. 2005, 2005/04/0024; 1. 3. 2007, 2005/04/0239; 27. 6. 2007, 2005/04/0254;
29. 2. 2008, 2008/04/0019; 14. 1. 2009, 2008/04/0143; 14. 4. 2011, 2008/04/0065; 29. 9. 2011, 2011/04/0153) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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