BVwG W103 2135917-1

BVwGW103 2135917-13.10.2016

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z5
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z5
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W103.2135917.1.00

 

Spruch:

W103 2135917-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Auttrit als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX XXXX, geb. XXXX, StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.08.2016, Zl. 524807104-160872474, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 2 Abs. 1 Z 13, § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, §§ 55 und 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF iVm § 9 und § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Ukraine, der ukrainischen Volksgruppe und dem christlich-orthodoxen Glauben zugehörig. Am 21.06.2016 stellte er anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, nachdem er zuvor illegal in das Bundesgebiet gelangt und am 20.06.2016 einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen worden war. Im Rahmen dieser Einvernahme am 21.06.2016 gab er unter anderem an: "Ich habe im Dorf XXXX gewohnt. Das ist im Westen der Ukraine in der Nähe von Ungarn. Ich habe im Jänner einen Einberufungsbefehl bekommen, und musste mit anderen Männern aus meiner Ortschaft nach

XXXX im Osten. Ich war nicht an Kampfhandlungen beteiligt, wurde jedoch zum Schluss mit Anderen ausgewählt aktiv mitzukämpfen. Als ich sagte, dass ich nicht kämpfen will, weil so etwas ähnliches wie ein Verwandter auf der anderen Seite lebt, hat der Oberst meinen Pass zerrissen und ich wurde geschlagen. Ich war früher nie beim Militär und habe keinen Grundwehrdienst abgeleistet. Ich habe dann jemanden kennen gelernt, und wurde dann von diesen Personen nach Lemberg gebracht. Danach lernte ich noch jemanden kennen, der versprochen hat mich in die EU zu bringen. Wenn ich in die Ukraine zurückkehren muss fürchte ich, dass ich neuerlich eingezogen werde.

XXXX (Anm. IFA: XXXX) kenne ich, da ich ihn schon in Lemberg getroffen habe und mit ihm gemeinsam in die EU gekommen bin."

Anlässlich seiner niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 22.06.2016 gab der Beschwerdeführer nach seinen Ausreisegründen befragt an: "Ich hatte Probleme in meiner Heimat. Ich wurde ins Kriegsgebiet geschickt um dort die Schützengräben auszuheben. Außerdem wurde mein Inlandspass zerrissen. Danach wurde ich gezwungen in die erste Frontlinie zu ziehen, wo man schießen muss, und das wollte ich nicht. Nachdem ich nicht einverstanden war, wurde ich geschlagen. Am selben Tag habe ich dann über einen Bekannten eine Fahrt nach Lemberg organisiert."

Im Falle einer Rückkehr in die Ukraine fürchte er, sofort an die Frontlinie ziehen zu müssen.

2. Nachdem das Verfahren zugelassen worden war, fand am 24.08.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die russische Sprache eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers zu seinem Antrag auf internationalen Schutz statt. Eingangs erklärte der Beschwerdeführer, Russisch und Ukrainisch zu sprechen. Er wolle aber in russischer Sprache einvernommen werden. Sodann nahm die weitere Befragung des Beschwerdeführers den folgenden Verlauf:

"(...)

F: Haben Sie gegen eine der anwesenden Personen aufgrund einer möglichen Befangenheit oder aus sonstigen Gründen irgendwelche Einwände?

A: Nein.

(...)

F: Fühlen Sie sich heute psychisch und physisch in der Lage, Angaben zu Ihrem Asylverfahren zu machen?

A: Ja, ich bin o.k.

F: Sind Sie gesund? Leiden Sie an einer ansteckenden Krankheit?

A: Ich bin gesund. Nein, ich habe keine ansteckende Krankheit.

F: Befinden Sie sich dzt. in ärztlicher Behandlung/Therapie oder nehmen Sie Medikamente?

A: Nein.

F: Werden Sie in Ihrem Verfahren vertreten?

A: Nein.

(...)

F: Haben Sie die Belehrung verstanden?

A: Ja, habe ich.

F: Verstehen Sie den Dolmetscher?

A: Ja, ich verstehe sie sehr gut. Ich würde bitten das Interview in Russisch fortzusetzen.

Sie haben bei der Polizei eine Erstaufnahme gehabt, in der Sie Angaben über Ihre Person, den Fluchtgrund und die Reiseroute nach Österreich getätigt haben. Von der Behörde wurde festgestellt, dass Österreich für Ihren Fall zuständig ist. Die heutige Einvernahme dient der Beweisführung Ihrer Angaben und zur Feststellung ob und aus welchen Gründen Ihnen Österreich Schutz gewähren soll/muss.

F: Haben Sie den Dolmetscher bei der Erstbefragung verstanden?

A: Ich habe eine Dolmetscherin gehabt, die war ukrainisch Dolmetscherin war und ich habe sie sehr schlecht verstanden. Bei der einvernahme durch das Bundesamt am 21.06.2016 hatte ich einen männlichen Dolmetscher den ich gut verstanden habe.

F: Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht?

A: Ja, habe ich.

F: Wurden diese korrekt protokolliert und Ihnen in einer Ihnen verständlichen Sprache vorgelesen?

A: Es ist alles korrekt.

F: Sind die Angaben auf Ihrer Asylkarte korrekt?

A: Ja.

F: Besitzen Sie einen Reisepass oder haben Sie Dokumente, aus denen Ihre Identität hervorgeht oder können Sie solche besorgen oder sich schicken lassen?

A: Ich besitze keinen RP.

F: Besitzen Sie ein anderes Dokument für Ihre Identitätsfeststellung?

A: Nein.

F: Haben Sie weitere Beweismittel vorzulegen bzw. geltend zu machen?

A: Als Kopie wird vorgelegt:

? Sterbeurkunde der Mutter ausgestellt am 28.02.2005 ausgestellt in XXXX Stadt Dolina

? Sterbeurkunde des Vaters ausgestellt am 03.09.2001 in Russland

? Berufsschulzeugnis vom 30.06.2008 als Schweißer.

? Grundschulzeugnis vom 27.06.2007

? Reisepass ausgestellt am 19.07.2005 gültig bis 2015 Passnummer:

XXXX

F: Welcher Religion und Volksgruppe/Nationalität gehören Sie an? Welche Staatsangehörigkeit haben Sie?

A: Ich bin christlich, ukrainisch AK gehöre der ukrainischen Volksgruppe an und bin ukrainischer Staatsbürger.

F: Was war Ihre letzte Wohnadresse in Ihrem Heimatland?

A: Ich habe zwei Meldeadressen. In Dolina XXXX bei meiner Großmutter, und in Lugansk, XXXX da hatte ich ein Haus nach dem Tod meines Vaters. Dieses Haus wurde aber durch den Krieg zerstört.

F: Wo haben Sie am Ende gelebt?

A: Nach dem Tod meines Vaters, bin ich mit meiner Mutter zu meiner Großmutter gezogen.

F: Lebt Ihre Großmutter noch an dieser Adresse?

A: Ja.

F: Sind Sie verheiratet. Haben Sie Kinder.

A: Nein.

F: Haben Sie im Heimatland noch Verwandte?

A: Meine Großmutter.

F: Haben Sie Kontakt zu Ihren Verwandten in der Heimat?

A: Ja, ich nehme Kontakt mit ihr mittels Internet auf. Ich habe 2 mal mit Ihr Kontakt gehabt seit ich hier bin.

F: Wie geht es Ihren Familienangehörigen?

A: Sie ist 79 Jahre alt und krank.

F: Haben Sie zu sonst jemanden in Ihrer Heimat Kontakt?

A: Nein.

F: Haben Sie persönliche Beziehungen in Österreich?

A: Bis zu meiner Festnahme hatte ich persönliche Kontakte.

F: Haben Sie Familienangehörige im EU-Raum: (einschließlich Norwegen, Island und Schweiz)?

A: Ich glaube dass ich eine Tante in der Tschechischen Republik habe.

F: Wie waren Ihre Lebensumstände und Ihr persönliches Umfeld vor Ihrer Ausreise aus Ukraine? Schildern Sie diese (Ausbildung, Arbeit, Verwandte, finanzielle Situation, Haus/Wohnung, Eigentum etc.).

A: Ich habe immer Interesse für Radiotechnik gehabt und schnitze gerne. Außerdem habe ich Forte Piano abgeschlossen und schreibe selber Musik. Nach der Berufsschule habe ich weitere Schweißausbildungen abgeschlossen. Ich bin ledig, habe keine Kinder.

F: Was haben Sie gearbeitet?

A: Ich habe ca. 1 Jahr als Schweißer gearbeitet. Das war in Dolina.

F: Wie war Ihr Einkommen?

A: Ca. 600- 800 Grivna (etwa 30-40 Euro). 2014 bin ich nach Lugansk gefahren und habe dort als DJ gearbeitet. Ich habe dort in der Nacht gearbeitet und ca. 6 Monate lang diesen Job gemacht. Ich habe diese Stelle im Mai oder Juni angefangen. Als die Probleme in der Ostukraine angefangen haben bin ich zurück zu meiner Großmutter. 2015 war ich wieder in Dalina.

F: Waren Sie in Haft oder wurden Sie festgenommen?

A: Nein, niemals.

F: Ist gegen Sie in Ukraine oder einem anderen Drittstaat ein Gerichtsverfahren anhängig?

A: Nein.

F: Hatten Sie persönlich jemals Schwierigkeiten oder Probleme mit den Behörden Ihres Heimatlandes "Ukraine"?

A: Nein.

F: Sind sie alleine geflüchtet?

A: Nein, ich habe einen Freun mitgehabt. Er hat mir geholfen nach Österreich zu kommen.

F: Wie heißt dieser Freund?

A: XXXX ca. 27 Jahre. Den Familiennamen kenne ich nicht.

F: Ist das derselbe Freund, mit dem Sie gemeinsam aufgegriffen wurden?

A: Ja. (Anm.: XXXX IFA: XXXX)

F: Haben Sie die Ukraine legal verlasen?

A: Nein.

F: Wann haben Sie die Ukraine verlassen?

A: Im Februar 2016 habe ich die Ukraine verlassen.

F: Haben Sie bereits in einem anderen Land um Asyl angesucht?

A: Nein. Ich habe nur in Österreich um Asyl angesucht.

F: Haben Sie zuvor schon irgendwo um Asyl angesucht?

A: Nein.

F: Aus welchem Grund suchten Sie in Österreich um Asyl an? Schildern Sie möglichst ausführlich und konkret Ihre Flucht- und Asylgründe! (Freie Erzählung)

A: Ende 2015, Anfang 2016 hat mich das Militärkommissariat ab, und wurde mit einem Bus weitergeschickt in die Ostukraine in die Konfliktzone. Im Dorf Sajzevo war ich an der Front. Ich habe zuvor öfters eine Ladung vom Militär erhalten und immer ignoriert. Deshalb wurde ich abgeholt. Ich erhielt nur eine Uniform und Proviant aber kein Gewehr. In diesem Dorf waren wir in einer Leichenhalle untergebracht. Genau drei oder vier Monate blieb ich dort und wurde jeden Tag abgeholt und ich musste dort Bunker bauen. Ich war nicht zum Kämpfen ausgebildet, sollte aber auf Befehl eines Offiziers an die Front gehen. Der Offizier hat den Pass von mir zerrissen, da ich nicht kämpfen wollte und nicht auf Menschen schießen wollte. Er hat mich auch geschlagen. Nach diesem Streit habe ich mich mit einem Busfahrer angefreundet und er hat mich nach Lemberg zurückgebracht. Ich wollte nicht zu meiner Großmutter zurück, da ich Angst hatte.

F: Waren das Ihre Fluchtgründe?

A: Ja.

F: Haben Sie weitere Fluchtgründe?

A: Nein.

F: Wann wurden Sie vom Militär abgeholt?

A: Ich kann es nicht genau sagen, aber es war zwischen Weihnachten 2015 und Silvester 2015/16.

F: Wie lange waren Sie bei der Armee?

A: Nicht ganz drei Monate.

F: Haben Sie vorher nicht gesagt, dass es drei oder vier Monate gewesen wären bevor Sie an die Front geschickt wurden?

A: Ich weiß es nicht.

F: Was war der ausschlaggebende Grund, dass Sie sich entschieden haben, an diesem Tag Ihre Heimat zu verlassen?

A: Ich möchte nicht sterben und möchte nimanden töten.

F: Wurden Sie persönlich jemals wegen Ihrer Religion, Rasse, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder Ihrer politischen Einstellung verfolgt oder bedroht?

A: Nein.

F: Haben Sie sofort nach Ihrer Ankunft in Österreich einen Asylantrag gestellt?

A: Nein. Ich hatte Angst davor zurückgeschickt zu werden.

F: Warum haben Sie Angst einen Asylantrag zu stellen?

A: Ich habe nur Angst gehabt. Ich war davon überzeugt, dass ich zurück in die Ukraine muss.

Vorhalt: Sie waren bereits 2010 in Österreich und wurden aus dem Stande der Schubhaft in Ihre Heimat abgeschoben. Was sagen Sie dazu?

A: Damals habe ich keinen Asylantrag gestellt. Es gab lediglich Probleme mit dem Visum.

F: Sie haben bei der Einvernahme durch das Bundesamt am 21.06.2016 in Wien angegeben, dass Sie XXXX IFA XXXX in Lemberg getroffen hätten und gemeinsam mit ihm in die EU gekommen wären. Ist das korrekt?

A: Ja, aber ich habe ihn schon früher kennengelernt. Es war als ich in der Kriesenregion war.

F: War er auch Soldat?

A: Ja.

F: Also Sie waren beide Soldaten?

A:Ja.

Vorhalt: Ihr Freund sagt, dass er nicht als Soldat dort war, sondern dass seine Firma ihn in die Region geschickt hat, Sie behaupten er wäre als Soldat dort gewesen. Was sagen Sie dazu?

A: Vielleicht wurde er von seiner Firma geschickt. Er hat nichts davon erzählt.

Vorhalt: Sie haben gesagt, dass Sie Ende des Jahres 2015 vom Militär abgeholt worden wären. Ihr Freund gab an, dass er bereits im Oktober 2015 aus der Ukraine geflohen wäre. Wie hätten Sie Ihn kennenlernen können?

A: Ich weiß nicht was mein Freund gesagt hat.

F: Ihr Freund hatte auch einen Reisepass mit einem Einreisestempel nach Polen. Er gab auch an, dass er bis März 2016 in Polen war. Was sagen Sie dazu?

A: Ich kann mich nicht genau an Daten erinnern.

F: Sie haben vorher erwähnt, dass Schnee gelegen ist als Sie abgeholt wurden und dass es Winter war. Ihr Freund verbrachte aber den gesamten Winter vom Oktober bis März in Polen. Was sagen Sie dazu?

A: Ich kann mir Daten nicht gut merken.

Mit dem AW werden die wesentlichen Inhalte der Länderfeststellung zu seinem Herkunftsland erörtert. Insbesondere die Thematik Wehrpflicht. Dem AW wird eine Kopie angeboten mit dem Hinweis innerhalb der nächsten 14 Tage eine schriftliche Stellungnahme zu dem Inhalt abgeben zu können. Möchten Sie dies tun?

A: Nein.

F: Wohin werden Sie gehen, wenn Sie in die Ukraine zurückkehren müssen?

A: Ich weiß nicht wann ich in die Ukraine zurückkehre. Mit meiner Oma hatte ich kein gutes Verhältnis.

F: Sind Sie erwerbstätig, besuchen Sie einen Deutschkurs? Sind Sie in anderer Form integriert, z.B. Vereinsmitgliedschaften, etc.?

A: Nein.

F: Wie stellen Sie sich Ihre weitere Zukunft vor?

A: Ich möchte so schnell wie möglich eine Arbeit finden. Ich möchte eine Ausbildung als Musikproduzent machen. Ich will auch nicht in die Ukraine, ich möchte nicht für meine Oma sorgen. Ich will nicht an die Front zurück.

F: Sind Sie damit einverstanden, dass seitens des BFA eventuell Erhebungen zum Sachverhalt in Ihrem Heimatland sowie in, für Ihr Verfahren betreffenden, Drittstaaten durchgeführt werden?

A: Ich bin einverstanden.

F: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint oder wollen Sie noch etwas hinzufügen, was noch nicht zur Sprache gekommen ist?

A: Ich habe alles gesagt und möchte nichts mehr hinzufügen.

F: Konnten Sie alles sagen was Sie vorbringen wollten?

A: Ja.

F: Haben Sie heute die Wahrheit gesagt?

A: Ja.

F: Haben Sie den Dolmetscher einwandfrei verstanden?

A: Ja, sehr gut.

F: Möchten Sie eine Kopie der Niederschrift?

A: Ja.

(...)"

3. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom 26.08.2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 21.06.2016 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die beschwerdeführende Partei eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der beschwerdeführenden Partei in die Ukraine gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Unter Spruchpunkt IV. wurde festgehalten, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe. Gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf umfassende Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers (vgl. Seiten 13 ff des angefochtenen Bescheids).

Betreffend die Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaats wurden im Einzelnen die folgenden beweiswürdigenden Erwägungen getroffen:

"(...)

Bei Ihrer Einvernahme beim BFA in Klagenfurt am 23.08.2016 gaben Sie zu Ihren Fluchtgründen befragt an, dass Sie Ende 2015 Anfang 2016 vom Militärkommissariat abgeholt und mit einem Bus in die ostukrainische Konfliktzone geschickt worden wären. Sie wären im Dorf Sajzevo an der Front gewesen. Sie hätten zuvor mehrere Ladungen vom Militär erhalten, hätten diese aber immer ignoriert. Deshalb wären Sie auch abholt worden. Sie hätten eine Uniform und Proviant, aber kein Gewehr erhalten. In diesem Dorf wären Sie in einer Leichenhalle untergebracht gewesen. Sie wären drei oder vier Monate dort geblieben und wären jeden Tag abgeholt worden um Bunker zu bauen. Sie wären nicht zum Kämpfen ausgebildet gewesen, hätten aber auf Befehl eines Offiziers an die Front gehen müssen. Der Offizier hätte Ihren Pass zerrissen, da Sie nicht hätten kämpfen wollen. Sie wären auch von ihm geschlagen worden. Nach diesem Streit, hätten Sie sich mit einem Busfahrer angefreundet, der Sie nach Lemberg zurückgebracht hätte.

Aus Ihren Angaben lässt sich ableiten, dass Sie zu keinem Zeitpunkt Opfer irgendeiner, wie auch immer gearteten persönlichen Verfolgung aus Konventionsgründen geworden sind. In der Ukraine wird nach Ihnen nicht gefahndet.

Darüber hinaus haben sich aus den nachfolgenden Gründen Ihr Vorbringen als gänzlich unglaubhaft und die von Ihnen behauptete Bedrohungssituation als offensichtlich nicht den Tatsachen entsprechend erwiesen.

Hinsichtlich des Ortes an dem Sie durch das Militär eingesetzt wurden, konnten Sie keine glaubhaften Angaben machen. Am 21.06.2016 geben Sie bei der Einvernahme zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung vor dem Bundesamt an, dass Sie in Konstantiniwka eigesetzt worden wären. Allerdings gaben Sie am 23.08.2016 bei der Einvernahme zu Ihrem Asylverfahren an, Sie wären in Sajzevo eingesetzt gewesen.

Für die Entscheidende Behörde ist es nicht glaubhaft, dass man den Namen einer Ortschaft, in der man drei bis vier Monate gelebt hat, nicht gleichlautend wiedergeben kann. Insbesondere, da Sie laut Ihren Angaben diesen Ort erst vor ungefähr einem halben Jahr verlassen hätten und die beiden Einvernahmen im Abstand von nur zwei Monaten durchgeführt wurden.

Sie haben bei der Einvernahme durch das Bundesamt angegeben, dass Sie nachdem Sie zum Militär eingezogen worden wären, drei bis vier Monate in Sajzevo gewesen wären und von dort aus jeden Tag abgeholt worden wären um Bunker zu bauen.

Weiters gaben Sie an, als Sie gefragt wurden wie lange Sie bei der Armee gewesen wären, dass Sie nicht ganz drei Monate dort gewesen wären.

Als Sie gefragt wurden, wann Sie vom Militär abgeholt worden wären, meinten Sie, dies wäre zwischen Weihnachten 2015 und Silvester 2015 gewesen.

Auf die Frage, wann Sie die Ukraine verlassen hätten, antworteten Sie, dass Sie dies im Februar 2016 getan hätten.

Es ist somit für die entscheidende Behörde nicht logisch nachzuvollziehen, dass Sie, von Ende Dezember 2015 weg, mindestens drei, wenn nicht sogar vier Monate bei der Armee gewesen wären, aber die Ukraine bereits im Februar verlassen hätten.

Des Weiteren gaben Sie bei der Erstbefragung am 22.06 2016, befragt nach dem Zeitpunkt Ihrer Flucht an, dass Sie die Ukraine drei oder vier Monate zuvor verlassen hätten. Dies würde einen Zeitraum von Februar bis März 2016 ergeben. Hingegen gaben Sie bei der Einvernahme zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, am 21.06.2016 durch das Bundesamt an, dass Sie Anfang April 2016 aus der Ukraine ausgereist wären.

Aus diesen unterschiedlichsten Angaben zu Ihrem Fluchtzeitpunkt lässt sich ableiten, dass Sie auch hier nicht der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht haben. Wenn ein solch einschneidendes Erlebnis, wie eine Flucht, was zweifelsohne eines der prägendsten Erlebnisse in einem Menschenleben darstellt, real erlebt wurde, kann man sich zumindest an den Fluchtzeitpunkt erinnern und gibt diesbezüglich nicht solch widersprüchliche Angaben wieder. Sie hingegen, machten Angaben, die sich von Februar 2016 bis April 2016 erstrecken.

Sie gaben sowohl bei der Einvernahme zum Asylverfahren, als auch bei der Einvernahme zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, an, dass Sie die Ukraine gemeinsam mit Ihrem Freund XXXX IFA: XXXX verlassen hätten. Dieser gab jedoch, zu seiner Ausreise befragt an, dass er die Ukraine am 25.10.2015 verlassen hätte und sich bis März 2016 in Polen aufgehalten hätte. Danach wäre er nach Österreich gereist. (Vgl. Erstbefragung XXXX IFA: XXXX am 22.06.2016: "Wann und womit haben Sie ihre/n Heimat/Herkunftsstaat/Aufenthalts verlassen? A:

Abreise aus Wohnort: am 25.10.2015 per Anhalter nach Polen.")

Diese Aussage wird auch durch die Feststellungen in seinen anhängigen Verfahren bestätigt.

Wenn Sie somit angeben, von Dezember bis März beim Militär gewesen zu sein und auch mit Ihrem Freund gemeinsam die Ukraine verlassen zu haben, ergeben sich diesbezüglich zeitliche Diskrepanzen, da sich Ihr Freund während jenem Zeitraum in Polen aufgehalten hat. Es ist somit nicht glaubhaft, dass Sie zu dem von Ihnen angegebenen Zeitraum beim Militär Dienst geleistet hätten, da Sie angeben mit XXXX die Ukraine verlassen zu haben und dieser, nachweislich, von Oktober 2015 bis März 2016 in Polen lebte.

Sie haben ebenso behauptet, dass Sie XXXX bei der Armee kennengelernt hätten, da Sie beide dort als Soldaten gedient hätten. (Vgl. Einvernahme vom 23.08.2016: "F: Sie haben bei der Einvernahme durch das Bundesamt am 21.06.2016 in Wien angegeben, dass Sie XXXX IFA XXXX in Lemberg getroffen hätten und gemeinsam mit ihm in die EU gekommen wären. Ist das korrekt? A: Ja, aber ich habe ihn schon früher kennengelernt. Es war als ich in der Kriesenregion war. F:

War er auch Soldat? A: Ja. F: Also Sie waren beide Soldaten? A:Ja.")

Ihr Freund hingegen gab an, dass er nie Soldat war und für eine Firma gearbeitet hätte, welche in der Krisenregion tätig gewesen wäre. Deshalb habe er bei der Firma gekündigt und hat die Ukraine verlassen. Als Ihnen dieser Wiederspruch vorgehalten wurde, meinten Sie nur, dass Ihr Freund nie etwas davon erzählt hätte, dass er von seiner Firma geschickt worden wäre.

Auch dies stellt einen weiteren Widerspruch dar, welcher auf eine konstruierte, auf Asylerlangung ausgelegte, Geschichte hinweist. Die entscheidende Behörde geht in Zusammenschau der Wiedersprüche zu Ihrem Wehrdienst davon aus, dass Sie nie bei der Armee gedient haben und dieses, nicht glaubhafte Konstrukt einer Fluchtgeschichte nicht der Realität entspricht.

Eine Staatliche Verfolgung haben Sie selbst dezidiert ausgeschlossen.

Auch auf mehrmaliges Nachfragen, konnten Sie keine weiteren Beweggründe für Ihre Ausreise aus der Ukraine vorbringen. Auch auf die Frage, ob Sie Gelegenheit hatten alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint oder ob Sie noch etwas hinzufügen wollen, was noch nicht zur Sprache gekommen wäre, gaben Sie an, dass Sie alles gesagt haben.

Somit haben Sie selbst, dezidiert weiter Fluchtgründe ausgeschlossen und wollten auch die angesprochenen Themen nicht weiter kommentieren.

Aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren und bei Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen ergeben sich keine Hinweise auf das Bestehen einer konkret gegen Sie gerichteten Verfolgung.

In einer Gesamtschau der obigen Ausführungen wird nicht von der Glaubhaftmachung des gegenständlichen Fluchtvorbringens ausgegangen. Es entstand vielmehr der Eindruck, dass es sich bei Ihrem Vorbringen nicht um tatsächlich erlebte Ereignisse, sondern vielmehr um ein auf die Erlangung von Asyl ausgerichtetes Konstrukt handelt.

(...)"

In rechtlicher Hinsicht wurde von der Erstinstanz zu Spruchpunkt I. ausgeführt, eine asylrelevante Verfolgung habe von der beschwerdeführenden Partei nicht glaubhaft gemacht werden können. Selbst wenn dem Vorbringen des Beschwerdeführers Glaube geschenkt werden würde, könne daraus eine gegen ihn gerichtete asylrelevante Verfolgungsgefahr nicht abgeleitet werden.

Zu Spruchpunkt II. wurde nach Wiedergabe des § 8 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 AsylG 2005 im Wesentlichen ausgeführt, es hätten sich im Verfahren keine Anhaltspunkte ergeben, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in eine lebensbedrohende Notlage geraten würde oder einer realen, nicht bloß auf Spekulationen gegründeten Gefahr ausgesetzt wäre. Auch aus dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens hätten sich keine Hinweise auf das Vorliegen von Gründen ergeben, welche gem. § 8 AsylG zur Gewährung von subsidiärem Schutz führen würden.

Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels und zur ausgesprochenen Rückkehrentscheidung führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Wiedergabe der entsprechenden rechtlichen Grundlagen und auf Art. 8 EMRK bezugnehmender höchstgerichtlicher Judikatur aus, dass kein ein Eingriff in das Familienleben vorliege und der Eingriff in das Privatleben verhältnismäßig sei.

Zu den Spruchpunkten IV. und V. wurde festgehalten, das Vorbringen des Beschwerdeführers entspreche offensichtlich nicht den Tatsachen und sei die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Interesse eines geordneten Fremdenwesens geboten.

Mit Verfahrensanordnung vom 29.08.2016 wurde der beschwerdeführenden Partei amtswegig eine Rechtsberatungsorganisation für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

4. Per Fax vom 23.09.2016 wurde gegen den oben angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl rechtzeitig die verfahrensgegenständliche Beschwerde eingebracht. Darin wiederholte der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen und brachte vor, die Dolmetscher hätten seine Aussagen falsch übersetzt, weil sich im angefochtenen Bescheid Angaben finden würden, welche er nicht getätigt habe. Die Lage in der Ukraine sei noch immer nicht sicher und würde der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr in Lebensgefahr geraten. Der Beschwerde wurden diverse Bilder und Berichte angeschlossen.

5. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 29.09.2016 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist ein lediger und kinderloser Staatsangehöriger der Ukraine, welcher der ukrainischen Volksgruppe und dem christlichen Glauben angehört. Seine Identität steht fest.

Nachdem er illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist und am 20.06.2016 einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen worden war, stellte er am 21.06.2016 anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Er hält sich nachweislich seit dem 20.06.2016 ununterbrochen im Bundesgebiet auf. In seinem Herkunftsstaat wohnte er zuletzt bei seiner Großmutter in Dolina in der Westukraine.

1.2. Nicht festgestellt werden kann, dass die beschwerdeführenden Partei in der Ukraine aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten bedroht wäre. Im Entscheidungszeitpunkt konnte keine aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in der Ukraine festgestellt werden.

Ebenfalls nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Ukraine in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre.

1.3. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, welche einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

Der unbescholtene Beschwerdeführer verfügt in Österreich weder über Verwandte noch über sonstige relevante familiäre oder private Bindungen. Er geht keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach und ist auch nicht in einem Verein tätig. Deutschkurse hat er bisher nicht besucht und auch keine Deutschprüfungen abgelegt.

Er beherrscht die in seinem Herkunftsstaat gesprochenen Sprachen Ukrainisch und Russisch, verfügt über eine Großmutter in der Ukraine und absolvierte dort eine Grundschulausbildung sowie eine Berufsausbildung zum Schweißer. Seinen Lebensunterhalt konnte er durch seine Tätigkeit als Schweißer und zeitweise als DJ bestreiten.

1.4. Hinsichtlich der relevanten Situation in der Ukraine wird zunächst prinzipiell auf die mit dem Beschwerdeführer im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 24.08.2016 erörterten Länderfeststellungen verwiesen, wozu der Beschwerdeführer erklärte, keine schriftliche Stellungnahme abgeben zu wollen. Aus diesen Länderfeststellungen ergibt sich die im vorliegenden Fall relevante Situation. Insbesondere wird Folgendes festgestellt:

1. Politische Lage

Die Ukraine befindet sich in einer schwierigen Umbruchsituation, die einerseits durch die Annexion der Halbinsel Krim durch Russland und den Konflikt in der Ost-Ukraine, andererseits durch Reformbemühungen geprägt ist. Die Präsidentschaftswahlen am 25.05.2014 konnten mit Ausnahmen von Teilen der Ostukraine und der Krim in der ganzen Ukraine ohne nennenswerte Auffälligkeiten durchgeführt werden. Petro Poroschenko ging mit 54,7% im ersten Wahlgang als klarer Sieger hervor. Julia Tymoschenko erreichte mit 12% den zweiten Platz. Am 07.06.2014 wurde Petro Poroschenko als Präsident vereidigt, am 26.10.2014 das Parlament neu gewählt. Ministerpräsident Jazenjuk führt seitdem eine Regierungskoalition aus fünf Parteien (AA 05.2015).

Am 27.11.2014 trat das neugewählte Parlament erstmals in Kiew zusammen. Der neuen Regierungs-Koalition gehören unter anderem der Block von Präsident Petro Poroschenko und die Volksfront von Jazenjuk an. Neuer Parlamentspräsident ist der bisherige Vize-Premier Wolodimir Groisman. In der Obersten Rada säßen vorerst nur 418 von ursprünglich 450 Abgeordneten. Die übrigen Plätze blieben frei, weil Teile der umkämpften Ostukraine sowie die im März von Russland einverleibte Schwarzmeer-Halbinsel Krim an der Wahl nicht teilnehmen konnten (Presse 27.11.2014).

Die Ukraine-Beauftragte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Heidi Tagliavini, legt ihr Amt nieder. Zu den konkreten Beweggründen der Schweizer Spitzendiplomatin, die zwischen den Konfliktparteien vermittelte, machten die OSZE und das Außenministerium in Bern keine Angaben. In diplomatischen Kreisen wurde auf den bisher schwersten Bruch der im März 2015 vereinbarten Waffenruhe zwischen ukrainischen Regierungstruppen und pro-russischen Rebellen in der zurückliegenden Woche verwiesen. Zudem sei eine weitere Gesprächsrunde zwischen den Konfliktgegnern ergebnislos beendet worden (Standard 7.6.2015).

In Kiew kommt es immer wieder zu Protesten vor allem mit sozialen Forderungen. Die prowestliche Führung, die nach gewaltsamen Massenprotesten auf dem Maidan im vergangenen Jahr an die Macht gekommen war, wirft den Demonstranten vor, von russischen Geheimdiensten gesteuert und bezahlt zu sein. Auf Flugblättern war von einem "Maidan 3.0" die Rede - nach den beiden prowestlichen Massenprotesten 2004/2005 und 2013/2014 (Standard 8.6.2015).

Präsident Poroschenko ficht in Kiew allerdings bei weitem nicht nur mit Kremlchef Putin, sondern auch gegen aktuelle und ehemalige Mitglieder der eigenen Führungsspitze. Dabei spitzt sich hinter den Kulissen derzeit besonders der Konflikt mit dem Oligarchen und Ex-Gouverneur von Dnepropetrowsk Ihor Kolomoisky zu. Nachdem Poroschenko zuletzt dessen Vertrauten Igor Paliza als Gouverneur von Odessa entlassen und den Posten mit Michail Saakaschwili besetzt hatte, revanchierte sich Kolomoisky mit einem Überfall rechter Schläger auf die Gay-Parade in Kiew, um Poroschenko im Westen zu diskreditieren (Standard 10.6.2015).

Quellen:

2. Sicherheitslage

Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Halbinsel Krim durch Russland im März 2014 rissen pro-russische Separatisten in einigen Gebieten der Ost-Ukraine die Macht an sich und riefen unterstützt von russischen Staatsangehörigen die "Volksrepublik Donezk" und die "Volksrepublik Luhansk" aus. Der ukrainische Staat begann daraufhin eine sogenannte Antiterroroperation (ATO), um die staatliche Kontrolle wiederherzustellen. Bis August 2014 erzielten die ukrainischen Kräfte stetige Fortschritte, seitdem erlitten sie jedoch zum Teil schwerwiegende Verluste bedingt durch militärische Unterstützung der Separatisten aus Russland (AA 05.2015a).

Das Verhältnis zu Russland ist für die Ukraine von zentraler Bedeutung. Im Vorfeld der ursprünglich für November 2013 geplanten Unterzeichnung des EU-Assoziierungsabkommens übte Russland erheblichen Druck auf die damalige ukrainische Regierung aus, um sie von der EU-Assoziierung abzubringen und stattdessen einen Beitritt der Ukraine zur Zollunion/Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft herbeizuführen. Nach dem Scheitern dieses Versuchs und dem Sturz von Präsident Janukowytsch verschlechterte sich das russisch-ukrainische Verhältnis dramatisch. In Verletzung völkerrechtlicher Verpflichtungen und bilateraler Verträge annektierte Russland im März 2014 die Krim und unterstützte die bewaffneten Separatisten im Osten der Ukraine. Diese Unterstützung wird bis in die Gegenwart fortgesetzt (AA 05.2015b).

Mit seiner Unterschrift kündigte Präsident Poroschenko die letzten bilateralen Sicherheitsabkommen mit Russland auf. Beendet werden damit per sofort ein Verteidigungsbündnis, zwei Verträge über die Zusammenarbeit der Militärgeheimdienste sowie zwei Transitverträge für russische Truppen. Besonders die Auflösung des Vertrags über den Landtransport russischer Soldaten und von deren Familien in die Republik Moldau wiegt für Moskau schwer. Der Vertrag regelte die Versorgung der 14. Russischen Armee, die seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion in Tiraspol, der "Hauptstadt" der selbsternannten Republik Transnistrien, stationiert ist (NZZ 9.6.2015).

Auf der russisch besetzten Krim und in den von Separatisten kontrollierten Gebieten der Ostukraine waren Entführungen und Misshandlungen von Gefangenen an der Tagesordnung und betrafen Hunderte von Menschen. Besonders gefährdet waren Vertreter lokaler Behörden, pro-ukrainische politische Aktivisten, Journalisten und internationale Beobachter. Bis Ende 2014 waren im Zuge des Konflikts in der Ostukraine mehr als 4.000 Menschen getötet worden. Zahlreiche Zivilpersonen starben durch wahllosen Beschuss von Wohngebieten, insbesondere durch den Einsatz von ungelenkten Raketen und Mörsergranaten (AI 25.2.2015, vgl. HRW 29.1.2015).

Quellen:

2.1. Ostukraine

Schwer bewaffnete pro-russische Separatisten kämpfen in der Ost-Ukraine gegen offizielle ukrainische Kräfte und haben sich in den nicht anerkannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk konstituiert. Die Opferzahlen betrugen laut VN-Zählungen im Mai 2015 über 6.100; daneben führte der Konflikt bisher zu rund 1,25 Mio. Binnenflüchtlingen. Unter dem Eindruck einer erneuten Verschärfung des Konflikts und nach langwierigen Verhandlungen auf oberster Ebene im sogenannten Normandie-Format (Deutschland, Frankreich, Ukraine, Russland) verständigte sich die Kontaktgruppe am 12. Februar 2015 auf das sogenannte Maßnahmenpaket zur Umsetzung der Minsker Absprachen. Der Rückzug schwerer Waffen von der Kontaktlinie kam daraufhin in Gang, wurde jedoch nach OSZE-Beobachtung bisher von keiner Seite vollständig umgesetzt (AA 05.2015).

In der Ostukraine ist trotz des Waffenstillstandsabkommens keine Ruhe eingekehrt, seit Anfang Juni wird wieder mit schweren Waffen gekämpft. Am Dienstag berichteten die Konfliktparteien über Gefechte entlang fast der gesamten Frontlinie. Die aktivsten Kampfhandlungen wurden aus Awdejewka, Horliwka, Krymskoje, Marjinka und Schirokino gemeldet. Diplomatisch gibt es immerhin eine vorsichtige Annäherung:

Die Rebellen haben neue Vorschläge zur Verfassungsänderung der Ukraine an die Kontaktgruppe geschickt. Einzelne Gebiete mit Sonderstatus oder ihre Vereinigungen sollen unveräußerlicher Bestandteil der Ukraine bleiben. Die Macht in der Region sollen laut diesem Vorschlag aber weiterhin Sachartschenko und das Oberhaupt der "Luhansker Volksrepublik" Igor Plotnizki ausüben (Standard 10.6.2015, vgl. BBC 3.6.2015).

Nach den jüngsten Kämpfen im Donbass hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko eine massive Aufrüstung im Osten des Landes angekündigt. Mehr als 50.000 Soldaten seien derzeit im Kampfgebiet im Einsatz. Bis zum Jahresende soll die Kampfstärke auf insgesamt 250.000 erhöht werden. Nach einem Angriff prorussischer Separatisten wurde in den vergangenen Tagen auch wieder schweres Kriegsgerät in die Region gebracht. Während sich Kiew und Moskau gegenseitig für die neuerliche Eskalation verantwortlich machen, warnt die EU vor einer Gewaltspirale. Brüssel forderte die Konfliktparteien zum wiederholten Male auf, das Minsker Waffenruheabkommen umzusetzen (Presse 4.6.2015).

Angesichts des bewaffneten Konflikts in der Ostukraine hat die Regierung in Kiew die Europäische Menschenrechtskonvention in den betroffenen Regionen teilweise ausgesetzt. Eine entsprechende Benachrichtigung traf beim Europarat in Straßburg ein. Demnach garantiert die Regierung in den Regionen Donezk und Luhansk, wo sich die Rebellen Kämpfe mit Regierungstruppen liefern, mehrere Grundrechte nicht mehr. Dazu gehören das Recht auf Freiheit und Sicherheit, auf ein faires Gerichtsverfahren und auf Schutz des Familienlebens. Kiew begründet die Aussetzung mit einer "bewaffneten Aggression" Russlands gegen die Ukraine. Eine Aussetzung der Menschenrechtskonvention ist vorgesehen, wenn die Sicherheit eines Landes etwa durch einen Krieg oder andere Notsituationen gefährdet ist. Der betroffene Staat muss diese Maßnahme begründen und auch angeben, welche Paragrafen des Abkommens und welche Gebiete davon betroffen sind (Standard 10.6.2015).

Quellen:

3. Rechtsschutz/Justizwesen

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, in der Praxis war diese jedoch Gegenstand von politischem Druck, Korruption, Ineffizienz und Mangel an Vertrauen der Öffentlichkeit. In manchen Fällen wirkte der Ausgang von Prozessen vorbestimmt. Korruption ist in Exekutive, Legislative und Judikative und in der Gesellschaft allgegenwärtig. Richter beschwerten sich weiterhin über Verschlechterungen bei der Gewaltenteilung, einige beklagten Druck durch hochrangige Politiker. Lange Verfahrensdauern, speziell vor Verwaltungsgerichten, unzureichende Finanzierung, Mängel bei der Rechtsberatung und die Unfähigkeit der Gerichte Urteile durchzusetzten, waren ebenfalls ein Problem. Die neue Strafprozessordnung vom November 2012 schränkte die Verwendung der Untersuchungshaft ein, reduzierte die Anreize zum Erzwingen von Geständnissen und gab der Verteidigung mehr Verfahrensrechte.

Verfassung und Gesetze garantieren das Recht auf Regress für Fälle von Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Organe. Allerdings behindert eine ineffiziente und korrupte Justiz die Ausübung dieses Rechts. Einzelpersonen können sich an den parlamentarischen Ombudsmann für Menschenrechte wenden. Nach Ausschöpfung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe steht auch der Weg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte offen. In den ersten 11 Monaten 2013, erließ der EGMR 60 Urteile gegen die Ukraine. Die meisten betrafen Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren, unangemessen lange Verfahren, Verletzung des Rechts auf Freiheit und Sicherheit, sowie unmenschliche oder erniedrigende Behandlung (USDOS 27.2.2014).

Der während der Präsidentschaft Janukowitsch zu beobachtende Missbrauch der Justiz als Hilfsmittel gegen politische Mitbewerber und kritische Mitglieder der Zivilgesellschaft hat sich unter den neuen politischen Voraussetzungen nach den revolutionären Entwicklungen des EuroMaidan vom Winter 2013/14 nicht prolongiert. An den strukturellen Unzulänglichkeiten im ukrainischen Justizwesen vermochte aber auch das neue politische Umfeld bislang nichts zu ändern. Richter haben in der Ukraine eine fünfjährige Probezeit zu durchlaufen, bevor sie auf Lebenszeit ernannt werden. Die erstmalige Ernennung zum Richter erfolgt durch den Staatspräsidenten auf Vorschlag des Obersten Justizrats, die Ernennung zum Richter auf Lebenszeit durch das Parlament. Angesichts der Abhängigkeit des Obersten Justizrats von der Präsidialadministration ist die politische Abhängigkeit von Richtern zumindest während ihrer Probezeit evident. Besondere Besorgnis ruft die gängige ukrainische Haftpraxis sowie die umfassende Abhängigkeit der Richter von der Staatsanwaltschaft hervor. Ukrainische Richter kommen beinahe ausnahmslos den Haftanträgen und den Anträgen der Staatsanwaltschaft auf Verlängerung der Untersuchungshaft nach.

Die Justiz ist selektiv und unfair und verletzt Artikel 18 der Europäischen Menschenrechtskonvention". Richter und Staatsanwälte in der Ukraine hätten kein Verständnis für die Prinzipien der Unschuldsvermutung und der Gleichheit der Parteien vor Gericht. "Nur 0,2% aller Personen, die von der Staatsanwaltschaft angeklagt werden, werden von Gerichten freigesprochen. Das bedeutet, dass die Unschuldsvermutung im wirklichen Leben nicht besteht und das die Rechtsprechung nicht als unparteiische und unabhängige Kontrollinstanz der Exekutive funktioniert." Das Rechtsverständnis ukrainischer Richter und Staatsanwälte sei von sowjetischer Tradition geprägt (ÖB 09.2014).

Im April 2014 wurde seitens des Parlaments ein Gesetz zur Wiederherstellung des Vertrauens in die Justiz verabschiedet, demzufolge die bisherige Praxis der weitgehenden Unterstellung der Richter unter die Gerichtspräsidenten abgeschafft wurde und diese in weiterer Folge unabhängig von politischen Einflüssen machte. Ein Entwurf einer Justizreformstrategie wurde gemeinsam mithilfe der EU entwickelt (EC 25.3.2015).

Mit der Reform der ukrainischen Strafprozessordnung eng einhergehend ist die Umsetzung des am 2. Juni 2011 verabschiedeten und mit 1. Jänner 2013 in Kraft getretenen Gesetzes über den unentgeltlichen Rechtsbeistand, welches die Liste der potenziellen Nutznießer bedeutend ausweitete und einen umgehenden Rechtsbeistand nach Inhaftierung nach besten europäischen Standards gewährleistet. Seit Inkrafttreten des Gesetzes stehen dafür über 3.000 auf Basis eines Auswahlverfahrens rekrutierte Rechtsanwälte zur Verfügung. Die Strafverfolgungsbehörden haben von sich aus für einen unentgeltlichen Rechtsbeistand zu sorgen, sollte der Inhaftierte außerstande sein, die Kosten seines Rechtsbeistands selbst zu tragen. Sie selbst belastende Aussagen von Inhaftierten, die in Abwesenheit eines Rechtsbeistands getroffen wurden, können im folgenden Gerichtsverfahren nicht gegen sie verwendet werden (ÖB 09.2014)

Quellen:

4. Sicherheitsbehörden

Nach dem Sturz von Wiktor Janukowytsch versprach die neue Regierung öffentlich, man werde diejenigen strafrechtlich verfolgen, die für Tötungen und Misshandlungen von Protestierenden auf dem Maidan verantwortlich seien. Doch abgesehen von Anklagen gegen die ehemalige politische Führungsriege wurden so gut wie keine konkreten Schritte unternommen. Nur zwei Angehörige der Sicherheitskräfte mussten sich vor Gericht für Folter und andere Misshandlungen im Zusammenhang mit den Maidan-Protesten verantworten. Es handelte sich dabei um Rekruten niedrigen Ranges aus einer dem Innenministerium unterstellten Einheit. Sie wurden am 28. Mai 2014 wegen "Überschreitung von Befugnissen oder Vollmachten" (Artikel 365 des Strafgesetzbuchs) zu Bewährungsstrafen von drei bzw. zwei Jahren verurteilt (AI 25.2.2015).

Die EU errichtete eine "EU Advisory Mission for Civilian Security Reform Ukraine (EUAM Ukraine)", um die Ukraine bei der Reform ihres zivilen Sicherheitssektors zu unterstützen, insbesondere bei der Durchsetzung von Rechtsstaatlichkeit und im Bereich der Polizei. Eine diesbezügliche notwendige Polizeireformstrategie, insbesondere im Zusammenhang mit den gewaltsamen Übergriffen bei den Euromaidan-Protesten Mitte Februar 2014 und der Rolle illoyaler Polizisten am Anfang der Destabilisierungsphase in der Ostukraine, wurde seitens der Regierung angenommen. Auch mit einer Reform der Militärischen Kräfte wurde noch vor der Annexion der Krim begonnen, sie befindet sich aber noch in einem frühen Stadium (EC 25.3.2015).

Mit Präsidentendekret Nr. 252 vom 6. April 2012 wurde ein Komitee zur Reform der Strafverfolgungsbehörden eingerichtet. Sollte dieses Komitee bereits einschlägige Vorschläge ausgearbeitet haben, sind sie bislang nicht an die Öffentlichkeit gedrungen. Von einem Pilotprojekt zur Einrichtung kommunaler Polizeitruppen in Lemberg im Sommer 2014 erwartet man sich Erfahrungen für eine dezentralere Organisation des Polizeiwesens (ÖB 09.2014).

Quellen:

5. Folter und unmenschliche Behandlung

Ukraine hat den Ombudsmann als Nationalen Präventiven Mechanismus (NPM) gegen Folter im Sinne des UN- Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe installiert. Zusammen mit der neuen Strafprozessordnung, das die Gründung eines unabhängigen Untersuchungsbüros für Folterfälle vorsieht, sollte das die Fälle von Folter erheblich reduzieren (EC 20.3.2013; vgl. AI 23.5.2013).

Folter wird von der Verfassung verboten. Nach der neuen Strafprozessordnung dürfen unter Folter erzwungene Geständnisse auch nicht mehr als Beweis im Verfahren verwendet werden. Es gibt aber Berichte, dass weiterhin Beamte solcherart Geständnisse erpressen. Nach Angaben des ukrainischen Innenministeriums gab es 2013 bis August, also noch unter der Präsidentschaft Janukowitsch, 9.878 Beschwerden wegen Folter und unerlaubter Gewaltanwendung durch Polizisten. Die Behörden untersuchten demnach 231 dieser Fälle und es gab bis November 5 Verurteilungen von Polizisten wegen Folter und disziplinäre Maßnahmen gegen 45 weitere. Laut Büro des Generalstaatsanwalts gab es 2013 bis Oktober 2.857 offene Verfahren wegen Folter durch Polizisten. 820 Misshandlungsfälle (950 Beamte betreffend) wurden den Gerichten übergeben, davon 54 ausdrückliche Folter-Vorwürfe. Folter ist vor allem in Gefängnissen ein Problem (USDOS 27.2.2014).

Nach wie vor kommt es zu Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei, darunter Folter und andere Misshandlungen, sowie zur exzessiven Anwendung von Gewalt bei Demonstrationen. Die dafür Verantwortlichen bleiben größtenteils straflos, und Untersuchungen dieser Vorfälle führen zu keinem Ergebnis. Es gibt Entführungen von Einzelpersonen, insbesondere durch pro-russische paramilitärische Kräfte auf der russisch besetzten Halbinsel Krim. Aber auch in den umkämpften Gebieten der Ostukraine kommt es zu Entführungen durch beide Konfliktparteien. Beide Seiten sind für Verletzungen des Kriegsrechts verantwortlich. Auf der Krim sind die russischen Beschränkungen der Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit eingeführt worden. Pro-ukrainische Aktivisten und Krimtataren geraten ins Visier paramilitärischer Kräfte und werden von den De-facto-Behörden verfolgt (AI 25.2.2015).

Quellen:

6. Korruption

Korruption ist in Exekutive, Legislative und Judikative und in der Gesellschaft allgegenwärtig. Obwohl Korruption öffentlich Bediensteter strafbar ist, werden die Gesetze nicht effektiv umgesetzt und korrupte Beamte bleiben oft straflos. Trotzdem gab es 2013 Schritte der Regierung zur Stärkung der Antikorruptionsgesetzgebung. Kritiker meinen aber, diesen Gesetzen fehle es an Durchsetzungsmechanismen. Die Offenlegungspflicht für das Einkommen von Regierungsvertretern sieht keine Strafen bei Nichtbefolgung vor. Gesetzesänderungen aus dem Jahre 2012 machten außerdem öffentliche Beschaffungsprozesse intransparenter.

Bis Juni 2013 hatte der Generalstaatsanwalt Korruptionsanklagen gegen 340 niedere Beamte an die Gerichte weitergeleitet. Vorwürfe gegen höhere Regierungsbeamte wurden hingegen nicht untersucht, obwohl Korruption höherer Ebenen gemeinhin als großes Problem empfunden wird, speziell im Beschaffungswesen. Bis Juni 2013 hatte der Generalstaatsanwalt Korruptionsanklagen gegen 11 Richter an die Gerichte weitergeleitet (USDOS 27.2.2014).

Seitens der Regierung, des Parlaments und der Präsidialverwaltung wurden einige neue Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption unternommen. In der Anti-Korruptionsgesetzgebung wurden u.a. die Strafen erhöht, alle Formen von Korruption kriminalisiert und die Zeugenschutzregelung gestärkt. Im Korruptionswahrnehmungsindex 2014 von Transparency International rangiert die Ukraine am 142. von 175 Plätzen (2013: 144. von 177) (EC 25.3.2015, vgl. FH 28.1.2015).

Am 14. Mai 2013 verabschiedete das ukrainische Parlament ein neues Antikorruptionsgesetz, nicht zuletzt aufgrund einer im Aktionsplan zur Liberalisierung des Visaregimes für die Ukraine vorgesehen Vorgabe. Das Gesetz fordert unter anderem verstärkte Berichtspflichten für (Neben‑)Einkünfte und Aufwendungen von öffentlich Bediensteten und von Bediensteten staatlicher Betriebe sowie ihrer Familien. Das Gesetz sieht außerdem den Schutz von Personen vor, die Korruption anzeigen. Konkrete Maßnahmen zur Umsetzung des Gesetzes lassen jedoch auf sich warten. Das Versprechen der aktuellen Regierung Jazenjuk, ein nationales Anti-Korruptionsbüro einzurichten, scheiterte bislang an der Ablehnung der entsprechenden Gesetzesinitiativen im Parlament. Als positiver Schritt wird die Verabschiedung eines neuen Gesetzes "Über öffentliche Auftragsvergaben" am 10. April 2014 gewertet. Insbesondere die neuen Publizitätskriterien sollen den Vergabeprozess transparenter und damit kontrollierbarer machen (ÖB 09.2014).

Quellen:

7. Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

Das neue Gesetz über zivile Organisationen trat am 1.1.2013 in Kraft und ist ein wichtiger Schritt nach vorne für die Vereinigungsfreiheit. Wenn es gut umgesetzt wird, wird es NGOs die Registrierung erleichtern und Probleme wie Gebietsbeschränkungen ihrer Tätigkeit angehen (EK 20.3.2013).

Erhöhter Druck auf die Zivilgesellschaft, NGOs und Aktivisten war ein Problem, zumindest unter der Präsidentschaft Janukowitschs. Verfassung und Gesetze garantieren jedenfalls Vereinigungsfreiheit. Die Regierung respektierte dieses Recht generell, es blieben aber Einschränkungen. Es existieren Registrierungsauflagen, aber es liegen keine Berichte vor, dass die Regierung sie benutzt hätte um bestehende Organisationen aufzulösen oder die Bildung neuer zu verhindern. Das neue Gesetz über zivile Organisationen trat am 1.1.2013 in Kraft. Es vereinfacht die Registrierung und hebt Beschränkungen ihrer Tätigkeit auf (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

8. Ombudsmann

Die Ukraine ratifizierte im Jahr 2006 das "Optional Protocol to the Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment" und verpflichtete sich, innerhalb eines Jahres einen "national preventive mechanism (NPM)" zu etablieren. Dies fand letztendlich durch die Verabschiedung eines Gesetzes am 2. Oktober 2012 statt, welches den "Ukraine's Parliament commisioner for Human Rights" (Ombudsmann) als NPM namhaft machte. Unter dem NPM werden regelmäßige und unangekündigte Besuche von Haftanstalten durchgeführt. Der NPM bedient sich hierfür etablierter Menschenrechtsorganisationen. Die Verwaltungen der Haftanstalten zeigten sich bei derartigen Besuchen bislang kooperativ (ÖB 09.2014).

Die Verfassung sieht eine Ombudsmann-Institution vor, offiziell der Parlamentarische Kommissär für Menschenrechte. Im April 2012 wurde Valeriya Lutkovska in dieses Amt gewählt. Im November 2012 begann der parlamentarische Ombudsmann für Menschenrechte in Kooperation mit Gruppen der Zivilgesellschaft mit der Umsetzung des Nationalen Präventiven Mechanismus (NPM) gegen Folter im Sinne des UN-Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, um Fälle von Folter und Misshandlung in Gefängnissen zu reduzieren. Der Ombudsmann kann Untersuchungen (Probleme, Missbrauch) bei den Sicherheitsbehörden initiieren. Er steht für Beschwerden über Gerichtsverfahren auch nach Ausschöpfung des Instanzenzuges zur Verfügung. Seit Mai 2013 gibt es einen Repräsentanten des Ombudsmanns für Kinderrechte, Anti-Diskriminierung und Genderfragen. Das Büro des Ombudsmanns arbeitet oft mit NGOs zusammen, vor allem in beratenden Bürgerräten in Projekten zur Beobachtung der Menschenrechtspraxis (USDOS 27.2.2014, vgl. UPCHR o.D.).

Quellen:

9. Wehrdienst

Mit dem Erlass "Über Maßnahmen zur Erhöhung der Verteidigungsfähigkeit des Landes" ist die Wehrpflicht nun mit sofortiger Wirkung wieder in Kraft getreten. Ziel sei es, der "Gefahr für die territoriale Einheit und der Einmischung in innere Angelegenheiten der Ukraine" zu begegnen. In der Ukraine müssen Männer im Alter von 18 bis 25 Jahren wieder ihren Wehrdienst leisten (ORF 1.5.2014, vgl. BBC 2.5.2014).

Das ukrainische Parlament erhöhte das obere Alterslimit für die Wehrpflicht von 25 auf 27 Jahre.

Das Gesetz sieht vor, dass männliche Staatsbürger, die älter als 18 Jahre und nicht älter als 27 Jahre und die nicht vom Wehrdienst befreit sind, zum Wehrdienst eingezogen werden (GS 20.3.2015).

Die derzeitige Mobilmachung in der Ukraine aufgrund der Entwicklungen in der Ostukraine bezieht sich auf den zu Mobilmachung vorgesehenen Personenkreis (Männer wie Frauen) ohne weitere Spezifizierung. Es handelt sich in der nicht bloß um die Mobilmachung von Schlüsselpersonal oder ausschließlich Spezialisten.

Alle wehrpflichtigen Männer zwischen 25 und 60 Jahren (Reihenfolge:

Freiwillige, Reservisten, Wehrpflichtige [Freiwillige, vorzugsweise jene die Wehrpflichterfahrung haben; Reservisten und Wehrpflichtige wiederum vorzugsweise jene die zum Zeitpunkt der Einberufung Arbeitslos bzw. nicht erwerbstätig sind.]); 50-60-Jahrige jedoch nur auf freiwilliger Basis. Frauen zwischen 25 und 50 Jahre können einberufen werden (ÖB 20.2.2015).

Quellen:

9.1. Wehrersatzdienst

Ukrainische Staatsbürger, die einer laut ukrainischer Gesetzgebung aktiven religiösen Gemeinschaft angehören, deren religiöse Überzeugung keinen Waffengebrauch zulässt, können einen Ersatzdienst ableisten. Der Ersatzdienst kann bei Unternehmen, Einrichtungen und Organisationen, die staatliches Gemeindeeigentum sind, absolviert werden. Die Tätigkeit muss im Zusammenhang mit dem sozialen Schutz der Bevölkerung, der Gesundheitsvorsorge, Umweltschutz, Baumaßnahmen oder der Landwirtschaft bzw. mit Organisationen des Roten Kreuzes in Verbindung stehen. Der Ersatzdienst dauert 11/2 mal länger als der Militärdienst (IOM 08.2013).

Wehrpflichtige haben das verfassungsmäßig grundgelegte Recht einen Wehrersatzdienst zu leisten. Dieses Recht ist im entsprechenden Gesetz über den Wehrersatzdienst spezifiziert und auf religiöse Gründe eingeschränkt. Das heißt, dass in der Ukraine nur Personen Wehrersatzdienst leisten dürfen, die einer entsprechend anerkannten Religionsgemeinschaft angehören (UK 2006, vgl. IRB 2006).

Quellen:

9.2. Wehrdienstverweigerung

Wehrdienstverweigerung bzw. Nichtfolgeleistung der Einberufung während einer Mobilmachung wird gemäß den Artikeln 335-337 des Strafgesetzbuches der Ukraine folgendermaßen bestraft:

Artikel 335. Die Strafe für die Nichtfolgeleistung der Einberufung zum Wehrdienst sieht eine Inhaftierung bis zu 3 Jahren vor.

Artikel 336. Die Strafe für die Nichtfolgeleistung der Einberufung während einer Mobilmachung sieht eine Inhaftierung von 2 bis zu 5 Jahren vor.

Von einer tatsächlichen Strafverfolgung ist in der Praxis auszugehen - inwieweit der Strafumfang völlig ausgeschöpft wird ist jedoch der ÖB nicht bekannt (ÖB 20.2.2015).

Quelle:

10. Allgemeine Menschenrechtslage

Die Ukraine ist Vertragsstaat der meisten Menschenrechtsabkommen des Europarates und der Vereinten Nationen. Eine Reihe von nichtstaatlichen Menschenrechtsorganisationen ist in der Ukraine aktiv. Ihr Engagement wird deutlich wahrgenommen. Problematisch bleiben die stark verbreitete Korruption, die Zustände in den Gefängnissen sowie schleppende Gerichtsverfahren.

Die Bürgergesellschaft entwickelte sich nach der "Orangenen Revolution" deutlich lebendiger als zuvor. Es entstand außerdem eine pluralistische Medienlandschaft, die allerdings unter der Präsidentschaft von Janukowytsch zunehmenden Einschränkungen ausgesetzt war (AA 05.2015).

Die gravierendsten Menschenrechtsprobleme 2013 waren erhöhte Einmischung der Regierung in und Druck auf Medien; erhöhter Druck auf NGOs und die Zivilgesellschaft; sowie die politisch motivierte Strafverfolgung von Exponenten der Regierung Timoschenko (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

11. Haftbedingungen

Die Haftbedingungen in ukrainischen Gefängnissen sind Gegenstand wiederkehrender massiver Kritik von Menschenrechtsorganisationen. Am 29. April 2013 verabschiedete das Ministerkabinett der Ukraine das "National Target Programme to Reform the State Penal Service of Ukraine. Das Programm setzt seinen Schwerpunkt auf die Regelung der Arbeitsbedingungen in ukrainischen Haftanstalten, wobei nicht so sehr der soziale Aspekt des Erlernens von Fähigkeiten für die Zeit nach Verbüßung der Haft als vielmehr die Nutzung der Arbeitskraft der Häftlinge zur Mitfinanzierung des ukrainischen Haftsystems im Vordergrund steht. Bezüglich der medizinischen Betreuung von Häftlingen trifft das Programm lediglich allgemeine Aussagen über die Ausstattung von Gefängnisambulanzen und fordert eine Strategie im Umgang mit Tuberkulose in ukrainischen Haftanstalten (ÖB 09.2014)

Der Präsident unterzeichnete eine neue Strafprozessordnung, die eine deutliche Verbesserung gegenüber der vorherigen darstellt. In ihr ist klar formuliert, dass eine Haft im Augenblick der Festnahme durch die Polizei beginnt und Häftlinge von diesem Moment an Anspruch auf einen Anwalt und einen unabhängigen medizinischen Experten haben. Sie legt außerdem eindeutig fest, dass Untersuchungshaft nur bei außergewöhnlichen Umständen angeordnet werden soll, entsprechend den Empfehlungen des Europarats. Außerdem ist vorgesehen, dass alle zwei Monate automatisch geprüft wird, ob die Untersuchungshaft weiterhin gerechtfertigt erscheint. Anlass zu Bedenken gab, dass ein Anwalt nur bei besonders schweren Delikten, die mit einer Gefängnisstrafe von mehr als zehn Jahren geahndet werden können, Pflicht ist. Prozesskostenhilfe ist ebenfalls nur in diesen Fällen vorgesehen (AI 23.5.2014).

Die Haftbedingungen entsprechen nicht internationalen Standards und sind manchmal sogar eine Gefahr für Leib und Leben der Gefangenen. Schlechte Hygiene, Missbrauch und ungenügende medizinische Versorgung sind Probleme. Gemäß staatlicher Gefängnisbehörde waren 2013 bis November 128.512 Personen in Haft, davon 22.483 in Untersuchungshaft. Ca. 7.977 waren Frauen und 927 Jugendliche. Diese Gruppen werden in der Regel getrennt untergebracht, es gibt aber Berichte über Untersuchungsgefängnisse, wo keine Trennung Jugendlicher und Erwachsener stattfinden soll. 830 Insassen starben im og. Zeitraum, davon 77 durch Selbstmord. Die Zustände in den temporären Polizeigefängnissen und Untersuchungsgefängnissen sind härter als in normalen Gefängnissen der niedrigen und mittleren Sicherheitsstufe. Haft in temporären Polizeigefängnissen ist stark rückläufig. Die Regierung erlaubt unabhängiges Monitoring der Hafteinrichtungen durch nationale und internationale Menschenrechtsgruppen. Im November 2012 begann der parlamentarische Ombudsmann für Menschenrechte in Kooperation mit Gruppen der Zivilgesellschaft mit der Umsetzung des Nationalen Präventiven Mechanismus (NPM) gegen Folter im Sinne des UN-Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, um Fälle von Folter und Misshandlung in Gefängnissen zu reduzieren. Bis November 2013 führte ein gemischtes Beobachterteam 266 Besuche von Hafteinrichtungen usw. in der Ukraine durch. Der Ombudsmann veröffentliche einen Bericht darüber, in dem er systemische Probleme wie Nichtbeachtung von Grundrechten, schlechte Hygiene, physische und psychische Misshandlung anspricht (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

12. Todesstrafe

Die Todesstrafe wurde in der Ukraine 1999 offiziell abgeschafft (AI o. D.).

Quelle:

13. Bewegungsfreiheit

Die Verfassung und Gesetze garantieren die Freiheit für innerstaatliche Bewegungen, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereingliederung. Die Regierung respektierte allgemein diese Rechte (USDOS 27.2.2014).

Am 11. Dezember 2003 trat in der Ukraine das Gesetz Nr. 1382-IV der Ukraine über das Recht auf Bewegungsfreiheit und die Wahl des Wohnorts in der Ukraine in Kraft. Darin ist vorgesehen, dass Bürger der Ukraine, sowie legal aufhältige Staatenlose und Fremde die im Titel genannten Rechte genießen und eine Registrierung oder Nicht-Registrierung keine Vorbedingung für die Ausübung oder Grund für die Aberkennung verfassungsmäßiger Rechte sein kann. Das Gesetz definiert den Ort des dauerhaften Aufenthalts (Place of permanent residence) als territoriale Verwaltungseinheit, in der eine Person mehr als sechs Monate im Jahr lebt. Demgegenüber ist der Ort des zeitweiligen Aufenthalts (Place of temporary residence) jene territoriale Verwaltungseinheit, in der eine Person weniger als sechs Monate im Jahr lebt. An einem neuen dauerhaften Aufenthaltsort muss man sich innerhalb von 10 Tagen ab Ankunft registrieren. Änderungen des Aufenthalts innerhalb derselben territorialen Verwaltungseinheit müssen der Behörde innerhalb von sieben Tagen gemeldet werden. Die Registrierung am Ort des zeitweiligen Aufenthalts muss innerhalb von sieben Tagen ab Ankunft erfolgen.

Artikel 6 des Gesetzes der Ukraine über das Recht auf Bewegungsfreiheit und die Wahl des Wohnorts in der Ukraine sieht vor, dass Daten bezüglich des Aufenthalts nur in Ausnahmefällen gemäß den Gesetzen der Ukraine oder mit Einverständnis der betroffenen Person weitergegeben werden. Außer von der betreffenden Person, können diese Daten nur vom Geheimdienst, der Polizei oder den Gerichten eingesehen werden. In der Praxis soll es aber nicht unmöglich sein, sich auf illegalem Weg mit Meldeinformation zu versorgen, etwa durch korrupte Polizisten. Soziale Rechte sowie Zugang zu Renten, medizinischen und kommunalen Leistungen sind in der Ukraine nach wie vor eng mit dem Ort der Meldung verbunden. Trotzdem ist es möglich an einem anderen Ort zu wohnen und zu arbeiten ohne sich umzumelden und trotzdem weiterhin Zugang zu medizinischer Notversorgung in der gesamten Ukraine zu haben. Überhaupt sei es durchaus möglich, auch bei längerer Abwesenheit an einer Adresse gemeldet zu bleiben, da es in der Ukraine keine behördlichen Überprüfungen in Meldeangelegenheiten gibt (BAA 23.2.2010).

Quellen:

14. Grundversorgung/Wirtschaft

Die Ukraine ist eine offene, bislang wenig diversifizierte und stark modernisierungsbedürftige Volkswirtschaft. Die ukrainische Wirtschaft ist 2014, vor allem infolge der Auswirkungen der Kampfhandlungen im Osten des Landes, um 7% geschrumpft. Die gegenwärtige ukrainische Regierung hat sich einem umfassenden Reformprogramm verschrieben, dessen Umsetzung die Wettbewerbsfähigkeit der ukrainischen Wirtschaft deutlich erhöhen dürfte (AA 05.2015).

Laut dem Bericht zur sozioökonomischen Lage der Ukraine im ersten Halbjahr 2013 waren 21,84 Millionen Personen (15-70 Jahre) wirtschaftlich aktiv, die Zahl der beschäftigten arbeitsfähigen Personen lag bei 20,08 Millionen (Gesamtbevölkerung der Ukraine im Juni 2013: 45.480,300 Menschen). Der Anteil der arbeitenden Bevölkerung betrug am 1. Juli 2013 59,3%, wovon 22% im informellen Sektor beschäftigt waren. Die Arbeitslosigkeit lag bei 8%. Die Regionen mit der höchsten Beschäftigung sind Kiew, Donezk, Dnjepropetrowsk, Charkow (östliche Ukraine). Die Regionen mit der niedrigsten Beschäftigung sind Lwow, Iwano-Frankowsk und Ternopil (westliche Ukraine). Der durchschnittliche Monatsverdienst eines Arbeitnehmers lag im Mai 2013 bei 3253 UAH. Arbeitnehmer und andere Versicherte (z.B. Unternehmer), die arbeitslos gemeldet sind und für 12 Monate vor Beginn der Arbeitslosigkeit nicht weniger als 26 Wochenstunden gearbeitet und Rentenbeitragszahlungen geleistet haben, können staatliche Arbeitslosenhilfe beantragen. Die Beihilfe wird ab dem achten Tag nach der Meldung der versicherten Person beim staatlichen Arbeitsamt ausbezahlt und richtet sich nach der Anzahl der Arbeitsjahre. Nicht versicherte Personen (keine Rentenbeitragszahler) sind nicht anspruchsberechtigt. Die durchschnittliche Zahl der Arbeitslosenhilfeempfänger im Juni 2013 betrug 398.500 Personen. Die durchschnittliche Höhe der Arbeitslosenhilfe lag bei 1087 UAH (IOM 08.2013).

Das monatliche Mindesteinkommen für alle Branchen liegt bei UAH

1.218 (USD 150), basierend auf dem monatlichen Existenzminimum, das die Regierung festgelegt hat (USDOS 27.2.2014). Der Durchschnittslohn lag im Jahr 2013 bei UAH 3.265 (entspricht zum Stand 12. August 2014 rund EUR 186) (ÖB 09.2014).

Der Ukrainische Statistische Dienst weist für 2013 in der dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Bevölkerungsgruppe der Männer zwischen 15 und 59 und der Frauen zwischen 15 und 55 Jahren eine Arbeitslosenquote von 7,7% aus (erfasst nach der Methodologie der International Labour Organization). Im Vorjahr hatte die Arbeitslosenquote 8,1 % betragen. In der Altersgruppe von 15 bis 70 Jahren waren im Jahr 2013 65,0% erwerbstätig (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

14.1. Sozialbeihilfen

Ukrainische Staatsbürger, Ausländer, Staatenlose und Flüchtlinge, die ihren rechtmäßigen Wohnsitz in der Ukraine haben, haben Anspruch auf soziale Unterstützung seitens des ukrainischen Staates. Es gibt zahlreiche Rechtsvorschriften, die diejenigen Personengruppen definieren, die Unterstützung erhalten können. Die gewährten sozialen Leistungen sind in der Regel unzureichend. Es gibt zwei Hauptformen der staatlichen Unterstützung:

a) Materielle Unterstützung (Geld, Nahrung, Kleidung, Schuhe, Brennstoff etc.) - Die Höhe der finanziellen Unterstützung wird entsprechend dem monatlichen Einkommen der betreffenden Person festgelegt, und b) Soziale Dienstleistungen (Essen, Transportdienste, Lieferung von Medikamenten etc.). Die Voraussetzungen für die Gewährung sozialer Unterstützung sind sehr verschieden und richten sich nach der Art der beantragten Leistung. In der Regel muss der Antragsteller die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe nachweisen, z.B. nach: dem Verlust des Arbeitsplatzes, Arbeitsunfall bzw. Arbeitsunfähigkeit. Es gibt Leistungen im Falle von Schwangerschaft und Mutterschaft, für Senioren und Hinterbliebene. Verschiedene NGOs unterstützen ebenfalls Menschen in sozialen Notlagen (IOM 08.2013, vgl. ÖB 09.2014).

Das Existenzminimum für eine alleinstehende Person wurde im Jahr 2013 mit UAH 1.218 festgelegt (entspricht zum Stand 12. August 2014 rund EUR 70). Im Jahr 2010 galten 26,4% der ukrainischen Bevölkerung als arm, wobei 23% der Stadtbewohner, jedoch 38% der Landbewohner mit einem Einkommen unter dem Existenzminimum auszukommen hatten. Nur 56,8% der als arm Qualifizierten können sich auf Hilfe aus dem Sozialsystem stützen (ÖB 09.2014).

Quellen:

15. Medizinische Versorgung

Das ukrainische Gesundheitssystem ist in seinen Grundzügen nach wie vor das ehemals sowjetische Modell. Krankenhäuser und Fachärzte spielen eine zentrale Rolle, Allgemeinmediziner gibt es kaum. Eine gesetzliche Krankenversicherung wurde trotz jahrelanger Diskussionen in der Ukraine bislang nicht eingeführt. Vielmehr besteht ein in der Verfassung verankerter universeller Anspruch der Bevölkerung auf Gesundheitsleistungen, die aus Steuermitteln finanziert sein sollen (ÖB 09.2014, vgl. IOM 08.2013).

In der Ukraine gibt es über 7.000 Gesundheitszentren (26 Wissenschaftliche Forschungszentren, 40 Krankenhäuser und besondere Gesundheitszentren, 6 Ambulante Kliniken, 150 Sanatorien und Erholungseinrichtungen. Die Wirtschaftskrise hatte erhebliche Auswirkungen auf die medizinische Infrastruktur. Die Bedingungen in den Krankenhäusern verschlechtern sich. In den Städten ist die Situation im Allgemeinen besser als in den ländlichen Gebieten. Auf dem Land lebenden Personen mit ernsthaften gesundheitlichen Problemen wird empfohlen, das jeweilige Gebietskrankenhaus aufzusuchen. Um in einer öffentlichen Gesundheitseinrichtung versorgt zu werden, müssen Patienten ihre Ausweisdokumente (Personalausweis) und die Krankenversicherungskarte vorweisen (in privaten Kliniken ist dies nicht notwendig. Um in einer staatlichen Klinik versorgt zu werden, muss der Patient in der jeweiligen Region registriert sein (IOM 08.2013).

In den Spitälern sind Zuzahlungen der Patienten für die Behandlung üblich. Im Zeitraum 2003-2008 wurden rund 40% der Kosten von den Patienten selbst abgedeckt. Der Großteil dieser Eigenmittel wurde für Medizinprodukte und Medikamente ausgegeben (ÖB 09.2014).

Medikamente sind in den meisten Fällen erhältlich, müssen jedoch von den Patienten selbst gekauft werden. Importierte Medikamente sind teurer als solche, die in der Ukraine hergestellt werden. Aspirin (20 Tabletten), das in der Ukraine hergestellt wurde kostet ca. UAH 12,00, wenn es aus der Schweiz stammt ca. UAH 42,00. In der Ukraine gibt es ein Netzwerk von psychiatrischen Kliniken, die entsprechend dem Schweregrad der psychischen Erkrankung aufgeteilt sind. Organtransplantationen werden in bestimmten Transplantationskliniken in Kiew und Charkow sowie in normalen Krankenhäusern in Kiew, Donezk, Saporoschje, Lwow, Odessa, Iwano-Frankiwsk, Kirowograd, Lutsk, Mariupol, Mykolajiw, Cherson, Tscherkassij und Tschernowzij durchgeführt (IOM 08.2013).

Schätzungen zufolge sind zumindest 10% aller Geldflüsse im ukrainischen Gesundheitswesen unter dem Begriff "informelle Zahlungen" zu subsumieren. In der Regel werden derartige Zuwendungen vor der entsprechenden Behandlung geleistet. Die Höhe der Zuwendung bestimmt in der Folge die Qualität und die Schnelligkeit der Behandlung. Glaubwürdigen Schätzungen zufolge setzt sich das Gehalt eines Bediensteten im Medizinbereich im Schnitt zu 20% aus derartigen "informellen Zuwendungen" zusammen, die nicht selten - zumal auf dem Land - auch aus Naturalien bzw. bereitgestellten Dienstleistungen bestehen können. Während die medizinische Versorgung in Notsituationen in den Ballungsräumen als befriedigend bezeichnet werden kann, bietet sich auf dem Land ein differenziertes

Bild: jeder zweite Haushalt am Land hat keinen Zugang zu medizinischen Notdiensten (ÖB 09.2014).

Quellen:

16. Behandlung nach Rückkehr

Seitens der ukrainischen Regierung gibt es keine gesonderte Unterstützung für die Wiedereingliederung in die Ukraine heimkehrender Staatsbürger. Die Unterstützung bei der Unterbringung für Obdachlose jedoch gilt auch für ukrainische Heimkehrer. Das Zentrum für die Wiedereingliederung obdachloser ukrainischer Staatsbürger beim Ministerium für Arbeit und Sozialpolitik unterstützt obdachlose Menschen. Es gibt derzeit keine gesonderte Unterstützung für allein heimkehrende Frauen und Mütter, die nicht zu Ihrer Familie zurückkehren können bzw. wollen (IOM 08.2013).

Quelle:

17. Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Thema Gerichtliche Praxis bei Wehrdienstverweigerung; Gefängnisse; Menschenrechtsverletzungen vom 11.01.2016

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

Es wurden Berichte von UNHCR und OHCHR konsultiert. Eine ausführliche Quellenbeschreibung zu diesen Quellen findet sich unter http://www.ecoi.net/5.unsere-quellen.htm

Darüber hinaus wurden verschiedenen Medienberichte konsultiert.

Die Frage wurde außerdem an den Verbindungsbeamten des BM.I für die Ukraine weitergeleitet. Verbindungsbeamte sind speziell vom BM.I geschulte und an die Vertretungsbehörden entsandte Beamte oder Vertragsbedienstete (Angestellte), die Informationen u. a. für Fremden- und Asylbehörden sammeln, um diesen Informationen aus den jeweiligen Herkunftsstaaten zur Verfügung zu stellen.

Zusammenfassung:

Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass die diesbezüglichen Gesetze sehr wohl durchgesetzt werden, wobei sich das Strafmaß oft auf Bewährungsstrafen zu beschränken scheint. Die Gesetze können aber nur durchgesetzt werden, wenn die ukr. Behörden der Betreffenden habhaft werden und das scheint sich viel problematischer darzustellen. Korruption und gesetzliche Schlupflöcher ermöglichen es offenbar einer wesentlich größeren Zahl von Personen sich dem Militärdienst zu entziehen, als tatsächlich strafverfolgt werden.

Einzelquellen:

UNHCR berichtet im September 2015, dass die Mobilisierungswellen des Jahres 2014 auch 2015 weitergingen. Der Widerstand gegen die Einberufungen wuchs aber aufgrund verschiedener Faktoren. Die tatsächliche Praxis der Einberufung ist von Region zu Region unterschiedlich, die Strafverfolgung von Personen, die sich dem Wehrdienst oder der Mobilisierung mutmaßlich entzogen haben, wurde jedoch verstärkt. Laut Fußnote wurden vom 1.7.2014 bis 1.7.2015 661 Verfahren wegen dieser Delikte registriert. Der Strafrahmen von 2-5 Jahren wurde meist nicht ausgeschöpft, sondern die Strafen für 1-2 Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Und kein Verurteilter musste seine Strafe vollständig absitzen. Am 17.4.2015 waren außerdem 3.000 Verfahren gegen Militärpersonen wegen Desertion bzw. unerlaubter Abwesenheit anhängig.

The large-scale mobilization of men aged 18 to 26 years old, which began in 2014 continued throughout 2015. Resistance to conscription has reportedly been growing due to a number of factors, including objections to participation in a civil conflict where war crimes against prisoners held by both sides have been reported, and where killings of fellow countrymen are likely to occur. Others report fears of being sent to fight with inadequate training and equipment. IDPs have also voiced concerns about the possibility of being called for military service in their regions of origin, where they are likely to encounter their former neighbours, and the fear that fighting for the Ukrainian army will effectively prevent them from returning to their homes one day, as they would be subjected to social exclusion. Fighting in areas of origin may also expose remaining family members to security risks. Whilst conscription practices vary from region to region, the government is reported to have stepped up prosecution of those suspected of evading conscription and mobilization (Fußnote 129), with reports of coercive measures being used in certain areas. There are also reports of men leaving NGCAs through the Russian Federation or by trying to avoid official border checkpoints, for fear of being mobilized.

Fußnote 129: From 1 July 2014 to 1 July 2015, there were 661 criminal cases recorded against draft and mobilization evaders; decisions available at http://www.reyestr.court.gov.ua Although the penalty for draft or mobilization evasion is two to five years, in most cases sentences were suspended subject to a one or two year probationary period (and hence individuals convicted of draft or mobilization evasion did not serve the full length of their sentence). As of 17 April 2015, over 3,000 criminal cases had been opened against already recruited military personnel charged with desertion, unauthorized absence from service and evasion. OHCHR, Report on the Human Rights Situation in Ukraine, 15 May 2015.

UNHCR - Office of the United Nations High Commissioner for Refugees (9.2015): International Protection Considerations related to developments in Ukraine - Update III, http://www.refworld.org/docid/56017e034.html , Zugriff 8.1.2015

Der in obiger Fußnote zitierte Bericht schlüsselt diese Zahl noch genauer auf: Der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte berichtet darin im Mai 2015, dass der Oberste Militärankläger der Ukraine mit Stand 17.4.2015, seit Jahresbeginn

7.560 Verfahren gegen Angehörige der ukrainischen Armee eröffnet hatte. Davon 1.964 wegen unerlaubter Abwesenheit, 948 wegen Desertion und 107 wegen Wehrdienstverweigerung.

On 17 April, the Chief Military Prosecutor of Ukraine, who is responsible for investigating crimes committed by the Ukrainian armed forces, has reported opening 7,560 criminal investigations into crimes committed by the Ukrainian soldiers since the beginning of the year. These include 1,964 criminal proceedings under Article 407 (absence without leave from a military unit or place of service), 948 - under Article 408 (desertion), 107 - under Article 409 (evasion from military service) of the Criminal Code of Ukraine.

OHCHR - Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights (1.6.2015): Report on the human rights situation in Ukraine 16 February to 15 May 2015,

http://www.ohchr.org/Documents/Countries/UA/10thOHCHRreportUkraine.pdf , Zugriff 8.1.2016

Dem Bericht des BM.I-Verbindungsbeamten für die Ukraine ist folgendes zu entnehmen:

Das Gesetz über die Nichtfolgeleistung der Einberufung wird restriktiv durchgesetzt. Es sind die Verurteilungen bekannt, offizielle Statistik konnte nicht gefunden werden. Nur Fakten, die Massenmedien bringen. Zum Beispiel, in der Region Lugansk wurden 113 Fälle die Nichtfolgeleistung der Einberufung im Jahre 2015 registriert, davon sind 34 Personen bereits verurteilt worden, aber lediglich eine Person zur tatsächlichen Haftstrafe von 2 Jahren. Allen anderen wurde die Haftstrafe von 2 Jahren auf Bewährung verhängt. (...)

Deserteure sind die Personen, die bereits zu den Streitkräften gehören. (...) In welche Gefängnisse die Deserteure gebracht werden, konnte im Internet nicht festgestellt werden. Bekannt ist lediglich, dass solche Fälle die Militärstaatsanwaltschaft behandelt.

VB des BM.I in Kiew (10.12.2015): Bericht des VB, per E-Mail

Auf der anderen Seite besagt ein Artikel der Internetzeitung International Business Times, dass seit Beginn der Operationen im Donbass im April 2014, insgesamt ca. 16.000 Angehörige ukrainischer bewaffneter Verbände (meist solche der Freiwilligenbataillone) desertiert sind. Weiters erklärt der Artikel, dass nur etwa 1.000 dieser Fälle vom Innenministerium (Polizei) ausgeforscht werden konnten. Grundsätzlich würde die Zahl von 1.000 Deserteuren aber zu den obigen Angaben passen. Laut dem Artikel folgert der ukrainische oberste Militärankläger aus dieser Diskrepanz, dass es leicht sei, sich der Strafverfolgung zu entziehen. Die Polizei verabsäume es schlichtweg, die Deserteure in ihren Heimen aufzuspüren und festzunehmen. Der Chefankläger stellt implizit den Verdacht der Korruption in den Raum, indem er das geringe Gehalt der Polizisten erwähnt. Soweit zu den Deserteuren.

Zum Problemfeld der Personen, die sich der Einberufung entziehen, wird der stv. Chef der Mobilisierungsabteilung der ukr. Streitkräfte zitiert, dass sich zuvor ca. 27.000 Personen der 6. Mobilisierungswelle entzogen hätten, indem sie nach unbekannt verzogen oder das Land überhaupt verließen. Auch medizinische Untauglichkeit nehme zu.

About 16,000 Ukrainian troops, some with their weapons, have deserted from the country's armed forces since the war in the Donbass region of the country erupted in April 2014, according to figures offered Monday by Kiev's chief military prosecutor, Anatoly Matios. Despite relative calm across east Ukraine, the Ukrainian military are continuing to build forces to combat future attacks by Russian-backed rebels and possibly retake the Donetsk and Luhansk regions.

"We have investigated 16,000 criminal cases against deserters who left the zone of the military operation; a significant number left together with their weapons," Matios noted in an interview for the Russian news site Sputnik.

Matios said the high number of desertions traces to the interior ministry's opening up cases against only 1,000 suspected absconders, showing that there was a good chance of escaping punishment. Just one month ago, the prosecutor's office said that the number of deserters was about 6,500 and declining.

"In the course of a year, the organs of the Internal Affairs Ministry have not been able to find more than a thousand of them. Where did they go? They did not fly away; they went home," said Matios in the interview. "This means that local police are not doing their job, with their monthly salary of 2,000 hryvnia [about $95 US]. It means that the whole system is not working."

(...)

It's believed that most deserters are from the ultra-nationalist volunteer battalions, rather than the regular army, according to Sputnik. The concern is that the weapons could be used to form unapproved military groups or criminal gangs.

Other men have been avoiding military service by skipping the draft. Last month, the deputy chief of the Ukrainian Armed Forces' mobilization department, Colonel Alexander Pravdivets, said that around 27,000 men had escaped the country's sixth wave of mobilization by going into hiding, changing their address or leaving Ukraine altogether, with medical exemptions also going up.

IBT - International Business Times (5.10.2015): Ukraine War Deserters: 16,000 Troops Abandoned Military Since Conflict Began, Kiev Official Says,

http://www.ibtimes.com/ukraine-war-deserters-16000-troops-abandoned-military-conflict-began-kiev-official-2127502 , Zugriff 8.1.2016

Ein Artikel der US-amerikanischen Tageszeitung Washington Post vom April 2015 nennt Zahlen zur 5. Mobilisierungswelle und beschäftigt sich auch ausführlich mit dem Thema Wehrdienstverweigerung. Das Problem der Korruption wird erwähnt - und zwar in der Form dass Beamte aktiv Geld einfordern. Ein Militärbeamter bestätigt im Interview Probleme bei den Einberufungen, erwähnt aber auch die Strafen, welche Verweigerer erwarten. Genannt wird die Zahl von 13.000 unerlaubt Abwesenden. Weiters wird ausgeführt, dass die Strafen viele Betroffene aber nicht abschrecken. Die Einberufungen werden an den Ort der aufrechten Meldung gesendet. Ist man aber verzogen ohne sich umzumelden und/oder arbeitet man schwarz, sei es leicht sich der Zustellung zu entziehen. Laut dem Militär hatte man zum Zeitpunkt der Auskunfterteilung drei Viertel der 5. Mobilisierungswelle abgeschlossen. Die 6. Welle war bereits in Planung. Die Ergebnisse waren regional unterschiedlich. Während im Westen des Landes fast alle Einberufenen reagiert hätten, seien es im Osten nur etwa 17% gewesen.

As the country's eastern conflict drags into a second year, Ukraine's military leaders are trying to learn from past mistakes.

They are trying to be better trained and prepared, because no one knows when the warm weather might push this frozen conflict with pro-Russian separatists into all-out war again. And they are calling up the able-bodied men of Ukraine in droves to turn the military that had only 6,000 battle-ready troops before the start of this conflict into a standing force a quarter-million strong.

But not everyone is heeding the call to arms.

(...)

But between one-third and one-half of the more than 6,000 deaths in the Ukrainian conflict were in the military, and Igor cites systemic problems - such as draft commanders who ask for bribes, and commanders, including the president, who maintain Russian business ties while asking soldiers to die for Ukraine - as reasons why he and many others cannot bring themselves to serve.

"We do have some problems in the mobilization," acknowledged military spokesman Vladislav Seleznev, when asked about cases like Igor's. "That's why we are trying to strike a balance: From one side, the government provides benefits to those defending the country; from the other, there are very harsh criminal penalties for draft dodgers."

Rank-and-file soldiers can make upwards of $200 a month, with commanders eligible for far more. But those who shirk the call to duty - or go AWOL, as about 13,000 have - risk fines and years of jail time. In one recent case, a journalist speaking out publicly against the draft was charged with treason.

But that isn't enough to scare many potential draftees from dodging.

(...)

Though penalties for draft dodging are steep, the process is fairly straightforward. Summons are sent to the city where one is registered - normally a birthplace or place of work. But if one has moved or has a job that is not officially registered, it is easy to hide in plain sight, as Andrey and Igor are doing.

The military says it has completed about three-quarters of the planned mobilization, now in its fifth wave, with a sixth already proposed. Response rates vary widely across the country, however:

Igor's home region of Kharkiv, for example, has the most abysmal turnout, with only about 17?percent of those receiving draft orders responding. Meanwhile Lviv, in the far west, reportedly boasts the highest response rate, with near full turnout.

(...)

As the Interior Ministry starts to prosecute no-shows, human rights advocates are also speaking in defense of the dodgers.

(...)

Washington Post (25.4.2016): Ukraine's military mobilization undermined by draft dodgers,

https://www.washingtonpost.com/world/europe/ukraines-military-mobilization-undermined-by-draft-dodgers/2015/04/25/fc3a5818-d236-11e4-8b1e-274d670aa9c9_story.html , Zugriff 11.1.2016

Der Misserfolg der 6. Mobilisierungswelle wird in einem Bericht der ukrainischen Zeitung Kyiv Post näher ausgeführt. 26.800 Personen hatten sich dieser entzogen, etwa 1.500 davon wurden strafverfolgt. Auch erwähnt wird das Problem der Korruption im Militärapparat, welche die Verweigerer offenbar immer wieder ausnützen können und die rechtlichen Probleme, die sich aus der Tatsache ergeben, dass trotz der Ereignisse in der Ostukraine nie das Kriegsrecht in der Ukraine verhängt wurde. Menschenrechtsanwälte bezweifeln daher sogar die Legalität der Mobilisierungen. Erwähnt werden auch 47 laufende Fälle gegen Verweigerer in Kiew und ca. 400 Personen, die deswegen Haftstrafen verbüßen sollen.

(...)

Alexander Pravdivets, the deputy head for mobilization planning with Ukraine's General Staff, announced at a briefing in Kyiv on Aug. 18 that 26,800 people called up for the draft had failed to appear for service. He said nearly 1,500 criminal cases have been opened against those who evaded military service.

(...)

Military enlistment officers have gone to great lengths to deliver draft notices, even tracking down targets on trains and on the street.

Yet even such drastic measures have done little if anything to combat the number of draft dodgers.

Lawyer Igor Godetsy of the Association of Human Rights Defenders said that the mobilization is illegal. "Why isn't America helping Ukraine? Why aren't other countries helping? Because officially there is no war here, it's a local conflict. And for that very reason, in accordance with the Constitution, there cannot legally be a mobilization. These people cannot be prosecuted for not showing up in enlistment offices," Godetsy said.

(...)

Other problems exist. The Security Service of Ukraine, or SBU, has repeatedly announced the arrests of employees at military recruitment offices who are caught accepting bribes to let draftees out of service. In mid-August, the deputy head of an enlistment office in Dnipropetrovsk Oblast was arrested on suspicion of taking a $700 bribe, the SBU said.

Meanwhile, the legal crackdown on draft dodgers continues. In Kyiv alone, 47 criminal cases have been opened against people evading military service, and about 400 people are serving time for evading the draft.

(...)

Semyon Salatenko, a volunteer with the Dnipro-1 Battalion serving in the east, said he and other volunteer fighters do not sympathize with those who evade military service.

"There are tons of ways for them to get out of fighting. The fact that there is no official war makes it easier, and our laws have plenty of loopholes," he said. "But we despise them."

Kyiv Post (27.8.2016): Draft Dodgers, http://www.kyivpost.com/content/ukraine/draft-dodgers-396690.html , Zugriff 8.1.2016

Das renommierte US-amerikanische Außenpolitik-Magazin Foreign Policy schrieb dazu am 18.2.2015, dass die Zahl der Wehrdienstverweigerer in die zehntausende gehen könnte. Laut dem Militär seien 2014 in 13 Regionen des Landes 85.792 Einberufene dem Aufruf nicht gefolgt und

9.969 wurde die Weigerung nachgewiesen.

(...)

Although no exact figures on the number of those avoiding conscription are available, it could be as many as tens of thousands: The military said in September that during partial mobilizations in 13 regions in 2014, 85,792 of those summoned didn't report to their draft offices and 9,969 were proven to be illegally avoiding service.

(...)

The draft announcements have been met with alarm even in the country's traditionally more nationalistic west. Ukrainian outlets have published reports of men fleeing the country en masse to avoid being drafted. In one village in the Ternopil region, 45 men out of the 60 who were to be called up left the country five days beforehand, and all the draft-age men in another village disappeared overnight, regional draft office commissar Andriy Masly told journalists. Of the 14,000 men who were supposed to present themselves at the regional draft office for medical examinations, 7,500 didn't show up, he said.

(...)

FP-Foreign Policy (18.2.2015): The Draft Dodgers of Ukraine, http://foreignpolicy.com/2015/02/18/the-draft-dodgers-of-ukraine-russia-putin/ , Zugriff 8.1.2016

Auch Reuters berichtete am 3.2.2015 ähnliches. Da ist die Rede von mehr als 1.300 Untersuchungen gegen Wehrdienstverweigerer. Auch ein korrupter Handel mit medizinischen Untauglichkeitsbescheinigungen wird erwähnt. Es gab in diesem Zusammenhang eine Verhaftung eines Militärbeamten.

(...)

More than 1,300 criminal investigations have been launched against citizens suspected of avoiding military service, according to the defense ministry.

(...)

Nevertheless, some trade in falsified medical exemption papers or "white tickets" is under way.

Interior Minister Arsen Avakov said on Thursday a regional military commissar had been detained on suspicion of receiving bribes of up to 5,000 hryvnia ($300) in exchange for providing fake medical papers for potential conscripts.

(...)

Reuters (3.2.2015): Bravado, resentment and fear as Ukraine calls men to war,

http://www.reuters.com/article/us-ukraine-crisis-army-idUSKBN0L71PW20150203 , Zugriff 8.1.2016

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

Es wurde ein Bericht des britischen Home Office konsultiert, also des dortigen Innenministeriums. In öffentlich zugänglichen Internetquellen wurden im Rahmen der zeitlich begrenzten Internetrecherche in deutscher und englischer Sprache nur Informationen aus dieser einen Quelle gefunden werden. Eine ausführliche Quellenbeschreibung dieser Quelle findet sich unter http://www.ecoi.net/5.unsere-quellen.htm

Zusammenfassung:

Der nachfolgend zitierten Quelle ist zu entnehmen, dass es in der Ukraine keine Militärgefängnisse gibt.

Einzelquellen:

Das UK Home Office berichtet in seiner Country Information and Guidance zum Militärdienst in der Ukraine vom November 2015, gestützt auf eine Information des britischen Außenministeriums, dass es in der Ukraine zum jetzigen Zeitpunkt keine Militärgefängnisse gibt. Also werden Wehrdienstverweigerer in der Ukraine im Falle einer Haftstrafe in herkömmlichen Justizvollzugsanstalten inhaftiert.

Die diesbezüglichen Bestimmungen werden umgesetzt, es gab aber bis November 2015 nur wenige Fälle (2 im Juli 2015), in denen Verweigerer effektiv zu 2 Jahren Haft verurteilt wurden. Meistens erhielten die Verweigerer Verwaltungsstrafen.

Die Bedingungen in den ukr. Gefängnissen sind weiterhin schlecht, wobei es in den letzten Jahren auch Verbesserungen gab, wie etwa Bibliotheken, etwas bessere Krankenversorgung, sanitäre Anlagen etc. Manche Gefängnisse haben verschiedene Bereiche für unterschiedliche Häftlingsgruppen (z.B. ehem. Richter, Polizisten oder Soldaten).

In an email of 17 November 2015 from the Foreign and Commonwealth Office to the Home Office, it was stated that:

'We don't have military prisons in Ukraine as such so far. Therefore, if a Ukrainian draft evader is convicted of draft evasion under Article 336 of the Ukrainian Criminal Code he would be sentenced by a court decision to imprisonment in a civilian prison.

'Article 336 of the Ukrainian Criminal Code is enforced, however there have been only few cases (two in July 2015) when the draft evaders were sentenced to two years of imprisonment in Ukraine. In many cases the courts have decided to put administrative penalties on the evaders.

'The conditions in Ukrainian prisons are still very poor, however some improvements have been made in recent years (e.g. libraries in prisons, a bit better health care services, sanitary facilities, etc.).Some civilian prisons tend to have sections for certain types of convicts: e.g. former judges, militia or military servicemen who committed serious crimes. Those military servicemen who commit disciplinary violations are usually sent to military guardrooms or disciplinary battalions for some time.

(...)

UK Home Office (11.2015): Country Information and Guidance Ukraine:

Military service,

https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/479412/CIG_-_Ukraine_-_Military_service_v_1_0.pdf , Zugriff 8.1.2016

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

Es wurden Berichte von UNHCR, OHCHR, Amnesty International und des UK Home Office konsultiert. Eine ausführliche Quellenbeschreibung zu diesen Quellen findet sich unter http://www.ecoi.net/5.unsere-quellen.htm

Zusammenfassung:

Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass Menschenrechtsverletzungen aus beiden Seiten der Front in der Ostukraine vorkommen. Sie betreffen Kombattanten, aber auch Zivilisten. Auf pro-ukrainischer Seite, scheint die Mehrzahl der Vorkommnisse jedoch nicht auf die Armee, sondern auf Freiwilligen-Bataillone (v.a. Rechter Sektor) zurückzugehen. Zuständig für die Strafverfolgung in der ukrainischen Armee ist der oberste Militärankläger der Ukraine. Der UN-Monitoring Mission sind aber keine Untersuchungen betreffend Menschenrechtsverletzungen bekannt. Einschlägige Vorwürfe dürften auch vor Gericht ignoriert werden. In der ukr. Armee selbst ist das Schikanieren jüngerer Soldaten durch ältere Jahrgänge nach wie vor ein ernstes Problem.

Einzelquellen:

UNHCR berichtet im September 2015, dass auf beiden Seiten der Front in der Ostukraine Vorwürfe betreffend Menschenrechtsverletzungen vorgebracht wurden. Es ging dabei um Tötungen, Freiheitsentziehung, Zwangsarbeit, Plünderung, Erpressung usw., die durch beide Konfliktparteien begangen worden seien. Es wird hier aber nichts zur Quantifizierung bzw. Verteilung/Gewichtung dieser Vergehen gesagt.

Human rights monitors near the line of contact in both GCAs and NGCAs have recorded new allegations of killings and torture, as well as cases of illegal deprivation of liberty, abductions, forced labour, looting, ransom demands and extortion committed by all parties to the conflict.

(...)

UNHCR - Office of the United Nations High Commissioner for Refugees (9.2015): International Protection Considerations related to developments in Ukraine - Update III, http://www.refworld.org/docid/56017e034.html , Zugriff 8.1.2015

Amnesty International sagt in einem Bericht vom Mai 2015 zur Misshandlung von Gefangenen im Konflikt in der Ostukraine, dass es auf beiden Seiten der Front zu Misshandlungen von Gefangenen gekommen ist, die sich nicht auf eine bestimmte Einheit oder ein bestimmtes Gebiet einschränken lassen. AI kommt aber zu dem Schluß, dass auf beiden Seiten die außerhalb der offiziellen Befehlskette agierenden Gruppen, die gewalttätigeren seien. Das wären auf der ukrainischen Seite, die uns hier zu interessieren hat, vor allem die Freiwilligen-Bataillone des Rechten Sektors.

Weiter unten im selben Bericht heißt es, dass die meisten Gefangenen der ukrainischen Seite vor Gericht gestellt wurden. Wenn sie dort allerdings Misshandlungsvorwürfe erhoben, sollen die Richter jedoch nie Untersuchungen angeordnet haben. Alle ehemaligen Gefangenen berichteten, dass Misshandlungen aufgehört hätten, sobald sie offizielle Hafteinrichtungen betreten hatten.

Amnesty International's serious concerns about the mistreatment of prisoners in eastern Ukraine are not restricted to any particular police or military unit, separatist force, or irregular armed group. Having interviewed former prisoners held by a diverse array of captors on the two sides of the conflict, we have seen compelling evidence to suggest that prisoner abuse is both frequent and widespread. Nonetheless, Amnesty International has seen strong indications that certain groups - those outside the official or de facto chains of command on both sides - appear to be more lawless and violent in their treatment of prisoners than others.

(...)

On the pro-Kyiv side, Amnesty International has particular concerns about Right Sector, a volunteer militia created by a pro-Kyiv nationalist political grouping .(...)

(...)

While the large majority of prisoners held by pro-Kyiv forces were eventually brought before a judge and moved into the regular criminal justice system, the response of judges to indications of prisoner abuse has been disappointing. Even in cases in which prisoners reportedly showed clear signs of abuse, such as bruised faces, split lips and black eyes, judges did not order investigations. Former prisoners all reported that the physical abuse stopped once they had entered official places of detention.

AI - Amnesty International (5.2015): Breaking Bodies: Torture and summary killings in eastern Ukraine, https://www.amnesty.org/en/documents/eur50/1683/2015/en/ , Zugriff 11.1.2016

An anderer Stelle besagt AI, dass die Menschenrechtsverletzungen nicht nur Kombattanten betreffen, sondern auch Zivilisten Opfer illegaler Freiheitsentziehung werden, etwa um gegen Gefangene ausgetauscht zu werden bzw. weil diese der jeweils anderen Seite gesinnungsmäßig nahestehen.

Notably, Amnesty International has found that both sides are arbitrarily holding civilians who have not committed any crime, but who instead have a political or ideological commitment to the opposing side. In some instances, the motive for holding these people may be to use them as currency for prisoner exchanges; it may also be simply to punish them for their views.

AI - Amnesty International (5.2015): Breaking Bodies: Torture and summary killings in eastern Ukraine, https://www.amnesty.org/en/documents/eur50/1683/2015/en/ , Zugriff 11.1.2016

Der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte äußert sich in seinem Bericht zur Menschenrechtslage in der Ukraine vom Juni 2015 auch zum Thema Menschenrechtsverletzungen durch ukrainische Armee bzw. Behördenvertreter. Zuständig für die Strafverfolgung in solchen Fällen ist der oberste Militärankläger der Ukraine. Im Jahr 2015 hatte er bis zum 17.4.2015 7.560 diesbezügliche Untersuchungen eröffnet. Davon betrafen 3.019 Fälle von Verweigerung, unerlaubter Abwesenheit bzw. Desertion. Damit bleiben 4.541 Fälle, die nicht näher bezeichnet sind und u.a. Menschenrechtsverletzungen betreffen könnten. Der UN-Monitoring Mission sind aber keine dementsprechenden Untersuchungen bekannt.

Vertreter der selbsternannten Volksrepubliken von Donetsk und Luhansk behaupten verschiedentlich, dass separatistische Kämpfer Opfer von Menschenrechtsverletzungen durch die ukr. Armee und Behördenvertreter wurden. Die UN-Monitoring Mission kann einige dieser Fälle bestätigen. Ermittlungen von offizieller ukr. Seite hierzu sind der UN-Monitoring Mission jedoch nicht bekannt.

Investigations into human rights violations allegedly committed by Ukrainian armed forces and law enforcement personnel

105. On 17 April, the Chief Military Prosecutor of Ukraine, who is responsible for investigating crimes committed by the Ukrainian armed forces, has reported opening 7,560 criminal investigations into crimes committed by the Ukrainian soldiers since the beginning of the year. These include 1,964 criminal proceedings under Article 407 (absence without leave from a military unit or place of service), 948 - under Article 408 (desertion), 107 - under Article 409 (evasion from military service) of the Criminal Code of Ukraine. However, the HRMMU is unaware of any criminal investigations conducted by the Office of the Military Prosecutor into human rights violations against civilians and violations of international humanitarian law in the east.

106. An illustrative case of impunity of perpetrators is the death of XXXX Agafonov on 14 November36. On 10 April, the Kharkiv Regional Military Prosecutor informed the HRMMU that there had been suspects in the case, but that no one has been prosecuted yet. The only person whose identity was established (an SBU officer) is not a suspect in the allegations of torture of Mr. Agafonov.

107. The 'Donetsk people's republic' and 'Luhansk people's republic' have claimed that their members and people suspected of being affiliated with them have been subjected to torture and ill-treatment by the Ukrainian armed forces and law enforcement agencies (especially SBU) while in custody (some of these cases have been described in the report mentioned in paragraph 50 above). The HRMMU is verifying these allegations. As of 15 May, the HRMMU is unaware of investigations into such allegations by the Ukrainian authorities. Alleged victims are unlikely to seek justice under the Ukrainian legal framework37 for fear of possible detention38 or reprisals and lack of trust in it.

OHCHR - Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights (1.6.2015): Report on the human rights situation in Ukraine 16 February to 15 May 2015,

http://www.ohchr.org/Documents/Countries/UA/10thOHCHRreportUkraine.pdf , Zugriff 8.1.2016

Das UK Home Office berichtet in seiner Country Information and Guidance zum Militärdienst in der Ukraine vom November 2015, dass beim Militärdienst in der Ukraine das Schikanieren jüngerer Soldaten durch ältere Jahrgänge nach wie vor ein ernstes Problem ist, dass dies aber nach Ansicht des Home Office nicht relevant ist im Sinne des Art. 3 der EMRK (Folterverbot).

The country guidance case of PS found that the conditions of military service although far from ideal (with hazing - ill-treatment of young conscripts at the hands of senior soldiers - remaining a serious problem) are not generally such as to themselves give rise to a real risk of treatment contrary to Article 3 (para 112(2)). There is no evidence to indicate that the situation has changed since that determination was handed down.

UK Home Office (11.2015): Country Information and Guidance Ukraine:

Military service,

https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/479412/CIG_-_Ukraine_-_Military_service_v_1_0.pdf , Zugriff 11.1.2016

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, insbesondere in die niederschriftlichen Einvernahmen des Beschwerdeführers sowie die vorgelegten Unterlagen, durch Einsichtnahme in die der beschwerdeführenden Partei zur Kenntnis gebrachten Länderberichte zur aktuellen, im Hinblick auf das gegenständliche Verfahren relevanten Situation in der Ukraine sowie durch amtswegig eingeholte IZR-, GVS-, ZMR- und Strafregisterauszüge.

2.1. Die Identität des Beschwerdeführers konnte aufgrund des in Kopie vorgelegten ukrainischen Reisepasses (AS 33) festgestellt werden.

Die Feststellungen zu seiner Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit ergeben sich aus seinen diesbezüglich glaubwürdigen Angaben sowie dem Umstand, dass er über entsprechende Sprach- und Ortskenntnisse verfügt. An seinen familiären Verhältnissen haben sich im Laufe des Verfahrens keine Zweifel ergeben.

Die Ausführungen zum Verfahrenslauf ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt.

Hinsichtlich der illegalen Einreise in das Bundesgebiet, dem Aufenthalt in Österreich und in der Ukraine wurden den Feststellungen die eigenen Aussagen des Beschwerdeführers zugrunde gelegt. Sein Aufenthalt in Österreich wurde zudem einem aktuellen ZMR-Auszug entnommen.

2.2. Die negative Feststellung zu potentieller Verfolgungsgefahr und aktuell drohender menschenrechtswidriger Behandlung der beschwerdeführenden Partei in ihrem Herkunftsstaat beruht auf dem in wesentlichen Punkten unglaubwürdigen bzw. nicht asylrelevanten Vorbringen der beschwerdeführenden Partei und ist der belangten Behörde dahingehend zu folgen, wenn diese nach schlüssiger und nicht zu beanstandender Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid insgesamt von der Unglaubwürdigkeit bzw. mangelnden Asylrelevanz jenes Sachverhaltes ausgeht, den der Beschwerdeführer hinsichtlich der behaupteten Verfolgungsgefahr seinem Antrag auf internationalen Schutz zugrunde legte.

Der Ansicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dass das vom Beschwerdeführer geschilderte Fluchtvorbringen nicht tatsächlich von ihm erlebt wurde, sondern es sich dabei um ein auf die Erlangung von Asyl ausgerichtetes Konstrukt handle, schließt sich das Bundesverwaltungsgericht an und führt dazu aus wie folgt:

Aufgabe eines Asylwerbers ist es, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen (VwGH 25. 3. 1999, 98/20/0559).

"Glaubhaftmachung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist die Beurteilung des Vorgetragenen daraufhin, inwieweit einer vernunftbegabten Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen wohlbegründete Furcht vor Verfolgung zuzugestehen ist oder nicht. Erachtet die Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, dann können die von ihm behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (VwGH 9. 5. 1996, 95/20/0380).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur erkannt, dass es für die Glaubhaftmachung der Angaben des Fremden erforderlich ist, dass er die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert (vgl. VwGH 26.06.1997, 95/21/0294, 95/18/1291) und dass diese Gründe objektivierbar sind (vgl. VwGH 05.04.1995, 93/18/0289), wobei zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des "Glaubhaft-Seins" der Aussage des Asylwerbers selbst wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. auch VwGH 23.01.1997, 95/20/30303, 0304). Damit ist die Pflicht des Antragstellers verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen für eine Asylgewährung spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liefern. Insoweit trifft den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht (s.a. VwGH 11.11.1991, 91/19/0143, 13.04.1988 86/01/0268). Die Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).

Die Glaubhaftmachung hat das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252). Die für die Annahme eines Sachverhaltes sprechenden Gründe müssen die gegenteiligen Gründe aber jedenfalls überwiegen (AsylGH 01.07.2009, D11 259.079-2/2008).

Im Sinne dieser Judikatur ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ein asylrelevantes Vorbringen glaubhaft und in sich schlüssig darzulegen.

Vorerst ist anzumerken, dass der BF nach seiner fremdenpolizeilichen Festnahme am 20.06.2016, bei seiner fremdenpolizeilichen Einvernahme am 21.06.2016 angegeben hat, er sei bereits im April 2016 von der Ukraine kommen über Polen nach Österreich eingereist (siehe Seite 57).

Warum der BF nicht sogleich im April 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, sondern erst nach seiner fremdenpolizeilichen Festnahme ist nicht nachvollziehbar und erschüttert die Glaubwürdigkeit der Angaben des BF erheblich.

Auch der VwGH geht davon aus, dass kein Asylwerber sich wohl eine sich bietende Gelegenheit zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen würde (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250).

Der Beschwerdeführer brachte als Grund seiner Flucht zusammenfassend vor, er habe einen bzw. mehrere Einberufungsbefehle erhalten und sei in die ostukrainische Konfliktzone geschickt worden, wo er einerseits Schützengräben und andererseits Bunker errichtet habe. Zudem hätte er auf Befehl eines Offiziers an die Front gehen müssen, der aufgrund der diesbezüglichen Weigerung des Beschwerdeführers seinen Pass zerrissen und ihn geschlagen habe.

Der belangten Behörde ist zunächst in ihrer Argumentation zu folgen, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich des Ortes seines Einsatzes in der Ostukraine unterschiedliche Aussagen tätigte. So gab er am 21.06.2016 an, in Konstantiniwka gewesen zu sein (AS 59), während er ungefähr zwei Monate später, am 24.08.2016 schilderte, im Dorf Sajzevo an der Front gewesen zu sein (AS 102).

Des Weiteren sind seine Angaben betreffend die Dauer seines Einsatzes und seine unmittelbar darauf folgende Ausreise aus der Ukraine nicht stimmig. So führte er am 24.08.2016 einerseits aus, er sei Ende 2015 bzw. Anfang 2016 vom Militärkommissariat abgeholt und mit einem Bus in die Konfliktzone geschickt worden, wo er drei oder vier Monate geblieben sei (AS 102). Andererseits habe er jedoch schon im Februar 2016 seinen eigenen Angaben zufolge (AS 102) die Ukraine verlassen. Auch die Angaben zum Ausreisezeitpunkt aus der Ukraine decken sich nicht genau, sondern strecken sich über einen Zeitraum von mehreren Monaten. Während der Beschwerdeführer bei seiner Erstbefragung am 22.06.2016 ausführte, vor drei oder vier Monaten seinen Herkunftsstaat verlassen zu haben (AS 13 und 15) und sohin der Zeitraum Februar bis März 2016 in Frage kommt, gab er bei seiner Befragung einen Tag zuvor an, Anfang April von der Ukraine kommend nach Österreich eingereist zu sein (AS 57). Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am 24.08.2016 gab er sodann an, im Februar 2016 die Ukraine verlassen zu haben (AS 102).

Abgesehen von diesen zeitlichen Diskrepanzen in seinen Angaben waren zudem die äußerst unterschiedlichen Angaben des Beschwerdeführers und seines Bekannten auffällig, mit dem er gemeinsam in die EU gekommen sein (AS 59) und den er in der Krisenregion kennengelernt haben soll (AS 103). So gab der besagte Bekannte im Zuge seiner Erstbefragung an, er habe die Ukraine bereits am 25.10.2015 (AS 25) verlassen und sich bis März 2016 in Polen aufgehalten (AS 27). Dieser Bekannte hat die Ukraine sohin zu einem Zeitpunkt verlassen, als sich der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben zufolge noch nicht einmal in der Ostukraine befunden hat. Auch behauptete der Beschwerdeführer, dass der besagte Bekannte gemeinsam mit ihm Soldat in der Ostukraine gewesen sei (AS 103), während dieser angab, dort für eine Firma gearbeitet zu haben (AS 27).

Diese soeben aufgezeigten Widersprüche bzw. Unstimmigkeiten wurden dem Beschwerdeführer großteils schon im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vorgehalten und konnte er dafür keine plausible Erklärung abgeben, sondern führte nur an, er könne sich nicht genau an Daten erinnern (AS 104). Auch in seinem Beschwerdeschriftsatz vermochte er die Diskrepanzen in seinen Aussagen nicht aufzuklären. Dass diese auf Fehler seitens der beigezogenen Dolmetscher beruhen würden, ist deswegen nicht glaubwürdig bzw. auszuschließen, da der Beschwerdeführer einerseits erklärte, den Dolmetscher zu verstehen (AS 11 und AS 99) bzw. verstanden zu haben (AS 19 und AS 105), andererseits nach Rückübersetzung mit seiner Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift bestätigte (AS 105).

Zusammengefasst konnte der Beschwerdeführer aus den oben angeführten Erwägungen sein Fluchtvorbringen nicht in der von der Judikatur geforderten Weise glaubhaft machen, weshalb es nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden kann. Zur Frage, dass dem Antrag des Beschwerdeführers selbst bei Wahrheitsunterstellung seines Vorbringens kein Erfolg beschieden wäre, wird auf die rechtliche Beurteilung unter Punkt 3.2. verwiesen.

Eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des Beschwerdeführers als Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ist trotz der derzeitigen Kampfhandlungen in Regionen der Ostukraine nicht anzunehmen, weil dieser zuletzt in der Westukraine, in einem von den Unruhegebieten weit entfernten Gebiet gelebt hat.

Wie bereits angesprochen, vermochte der Beschwerdeführer der schlüssigen Beweiswürdigung der belangten Behörde auch mit seinen Ausführungen in der Beschwerdeschrift in keinster Weise entgegenzutreten. Im konkreten Fall besteht die Beschwerdeschrift großteils aus der Wiederholung des Parteivorbringens und Behauptungen, welchen kein substantiiertes Tatsachenvorbringen zu entnehmen ist, das dazu geeignet wäre, das Ergebnis des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens in Frage zu stellen.

Im gegenständlichen Verfahren erscheint daher der Sachverhalt vor dem Hintergrund des auffallend unsubstantiierten Beschwerdevorbringens auf Grundlage des ordnungsgemäß durchgeführten erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens in hinreichender Weise geklärt und ist dieser in den entscheidungswesentlichen Belangen nach wie vor als vollständig und aktuell anzusehen. Aufgrund der bisherigen Ermittlungen ergibt sich zweifelsfrei, dass aus dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei kein glaubhafter asylrelevanter Sachverhalt oder eine sonstige konkrete, auf das gesamte Staatsgebiet bezogene, Bedrohungslage abzuleiten ist und muss daher auch eine allfällige Gefährdung der beschwerdeführenden Partei vor diesem Hintergrund als ausgeschlossen betrachtet werden.

Wenn die belangte Behörde im bekämpften Bescheid somit in einer vom Bundesverwaltungsgericht nicht zu beanstandenden Weise zum Ergebnis gelangt, dass das von der beschwerdeführenden Partei behauptete Bedrohungsszenario insgesamt unglaubwürdig bzw. nicht asylrelevant sei, begegnet diese Einschätzung keinen Bedenken von Seiten des Bundesverwaltungsgerichts.

Hinsichtlich der Rückkehrsituation des Beschwerdeführers wird auf die rechtlichen Ausführungen unter Punkt 3.3. verwiesen.

2.3. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand sowie zum Familien- und Privatleben einschließlich allfälliger Aspekte einer Integration des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus den diesbezüglich nicht anzuzweifelnden Angaben des Beschwerdeführers gegenüber der Behörde erster Instanz, aus den vorgelegten Unterlagen sowie eingeholten GVS- und ZMR-Auszügen.

2.4. Die relevante Lage in der Ukraine ergibt sich aus einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen. Diese bilden dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche, sodass vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles und auch unter Bedachtnahme auf das Beschwerdevorbringen kein Anlass besteht, an der Richtigkeit der Länderfeststellungen zu zweifeln. Zur Aktualität der Quellen wird nochmals darauf hingewiesen, dass sich die dargestellte Informationslage unter Berücksichtigung aktueller medialer Berichtserstattung in ihren entscheidungsmaßgeblichen Aspekten im Wesentlichen unverändert darstellt.

Auch ist die beschwerdeführende Partei dem Inhalt dieser Länderberichte nicht in ihrem Beschwerdeschriftsatz entgegengetreten. Hinsichtlich der gemeinsam mit der Beschwerde übermittelten Berichte ist zunächst festzuhalten, dass diesen großteils keine Quellenangaben beigefügt wurden und sie zudem aufgrund der qualitativ minderwertigen Übersetzung in die deutsche Sprache nicht verständlich sind. Da auf diese des Weiteren nicht in den Beschwerdeausführungen verwiesen wurde, sondern sie kommentarlos und ohne Bezug auf die konkrete Situation des Beschwerdeführers zu nehmen, dem Schriftsatz beigefügt wurden, vermögen sie die unter Punkt 1.4. getroffenen Länderfeststellungen keinesfalls in Zweifel zu ziehen und sie auch nicht in deren Aussage bzw. Ergebnis erschüttern.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und Verfahren:

Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u. a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z. 1).

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 i. d.F. BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A)

3.2. Status des Asylberechtigten:

3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt der dem § 3 Asylgesetz 2005 zugrundeliegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (in der Fassung des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974) definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21. 12. 2000, 2000/01/0131; 19. 4. 2001, 99/20/0273).

3.2.2. Der Beschwerdeführer konnte aus den in der Beweiswürdigung ausgeführten Gründen keine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende Verfolgung glaubhaft machen, weshalb diese nicht der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden kann.

3.2.3. Bloß am Rande ist in Übereinstimmung mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl darauf zu verweisen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers auch bei Wahrheitsunterstellung nicht asylrelevant sein kann.

Diesbezüglich ist auf folgende maßgebliche Judikaturlinie hinzuweisen:

Die Furcht vor Ableistung des Militärdienstes stellt grundsätzlich keinen Grund für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dar, ebenso wenig wie eine wegen der Verweigerung der Ableistung des Militärdienstes oder wegen Desertion drohende, auch strenge Bestrafung (vgl. VwGH 10.3.1994, 94/19/0257). Die Flucht wegen Einberufung zum Militärdienst könnte nur dann asylrechtlich relevant sein, wenn die Einberufung aus einem der in der GFK genannten Gründen erfolgt wäre oder aus solchen Gründen eine drohende allfällige Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung schwerer als gegenüber anderen Staatsangehörigen gewesen wäre (VwGH 8.3.1999, 98/01/0371). Die Furcht, wegen Desertion oder Wehrdienstverweigerung bestraft zu werden, kann nur dann asylrechtlich relevant sein, wenn Umstände hinzutreten, die Annahme rechtfertigen, dass die Einberufung oder die unterschiedliche Behandlung während des Militärdienstes aus einem der im Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe erfolgt sei oder dass dem Beschwerdeführer aus solchen Gründen eine strengere Bestrafung wegen Verweigerung des Wehrdienstes oder Desertion drohe als anderen Staatsangehörigen (VwGH 30.4.1999, 95/21/0831).

Der Verwaltungsgerichtshof geht von einer asylrechtlich relevanten Furcht vor Verfolgung nur in solchen Fällen aus, in denen die Einberufung aus einem der in Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK angeführten Gründen erfolgt, in denen der Asylwerber damit rechnen müsste, dass er hinsichtlich seiner Behandlung oder seines Einsatzes während des Militärdienstes aus diesen Gründen im Vergleich zu Angehörigen anderer Volksgruppen in erheblicher, die Intensität einer Verfolgung erreichender Weise benachteiligt würde, oder in denen davon auszugehen ist, dass dem Asylwerber eine im Vergleich zu anderen Staatsangehörigen härtere Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung droht (VwGH 11.10.2000, 2000/01/0326).

Die Heranziehung zum Militärdienst durch die Behörden eines souveränen Staates erlangt dann Asylrelevanz, wenn eine Schlechterstellung, schlechtere Behandlung oder Unterwerfung unter ein strengeres Strafregime bestimmter, nach Religion oder sozialer Gruppe oder politischer Gesinnung abgegrenzter Personen der zum Wehrdienst herangezogenen Personen droht (VwGH 8.9.1999, 99/01/0167).

Gemessen an dieser Judikatur ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers selbst bei Wahrheitsunterstellung die Asylrelevanz zu versagen, zumal seinen Angaben zufolge und auch vor dem Hintergrund der getroffenen Länderfeststellungen zum Wehrdienst keine Anhaltspunkte vorliegen, dass ihm aufgrund eines Konventionsgrundes eine schlechtere Behandlung als anderen wehrpflichtigen ukrainischen Staatsangehörigen drohen würde.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher spruchgemäß abzuweisen.

3.3. Status des subsidiär Schutzberechtigten:

3.3.1. Wird der Antrag auf internationalen Schutz eines Fremden in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, ordnet § 8 Abs. 1 AsylG 2005 an, dass dem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist, wenn eine mögliche Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat für ihn eine reale Gefahr einer Verletzung in seinem Recht auf Leben (Art. 2 EMRK iVm den Protokollen Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe) oder eine Verletzung in seinem Recht auf Schutz vor Folter oder unmenschlicher Behandlung oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Art. 3 EMRK) oder für den Fremden als Zivilperson eine reale Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes mit sich bringen würde. Nach § 8 Abs. 2 Asylgesetz 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung dieses Status mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden.

§ 8 Abs. 1 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Herkunftsstaat des Antragsstellers. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG 2005 ist ein Herkunftsstaat, der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.

Unter "realer Gefahr" ist nach den Materialien zum Asylgesetz 2005 "eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen" (vgl. auch VwGH 19. 2. 2004, 99/20/0573 mit weiteren Hinweisen auf die Judikatur des EGMR). Dabei obliegt es der betroffenen Person, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle der Abschiebung behauptet, soweit als möglich Informationen vorzulegen, die (...) eine Bewertung der mit einer Abschiebung verbundenen Gefahr erlauben (EGMR 5. 7. 2005, Said v. The Netherlands, Appl. 2345/02).

Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Ob die Verwirklichung der im Zielstaat drohenden Gefahren eine Verletzung des Art. 3 EMRK durch den Zielstaat bedeuten würde, ist nach der Rechtsprechung des EGMR nicht entscheidend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (vgl. VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/18/1291). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann.

Wie bereits oben ausgeführt, gelang es dem Beschwerdeführer nicht, eine aktuelle Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubwürdig darzulegen. Zu prüfen bleibt, ob es im vorliegenden Fall begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegen stehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG (nunmehr: § 50 Abs. 1 FPG bzw. § 8 Abs. 1 AsylG 2005) gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zahl 99/20/0465; 08.06.2000, Zahl 99/20/0203; 17.09.2008, Zahl 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 AsylG 1997 in Verbindung mit § 57 Abs. 1 FrG (nunmehr: § 8 Abs. 1 AsylG 2005) die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (VwGH 08.06.2000, Zahl 99/20/0203).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. vs. Vereinigtes Königreich, Zahl 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zahl 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zahl 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB. Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK in Verbindung mit § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bzw. § 50 Abs. 1 FPG bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. vs. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zahl 2000/01/0443;

13.11.2001, Zahl 2000/01/0453; 09.07.2002, Zahl 2001/01/0164;

16.07.2003, Zahl 2003/01/0059).

Im gegenständlichen Fall liegen ausgehend vom Nichtvorliegen eines asylrechtlich relevanten Verfolgungssachverhalts nach dem gepflogenen Ermittlungsverfahren keine Hinweise vor, dass die beschwerdeführende Partei bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat den im Zusammenhang mit der Gewährung subsidiären Schutzes relevanten Gefahren ausgesetzt wäre.

So brachte der Beschwerdeführer vor, gesund zu sein, weshalb im gegenständlichen Fall nicht davon ausgegangen werden kann, dass allfällige gesundheitliche Aspekte einer Rückkehr in seine Heimat entgegenstehen.

Er hat darüber hinaus nicht in ausreichend konkreter Weise vorgebracht, dass ihm im Falle einer Rückführung in die Ukraine jegliche Existenzgrundlage fehlen würde (vgl. VwGH 16.7.2003, 2003/01/0059) und er daher in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse mit entscheidungsmaßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine lebensbedrohliche bzw. die hohe Schwelle des Art. 3 EMRK überschreitende Notlage geraten würde. Eine durch die Lebensumstände im Zielstaat bedingte Verletzung des Art. 3 EMRK setzt in jedem Fall eine ausreichend reale, nicht auf bloße Spekulationen gegründete Gefahr voraus, die bloße Möglichkeit eines dem Art. 3 EMRK widersprechenden Nachteils reicht hingegen nicht aus (vgl. VwGH 6.11.2009, 2008/19/0174).

Der Beschwerdeführer ist ein junger, gesunder Mann, bei dem eine grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Bereits vor seiner Ausreise war er dazu in der Lage, sich seinen Lebensunterhalt durch seine Tätigkeit als Schweißer bzw. DJ zu finanzieren. Daher sind keine Gründe ersichtlich und wurden auch nicht vorgebracht, die einer neuerlichen Arbeitsaufnahme, allenfalls der Ausübung einer anderen Beschäftigung, entgegenstehen würden.

Weiters gilt es zu bedenken, dass der Beschwerdeführer in der Ukraine aufgewachsen ist, dort den weit überwiegenden und prägenden Teil seines Lebens verbracht hat, er die ukrainische und russische Sprache beherrscht, über eine abgeschlossen Grundschul- und Berufsschulausbildung sowie Berufserfahrung verfügt und er mit den dort herrschenden Gepflogenheiten vertraut ist. Darüber hinaus verfügt der Beschwerdeführer in der Ukraine über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Großmutter, zu der Kontakt besteht (AS 101). Daher wird dem Beschwerdeführer, auch vor dem Hintergrund seiner erst verhältnismäßig kurzen Ortsabwesenheit, eine Reintegration in der Ukraine möglich sein.

Eine völlige Perspektivenlosigkeit für die beschwerdeführende Partei kann somit schlichtweg nicht erkannt werden. Ziel des Refoulementschutzes ist es nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen, wie es die Rückkehr in die Ukraine sein wird, zu beschützen, sondern einzig und allein Schutz vor exzeptionellen Lebenssituationen zu geben.

Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann auch aus schlechten Lebensbedingungen keine gegenständlich relevante Gefährdung bzw. Bedrohung abgeleitet werden (vgl. etwa VwGH 30.1.2001, 2001/01/0021; vgl. auch VwGH 16.7.2003, 2003/01/0059, wonach z.B. die Situation einer in einem beheizbaren Zelt von neun Quadratmetern untergebrachten fünfköpfigen Familie zwar als prekär, aber unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK als noch erträglich zu beurteilen sei).

Zudem konnte auch nicht festgestellt werden, dass in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers in der Ukraine derzeit eine "extreme Gefahrenlage" (vgl. etwa VwGH 16. 4. 2002, 2000/20/0131) im Sinne einer dermaßen schlechten wirtschaftlichen oder allgemeinen (politischen) Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Abschiebung als unrechtmäßig erscheinen ließe. Wie den vorliegenden Länderinformationen zu entnehmen ist, sind die Konfliktgebiete auf die Halbinsel Krim und die umkämpften Gebiete in der Ostukraine lokal begrenzt und war der Beschwerdeführer zuletzt in der Westukraine aufhältig.

Eine reale Gefahr, dass der beschwerdeführenden Partei in ihrem Herkunftsstaat eine Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe drohen könnte, ist somit insgesamt nicht hervorgekommen.

Sohin war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids abzuweisen.

3.4. Erlassung einer Rückkehrentscheidung

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Beschwerdeführer befindet sich nachweislich erst seit Juni 2016 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

Ferner erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten im gegenständlichen Verfahren nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Die beschwerdeführende Partei ist keine begünstigte Drittstaatsangehörige und es kommt ihr kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

Ferner erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten im gegenständlichen Verfahren nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hiefür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (vgl. EGMR 13. 6. 1979, Marckx, EuGRZ 1979).

Da der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen in Österreich hat, stellt die Rückkehrentscheidung keinen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens dar und es bedarf daher auch keiner Abwägung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK.

Es ist weiters zu prüfen, ob mit einer Rückkehrentscheidung in das Privatleben der beschwerdeführenden Partei eingegriffen wird und bejahendenfalls, ob dieser Eingriff eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist (Art. 8 Abs. 2 EMRK).

Nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z.B. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. EGMR 8.3.2008, Nnyanzi v. The United Kingdom, Appl. 21.878/06; 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554).

Im Erkenntnis vom 26. Juni 2007, Zl. 2007/01/0479, hat der Verwaltungsgerichtshof ? unter Hinweis auf das Erkenntnis des VfGH vom 17. März 2005, VfSlg. 17.516, und die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Fremdensachen ? darauf hingewiesen, dass auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen ist, zumal etwa das Gericht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (VwGH 17. 2. 2007. 2006/01/0216). Eine lange Dauer des Asylverfahrens macht für sich allein keinesfalls von vornherein eine Ausweisung unzulässig (VwGH 2010/22/0094).

Dem öffentlichen Interesse, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern, kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH 17. 12.2007, 2006/01/0216; siehe die weitere Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum hohen Stellenwert der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften: VwGH 26. 6. 2007, 2007/01/0479; VwGH 16. 1. 2007, 2006/18/0453; jeweils VwGH 8. 11. 2006, 2006/18/0336 bzw. 2006/18/0316; VwGH 22. 6. 2006, 2006/21/0109; VwGH 20. 9. 2006, 2005/01/0699).

Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31. 10. 2002, 2002/18/0190).

Bei dieser Interessenabwägung sind insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfGH 29. 9. 2007, B 1150/07; 12. 6. 2007, B 2126/06; VwGH 26. 6. 2007, 2007/01/479; 26. 1. 20006, 2002/20/0423; 17. 12. 2007, 2006/01/0216; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention2 194; Frank/Anerinhof/Filzwieser, Asylgesetz 20053 282ff).

Bei der Beurteilung der Rechtskonformität von behördlichen Eingriffen ist nach ständiger Rechtsprechung des EGMR und VfGH auf die besonderen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme ist (nur) dann gegeben, wenn ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Betroffenen auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens im Inland einerseits und dem staatlichen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden wird. Der Ermessensspielraum der zuständigen Behörde und die damit verbundene Verpflichtung, allenfalls von einer Aufenthaltsbeendigung Abstand zu nehmen, variiert nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei sind Beginn, Dauer und Rechtsmäßigkeit des Aufenthalts, wobei bezüglich der Dauer vom EGMR keine fixen zeitlichen Vorgaben gemacht werden, zu berücksichtigen; das Ausmaß der Integration im Aufenthaltsstaat, die sich in intensiven Bindungen zu Dritten, in der Selbsterhaltungsfähigkeit, Schul- und Berufsausbildung, in der Teilnahme am sozialen Leben und der tatsächlichen beruflichen Beschäftigung; Bindung zum Heimatstaat; die strafrechtliche Unbescholtenheit bzw. bei strafrechtlichen Verurteilungen auch die Schwere der Delikte und die Perspektive einer Besserung/Resozialisierung des Betroffenen bzw. die durch die Aufenthaltsbeendigung erzielbare Abwehr neuerlicher Tatbegehungen; Verstöße gegen das Einwanderungsrecht.

Geht man im vorliegenden Fall von einem bestehenden Privatleben der beschwerdeführenden Partei in Österreich aus, fällt die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts in Übereinstimmung mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, das die Interessenabwägung mängelfrei vorgenommen hat, zu Lasten des Beschwerdeführers aus und stellt die Rückkehrentscheidung jeweils keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK dar.

Die beschwerdeführende Partei stellte am 21.06.2016 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz und war ihr bisheriger Aufenthalt nur aufgrund ihres vorübergehenden Aufenthaltsrechts im Rahmen des Verfahrens auf internationalen Schutz möglich. Das Gewicht eines zwischenzeitig entstandenen Privatlebens wird somit schon dadurch gemindert, dass sich die beschwerdeführende Partei nicht darauf verlassen konnten, ihr Leben auch nach Beendigung des Asylverfahrens in Österreich fortzuführen, sich also zum Zeitpunkt, in dem das Privatleben entstanden ist, des unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein hätte müssen.

Der Beschwerdeführer hält sich nachweislich erst seit Juni 2016 im österreichischen Bundesgebiet auf. Bereits aufgrund dieses kurzen Aufenthaltszeitraumes kann von keiner sonderlichen Integrationsverfestigung im Bundesgebiet ausgegangen werden, zumal der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass der Aufenthalt des Asylwerbers im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte (VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479).

Im Verfahren ergaben sich auch keine maßgeblichen Hinweise auf in diesem Zeitraum gesetzte Integrationsschritte bzw. das Vorliegen von engen Bindungen zu Österreich. Der Beschwerdeführer geht keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach und ist auch nicht in einem Verein tätig. Er besuchte bisher keine Deutschkurse und legte keine Deutschprüfungen ab. In Österreich verfügt er über keine Familienangehörige oder Verwandte und brachte lediglich vor, bis zu seiner Festnahme persönliche Kontakte gehabt zu haben (AS 101). Darüber hinaus haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte auf das Vorhandensein maßgeblicher Bindungen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ergeben. Ein besonderes Maß an sozialer und wirtschaftlicher Integration hat er gesamtbetrachtend somit keinesfalls dargetan.

Die Beziehungen des Beschwerdeführers zu Österreich sind zum Entscheidungszeitpunkt relativ schwach ausgeprägt, während er in seinem Herkunftsstaat, in welchem er den überwiegenden und prägenden Teil seines Lebens verbrachte, über eine Familienangehörige (Großmutter) verfügt, bei der er zuletzt wohnhaft war, und zwei im Herkunftsstaat gesprochene Sprachen beherrscht. Zudem absolvierte er in der Ukraine seine Grundschul- sowie Berufsschulausbildung und war als Schweißer bzw. DJ berufstätig. Daher wird es ihm vor dem Hintergrund seiner erst relativ kurzen Ortsabwesenheit auch problemlos möglich sein, wieder im Herkunftsstaat Fuß zu fassen.

Die Interessen der Republik Österreich an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens als Teil der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, des wirtschaftlichen Wohls des Landes durch Vermeidung unkontrollierter Zuwanderung wiegen im gegenständlichen Fall insgesamt höher als die persönlichen Interessen der beschwerdeführenden Partei an einem Verbleib im Bundesgebiet. Allein ein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt kann nämlich keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber sich rechtstreu Verhaltenden führen (VfGH 12. 6. 2010, U 613/10-10, vgl. idS VwGH 11. 12. 2003, 2003/07/0007).

Nach Maßgabe der Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der beschwerdeführenden Partei im Bundesgebiet das persönliche Interesse der beschwerdeführenden Partei am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden, die im gegenständlichen Fall den Ausspruch, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, rechtfertigen würden.

Gemäß § 55 Abs.1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird. Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.

Obigen Erwägungen zufolge sind daher im Falle der beschwerdeführenden Partei auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG 2005 nicht gegeben.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Die Zulässigkeit der Abschiebung der beschwerdeführenden Partei in den Herkunftsstaat ist gegeben, da den der Abweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz zugrunde liegenden Feststellungen (vgl. II/1.) zufolge keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

Da somit alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung vorliegen, war die Beschwerde auch gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.5. Aufschiebende Wirkung

Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist auszuführen, dass die belangte Behörde einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkennen kann, wenn das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht.

Da das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers aufgrund der aufgezeigten Widersprüche bzw. Unstimmigkeiten auch seitens des Bundesverwaltungsgerichts als unglaubwürdig erachtet wird und der Beschwerdeführer offenkundig unwahre Angaben zu seinen Fluchtgründen machte, ist der angefochtene Bescheid sohin hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht zu beanstanden.

Da die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung durch die belangte Behörde gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG zu Recht erfolgt ist, besteht gemäß § 55 Abs. 1a FPG auch keine Frist für die freiwillige Ausreise.

Eine gesonderte Überprüfung einer möglichen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG konnte entfallen, da gegenständliches Erkenntnis in der dort genannten einwöchigen Frist ergeht. Auch in Hinblick auf die gänzliche Abweisung der gegenständlichen Beschwerde war nicht weiter auf die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einzugehen.

Folglich war auch die Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.6. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konnte im gegenständlichen Verfahren vor folgendem Hintergrund unterbleiben:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde ? zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes-oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der VfGH äußerte vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EGMR (zur Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung) keine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 41 Abs. 7 AsylG 2005 und stellte dazu klar: "Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, steht im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde" (VfGH 14.3.2012, Zl. U 466/11).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur außer Kraft getretenen Regelung des Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG ist der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung nicht als geklärt anzusehen, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (VwGH 2.?3.?2006, 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.?1.?2003, 2002/20/0533; 12.?6.?2003, 2002/20/0336, zur Anwendbarkeit auf das AsylG 2005 vgl. VwGH 11.?6.?2008, Zl. 2008/19/0126; VwGH 28.?6.?2011, Zl. 2008/01/0456).

Zuletzt sprach der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, 2014/20/0017 und -0018, aus, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, sind die oben genannten Kriterien im vorliegenden Fall erfüllt, da der Sachverhalt durch die belangte Behörde vollständig erhoben wurde und nach wie vor die gebotene Aktualität aufweist (der angefochtene Bescheid wurde im August 2016 erlassen, wobei sich aus dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes keine Hinweise auf eine Änderung der entscheidungsmaßgeblichen Situation ergeben haben). Die Beweiswürdigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes in ihren entscheidungsmaßgeblichen Aspekten bestätigt, desweiteren findet sich in der Beschwerdeschrift ein lediglich unsubstantiiertes Vorbringen, welches im konkreten Fall nicht dazu geeignet ist, die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen.

Damit ist der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (vgl. dazu auch § 27 VwGVG), wobei eine mündliche Erörterung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die ordentliche Revision gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG erweist sich insofern als nicht zulässig, als der gegenständliche Fall ausschließlich tatsachenlastig ist und keinerlei Rechtsfragen - schon gar nicht von grundsätzlicher Bedeutung - aufwirft. Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es zu irgendeinem Sachverhaltsaspekt des gegenständlichen Falles an einer Rechtsprechung. Auch ist die im gegenständlichen Fall maßgebende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Im Übrigen liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der gegenständlich zu lösenden Rechtsfragen vor.

Insofern die oben angeführte Judikatur zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist sie jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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