BVwG L515 2132845-1

BVwGL515 2132845-131.8.2016

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs5
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs5

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:L515.2132845.1.00

 

Spruch:

L515 2132845-1/4E

L515 2132843-1/3E

L515 2132849-1/3E

L515 2132847-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch RAe Poganitsch, Fejan & Partner, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2016, Zl. 831582904-1742501 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF §§ 34, 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm 9, BFA-VG sowie §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46 und 55, sowie 53 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 5 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrens-gesetz), BGBl I 33/2013 idgF hinsichtlich der spruchgemäßen Erledigung zu § 55 AsylG 2005 idgF ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch Rae Poganitsch, Fejan & Partner, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2016, Zl. 1048989110-140321643 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF §§ 34, 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm 9, BFA-VG sowie §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46 und 55, sowie 53 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 5 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrens-gesetz), BGBl I 33/2013 idgF hinsichtlich der spruchgemäßen Erledigung zu § 55 AsylG 2005 idgF ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , diese vertreten durch RAe Poganitsch, Fejan & Partner, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2016, Zl. 1048989807-140321775 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF§§ 34, 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm 9, BFA-VG sowie §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46 und 55, sowie 53 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 5 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrens-gesetz), BGBl I 33/2013 idgF hinsichtlich der spruchgemäßen Erledigung zu § 55 AsylG 2005 idgF ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , diese vertreten durch RAe Poganitsch, Fejan & Partner, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2016, Zl. 1048989905-140321783 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF§§ 34, 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm 9, BFA-VG sowie §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46 und 55, sowie 53 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 5 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrens-gesetz), BGBl I 33/2013 idgF hinsichtlich der spruchgemäßen Erledigung zu § 55 AsylG 2005 idgF ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE :

I. Verfahrenshergang

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP1" bis "bP4" bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Georgien und brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 29.10.2013 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") Anträge auf internationalen Schutz ein.

BP1 verließ Georgien in der ersten Hälfte des Jahres 2013, bP2 - bP4 reisten gegen Ende 2014 der bP1 nach.

I.2. Die männliche bP1 und die weibliche bP2 sind Ehegatten und die Eltern der minderjährigen bP3 und bP4.

I.3.1. In Bezug auf den weiteren relevanten Verfahrensverlauf und das Vorbringen der bP wird auf Ausführungen der bB im angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP1 verwiesen, welche wie folgt auszugsweise wiedergegeben werden:

"...

...

F: Warum haben Sie ihr Land verlassen (Fluchtgrund)?

A: "Ich war in Georgien seit ca. 10 Jahren ein Anhänger der nationalen Bewegung. Ich habe in Tbilisi an mehreren Kundgebungen teilgenommen. Vor den Wahlen habe ich Flugblätter verteilt. Ich habe die Wähler über die nationale Bewegung informiert. Deswegen werde ich von der georgischen Polizei seit letztem Jahr verfolgt. Ich wurde von der georgischen Polizei einvernommen und geschlagen. Ein Jahr lang haben Sie mich immer wieder einvernommen und geschlagen. Danach haben Sie mich wieder freigelassen. Damit wollten Sie mir Angst machen. Zuletzt wollte mich die georgische Polizei zwingen, eine falsche Zeugenaussage zu machen. Wenn ich das[s] nicht mache, dann werden Sie mich aus erfunden Gründen festnehmen und ins Gefängnis stecken. Was man im Gefängnis mit Mitgliedern der nationalen Bewegung macht, ist allgemein bekannt. Das sind alle meine Fluchtgründe. Ich habe sonst keine weiteren Fluchtgründe."

...

F: Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat?

A: "Ich befürchte festgenommen oder umgebracht zu werden".

...

...

F: Sind Sie gesund?

A: Ja.

...

F: Haben Sie Beweismittel vorzulegen, bzw. geltend zu machen?

A: Mein Name wurde richtig übersetzt.

Anmerkung: Die Frau des AW, XXXX ( XXXX ) ist mit 2 Kindern vor ca. drei Wochen nach Österreich nachgeflüchtet und der Akt wird von der XXXX angefordert. Ich lege einen österreichischen FS vor, mein georgischer FS Nr. XXXX wurde von der BH XXXX nach Ausstellung des österreichischen FS zum Akt genommen. Ich lege ein Empfehlungsschreiben des Quartiermeisters über meine hilfsbereite Art vor. Ich lege 2 Nachweise über eine geringfügige Beschäftigung bei der Gemeinde XXXX vor. Ich lege eine georgische Heiratsurkunde

Nr. XXXX vor. Kurzinhalt: Heirat zwischen XXXX , geb. XXXX und XXXX , XXXX am XXXX 2007 in XXXX . Ich lege eine Heiratsurkunde seitens der orthodoxen Kirche in XXXX vor. Meinen geogischer Reisepass habe ich verloren. Auf Nachfrage: Nach meinem Problem habe ich nicht nachgesehen. Auf mehrmaliges Nachfragen: Ich weiß nicht, wo der Reisepass ist. Kann sein, dass er zu Hause liegt.

F: Warum geben Sie dann an, dass Sie ihn verloren haben?

A: Ich habe meine Frau gebeten, ihn mitzubringen, aber Sie hat ihn nicht mehr gefunden.

F: Welcher Religion, Volksgruppe und Staatsangehörigkeit gehören Sie an?

A: Ich bin georgischer Staatsangehöriger. Ich bin orthodox und gehöre keiner Volksgruppe an.

F: Haben Sie persönliche Beziehungen in Österreich?

A: Ich habe eine Schwester namens XXXX in St. Pölten.

F: Haben Sie bereits in einem anderen Land um Asyl angesucht?

A: Nein

F: Wie waren Ihre Lebensumstände und Ihr persönliches Umfeld vor Ihrer Ausreise? Schildern Sie diese (Ausbildung, Arbeit, Verwandte, finanzielle Situation etc.).

A: Ich wurde geboren in Provinz XXXX , Distrikt XXXX , Dorf XXXX . Ich besuchte 11 Jahre die Schule in Daber und anschließend bin ich nach XXXX und habe dort am pol[y]technischen Institut Lebensmittel[k]ontrolleur studiert und mit XXXX , ca. XXXX habe ich akademischen Urlaub genommen und bin 4 Jahre nach Israel ausgewandert und hat dort gearbeitet und viel verdient. Auf Nachfrage, Abschlüsse habe ich keine bei der Flucht mitgenommen. In Israel war ich bis 2007 und bin dann retour nach XXXX , habe 2007 meine Frau geheiratet und habe im Elternhaus gewohnt. Ich hatte ein eigenes Lokal, in XXXX , an der Grenze zu XXXX und arbeitet auch als Vieh[h]ändler bis zur Flucht.

Mein Vater ist XXXX , geb. 1949 und meine Mutter ist XXXX , geb. 1951.

Ich habe 2 Schwestern (eine in Österreich) XXXX , ca. 42 Jahre, und keine Brüder.

Ich habe am XXXX XXXX , geb. XXXX geheiratet. Bis einem Monat vor der Flucht lebte ich in XXXX . Unsere finanzielle Situation war sehr gut.

F: Haben Sie zu jemanden in Ihrer Heimat Kontakt?

A: Nur mit dem Vater und Schwester zwei bis dreimal im Monat.

F: Wie geht es Ihren Eltern?

A: Die sind Pensionisten.

F: Wovon lebten Ihre Frau und Kind seit Ihrer Flucht und wo?

A: Sie sind eine Woche nach meiner Flucht zu Ihre[r]n Eltern in das Dorf XXXX in der Nähe umgezogen und lebten bis zu deren Flucht.

F: Aus welchem Grund suchen Sie in Österreich um Asyl an? Schildern Sie möglichst ausführlich und konkret Ihre Flucht und Asylgründe! (Freie Erzählung)

Vor 2 1/2 Jahren bei der Wahl Ich war in Saakaschwilis Partei der Vereinten nationalen Bewegung. Die Partei hat verloren und dann war Präsidentenwahl. Der Cousin von meiner Frau war Bürgermeister in XXXX (Auf einer Karte werden die entsprechenden Dörfer lokalisiert). Wir haben einen Flyer mit Gutschein von der Polizei bekommen. Dafür mussten wir zu Demonstrationen gehen. Aber die Leute, die zu Demonstrationen gingen, wurden später verhaftet. Auf Nachfrage: Es waren Wahlversammlungen. Ich wurde von der Polizei verhaftet, weil ich an den Versammlungen teilgenommen hatte. Wir wurden einer nach dem anderem verhaftet. Einvernahmen dauerten 3-4 Stunden, ich wurde auch geschlagen. Unsere Bewegung dauerte ca. ein Jahr weiter. Danach wurden Kriminelle von der jetz[t]igen führenden Partei freigesprochen. Diese waren gegen Saakaschwili, da Sie zu seiner Amtszeit verhaftet wurden. Ehrlicherweise, ich wurde von den Kriminellen nicht geschlagen, nur von der Polizei mehrmals. Dass ich geschlagen wurde, ist nicht der Grund, warum ich geflüchtet bin. Als der neue Präsident gewählt wurde, kam die Polizei einmal zu mir und haben mir vorgeschlagen, dass ich gegen eine Person, einen höheren Beamten vor Gericht die Unwahrheit sage. Die haben mich an die Wand getrieben, da sie sagten, mich zu verhaften wäre nicht schwer, sie könnten mir Drogendelikte anhängen oder Waffen in meinem Haus deponieren. Wenn Du verhaftet bist, stehst Du auch unter unserer Kontrolle. Ich sagte Ihnen immer wieder, ich bräuchte Zeit zum Nachdenken, aber es war auch keine zufriedenstellende Antwort. Ich sagte auf den Druck zu, das zu tun. Sie haben mich daraufhin freigelassen und gesagt, Sie würden mich in 2 Tagen mir das Thema geben, was ich gegen denjenigen sagen sollte. Am gleichen Tag habe ich es meiner Familie erzählt und bin nach XXXX geflüchtet. Sie haben mich natürlich gesucht. Ich habe in XXXX noch ein Monat gelebt und bin dann weiter geflüchtet.

F: Haben sie alle Fluchtgründe genannt?

A: Ja

F: Haben Sie sonstige Fluchtgründe?

A: Nein

F: Was taten Sie vor 2 1/2 Jahren beruflich?

A: Vieh[h]andel und Lokal.

F: Was war Ihre Position in der Partei Saakaschwilis?

A: Ich war normaler Helfer für den Cousin meiner Frau. In jedem Dorf hatte er Einen. Ich war der Einzige Helfer in XXXX .

F: Welchen Aufgabenbereich hatten Sie als Helfer?

A: Ich habe Flyer an Leute verteilt, Gutscheine verteilt, Informationen weiter gegeben

F: Warum gerade Sie?

A: Ich hatte mein eigenes Interesse, da ich sah, wie mein Land zu Saakaschwilis Zeit weiter gekommen ist. Man versprach mir auch dadurch einen Aufstieg in der Partei. Ich habe kostenlos gearbeitet.

F: Wie lange übten Sie diese Funktion aus?

A: Es war 2013, über ein ganzes Jahr.

F: Warum ein ganzes Jahr. Sie haben Flyer und Gutscheine verteilt. Das braucht keine Vorbereitungszeit?

A: Wir waren eine Woche in einem Dorf, eine Woche in einem anderen. Wir verteilten diese öfters. Die Vorbereitung dauerte ein Jahr. Unsere Hilfe war auch, wenn am nächsten Tag einer aus XXXX kommen würde, hat man die Leute im Dorf vorbereitet.

F: Sie sagten, jedes Dorf hätte einen eigenen Helfer. Warum sind Sie von Dorf zu Dorf?

A: Wir haben uns gegenseitig geholfen.

F: Wobei?

A: Ein Dorf mit 1000 Leuten ist groß. Es dauert. Wir haben es nicht jeden Tag gemacht, es waren Pausen dazwischen.

F: Der Wahlkampf in Georgien hat ein Jahr gedauert?

A: Die Vorwahlgeschichte dauerte ein Jahr.

F: Wie hieß der Cousin der Frau, der Bürgermeister war?

A: XXXX

F: Auf wie[ ]vielen Wahlversammlungen waren Sie?

A: auf vielen.

F: Wie oft wurden Sie verhaftet?

A: Ich wurde so ziemlich nach jeder Versammlung verhaftet, im letzten Jahr 4-5x

F: Wie sah eine Verhaftung aus und wie lange dauerte Sie?

A: Drei bis vier Stunden hat es gedauert.

F: Wo waren diese Versammlungen?

A: In XXXX , im Dorf.

F: Was hat XXXX dabei zu tun?

A: In XXXX waren große Meetings. Ich habe dorthin Leute mitgenommen. Ich musste Leute dafür rekrutieren.

F: Wie viele Verhaftungen fanden in XXXX statt und wie[ ]viele im Dorf?

A: Einmal in XXXX bei einem Meeting, und dreimal in unserem Dorf. In XXXX nie.

F: Wo waren diese Versammlungen im Dorf, bei welchen Sie verhaftet wurden.

A: Auf der Straße. Es waren ca. 100 Leute öfters.

F: Bei wie[ ]vielen Versammlungen waren Sie dieses Jahr dabei?

A: Es waren 20-30 Dörfer, also muss es 20-30x gewesen sein. Ich war aber auch nicht immer dabei in jedem Dorf.

F: Sie waren also bei ca. 20-30 Versammlungen und wurden 4-5x verhaftet.

A: Ja

F: Wie viele Versammlungen hielten Sie in Ihrem eigenen Dorf ab?

A: 5-6 Versammlungen. Betreuer anderer Dörfer waren dabei.

F: In welchem Auftrag wurden Sie 4-5x verhaftet?

A: Ich denke, von denen, die heute im Ministerium sitzen. Was sonst sollte die Polizei wollen.

F: Wer saß zu diesem Zeitpunkt im Ministerium?

A: Garibashwili

F: Wer ist außer Ihnen noch verhaftet worden?

A: Fast alle

F: Wer?

A: Fast alle Helfer, die ich kannte.

F: Erzählen Sie die genauen Ablauf der letzten Verhaftung?

A: Sie nahmen mich einen Monat vor meiner Flucht nach Österreich, Ende September/Anfang Oktober [z]irka 2013 fest. In XXXX , 2km entfernt, es ist eine Stadt. Es ist mehrmals gewesen, ich kann es nicht mehr detail[l]iert sagen, ob Sie mich zu Hause holten. Nein, ich war zu Hause, als Sie kamen und mich mitgenommen haben. Ob ich am gleichen Tag oder den Tag davor bei der Versammlung verhaftet wurde, kann ich nicht mehr sagen. Ich habe mir das nicht gemerkt.

F: Wie ging die letzte Verhaftung vor sich?

A: Ich wurde in XXXX verhaftet. Ich war auf einer Polizeistation.

F: Wo ist die Polizei erstmals bei dieser Verhaftung aufgetaucht?

A: Sie kamen zu uns nach Hause. Sie kamen mit Autos und Uniform nach Hause. Ich habe die Türe aufgemacht, sagten, ich solle mitfahren. Ich fragte, warum und man sagte mir, ich würde es dort erfahren. Als wir angekommen sind, kam ich in ein Zimmer und sagten mir, das, was ich früher (Falschaussage) erzählte.

F: Wer war außer Ihnen zu Hause, als die Polizei kam?

A: Kinder, Frau und Eltern.

F: Hat Ihre Frau mitbekommen, dass Sie mitgenommen wurden.

A: Ja, und ohne Handschellen wurde ich mitgenommen.

F: Welche Uhrzeit war es und was tat Ihre Frau zu dem Zeitpunkt?

A: Es war am Abend und meine Frau machte den Haushalt.

F: Was hat bei der letzten Verhaftung die Polizei erzählt, dass Sie mir früher schon erzählten (Falschaussage)?

A: Dass ich eine Falschaussage mache, vor Gericht oder Sie würden mich[t] verhaften.

F: War das das einzige Mal, als man das von Ihnen verlangte?

A: Nein, das war das einzige Mal, dass Sie das verlangten?

F: Der Vorschlag wurde Ihnen auf der Polizeistation gemacht?

A: Ja

F: Gegen welche Personen hätten Sie Falschaussage machen sollen?

A: Sie sagten mir, in 2 Tagen würden Sie mir es erst erzählen.

F: Wen hätten Sie kennen sollen, um Ihn zu belasten, welcher von Gewicht wäre?

A: Ich denke, gegen einen von der Nationalpartei.

F: Letztlich gegen eine Person, mit der Sie nie was zu tun hatten?

A: Ja, kann sein.

F: Warum sind Sie allein nach XXXX geflohen, ohne Familie?

A: Es war keine Zeit vorhanden und keine Möglichkeit, die Kinder betreffend.

F: Warum ist Ihre Frau jetzt nachgeflohen?

A: Ich hatte große Sehnsucht. Vor Monaten dachte ich schon, das abzubrechen und nach Hause zur Frau zu gehen. Ich redete mit meiner Frau und Sie sagte mir, sobald zu kommst, wirst Du verhaftet. Besser, Sie würde zu mir kommen.

F: Hat Ihre Frau eigene Fluchtgründe?

A: nein

F: Wurde Ihr Frau bedroht, geschlagen, als die Polizei zu Ihr nach Hause kam?

A: nein

F: Warum sollte die Polizei gerade von Ihnen persönlich wollen, dass Sie falsche Zeugenaussage machen?

A: Ich war nicht der Einzige, es waren viele. Manche haben sich darauf eingelassen.

F: Was ist mit denen passiert, die sich nicht darauf eingelassen haben?

A: Viele haben es nicht getan, viele wurden verhaftet, viele sind geflüchtet.

Auf Nachfrage, woher ich das wisse: Das sagen die Fakten, die Menschen, Mundpropaganda.

F: Wie lange waren Sie bei der Partei?

A: Zweieinhalb Jahre aktiv. Vorher jedoch auch.

F: Warum hat man Sie in XXXX nicht gesucht oder gefunden?

A: Sie wussten nicht, wo ich war. Ich war bei Freunden von Freunden. Ich bin zu Hause geblieben.

F: Wurden Sie bei der letzten oder vorletzten Verhaftung von der Polizei geschlagen?

A: Nein

F: Wie lief das "Schlagen" durch die Polizei in den sonstigen Fällen ab?

A: Sie schlugen nicht offensichtlich, sondern auf die Nieren, mit

Faust, Knie und Fuss. Auf Nachfrage: Mit Knüppel oder ähnlichen Instrumenten schlugen Sie nicht.

F: Sie wurden mit Ihrer Schwester verurteilt, gefälschte tschechische Dokumente zu bestellen. Was haben Sie dazu zu sagen?

A: Für mich essen und schlafen ohne Tätigkeiten ist nicht normal. Mit dem im Urteil angeführten gefälschten Reisepass habe ich in Österreich zu arbeiten begonnen. Wo ich gearbeitet habe, weiß ich nicht mehr. Das war, bevor ich Asyl beantragt habe.

F: Wann war das genau?

A: Am 29.10.2013 habe ich Asyl verlangt, das war Mitte Oktober 2013.

F: Laut vorliegender Gerichtsstrafkarte hat Ihnen Ihre Schwester den tschechischen Reisepass am 22.09.2013 übergeben, aber da waren Sie nach Ihrem Asylantrag noch in Tschechien?

A: An das Datum kann ich mich nicht konkret erinnern.

F: Seit wann sind Sie in Österreich?

A: Seit September oder Oktober 2013

F: Wie kamen Sie nach Österreich?

A: Ich muss zugeben, dass ich in XXXX falsch gesagt habe, ich hatte jedoch Angst, dass ich zurückgewiesen werde.

F:Laut Erstbefragung sind Sie am 20.10.2013 von Georgien nach Istanbul gefahren?

A: Das ist falsch. Ich bin schon lang in Europa, habe Autokauf- und verkauf gemacht. Ich hatte ein Businessvisum.

F: Ab wann?

A: Ab Juni/Juli war ich in Holland 2013, Deutschland, Ungarn mit Visum unterwegs.

F: Waren Sie mit einem offiziellen Visum unterwegs?

A: Ja, ich hatte ein Visum für 6 Monate. Ich war mit meinem Reisepass unterwegs

F: Und Ihr Reisepass ist aktuell wo?

A: Ich habe Ihn weggeworfen. Ich hatte Angst, dass man mich zurückweist. Nach Georgien will ich wirklich nicht zurück. Aber was ich jetzt erzähle, ist die Wahrheit. Seit ich Asyl genommen habe, möchte ich ehrlich sein. Ich habe auch auf dem Gericht die Wahrheit gesagt. Ich bin selber zur Polizei gegangen, da ich in meinem Leben noch nie was kriminelles gemacht habe. Ich wurde in XXXX von vielen überredet, ich solle meinen Reisepass auf keinen Fall abgeben, und habe ihn in XXXX zerrissen.

F: Sind Sie nach der Falschaussagedrohung in Georgien nun geflohen?

A: Ja, das stimmt, nur der Weg und wie ich geflohen bin, ist falsch.

F: Wann war nun die Aufforderung zur Falschaussage durch die georgische Polizei?

A: In XXXX war ich ein Monat. Die Aufforderung war dann - Anmerkung - AW rechnet nach mit Gerichtsurteil - "ich kam vermutlich am 22.09.2013, also war es im August, wo ich geflüchtet bin".

F: Haben Sie staatlichen Schutz in Anspruch genommen bzw. sich an höhere Stelle der Sicherheitsbehörden zu richten?

A: Das gibt es in Österreich und Deutschland, aber nicht in Georgien. Am Papier vielleicht.

F: Konnten Sie sich an höherer Stelle der Partei wenden?

A: Die Höheren wurden verhaftet, hatten auch keine Macht mehr. Die sitzen jetzt im Knast.

F: Hatten Sie jemals außer den erzählten Schwierigkeiten Probleme mit den Behörden Ihres Heimatlandes?

A: Nein

F: Gehören Sie einer politischen Partei an?

A: Nein, es tut mir weh, dass die Leute von früher nicht mehr im Amt sind. Aktuell interessiert mich die Politik in Georgien nicht.

F: Wie war man in "Ihrer" Partei ein Mitglied. Hatte man einen Ausweis?

A: Ich hatte nur eine Parteikarte, welche ich nicht mehr habe.

F: Wer war Ihr Spitzenkandidat für die Präsidentenwahl?

A: Bakradse

Mit mir werden die Feststellungen zur Situation in meinem Heimatland erörtert. Ich gebe dazu an:

A: Die Saakaschwili-Zeiten waren ökonomisch gute Zeiten. Ich bin Gegner der jetzigen Partei gewesen, deshalb sitze ich hier. Ich kann von einigen Vorfällen berichten, indem ein angeblicher Selbstmord tatsächlich konstruiert wurde.

Anmerkung: Laut Information vom 14.11.2014: Die Freien Demokraten befinden sich nun in der Opposition und bilden neben der Partei Vereinte Nationale Bewegung von Ex-Präsident Michail Saakaschwili nunmehr die zweite Oppositionspartei (Civil 14.11.2014).

Ich gehe davon, dass diese Informationen nicht stimmen.

F: Was würde Sie erwarten, wenn Sie nach Georgien zurückkehren würden?

A: Verhaftung.

F: Ist Ihre Versorgung hier gesichert?

A: Ich bin in der Grundversorgung.

F: Haben Sie besondere Bindungen zu Österreich? Haben Sie hier Verwandte? Sind Sie erwerbstätig oder besuchen Sie einen Deutschkurs bzw. eine Schule? Sind Sie in anderer Form integriert, z.B. Vereinsmitgliedschaften, etc.?

A: Einmal die Woche habe ich im Quartier Deutschunterricht.

F: Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft vor?

A: Ich kann alles machen, putzen, kochen, essen geben, und alle Tätigkeiten, die ein Hausmeister kann. AW zeigt Fotos von seinen Tätigkeiten im Quartier und Nebenjob.

F: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint oder wollen Sie noch etwas hinzufügen?

A: Ich habe alles gesagt. In XXXX wurde ich jedoch manipul[l]iert.

F: Haben Sie den Dolmetscher einwandfrei verstanden?

A: Ja

F: Möchten Sie eine Kopie der Niederschrift?

A: Ja.

F: Warum konnten Sie wegen Ihrer Probleme nicht in einen anderen Teil von Georgien wechseln, in welcher Sie wieder einigermaßen anonym gewesen wären?

A: Das hätte sich nicht ge[ä]ändert. Ich hätte ein bis zwei Monate gelebt und dann hätten es alle erfahren. Auf Nachfrage, weil die Polizei vernetzt ist.

F: Wo waren Sie betreffend Wahlpropaganda aktiv?

A: Im Rayon meines Dorfes und in XXXX .

...

...

F: Sind Sie gesund?

A: Ja

...

F: Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht? Wurden diese korrekt protokolliert und Ihnen rückübersetzt?

A: Ja, aber ich muss korrigieren, ich bin direkt von XXXX mit dem Flugzeug mit den Kindern und dem Bruder am XXXX 2014 gekommen. Man hatte mir damals geraten, anderes anzugeben.

...

F: Haben Ihre Kinder eigene Fluchtgründe?

A: Nein, die des Vaters

F: Haben Sie Dokumente, welche Ihre Personalien beweisen?

A: Mein Name wurde richtig übersetzt. Unsere Pässe haben wir am Flughafen Wien weggeworfen. Auf Nachfrage, wir hatten Visa für die Einreise in Österreich. Wir haben 10.000€ für die Visa bezahlt. Ein privater Mann mit gutem Ruf hat uns diese besorgt.

F: Haben Sie Beweismittel vorzulegen, bzw. geltend zu machen?

A: Ich lege eine Eheschließungsurkunde Nr. XXXX mit meinem Mann XXXX vor. Ausgestellt am XXXX 2007 vom Standesamt in XXXX . Ich lege ein Zertifikat über einen Massagenkurs im Jahr 2006 vor. Kopien werden jeweils zum Akt genommen. Kopien über Lohnabrechnung des Ehegatten werden vorgelegt, kopiert und zum Akt des Mannes gegeben.

F: Welcher Religion, Volksgruppe und Staatsangehörigkeit gehören Sie an?

A: Ich bin georgische Staatsangehöriger. Ich bin orthodox und gehöre keiner Volksgruppe an.

F: Haben Sie persönliche Beziehungen (Verwandte, Bekannte ...) in Österreich?

A: In Österreich befindet sich mein Bruder, meine Kinder und mein Ehemann im Asylverfahren. Von meinem Mann die Schwester lebt hier, XXXX (Anm. lt. Akt des XXXX )

F: Haben Sie bereits in einem anderen Land um Asyl angesucht?

A: Nein

F: Wie waren Ihre Lebensumstände und Ihr persönliches Umfeld vor Ihrer Ausreise? Schildern Sie diese (Ausbildung, Arbeit, Verwandte, finanzielle Situation etc.).

A: Ich wurde geboren in XXXX . Ich besuchte 11 Jahre die Schule in XXXX und anschließend habe ich in XXXX von XXXX bis XXXX ein College für Krankenschwestern besucht. Ein Diplom habe ich abgeschlossen. 2007 habe ich geheiratet und war Hausfrau. Ich habe einen Bruder, der mit mir nach Österreich kam und eine Schwester namens XXXX wohnt noch in XXXX und ist verheiratet. Mit meinem Mann wohnten wir in XXXX , einem Nachbarort von XXXX bis zu meiner Flucht. Mein Mann ist ein Jahr früher geflohen. Mein Bruder wohnte die letzten 3 Jahre in XXXX bei der Schwester und hat in einem technischen Geschäft gearbeitet.

Unsere finanzielle Situation war normal. Wir lebten von der Tätigkeit meines Mannes als Autoverkäufer. Er kaufte in Holland Autos und hat Sie in Georgien verkauft.

F: Haben Sie zu jemanden in Ihrer Heimat Kontakt?

A: Mit Schwiegervater, Mutter und vielen anderen per Skype. Meine Eltern wohnen in XXXX , die Schwiegereltern in XXXX .

F: Aus welchem Grund suchen Sie in Österreich um Asyl an? Schildern Sie möglichst ausführlich und konkret Ihre Flucht und Asylgründe! (Freie Erzählung)

F: Haben Sie eigene Fluchtgründe?

A: Ich hatte keine Probleme, aber ich hatte um das Leben der Kinder Angst, da mein Mann Angst wegen seiner politischen Tätigkeit hatte.

F: Welche Probleme hatte Ihr Mann?

A: 2012 mein Cousin war beteiligt bei der Wahlvorbereitung von Saakhaswillis Partei, Bakradse. Saakhaswilli selbst durfte nicht mehr gewählt werden. Es waren die Parlamentswahlen. Er hat meinen Mann beeinflusst, dass er mitmacht. Mein Mann hat Informationsblätter verteilt, ist zu den Leuten in den Ortschaften gefahren. Die Wahlvorbereiter der anderen Partei haben die Wahlvorbereiter dieser Partei verfolgt und geschlagen. Mein Mann erzählte mir vorher nichts, erst als ich wahrnahm, dass er geschlagen worden ist, erzählte er es mir. Nachdem er 2-3x geschlagen wurde und Personen vorbeikamen und nach ihm fragten, ist er Ihnen aus dem Weg gegangen, sich später versteckt und ist geflohen.

F: Wie lang dauerte diese Phase von Wahlvorbereitung bis zur Flucht?

A: Ungefähr ein Jahr.

F: Wann wurde Ihr Mann das erste Mal geschlagen.

A: Im Herbst, ca. Oktober wurde er geschlagen. Die Wahlvorbereitung fing im Frühjahr des Jahres an. Im September des nächsten Jahres, 2013, ist er geflohen. Detailliert hat er mir nichts erzählt, aber ich weiß, dass Sie ihn bedroht haben.

F: Zu welchem Zeitpunkt war das?

A: Das erste Mal wurde er im Frühjahr geschlagen und im Oktober 2012. Ich sah es an seinem Aussehen. Das dritte Mal geschlagen wurde er, habe ich später gehört. Zeitlich kann ich es nicht einsortieren.

F: Wie wurde Ihr Mann geschlagen?

A: Er hatte blaue Flecken im Gesicht und am Körper.

F: Was hat Ihr Mann über den Hergang des Überfalls erzählt?

A: Er sagte, es ginge mich nichts an, es wäre seine Angelegenheit.

F: Wann wurde Ihr Mann bedroht, zu welcher Zeit?

A: Das habe ich von anderen gehört, er hat mir nichts erzählt. 5-6 Monate nach dem Beginn der Wahlvorbereitungen.

F: Was wurde Ihm gedroht?

A: Sie wollten ihn kidnappen, vielleicht um ihn umzubringen, ich weiß es nicht.

Ich hörte von anderen Wahlhelfern, als er geflüchtet ist, er wäre vom Tod weggerannt.

F: Was wurde Ihm gedroht, was war der Grund?

A: Da er für die Partei arbeitete. Ich weiß nichts genaues darüber. Mein Mann war stumm zu Hause, ich habe es nur von anderen Leuten gehört. Mich hat keiner bedroht. Ich habe von Leuten in XXXX erfahren, auch ich wäre bedroht worden.

F: Welche Leute waren das?

A: Ich hörte das von Leuten, die gemeinsam mit meinem Mann geholfen haben. Mein Mann hat Meetings vorbereitet im Gebiet XXXX . Ab und zu ist er nach XXXX gefahren, um Rechenschaft abzulegen über seine Tätigkeit. In XXXX hat er keine Meetings organisiert.

F: Wer hat Ihn geschlagen, wer Ihn bedroht?

A: Ich weiß nur, dass es Leute von der anderen Partei waren. Es sind immer verschiedene Leute zu uns nach Hause gekommen. Es waren Männer der anderen Partei.

F: Woher wissen Sie, dass es Männer der anderen Partei waren?

A: Weil er sonst mit Niemand ein Problem hatte. Das kann nur damit zusammenhängen.

F: Wurde Ihr Mann nur einmal bedroht?

A: Er wurde öfters bedroht.

F: Wurde Ihr Mann mitgenommen oder geki[d]dnappt?

A: Vielleicht haben Sie ihn mal gefangen genommen. Ich weiß es nicht, er erzählte nichts.

F: Wissen Sie, ob Ihr Mann ob für Stunden oder Tage von diversen Leuten in der Wahlzeit mitgenommen wurde.

A: Nein, ich weiß gar nichts.

F: Wie oft war Ihr Mann in dieser Wahlzeit durchschnittlich im Monat zu Hause.

A: Er hat meistens zu Hause geschlafen, aber falls er in XXXX weiter entfernt war, schlief er oft eine Nacht außerhalb.

F: Waren diese Abwesenheiten auch länger?

A: Nein, das waren einzelne Nächte über das Jahr verteilt.

F: wissen Sie, wo der Reisepass Ihres Mannes ist?

A: Ich weiß, dass er Ihn auch nach der Ankunft in Wien weggeworfen hat. Auf Nachfrage, er ist auch mit dem Flugzeug in Wien angekommen.

F: Ihr Mann gab in seiner NS an, er hätte Sie gebeten, den RP zu suchen?

A: Ohne RP hätte er mit dem Flugzeug nicht nach Österreich kommen.

F: Anfangs sprachen Sie von einem Cousin, der Ihren Mann zur Wahlvorbereitung brachte. Wer war das?

A: Das war mein Cousin, XXXX . Auf Nachfrage, ich weiß nicht, welchen Beruf er hatte. Ich weiß nur, er hat nirgends gearbeitet. Er hat für die Tätigkeit Geld bekommen.

F: Wurde Ihr Mann von der Polizei in diesem Jahr verhaftet?

A: Mein Mann hatte mit der Polizei nichts zu tun. Ich weiß genau, er wurde niemals verhaftet.

F: Auch nicht stundenlang festgehalten oder dergleichen?

A: Das weiß ich ganz genau. Das war nie der Fall.

F: Hatte Ihr Mann für die Flucht noch weitere Gründe?

A: Wir hatten keine anderen Probleme. Nur die Probleme während der Wahl.

F: War Ihr Cousin eine Art Vorgesetzter von Ihrem Mann?

A: Ich weiß nur, dass Sie gemeinsam gingen und das gleiche machten

F: Was war die Tätigkeit Ihres Mannes?

A: Er hat Meetings organisiert, mit den Leuten gesprochen, Sie zu überzeugen versucht.

F: Waren Sie auch bei solchen Versammlungen mal dabei?

A: Nein, die Kinder waren klein damals.

F: Kam die Polizei irgendwann zu Ihnen nach Hause?

A: Nein, nicht einmal.

F: Was war der Fluchtauslöser für die Flucht Ihres Mannes?

A: Er hatte Angst, da Sie ihn bedrohten, er wollte einfach weg von da?

F: Hat Ihnen Ihr Mann von einem speziellen Vorfall erzählt?

A: Er hat mir nichts erzählt, ich hörte nur von anderen später, dass er weg wollte aufgrund der Drohungen.

F: Konnten Sie sich in dieser Sache nicht an die Behörden wenden?

A: Sie haben Ihm gesagt, wenn er sich an die Polizei wendet oder an die Behörden, würden Sie ihn umbringen.

F: Welche Leute haben dies wann gesagt?

A: Das weiß ich nicht, ich hörte es nur später von anderen.

F: War Ihr Mann bei Demonstrationen (Begriff wird erläutert, gegen andere Partei)?

A: Vermutlich schon. Ich habe sowas im Fernsehen gesehen.

F: Wissen Sie davon, dass die Polizei zu Ihrem Mann gekommen wäre und ihn zur Falschaussage gegen Beamte überreden wollten?

A: Nein, ich habe nie gehört, dass er mit der Polizei zu tun gehabt hätte.

F: Vorhalt: Ihr Mann gab an, Ihr Cousin wäre Bürgermeister in XXXX gewesen. Was sagen Sie dazu?

A: Das ist mir nicht bekannt. Nur dass er Ihn überredet hat.

F: Haben Sie davon gehört, dass Ihr Mann regelmäßig von der Polizei verhaftet worden sein sollte?

A: Davon habe ich nichts gehört. Ich war immer zu Hause.

F: Wohin ist Ihr Mann zuerst geflüchtet?

A: Er ist direkt vom Dorf XXXX nach XXXX . Er hat sich verabschiedet, ist in den Bus, und ist fort.

F: Was sagte Ihr Mann, warum er gerade zu diesem Zeitpunkt flüchten würde?

A: Er sagte mir, er verlasse alles hier und würde in das Ausland. Er hoffe, mir würde nichts angetan.

F: Wann passierte diese Flucht?

A: Im September 2013.

F: Ihr Mann gab am 29.10.2013 seinen Asylantrag ab?

A: Am 22. September 2013 verabschiedete er sich von mir. Er sagte mir später, er wäre mit dem Flugzeug nach Österreich.

F: Was hat Ihr Mann die drei Monate vor seiner Flucht getan?

A: Nach den Wahlen hat das Autogeschäft aufg[e]hört und er war zu Hause.

F: Wann waren die Wahlen?

A: Ich weiß es nicht mehr

F: Wo war Ihr Mann im August 2013?

A: Er war immer zu Hause, im August, im Juli. Er war immer zu Hause.

F: Vorhalt: Ihr Ehemann gab an, ein Monat vor seiner Flucht zu Hause in Ihrer Anwesenheit von der Polizei verhaftet worden zu sein. Wissen Sie davon?

A: Ich weiß nichts davon. Vielleicht war ich bei meiner Mutter in XXXX .

F: Haben Sie sonstige Fluchtgründe?

A: Nein

F: Wurden Sie selbst jemals konkret bedroht oder verfolgt?

A: Nein

F: Hatten Sie jemals außer den erzählten Schwierigkeiten Probleme mit den Behörden Ihres Heimatlandes?

A: Nein

F: Gehören Sie einer politischen Partei an?

A: Nein

F: Gehört Ihr Mann einer politischen Partei an?

A: Ich weiß nicht, ob er wo dazugehört, ich weiß nur, dass er geholfen hat.

F: Warum wurde gerade Ihr Mann von Ihrem Cousin angesprochen für die Wahlvorbereitung?

A: Der Cousin hat solche Leute gesucht, die verlässlich sind und ihm helfen könnten.

F: Hatte Ihr Mann vor der Wahlwerbung mit dieser Partei zu tun?

A: Ich weiß es nicht. Es ist mir unbekannt, dass er in einer Partei Mitglied gewesen wäre.

Mit mir werden die Feststellungen zur Situation in meinem Heimatland (Sicherheitslage, u.a...) erörtert. Ich gebe dazu an:

A: Die positiven Sachen hat alle Saakaschwili gemacht. Nun wird viel gestohlen, eingebrochen. Deshalb haben die Ukrainer ihn nun genommen. Es gibt Vetternwirtschaft und Sportler sind an der Macht.

F: Was würde Sie erwarten, wenn Sie nach Georgien zurückkehren würden?

A: Ich weiß es nicht. Es wird weiter gehen. Aber wir haben Angst.

F: Ist Ihre Versorgung hier gesichert?

A: Ich bin in der Grundversorgung.

F: Haben Sie besondere Bindungen zu Österreich? Haben Sie hier Verwandte? Sind Sie erwerbstätig oder besuchen Sie einen Deutschkurs bzw. eine Schule? Sind Sie in anderer Form integriert, z.B. Vereinsmitgliedschaften, etc.?

A: Ich habe ich im Quartier keinen Deutschunterricht. Es wurde uns kein Kurs angeboten.

F: Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft vor?

A: Mir gefällt es hier sehr.

...

..."

bP3 - bP4 beriefen sich ebenso wie bP2 auf die Gründe von bP1.

I.4. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der bB gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach gemäß § 46 FPG zulässig sei.

Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde mit 14 Tagen festgelegt.

I.4.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP1 in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu Folgendes aus:

"Sie konnten nicht glaubhaft darstellen, dass Sie Georgien aus wohlbegründeter Furcht verlassen haben. Sie gaben in den Befragungen und Einvernahmen an, Sie hätten Georgien aus Furcht vor Verfolgung verlassen. Da Sie seit 10 Jahren Anhänger der nationalen Bewegung gewesen wären, vor den Parlamentswahlen Flugblätter verteilt und Werbung für die Nationale Bewegung gemacht hätten, wären Sie von der Polizei im letzten Jahr des Aufenthalts verfolgt, geschlagen und einvernommen worden. Die Polizei hätte Sie nach der Wahl auch zwingen wollen, falsche Zeugenaussage zu machen. Um nicht aus fingierten Gründen in das Gefängnis zu kommen, wären Sie geflohen.

Anzuführen ist, dass Fluchtgründe im allgemeinen nicht als glaubwürdig angesehen werden können, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich gesteigert darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt. Die Behörde kann einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängen, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollen und der Wirklichkeit nicht entsprechen.

Die von Ihnen gemachten Angaben vermochten den Voraussetzungen für die Glaubwürdigkeit einer Furcht vor Verfolgung jedoch insbesondere aus folgenden Gründen nicht zu entsprechen:

Im gegenständlichen Fall gaben Sie zum einen die wiederholte Verhaftung Ihrer Person durch die Polizei in Georgien aufgrund Ihrer Tätigkeit als Wahlhelfer in der Wahlzeit an, zum anderen eine Gefährdung nach der Wahl aufgrund der Drohung der Polizei, entweder eine Falschaussage gegen hochrangige Beamte zu machen oder Sie würden unter fingierten Umständen im Gefängnis enden.

Was nun Ihren ersten Fluchtgrund, die wiederholte Verhaftung Ihrer Person durch die georgische Polizei in der Wahlzeit 2012 betrifft, gaben Sie In Ihrer Erstbefragung 2013 und späteren Einvernahme sinngemäß an, Sie wären seit 10 Jahren Parteimitglied der Vereinten Nationalen Bewegung (Abk. ENM) gewesen. Sie wären im Jahr bis zur Präsidentenwahl zu Wahlversammlungen gegangen, wären in vielen Dörfern gewesen, hätten Flyer und Gutscheine verteilt, Informationen weiter gegeben und in dem Jahr im Zuge dessen 4-5 Mal von der Polizei verhaftet, 3-4 Stunden einvernommen und wieder freigelassen worden.

Ihre Tätigkeit als Wahlhelfer konnten Sie sowohl durch Ihre Schilderungen als auch den bestätigenden Angaben Ihrer Frau glaubhaft machen, eine Mitgliedschaft in der Partei mangels Dokumenten und widersprüchlichen Angaben Ihrer Ehefrau nicht. Nicht glaubhaft darlegen konnten Sie jedenfalls eine asylrelevante Verfolgung Ihrer Person. So gaben Sie selbst später in der Einvernahme an, wohl bei cirka 20-30 Wahlversammlungen gewesen zu sein, jedoch nur 4-5 Mal für einige Stunden verhaftet worden zu sein (Vgl. EV F:"Sie waren also bei ca. 20-30 Versammlungen und wurden 4-5x verhaftet?" A:"Ja"). Sie konnten weder einen verfolgungsrelevanten politischen Hintergrund der Verhaftungen angeben (Vgl. EV F:"In welchem Auftrag wurden Sie 4-5x verhaftet?" A:"Ich denke, von denen, die heute im Ministerium sitzen. Was sonst sollte die Polizei wollen"), noch eine individuelle Verfolgung speziell gegen Ihrer Person. Sie gaben an, fast alle anderen Helfer wären ebenfalls öfters verhaftet worden. Die Gründe Ihrer Festnahmen mögen lediglich nötigen Identitätsfeststellungen Ihrer Person oder anderen rechtsstaatlichen Motiven der georgischen Sicherheitsbehörden zuzurechnen sein aber auch bei Wahrheitsunterstellung wäre hier keine Asylrelevanz ableitbar. Gezielte Festnahmen aufgrund herausragender Merkmale Ihrer Person sind ebenfalls nicht zu erkennen, gaben Sie doch selbst an, Sie wären nur einer von vielen Wahlhelfern gewesen, die andern Wahlhelfer wären ebenfalls zeitweise verhaftet worden. Sie gaben an, Sie wären normaler Helfer für den Cousin der Frau, welcher Bürgermeister des Ortes XXXX gewesen wäre, gewesen. Ihre Frau wiederum gab in Ihrer Einvernahme an, es wäre Ihr nicht bekannt, dass der Cousin Bürgermeister wäre, er wäre arbeitslos. Befragt gaben Sie an, Sie hätten sich durch diese Tätigkeit einen Aufstieg in der Partei erwartet und hätten kostenlos gearbeitet. Letztlich gaben Sie auch selbst an, Sie wären von der Polizei öfters geschlagen worden, dies wäre aber nicht der Grund gewesen, warum Sie geflüchtet wären. Verwunderlich in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass Ihre Frau in Ihrem Asylverfahren vollkommen widersprüchlich zu Ihren Angaben machte. Wahlhelfer der anderen Partei hätten Ihren Ehemann mehrmals geschlagen, nicht die Polizei. Mit der Polizei hätten Sie nichts zu tun gehabt, Sie wären auch niemals verhaftet worden (Vgl. EV Frau F:"Wurde Ihr Mann von der Polizei in diesem Jahr verhaftet?" A:"Mein Mann hatte mit der Polizei nichts zu tun. Ich weiß genau, er wurde niemals verhaftet."

F:"Auch nicht stundenlang festgehalten oder dergleichen?" A:"Das weiß ich ganz genau. Das war nie der Fall"). Auch gab Ihre Ehefrau an, die Polizei wäre nie bei Ihnen zu Hause gewesen Zusammengefasst wird Ihnen betreffend Ihrem ersten Fluchtgrund aufgrund Ihrer widersprüchlichen und unplausiblen Angaben die Glaubhaftigkeit abgesprochen.

Als Ihren zweiten Fluchtgrund gaben Sie an, nach der Präsidentenwahl wäre die Polizei zu Ihnen gekommen und hätten vorgeschlagen, Sie sollten gegen eine Person, vermutlich einen höheren Beamten, vor Gericht die Unwahrheit sagen, ansonsten würde man Ihnen Drogendelikte anhängen oder Waffen im Haus deponieren. So ist bereits erstaunlich, dass Ihre Person ausgewählt worden wäre, um einen höheren Beamten zu belasten. Waren Sie doch ein gewöhnlicher Wahlhelfer von vielen und gaben in der Einvernahme auch an, kein spezielles Wissen besessen zu haben. Die angebliche Verhaftung vor diesem Angebot der Polizei blieben Ihnen auch nicht im Gedächtnis, da sie befragt nach Details der Verhaftung bereits mutmaßten, es könnte zu Hause gewesen sein oder doch in der Stadt. Die Verhaftung wäre nach Ihren Angaben September/Anfang Oktober 2013 gewesen. Weiter gaben Sie an, Ihre Frau wäre bei der Verhaftung zu Hause zugegen gewesen, man hätte Sie auf die Polizeistation gebracht und das bereits angeführte Angebot gemacht. Hier konnten Sie auch keinerlei Angaben über das Opfer Ihrer Falschaussage geben (Vgl. EV F:"Gegen welche Personen hätten Sie Falschaussage machen sollen? A:"Sie sagten mir, in 2 Tagen würden Sie es mir erst erzählen."

F:"Wen hätten Sie kennen sollen, um ihn zu belasten, welcher von Gewicht wäre?" A:"Ich denke, gegen einen von der Nationalpartei". F:"Letztlich gegen eine Person, mit der Sie nie was zu tun hatten? A:"Ja, kann sein".). Sie waren ein einfacher Wahlhelfer, besaßen keine besonderen Spezialkenntnisse über höhere Beamte und konnten in der Einvernahme auch kein potentielles Ziel Ihrer Falschaussage angeben oder Mutmaßungen abgeben. Hier darf auch wiederum auf die Aussagen Ihrer Frau in deren Einvernahme verwiesen werden, in denen Sie zusammengefasst angab, Sie hätten mit der Polizei nie etwas zu tun gehabt und die Polizei wäre auch nie bei Ihnen zuhause gewesen. Von der von der Polizei genötigten Falschaussage wusste Ihre Ehefrau, welche laut Ihren Angaben bei der angeblichen Verhaftung zugegen war, ebenfalls nichts. Auch hier konnten Sie aufgrund der Widersprüche und inhaltlichen Unlogik keine glaubhaft asylrelevante Verfolgung darlegen.

Generell ist zur politischen Situation in Georgien 2012 anzumerken, dass nach einer unbedenklichen Quelle, Amnesty International, im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen 2012 ganz massiv Druck auf die damalige Opposition ausgeübt worden sein soll. Beschrieben werden ausschließlich fingierte Anklagen, körperliche Übergriffe etc. gegen Anhänger der Opposition. Es erscheint jedoch unter diesen Länderberichten ausgeschlossen, dass einfache Parteimitglieder der damaligen Regierungspartei mit fingierten Anklagen konfrontiert gewesen wären. Derartiges ergibt sich für die Zeit vor der Wahl 2012 überhaupt nicht. Auch sind die Wahlen laut internationalen Beobachtern demokratisch verlaufen. Tatsache ist, Sie waren nicht einmal ein einfaches Parteimitglied, sondern lediglich ein Wahlhelfer in der Vorwahlzeit und es ist nicht haltbar, dass eine politische Partei eine Person, die einfacher Wahlhelfer ist, mit solchen Mitteln - der georgischen Polizei - bekämpft wird. Selbst wenn die Länderberichte demnach vom Versuch der Diskreditierung von bedeutenden Politikern der Partei "ENM" berichten, erachtet es die erkennende Behörde als vollkommen ausgeschlossen, dass ein Wahlhelfer ohne spezielle Kenntnisse in weiterer Folge von derart hervorgehobenem Interesse sein soll, um ihm fingierte Prozesse anzuhängen.

Aus der Länderfeststellung zu Georgien geht bezüglich der Verfolgung von Mitgliedern der Nationalen Bewegung und deren Wahlhelfern u.a. hervor, dass nach dem Machtwechsel 2012 bzw. 2013 primär gegen ehemalige hohe Amtsträger der Vereinigten Nationalen Bewegung (ENM) unter Präsident Saakashvili Strafverfolgungsmaßnahmen wegen Amtsmissbrauch und Korruption durchgeführt wurden. Von 2012 bis Dezember 2014 wurden ungefähr 45 ehemalige Regierungsvertreter mittlerer und höherer Ränge rechtlich belangt, darunter Ex-Präsident Saakashvili, der Generalsekretär der ENM und etliche Minister. Weiter legt der Bericht dar, dass es bei den Parlamentswahlen 2012 und den Lokalwahlen 2014 vereinzelt zu Fällen von Einschüchterung und Gewaltandrohung bzw. deren Anwendung gegenüber von Mitgliedern von Wahlkommissionen gekommen ist. Die Opposition hegte Zweifel an der Bereitschaft der verantwortlichen Beschwerdeinstanzen, gegen derartige Verstöße vorgehen zu wollen. Der Bericht der Länderfeststellung stellt fest, dass es im Zuge der Wahlen 2012 und 2014 zu Einschüchterung und Gewaltandrohung bzw. deren Anwendung gegenüber von Mitgliedern von Wahlkommissionen gekommen ist. Sie gaben selbst an lediglich Aktivist, also Wahlhelfer Ihrer Partei ENM gewesen zu sein. Einfluss auf den Wahlausgang hätten Sie somit nicht gehabt. Einschüchterungen und Drohungen gegenüber Ihrer Person um hohe Beamte zu diskreditieren hätten somit keinen Sinn gemacht. Die gegen Sie aufgebrachten Animositäten stellen keine Verfolgung aufgrund Ihrer politischen Gesinnung dar. Selbst in einem Land wie Österreich, in dem Sie Zuflucht suchen, kann es aufgrund von unterschiedlichen politischen Ansichten zu scharf geführten Diskussionen kommen, deren Eskalation sogar zu Gewaltausbrüchen führen können. Meinungsverschiedenheiten und deren Eskalationsstufen beinhalten jedoch nicht den Bedarf an internationalem Schutz, sondern fallen in den Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Behörde des Heimatlandes. Es liegen keine Berichte vor, von denen abgeleitet werden kann, dass Ihnen als einfacher Wahlhelfer der ENM Verfolgung durch den georgischen Staat droht, zumal Sie selbst angaben mit den georgischen Behörden keinerlei Probleme gehabt zu haben. Dass Sie mit den politischen Veränderungen in Georgien nicht einverstanden seien, brachten Sie zum Ausdruck. Die ENM ist seit den Wahlen 2012 in der Opposition tätig. Weder wird die politische Tätigkeit der Mitglieder durch die Regierung beeinflusst noch verhindert. Eine politische Verfolgung der Mitglieder der ENM durch die georgische Regierung oder deren Anhängern findet nicht statt. Sehr wohl aber werden ehemalige hohe Würdenträger der Vorgängerregierung Saakashvili mit vermeintlichen Straftaten konfrontiert, die in ihrer Legislaturperiode angefallen sind. Bei bewiesener Tatsache werden diese auch verurteilt. Ein Vorgang der auch westlichen Politikern droht, wenn sie in regierungsverantwortlicher Position strafrelevante Maßnahmen setzen. Von einer politischen Verfolgung kann hier jedoch nicht gesprochen werden. Zumal Sie, wie Sie selbst angeben, keinerlei strafrelevante Maßnahmen gesetzt hätten, haben Sie von den georgischen Behörden auch nichts zu befürchten.

Nicht nachvollziehbar ist auch, dass Sie laut Ihren Angaben noch ein Monat in der Stadt XXXX blieben, bevor Sie Georgien verließen. Ihre Ehefrau hingegen gab wiederum an, Sie hätten sich sofort verabschiedet und wären mit einem Flugzeug aus Georgien geflogen.

Ihre generelle Glaubwürdigkeit erheblich zu erschüttern vermag auch die Tatsache, dass in der Einvernahme vor dem Bundesamt auf Nachfrage dezidiert angaben, in der Erstbefragung die Wahrheit gesagt zu haben. Erst auf Vorhalt des vorliegenden Gerichtsurteils des BG St. Pölten, indem Ihre in Österreich lebende Schwester und Sie zu bedingten Freiheitsstrafen verurteilt wurden, da diese Ihnen am 22.09.2013 in Österreich einen gefälschten Reisepass übergeben hätte, gaben Sie zu, schon länger in der Tätigkeit Autoein- und verkauf in Europa tätig gewesen zu sein. Sie wären ab Juni/Juli 2013 mit Visum in Holland, Deutschland und Ungarn unterwegs gewesen. So haben Sie jedoch im Zuge Ihres zweiten Fluchtgrundes zuvor dezidiert angaben, die Polizei hätte Sie im September/Oktober zu Hause in Georgien verhaftet und Ihnen das Falschaussage-Angebot gemacht. Aber zu diesem Zeitpunkt waren Sie in Europa mit Visum unterwegs. Auf entsprechende Nachfrage Ihre Reiseroute betreffend, gaben Sie in der Einvernahme zu, über die Reiseroute falsche Angaben gemacht zu haben. Auf Vorhalt der somit unplausiblen Datumsangaben rechneten Sie in der Einvernahme vom Gerichtsurteil zeitlich zurück und kamen nun auf den Monat August, in dem Sie angeblich geflohen wären. Auch Ihre Frau gab an, Sie wären mit Flugzeug nach Österreich gekommen und hätten Asyl beantragt, während Sie selbst in der Erstbefragung angaben, über den Landweg geschleppt worden zu sein.

Angemerkt wird zu Ihrer Flexibilität in den Erzählungen, dass Sie auf Nachfrage nach Ihren Reisepass zu Beginn der Einvernahme vor dem Bundesamt angaben, dieser wäre zu Hause, auf nochmalige Nachfrage angaben, Sie hätten ihn verloren, Ihre Frau hätte ihn zu Hause gesucht, aber nicht gefunden, Ihre Frau wiederum in Ihrem Asylverfahren angab, Sie wären mit Ihrem Reisepass nach Österreich geflogen (F:"Vgl EV F:"Wissen Sie, wo der Reisepass Ihres Mannes ist? A:"Ich weiß, dass er ihn auch nach der Ankunft in Wien weggeworfen hat. Auf Nachfrage, er ist auch mit dem Flugzeug in Wien angekommen". F:"Ihr Mann gab in seiner NS an, er hätte Sie gebeten, den RP zu suchen?" A:"Ohne RP hätte er mit dem Flugzeug nicht nach Österreich kommen.").

Sie gaben, je nach Version Ihrer Erzählungen an, im September oder August oder Juni nach Österreich geflüchtet zu sein. Ihre Frau wiederum gab an, Sie hätten sich am 22.09.2013 von Ihr verabschiedet und wären mit dem Flugzeug nach Österreich. Aber im Juli und August wären Sie zu Hause gewesen.

Angemerkt wird auch, dass es Ihrer Frau gänzlich unbekannt ist, dass Sie Mitglied in einer Partei gewesen wären. Der Cousin hätte verlässliche Leute für die Wahlwerbung gesucht und Sie hätten ihn unterstützt.

Der von Ihrer rechtsfreundlichen Vertretung mit 11.04.2016 vorgelegten Stellungnahme zu den Länderfeststellungen konnten auch keinerlei neuen relevanten Informationen für das Ermittlungsverfahren und die Entscheidung entnommen werden.

Die Tatsache, dass Sie mit der politischen Linie Ihres Heimatlandes nicht einverstanden sind rechtfertigt nicht die illegale Einreise nach Österreich und den Antrag auf internationalen Schutz. Die entscheidende Behörde kam zur Feststellung, dass Sie Ihre Heimat nicht aus wohlbegründeter Furcht verlassen haben."

In Bezug auf die bP2 - bP4 wurde in sinngemäßer Weise argumentiert.

I.4.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien traf die bB ausführliche -zum Teil überschießende-Feststellungen. Deren relevanter Teil wird wie folgt wiedergegeben:

1. Politische Lage

In Georgien leben rund 4,93 Mio. Menschen (Juli 2015) auf 69.700 km² (CIA 29.10.2015).

Georgien (georgisch: Sakartwelo) ist eine demokratische Republik. Das politische System hat sich durch die Verfassungsreform 2013 von einer semi-präsidentiellen zu einer parlamentarischen Demokratie gewandelt, (AA 10.11.2015a, vgl. auch: WZ 21.10.2013).

Staatspräsident ist Giorgi Margwelaschwili (angelobt am 17.11.2013) (RFE/RL 17.11.2013). Regierungschef ist Premierminister Irakli Garibaschwili (seit 18.11.2013). Beide gehören der Partei "Georgischer Traum" an (RFE/RL 18.11.2013).

Georgien besitzt ein Einkammerparlament mit 150 Sitzen, das durch eine Kombination aus Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht für vier Jahre gewählt wird. Die letzte Parlamentswahl fand am 1.10.2012, die letzte Präsidentschaftswahl am 27.10.2013 statt (IFES 9.3.2015a, IFES 9.3.2015b). Die Parlamentswahlen vom 1.10.2012 gewann das aus sechs Parteien bestehende Wahlbündnis "Georgischer Traum" mit klarer Mehrheit. Internationale Wahlbeobachter von OSZE, Europarat, NATO und Europäischem Parlament bewerteten die Wahlen als wichtigen Schritt hin zur Festigung der Demokratie, auch wenn einzelne Bereiche, wie z.B. die ungleiche Größe der Wahldistrikte, noch verbesserungsbedürftig seien. Die Wahlen seien kompetitiv verlaufen. Kritik fand das polarisierte Wahlumfeld mit harscher Rhetorik und vereinzelten Fällen von Gewalt sowie Fällen von Einschüchterung, überwiegend der Opposition (AA 10.11.2015b, vgl. auch OSCE 21.12.2012). Ursprünglich schafften nur zwei der angetretenen Listen den Sprung ins georgische Parlament: Das Parteienbündis "Bidzina Ivanishvili - Georgische Traum" mit 85 Mandaten und die vormalige Regierungspartei "Vereinte Nationale Bewegung" mit 65 Sitzen (CEC o. D.).

Bei der Präsidentschaftswahl im Oktober 2013 konnte sich der Kandidat von "Georgischer Traum", Georgi Margwelaschwili, mit klarer Mehrheit bereits im ersten Wahldurchgang gegen den Wunschkandidaten des amtierenden Präsidenten Michail Saakaschwili (Vereinte Nationale Bewegung), durchsetzen. Saakaschwili, zuletzt umstritten, durfte nach zwei Amtszeiten laut Verfassung nicht mehr zur Wahl antreten. Diese Wahl brachte den ersten demokratischen Machtwechsel an der georgischen Staatsspitze seit dem Zerfall der Sowjetunion. Der neue Präsident wird in der Ex-Sowjetrepublik künftig nur eine repräsentative Rolle spielen. Eine Verfassungsänderung überträgt die wichtigsten Machtbefugnisse auf das Amt des Regierungschefs (FAZ 27.10.2013).

Nach dem Ausscheiden der Partei "Freie Demokraten" des entlassenen Verteidigungsminister Alasania aus der Regierungskoalition "Georgischer Traum" Anfang November 2014 fehlten der Regierungskoalition einige Sitze auf die einfache Mehrheit im Parlament. Unmittelbar danach wechselten einige Abgeordnete anderer Fraktionen zum Georgischen Traum, was immer noch knapp nicht für die einfache Mehrheit reichte. Daraufhin traten 12 freie Abgeordnete, die vorher bereits immer mit der Regierung gestimmt hatten, formell dem Georgischen Traum bei, sodass diese nun mit 87 Sitzen über vier Sitze mehr verfügt, als vor der Krise. Die neu hinzugekommenen Abgeordneten bilden innerhalb der Regierungskoalition "Georgischer Traum" zwei gleich starke neue Koalitionsparteien. Somit umfasst die Regierungskoalition "Georgischer Traum" nunmehr sieben Koalitionsparteien. Von der Verfassungsmehrheit (113 Sitze) ist die Koalition aber weit entfernt. Die Freien Demokraten befinden sich nun in der Opposition und bilden neben der Partei "Vereinte Nationale Bewegung" von Ex-Präsident Michail Saakaschwili nunmehr die zweite Oppositionspartei. Die neue Sitzverteilung des georgischen Parlaments lautet somit: 87 Sitze für die Regierungskoalition "Georgischer Traum", 51 Sitze für die "Vereinte Nationale Bewegung", acht Sitze für die "Freien Demokraten" sowie vier unabhängige Mandatare (Civil.ge 10.11.2014).

Die Regierungspartei "Georgischer Traum" sicherte sich infolge eines überwältigenden Sieges bei den Gemeinderatswahlen im Sommer 2014 die Kontrolle über die lokalen Selbstverwaltungskörperschaften. Medien und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) berichteten, dass es im Vorwahlkampf angeblich Druck auf oppositionelle Kandidaten gab, ihre Kandidatur zurückzuziehen. Überdies sei es zu Störungen von Versammlungen der Opposition und zu etlichen Vorfällen von Gewalt gegen Wahlaktivisten gekommen. Obschon diese den Behörden bekannt waren, blieb eine amtliche Verfolgung aus. Laut der lokalen Wahlbeobachtungsgruppe ISFED wurden nach den Wahlen in der Hauptstadt XXXX 155 städtische Angestellte entlassen oder hätten unter Druck gekündigt. Dies erweckte Befürchtungen, es sei aus politischen Motiven geschehen (HRW 29.1.2015).

Eine vergleichsweise große Opposition sowie ein starker Parlamentssprecher haben das Parlament in seinen Gesetzgebungs-, Kontroll-, Budget und Repräsentationsfunktionen erstarken lassen und es wieder in die öffentliche Aufmerksamkeit gerückt. Hingegen fördert die geringe politische Erfahrung eines Großteils der Abgeordneten und gesellschaftlich verbreitete hierarchische Traditionen eine Konzentration der politischen Entscheidungsfindung in den Spitzen von Parteien und Regierung. Zudem ist derzeit aufgrund von Überschneidungen in den jeweiligen Kompetenzen, aber auch persönlich begründeten Verstimmungen, eine gegenseitige Kontrolle von Präsident Margwelaschwili und Premierminister Gharibaschwili erkennbar (AA 15.10.2015).

Am 27. Juni 2014 unterzeichneten die EU und Georgien ein Assoziierungsabkommen. Das Abkommen soll Georgien in den Binnenmarkt integrieren, wobei die Prioritäten in der Zusammenarbeit in Bereichen wie Außen- und Sicherheitspolitik sowie Justiz und Sicherheit liegen. XXXX sah sich hierdurch veranlasst, seinen Druck auf die Regierung in XXXX zu erhöhen. Am 24. November 2014 unterzeichneten XXXX und das abtrünnige georgische Gebiet Abchasien eine Vereinbarung über eine "strategische Partnerschaft", mit der Moskau seine militärische und wirtschaftliche Kontrolle in Abchasien erheblich ausweitete. Führende westliche Politiker, darunter die Außenbeauftragte der Europäischen Union Federica Mogherini, kritisierten diesen Schritt als Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität Georgiens. Während die georgische Regierung die vermeintliche Reaktion XXXX auf das Assoziierungsabkommen als "weiteren Schritt zur Annexion" verurteilte, erachtete Georgiens Opposition die Vereinbarung als Beleg für das Scheitern der Bemühungen der Regierung, XXXX etwas entgegenzusetzen (EP 5.12.2014).

Quellen:

2. Sicherheitslage

Die Lage in Georgien ist - mit Ausnahme der Konfliktgebiete Abchasien und Südossetien - insgesamt ruhig. Beide genannte Gebiete befinden sich nicht unter der Kontrolle der Regierung in XXXX . In den Gebieten und an ihren Verwaltungsgrenzen sind russische Truppen stationiert (AA 11.11.2015a).

...

Quellen:

3. Rechtsschutz/Justizwesen

Georgien unternimmt Anstrengungen, sich bei der Rechtsreform und der Wahrung der Menschen- und Minderheitenrechte den Standards des Europarats anzupassen. 1996 wurde ein Verfassungsgericht eingerichtet, 1997 die Todesstrafe abgeschafft und 2007 die Abschaffung der Todesstrafe in der Verfassung verankert. In den Jahren seit der "Rosenrevolution" 2003/2004 hat Georgien anerkennenswerte Fortschritte bei der Polizeireform, dem erfolgreichen Kampf gegen die "Kleine Korruption" (Korruption im alltäglichen Umgang), der Reform der Steuergesetzgebung und der Verbesserung der Investitionsbedingungen erzielt. Im Rahmen der Justizreform wurde der Instanzenzug neu geregelt und eine radikale Verjüngung der Richterschaft durchgesetzt. Zweifel an der Unabhängigkeit der Justiz bleiben bestehen. Reformen im Justizbereich und Strafvollzug gehören zu den Prioritäten der im Oktober 2012 ins Amt gewählten neuen Regierung und zielen insbesondere auf die Entpolitisierung des Justizsektors, die Sicherstellung der Unabhängigkeit der Richter, des Gerichtswesens und der Strafverfolgungsbehörden sowie die Stärkung der Rechte von Opfern (AA 11.11.2015; vgl. EC 25.3.2015).

Generell machte Georgien einige Fortschritte in der Implementierung der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) sowie der Assoziationsagenda. Merkliche Erfolge wurden in den Bereichen der Menschenrechte, der grundlegende Freiheiten und Prozesses der Visaliberalisierung. Anti-Diskriminierungsgesetze erzielt, und die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft fortgesetzt. Allerdings ist der Raum für den Dialog zwischen Zivilgesellschaft und der Regierung, im Unterschied zum Parlament, enger geworden (EC 25.3.2015).

Verfassung und Gesetze garantieren eine unabhängige Justiz, aber die Einflussnahme von außen wie innen bleibt ein Problem. Verfassung und Gesetze garantieren einer Person, der aus Willkürakten, einschließlich Menschenrechtsverletzungen, Schaden entstanden ist, das Recht auf eine Zivilklage. Nach Ausschöpfung des Rechtsweges besteht das Recht beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ihr Recht einzuklagen. Trotz der verfassungsrechtlich verankerten Unabhängigkeit der Justiz und den Anzeichen, dass diese zugenommen hat, bestehen diesbezüglich weiterhin Herausforderungen. Laut der der NGO "Koalition für eine unabhängige und transparente Justiz" stellten der mangelhafte Auswahlprozess beim Obersten Gerichtshof sowie das unklare Prozedere bei möglichen Disziplinarmaßnahmen gegen Richter eine Herausforderung dar (USDOS 25.6.2015).

Nach dem Regierungswechsel 2012 nahm die Staatsanwaltschaft tausende Beschwerden entgegen, die sie in drei Kategorien unterteilte:

Verletzung von Eigentumsrechten, Folter und Misshandlungen sowie die missbräuchliche Anwendung von Prozessabsprachen. Daraufhin wurden Dutzende Fälle nach dem Strafgesetz initiiert, welche sich vor allem gegen ehemalige Offizielle richteten. Angesichts fehlender Bestimmungskriterien zur Verfolgung der Straffälle sowie des Eindrucks, dass überwiegend Beamte der vormaligen Regierungspartei "Vereinte Nationale Bewegung" betroffen waren, behauptete die Opposition, dass ihre Aktivisten aus politischen Gründen ins Visier genommen würden. Im Juli 2014 wurde Expräsident Micheil Saakaschwili für mehre Vergehen angeklagt, darunter Veruntreuung und Überschreitung der Amtsgewalt in mehreren Fällen. Über Saakaschwili, der im November 2013 in die USA emigrierte, wurde seitens des Gerichts die Untersuchungshaft in Abwesenheit verhängt. Georgien[']s internationale Partner, darunter die EU und die USA zeigten sich ob der Strafanzeigen gegen Saakaschwili besorgt. Sie drängten die Behörden, sich strikt an die Verfahrensvorschriften zu halten und zu gewährleisten, dass die Anklage frei von politischen Motiven ist (HRW 29.1.2015, vgl. auch UN-HRC 19.8.2014).

Die Untersuchungen gegen ehemalige Amtsträger wurden fortgesetzt. Bislang wurden 35 Amtsträger der ehemaligen Regierung wegen Straftaten angeklagt. Darüber hinaus gab es Anklagen gegen eine erkleckliche Anzahl von Beamten (EC 25.3.2015).

Im Mai 2013 wurde per Gesetzesänderung die Zusammensetzung des "Hohen Justizrates" neu bestimmt, einer Verfassungsinstitution, die das Justizsystem verwaltet. Die 15 Ratsmitglieder ernennen und entlassen unter anderem Richter und managen Reformen im Justizsystem. Der georgische Präsident verlor seine umfangreichen Rechte hinsichtlich der Ernennung der Mitglieder. Stattdessen werden acht Ratsmitglieder durch die Richterkonferenz, einer Selbstverwaltungskörperschaft aus neun Richtern, gewählt. Das Parlament wählt sechs Mitglieder, die jedoch nicht selbst Abgeordnete sein dürfen. Der Staatspräsident ernennt zwei Räte. Der Präsident des Obersten Gerichtshofes sitzt dem Gremium vor (zuvor war es der Staatspräsident gewesen). Dies wird als ein wesentlicher Schritt zur Befreiung des Hohen Justizrats von politischer Einflussnahme betrachtet (FH 12.6.2014, vgl. auch HCOJ 9.3.2015). Der Menschenrechtskommissar des Europarates Nils Muižnieks begrüßte 2014, dass der Hohe Justizrat damit gegenüber politischer Einflussnahme weniger verwundbar sei, empfahl aber weitere Verbesserungen in diesem Bereich (CoE-CommHR 12.5.2014).

Der georgische Ombudsmann sowie NGOs verurteilten Verfahrensverletzungen inklusive die Verletzung der Unschuldsvermutung sowie die Einschüchterungen während der Einvernahme, wobei sie sich wegen der verlängerten Untersuchungshaft besorgt zeigten (EC 25.3.2015).

Seit 2004 hat die Regierung die Ausgaben für die Justiz erhöht, was zu substantiellen Verbesserungen bei Gehältern, Infrastruktur und Personalausstattung führte. Trotz umgesetzter Reformen und einem Bekenntnis zum Modell der Europäischen Menschenrechtskonvention ist die Justiz bei Kriminalfällen weiterhin dem Einfluss der Staatsanwaltschaft und der Exekutive ausgesetzt, speziell wenn politische Interessen berührt werden. Waren früher Freisprüche in Kriminalfällen in Georgien sehr selten, was die große Lastigkeit der Justiz zugunsten der Staatsanwaltschaft demonstrierte, scheint sich eine Trendwende eingestellt zu haben. Seit 2013 gab es mehr Freisprüche in Fällen, die von der Staatsanwaltschaft eingeleitet wurden, als in früheren Jahren (FH 12.6.2014).

Der Menschenrechtskommissar des Europarates begrüßte 2014 die Reformen, welche auf die Liberalisierung der Strafjustiz, die Reduzierung der Anwendung der Untersuchungshaft und die Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz abzielten. Allerdings seien weitere Anstrengungen nötig, das bestehende Ungleichgewicht zwischen Verteidigung und Strafverfolgungsbehörden anzugehen und hierbei die "Gleichheit der Waffen" in Gesetzgebung und Praxis zu stärken. Obgleich der Meinungsgleichklang zwischen Richtern und Staatsanwälten abgenommen habe, sei eine fortlaufende Wachsamkeit von Nöten, die Unabhängigkeit der Justiz zu wahren und zu stärken. Letztendlich sei auch die Effizienz und die Professionalität des Büros des Generalstaatsanwaltes als Schlüsselinstitution des Justizsystems zu stärken (CoE-CommHR 12.5.2014).

Transparency International Georgia (TIG) stellt aus seiner vierjährigen Beobachtung der Gerichte einige positive Entwicklungen fest: Die Erfolgsquote der Staatsanwaltschaft sank von 85% zu Beginn auf 53% am Ende der Beobachtungsperiode. Hinsichtlich der Offenheit und Transparenz von Prozessen gab es laut TIG merkbare Verbesserungen. Gerichtsverhandlungen dürfen nun akustisch und visuell aufgezeichnet und übertragen werden. Sie sind für die Medien zugänglich. Schlussendlich begännen Verhandlungen pünktlicher, d.h. zum tatsächlich angesetzten Termin. Nichtsdestoweniger wurden auch bedenkliche Trends ausgemacht, insbesondere wenn es sich um für die Öffentlichkeit wichtige Fälle handelte. Die Richter hätten hierbei nicht nur im Sinne der Staatsanwaltschaft entschieden, sondern auch die Verfahrensregeln zugunsten letzterer gebrochen. Am Beispiel des Stadtgerichtes von XXXX zeigte sich auch, dass die Gerichte im Allgemeinen infolge einer zu geringen Anzahl an Richtern schwer das gestiegene Ausmaß an Fällen bewältigen können (TI-G 4.12.2014, vgl. auch OSCE 9.12.2014).

Im August 2014 äußerten sich die OSZE und der Europarat gemeinsam zur Strafprozessordnung in Georgien. Trotz Übereinstimmung mit internationalen Standards bestehe der Bedarf, einerseits das Risiko exzessiver Prozessabsprachen (plea-bargaining) sowie Ungleichgewichte bei den Verurteilungen zu reduzieren. Andererseits sollten die Rechte der Beschuldigten in der vorprozessualen Phase, während des Gerichtsprozesses sowie bei Prozessen in Abwesenheit gestärkt werden. Letztere sollten abgeschafft oder auf ein Minimum reduziert werden (OSCE/CoE 22.8.2014). Die Verwaltungshaft wurde 2014 von drei Monate auf 15 Tage verkürzt (HRW 29.1.2015).

Das System der Prozessabsprachen wurde insbesondere von der Hohen Kommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen, Navi Pillay, kritisiert. Nebst der extrem hohen Zahl an Straffällen, die durch Prozessabsprachen gelöst werden, führe dieses System dazu, dass Unschuldige keine andere Option hätten außer der Bezahlung der seitens der Staatsanwaltschaft geforderten exorbitant hohen Strafen. Dies auch, weil die Richter in diesen Fällen nur minimal involviert seien. Den Betroffenen drohe von vornherein die Bestrafung, wenn deren Fall vor Gericht käme. Das System der Prozessabsprachen stelle somit eine Form der behördlich sanktionierten Erpressung dar, die dazu führe, dass Menschen ihr Heim oder ihr Geschäft verlören (UN 21.5.2014).

Der Sonderbeauftragte der Europäischen Union Thomas Hammarberg, verfasste im Sommer 2014 seinen abschließenden Bericht zur Justizreform in Georgien. Hammarberg stellte zwar eine Zunahme der Unabhängigkeit und Transparenz der Justiz sowie eine Verbesserung der Gerichtsurteile in ihrer Substanz fest, doch bliebe der Fortschritt im Gerichtswesen fragil. Deshalb gelte es die Regeln zur Richterernennung weiter zu verbessern. Die mangelnde Rechenschaftspflicht seitens der Staatsanwaltschaft bleibe ein Problem. Nach der Trennung des Büros der Staatsanwaltschaft vom Justizministerium mangle es an der Aufsicht über Leistungen der Staatsanwaltschaft, sodass die Beschädigung des Ansehens des gesamten Justizsystems drohe. Die Aufsicht über die Rechtsvollzugsorgane sei ein generelles Problem. Es bestünde in diesem Zusammenhang der Bedarf nach einem unabhängigen und effektiven Beschwerdesystem. Denn die gegenwärtige Beschwerdepraxis trüge zu Misstrauen in das System bei. Hinsichtlich der Beschwerden gegen den Staat wie beispielsweise im Falle von "unfreiwilliger" Verstaatlichung privater Immobilien (ca. 700 Fälle) oder Menschenrechtsverletzungen in der Vergangenheit sollte der Staat trotz finanzieller Bürden eine Strategie zur adäquaten Entschädigung aller Opfer schaffen (TH 9.7.2014).

Quellen:

4. Sicherheitsbehörden

Das georgische Innenministerium hat die primäre Verantwortung für die Polizei. Während die Sicherheitsbehörden generell als effektiv angesehen werden, gibt es Berichte über Fälle von Amtsmissbrauch, die straflos geblieben sind, obgleich die Regierung Schritte unternommen hat, um die Verantwortlichkeit zu stärken. Das Büro des Ombudsmanns hat Fälle dokumentiert, bei denen die Anwendung von Polizeigewalt die erlaubte Grenze überschritt. Laut Innenministerium hat dessen Generalinspektionsdienst 2014 2.796 Disziplinarmaßnahmen gegen Polizisten durchgeführt als 2013, als es nur 1.686 gab. Auch die Anzahl der Strafanzeigen gegen Polizisten stieg im Vergleichszeitraum von 18 auf 32 (USDOS 25.6.2015).

Trotz des Rückgangs von Folter und unmenschlicher Behandlung im Strafvollzug gäbe es laut der Georgischen Vereinigung Junger Juristen (GYLA - Georgian Young Lawyers' Association) weiterhin Probleme innerhalb des Systems. Wenn Insassen über angebliche Übergriffe durch das Gefängnispersonal berichteten, sei die Reaktion darauf sehr oft wirkungslos. 2014 wandten sich dutzende Personen an GYLA. Diese gaben an, die Polizei hätte sie physisch und verbal angegriffen. Überdies gäbe es Beweise, dass Waffen oder Drogen untergeschoben wurden, um bei den Betroffenen ein Geständnis der Straftat, die sie nicht begangen hatten, zu erzwingen (GYLA 10.12.2014).

Der Generalinspektionsdienst des Innenministeriums verhängte 2014 mehr Disziplinarstrafen (Rüge, Degradierung, Entlassung) gegen Sicherheitsbeamte als 2013. Während 2013 1.686 Strafen verhängt wurden, waren es 2014 2.796. 2014 wurden außerdem 32 (2013: 18) Beamte wegen verschiedener Verbrechen belangt. Das Büro des Generalstaatsanwalts führt alle Ermittlungen gegen Beamte wegen Folter- und Missbrauchsvorwürfen durch. Wenn jemand während einer Verhaftung Verletzungen erleidet, muss die Staatsanwaltschaft dies untersuchen. Sie muss allen Hinweisen auf polizeiliches Fehlverhalten nachgehen, auch anonym abgegebenen. Allerdings setzte das Büro des Generalstaatsanwalts in vielen Fällen seine Untersuchungen endlos fort, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Bei abgeschlossenen Fällen war oftmalig die Schlussfolgerung des Büros, dass die Polizeigewalt angemessen war oder ein Mangel an Beweisen herrschte, um gegen die Beamten strafrechtlich vorgehen zu können (USDOS 25.6.2015).

Anlässlich ihres Besuches in Georgien forderte die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navi Pillay, die Behörden dazu auf, einen unabhängigen Mechanismus zur Untersuchung von Anschuldigungen bezüglich Misshandlungen in Gefängnissen einzurichten. Im gleichen Sinne äußerte sich GYLA (Civil.ge 22.5.2014, vgl. auch GYLA 10.12.2014). Dies deckt sich mit der Empfehlung des Komitees für Menschenrechte der Vereinten Nationen vom August 2014. Dieses empfiehlt Georgien seine Pläne weiter zu verfolgen, ein unabhängiges und unparteiisches Organ einzurichten, welches die Anschuldigungen von Misshandlung, Folter und unmenschliche sowie entwürdigende Behandlung miteingeschlossen, durch die Polizei und andere Vollzugsbeamte untersucht (UN-HRC 19.8.2014).

NGOs berichten weiterhin, das die Polizei Durchsuchungen von Wohnungen ohne gerichtlichen Beschluss durchführe. Die Polizei erlange diesen erst im Nachhinein. Hierbei wüssten viele Bürger nicht, dass sie ein Recht auf Verschiebung der Durchsuchung um eine Stunde hätten, um eine dritte Partei als Zeuge herbeizurufen. Die georgische Polizeiakademie trainierte 2014 377 neue Polizisten. Menschenrechtstraining und die Rechtsgrundlage für Gewaltanwendung, Untersuchung von Hassverbrechen, Erkennen von Menschenhandel, Polizeiethik usw. waren Teil der Ausbildung. Spezielle Menschrechtstrainings in Kooperation mit internationalen Partnern wurden ebenfalls unternommen (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

5. Folter und unmenschliche Behandlung

Obschon die Verfassung und Gesetze derartige Praktiken verbieten, gab es Berichte das Regierungsbeamte von diesen Gebrauch machten. NGOs und die Ombudsmannstelle berichteten von Beschwerden über Misshandlungen seitens der Polizei und Strafvollzugsbeamten, trotz des Fortschrittes, der seit 2012 zu vermerken ist. Der Ombudsmann vermeldete für das Jahr 2013, dass es keine Folterfälle gegeben hätte. Für 2014 berichteten NGOs, dass trotz der bestehenden Herausforderungen in den Gefängnissen Fälle von Folter und unmenschlicher Behandlung von Verurteilten und Festgenommenen kein weitverbreitetes Problem mehr darstellen würden (USDOS 25.6.2015, vgl. auch UN 21.5.2014).

Als Folge der Veröffentlichung eines Gefängnis-Foltervideos im September 2012 setzten der Generalstaatsanwalt und das Justizministerium ihre Untersuchungen hinsichtlich der Misshandlung von Gefängnisinsassen fort. Die Staatsanwaltschaft schuf eine Spezialeinheit, um rund 2.000 diesbezügliche Bürgerbegehren zu behandeln. Die Staatsanwaltschaft erklärte, sie hätte durch ihre Untersuchungen festgestellt, dass es während der Saakaschwili-Regierung zu systematischen Folterungen und Misshandlungen in fast allen Gefängnissen des Landes gekommen sei. 2014 setzten die Behörden die Untersuchungen und die Verfolgung von Übergriffen in Strafanstalten fort (USDOS 25.6.2015). Im Jänner 2014 wurden mehrere ehemalige Gefängnisbeamte zu neun Jahren Haft wegen Folter und sexuellen Missbrauchs, was durch Fahrlässigkeit zum Tode führte, sowie wegen Überschreitung der Amtsgewalt verurteilt (CoE-CommHR 12.5.2014).

Da viele der Anschuldigungen bezüglich der Misshandlung von Häftlingen sich auf die erste Zeit in Polizeigewahrsam beziehen, empfahl die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navi Pillay, eine rasche Anpassung des Gesetzes über die Zeugenbefragung, wodurch die Befragung fortan vor einem Richter geschähe anstatt in den der Öffentlichkeit unzugänglichen Polizeidienststellen oder im Büro des Staatsanwalts (UN 13.2.2015).

Das Komitee für Menschenrechte der Vereinten Nationen zeigte sich 2014 darüber besorgt, dass Beschuldigungen wegen Folter und unmenschlicher oder entwürdigender Behandlung nach Art.333 des Strafgesetzes (Überschreitung der Amtsgewalt) anstatt nach Artikel 1441 (Folter) und Artikel 1443 (unmenschliche oder entwürdigende Behandlung) verfolgt würden. Das Komitee empfiehlt nicht nur die Änderung dieser Rechtspraxis, sondern auch die Ausbildung von Spezialisten für die psychologische Rehabilitation von Folteropfern (UN-HRC 19.8.2014).

Quellen:

6. Korruption

Georgien hat die Zivil- und Strafrechtskonventionen über Korruption des Europarates sowie die UNO-Konvention gegen Korruption (UNCAC) ratifiziert. Die Gesetzgebung befolgt die UNO-Konvention gegen Korruption. Georgiens Strafgesetzgebung sieht Straften wegen versuchter Korruption, aktiver und passiver Bestechung, Bestechung ausländischer Beamter, sowie Geldwäsche vor. Der Strafrahmen reicht bis zu 15 Jahren Gefängnis und dem Entzug des Eigentums. Georgien hat die "Konvention über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr" der OECD aus dem Jahr 1999 bislang nicht unterzeichnet. Allerdings hat das Land die Antikorruptions-Konventionen des Europarates ratifiziert (BACP 5.2015).

Basierend auf dem Gesetz über "Interessenskonflikt und Korruption im Öffentlichen Dienst" wurde der Anti-Korruptions-Rat errichtet. Dieser dient der Koordinierung der Anti-Korruptionsaktivitäten, der Aktualisierung und Kontrolle der Umsetzung der Ani-Korruptionsstrategie und des Aktionsplanes sowie der Kontrolle der Berichterstattung an internationale Organisationen. Überdies kann er Empfehlungen abgeben und Gesetzesinitiativen anregen. Dem Rat können neben Regierungsvertretern auch Mitglieder lokaler NGOs, Internationaler Organisationen sowie wissenschaftliche Experten angehören (IDFI 5.8.2014, vgl. auch CSB 1.7.2013).

Die Umsetzung der Antikorruptionspolitik seit 2004 hat weitestgehend die Korruption auf unteren Ebenen eliminiert. Neue Initiativen im Kampf gegen die Korruption schlossen die Gründung eines Rechnungshofes sowie die Einführung eines elektronischen Beschaffungssystems (FH 28.1.2015). Laut Umfrageergebnissen gaben 2013 weniger als vier Prozent an, Schmiergeld gezahlt zu haben, um eine öffentliche Dienstleistung in Anspruch nehmen zu können (USDOS 25.6.2015). 2014 nannten nur zwei Prozent der Georgier Korruption als eine von drei Sorgen an (FH 6.6.2015).

Transparancy International platzierte Georgien in seinem "Corruption Perceptions Index 2014" auf Rang 52 (wobei 100 "very clean" und 0 "highly corrupt" bedeutet) von 175 Ländern. Das ist eine Verschlechterung um drei Ränge verglichen mit 2013 (TI 2014).

Die Korruption in Georgien ist zu einem hoch politisierten Thema geworden. Während die UNM-Regierung unter Saakashvili die Korruption auf den unteren Ebenen fast völlig eliminierte, waren führende politische Köpfe in zahlreiche intransparente Wirtschafts- und Mediengeschäfte involviert. Die gegenwärtige Regierung fokussiert ihre Anti-Korruptions-Bemühungen auf die Festnahme und Verurteilung von hochrangigen Mitgliedern der Vorgängeradministration, was als polarisierend und umstritten gilt. Andere korruptionsrelevante Probleme bleiben bestehen, so die intransparente Rekrutierung im Öffentlichen Dienst infolge eines politischen Machtwechsels. Kritisiert wird auch das öffentliche Auftrags- und Beschaffungswesen, nämlich dahingehend, dass zu viele Aufträge unter Ausschaltung des Wettbewerbs vergeben werden (FH 6.6.2015).

Im Verlaufe des Jahres 2013 wurden etliche ehemalige oder gegenwärtige Regierungsvertreter wegen Korruption angeklagt. Vano Merabischwili, Ex-Innenminister, Premierminister und Generalsekretär der Partei "Vereinte Nationale Bewegung" wurde wegen Wählerbestechung, Veruntreuung und Zweckentfremdung von Privateigentum festgenommen und angeklagt. Ebenso wurde der ehemalige Gesundheitsminister und Gouverneur von Kachetien, Zurab Tschiaberaschwili, wegen Verbindungen im Zusammenhang mit Wählerbestechung angeklagt (USDOS 27.2.2014). 2014 wurde Tschiaberaschwili zwar vom Vorwurf der Wählerbestechung freigesprochen, doch verurteilte ihn das Gericht zu einer Strafe von 50.000 Lari wegen Vernachlässigung der Amtspflicht (USDOS 25.6.2015).

Merabischwili wurde im Februar 2014 zu viereinhalb Jahren wegen der gewaltsamen Auflösung einer Demonstration im Mai 2011 in XXXX verurteilt. Im gleichen Monat wurde er auch wegen Wählerbestechung und Verletzung von Eigentumsrechten in seiner Rolle als Regierungschef 2012 zu fünf Jahren verurteilt. Im Oktober 2014 wurde Merabischwili schlussendlich noch zu drei Jahren Gefängnis wegen Verschleierung in seiner Amtszeit als Innenminister im prominenten Mordfall Girgwliani aus dem Jahr 2006 verurteilt (Civil.ge 20.10.2014).

Quellen:

7. Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

Heimische und internationale Menschenrechtsgruppen arbeiten in den meisten Fällen in Georgien ohne Einschränkung durch die Regierung. Sie untersuchen Menschenrechtsfälle und publizieren ihre Ergebnisse. Manche NGOs erfreuen sich einer engen Kooperation mit der Regierung, und Offizielle sind kooperativ und offen für deren Ansichten. Andere beschweren sich über ungenügenden Zugang zu Offiziellen und, dass ihre Ansichten ignoriert wurden oder gar über Fälle von Schikane (USDOS 25.6.2015).

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Quellen:

8. Ombudsmann

Georgischer Ombudsmann ist zurzeit Utscha Nanuaschwili. Er ist seit Ende 2012 auf fünf Jahre vom georgischen Parlament gewählt. Er erfüllt gleichzeitig die Rolle als Nationaler Präventiver Mechanismus (NPM) im Sinne des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe der Vereinten Nationen (PD 2014).

Der Ombudsmann wurde weiterhin von NGOs als die objektivste Menschenrechtsinstitution der Regierung betrachtet.

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Quellen:

9. Allgemeine Menschenrechtslage

Georgien hat seine Bindung an die Europäische Union durch die Ratifizierung des Assoziierungsabkommens, das eng an den Fortschritt im Bereich der Staatsführung und der Menschenrechte gebunden ist, vertieft. Im Bericht zur europäischen Nachbarschaftspolitik vom März 2014 merkt die EU an, dass Georgien zügig seine Reformen und Anpassungen in die Tat umsetze. Jedoch wurde auch die Notwendigkeit unterstrichen, die Unabhängigkeit der Gerichte zu gewährleisten, den Eindruck einer selektiven Justiz zu vermeiden sowie die Rechenschaftspflicht und demokratische Aufsicht über die Organe des Rechtsvollzuges zu erhöhen (HRW 29.1.2015).

Das parlamentarische Komitee für Menschenrechte und zivile Integration, die Menschenrechtsabteilung des Innenministeriums und der Menschenrechtsberater des nationalen Sicherheitsrats haben laut Mandat Missbrauchsvorwürfe zu untersuchen. Per Gesetz ist der Generalstaatsanwalt für den Schutz der Grund- und Menschenrechte zuständig. Die Menschenrechtsabteilung des Büros des Generalstaatsanwalts überwacht insgesamt die Strafverfolgung und die Einhaltung von nationalen und internationalen Menschenrechtsstandards. Die Menschenrechtsabteilung überwacht statistisch und analytisch die Tätigkeit der Staatsanwaltschaft und ist verantwortlich für die Prüfung von und Reaktion auf Menschenrechtsempfehlungen von nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

10. Haftbedingungen

Die Qualität des Gefängnissystems hat sich verbessert, insbesondere die Gesundheitsversorgung. Die Pardonierung durch den Präsidenten sowie die umfassende Amnesty zu Beginn des Jahres 2013 führten zu einer Halbierung der Zahl der Gefängnisinsassen. Diese Reduzierung in Verbindung mit einem vergrößerten Budget sowie Änderungen beim Personal und den Kontrollmethoden erlaubten es der Verwaltung, das Hauptaugenmerk auf die Reform der Gesundheitsversorgung und die beginnende Rehabilitation bzw. Re-sozialisation zu richten. Die Sterblichkeitsrate in den Gefängnissen ist signifikant zurückgegangen und ist nun vergleichbar jener in manchen EU Mitgliedsstaaten. Allerdings wurden weiterhin angebliche Vorfälle von Misshandlungen und Gewalt der Ombudsmannstelle gemeldet. Die seit 2013 seitens der Regierung begonnene Diskussion über die Einrichtung eines unabhängigen, externen Monitoring-Systems durch NGOs, in Ergänzung zum nationalen Präventionsmechanismus unter dem Optionalen Protokoll zur Konvention gegen Folter der Vereinten Nationen, stagniert (EC 25.3.2015).

Die Ombudsmannstelle berichtete unter Berufung auf das "Ministerium für Strafvollzug und Rechtshilfe", dass 2013 von 65.130 untersuchten Fällen 294 Häftlinge mit Tuberkulose infiziert waren. Vier Häftlinge starben. 2013 wurde im Rahmen des Aktionsplans ein neues Tuberkulosezentrum eröffnet (PD 2013).

2014 wurde das Zentrale Gefängnishospital renoviert, was die Gesundheitsversorgung signifikant verbesserte. Das Programm zur Behandlung von Hepatitis C sowie die Suizid-Prävention wurden durchgeführt. Dennoch waren laut der Ombudsmannstelle die Todesumstände mehrerer Häftlinge besorgniserregend, da die Regierung es verabsäumt hätte den effektiven Schutz des Lebens und der persönlichen Integrität zu sichern. Im Berichtszeitraum (2014) seien laut Ombudsmann 28 Häftlinge in den Strafanstalten gestorben, wobei von sieben angenommen wird, dass sie Selbstmord begangen haben (PD 2014).

In seinem Bericht über die Empfehlungen und Vorschläge, die der Ombudsmann im Verlaufe des Jahres 2014 den diversen staatlichen Institutionen unterbreitete, stellte dieser fest, dass die Mehrzahl von ausbleibenden Antworten das Büro der Staatsanwaltschaft betraf, nämlich in Fällen von Misshandlungen in Haftanstalten, fälschlicher Inhaftierung und ähnlichem (PD 23.1.2015).

Im August 2014 berichtete der Ombudsmann den Gesetzesgebern, dass 2013 kein einziger Fall von Folter im Strafvollzugssystem gemeldet wurde. Dennoch hätte es Fälle von Misshandlungen von Häftlingen gegeben, denen nicht angemessen nachgegangen wurde. Außerdem wären die Umstände, welche zum Tode etlicher Häftlinge geführt hätten, alarmierend (Civil.ge 2.8.2014).

In seiner Rolle als Nationaler Präventiver Mechanismus (NPM) im Sinne des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe der UN äußerte der Ombudsmann Anfang 2015 Kritik an den Haftbedingungen von physisch oder psychisch behinderten Insassen in normalen Gefängnissen sowie in Zwangsanstalten für psychisch kranke Häftlinge. Zu beklagen sei insbesondere der Umstand, dass körperlich oder geistig Behinderte immer noch in normalen Gefängnissen untergebracht seien und den Bedürfnissen von behinderten Insassen in den Spezialanstalten nicht völlig entgegengekommen würde (PD 22.1.2015).

Während einer öffentlichen Diskussionsrunde unter Teilnahme der EU-Vertretung, der Staatsanwaltschaft sowie Regierungsvertretern und NGOs wurde seitens des Ombudsmanns vor allem die notwendige Installierung eines unabhängigen Untersuchungsmechanismus angesprochen. Der Leiter der Abteilung für Prävention und Beobachtung innerhalb der Ombudsmannstelle und die Vertreterin der Staatsanwaltschaft beklagten insbesondere das Fehlen von Audio- und Videomaterial aus den Überwachungskameras sowie umfassender medizinischer Aufzeichnungen, die nicht nur als Beweise, sondern auch zur Prävention von Misshandlungen dienen könnten (PD 31.1.2015).

Quellen:

11. Ethnische Minderheiten

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12. Bewegungsfreiheit

Das Gesetz sieht Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Auswanderung und Rückkehr von Bürgern vor, aber die de facto-Behörden und die russische Besatzungsmacht in Abchasien und Südossetien beschränken diese Freiheit. Diese Beschränkungen betreffen vor allem die lokale Bevölkerung hinsichtlich der medizinischen Versorgung, der Bildung, des Pensionswesens und der Gottesdienste. Die georgische Regierung arbeitet mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen bei der Bereitstellung von Schutz und Hilfe für Binnenvertriebene, Flüchtlinge, zurückkehrende Flüchtlinge, Asylsuchende, Staatenlose und andere Personen zusammen. Das Gesetz sieht Einschränkungen für Ausländer vor, die nach und aus Abchasien und Südossetien reisen wollen. Im mehrheitlich von ethnischen Georgiern bewohnten Bezirk Gali, der unter der Kontrolle der de facto-Behörden Abchasiens steht, wurde die Ausstellung von Reisedokumenten an ethnische Georgier eingestellt. Ohne diese Dokumente ist ein Überqueren der administrativen Grenze schwierig (USDOS 25.6.2015).

Eine legale Ein- und Ausreise über die russisch-georgische Grenze in die bzw. aus den Gebieten Abchasien und Südossetien, ist gemäß dem georgischen "Gesetz über die besetzten Gebiete" nicht möglich (AA 17.11.2015).

Quellen:

13. Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

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14. Grundversorgung/Wirtschaft

2014 verzeichnete Georgiens Wirtschaft mit 4,7% eine Steigerung zu Wachstum im Jahre 2013 (3,3%). Dies ist ein Resultat eines fiskalen Konjunkturprogramms, das den Konsum und die Investitionen förderte. Die Fiskal- und Geldpolitik in Verbindung mit einer merklichen Entwertung der Landeswährung führte zu inflationären Tendenzen. Das allgemeine Defizit stieg 2014 spürbar infolge zunehmender Sozialausgaben an. Die Arbeitslosenrate war auch 2014 mit 14,1% hoch [Anm.: laut GeoStat betrug die Arbeitslosenrate 2014 nur 12,4% - siehe unten], wobei diese in der Gruppe der 15-24-jährigen auf rund 30% geschätzt wird. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung hängt von Rücküberweisungen aus dem Ausland ab. Diese nahmen 2014 infolge der geringeren Überweisungen aus XXXX ab (EC 25.3.2015).

Trotz der beachtlichen wirtschaftlichen Entwicklung in den vergangenen Jahren leiden große Teile der georgischen Bevölkerung, insbesondere in den ländlichen Gebieten, unter Armut, Unterbeschäftigung und Arbeitslosigkeit. Mehr als die Hälfte aller Beschäftigten Georgiens ist in der Landwirtschaft tätig. Diese generiert jedoch nur 9% des Bruttonationalprodukts (ÖEZ o.D.).

2014 waren laut Sozialamt 11,6% (2013: 9,7%) der Bevölkerung Empfänger von Subsistenzzahlungen. 21,4% der Georgier und Georgierinnen lebten 2014 in relativer Armut, d.h., sie verfügten über weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens (GeoStat o.D.A).

Seit ihrem Höhepunkt im Jahr 2009 sank die offizielle Arbeitslosenrate kontinuierlich von 16,9 auf 12,4% im Jahr 2014. In den urbanen Gebieten betrug sie 22,1%, während am Land nur 5,4% arbeitslos waren. Allerdings nimmt die Arbeitslosigkeit zu, je jünger die Menschen sind. Dramatisch sind die Werte für die drei untersten Alterskohorten: Bei der Altersgruppe der 15-19 Jährigen lag Arbeitslosenquote bei 31,8%, bei den 20-24 Jährigen bei 30,5% und bei den 25-29 Jährigen bei 23,5% (GeoStat o.D.B).

Quellen:

14.1. Sozialbeihilfen

Das System der sozialen Sicherung in Georgien umfasst das Rentensystem und ein System zur Unterstützung von besonders schutzbedürftigen Familien und Personen. Die Unterstützung, die in Georgien unter dem Begriff der sozialen Sicherung geleistet wird, umfasst die gesetzliche Rente, Staatsentschädigungen und staatliche akademische Stipendien.

Gesetzliche Renten

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Sozialhilfe

In der georgischen Gesetzgebung wird Sozialhilfe als jegliche Art finanzieller und nicht-finanzieller Unterstützung definiert, die sich an Personen mit besonderen Pflegebedürfnissen, arme Familien oder Obdachlose richtet.

Es gibt folgende Kategorien finanzieller Unterstützung:

Eine Familie hat Anspruch auf einen Unterhaltszuschuss, wenn sie in der Datenbank für sozial schwache Familien registriert ist. Der Zuschuss beträgt bis zu 60 GEL pro Person - für jedes weitere Familienmitglied kommen 48 GEL hinzu.

Reintegrationsbeihilfe wird den biologischen Familien bzw. dem Vormund von Personen gewährt, die besonderen Schutz benötigen und die statt in speziellen Einrichtungen in Familien untergebracht werden, wo sie die Möglichkeit haben in einem familiären Umfeld zu leben und die notwendige medizinische Betreuung erhalten. Der Zuschuss für ein gesundes Kind beträgt 90 GEL, für ein behindertes Kind 130 GEL.

Pflegebetreuungsbeihilfe erhalten Adoptiveltern als Gegenleistung für die Fürsorge und die Erziehung des adoptierten Kindes. Die Pflegebetreuungsbeihilfe für ein gesundes Kind beträgt 200 GEL und 300 GEL für ein behindertes Kind. Ist die Betreuungshilfe für ein nicht verwandtes Kind gedacht, dann beträgt sie 15 GEL am Tag bzw. im Falle einer vorliegenden Behinderung 20 GEL am Tag.

Eine weitere Form der Beihilfe stellt die Familienfürsorgebeihilfe dar, die gewährt wird, wenn ein Erwachsener aus einer speziellen Einrichtung in ein familiäres Umfeld geholt wird, um ihm in einem familiären Umfeld die notwendige Zuwendung zukommen zu lassen

Bedürftige Personen können soziale Beihilfe in Form von Sachleistungen in Anspruch nehmen. Für präventive und reintegrative Zwecke können auch Kinder und/oder ihre Familien die Leistungen erhalten, wenn die familiäre Situation der Grund für die Vernachlässigung der Kinder ist und ihnen Unterstützung gewährt werden muss, um in ihrer eigenen Familie leben zu können.

Das Sozialpaket ist eine monatliche Finanzleistung, deren Höhe, Anspruchsberechtigte, Vergaberichtlinien und Konditionen von der georgischen Regierung festgelegt werden.

Die georgischen Sozialleistungen umfassen den Unterhalt von spezialisierten Einrichtungen, in denen hilfsbedürftige Menschen auf Staatskosten oder mit Unterstützung vom Staat leben können. Familien, die unterhalb der Armutsgrenze leben, werden in diesen Einrichtungen auf Staatskosten versorgt.

Die Zahlung von Arbeitslosengeld wurde im Mai 2006 eingestellt. Als Folge der Abschaffung des Arbeitsgesetzes gibt es keine legale Basis mehr für die Zahlung einer solchen Beihilfe. Ein System privater Arbeitslosenversicherer ist noch nicht entwickelt worden. Daher erhalten Arbeitslose in Georgien keine Unterstützung (IOM 06.2014).

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Familien, die unter der Armutsgrenze leben, können um Sozialhilfe ansuchen. Dafür muss der Vertreter der Familie zunächst ein Ansuchen für sich und alle übrigen Familienmitglieder stellen, um in das staatliche Register für besonders schutzbedürftige Familien aufgenommen zu werden. Danach besucht ein Vertreter des Sozialamtes die Familie Vorort, wobei in der "Familiendeklaration" der sozio-ökonomische Stand der Familie festgestellt wird. Mittels eines Punktevergabesystems wird die Bedürftigkeit festgestellt. Bis zu einem Wert von 57.000 Punkten besteht der Anspruch auf finanzielle Unterstützung wie folgt: 60 GEL für Alleinstehende; ab zwei Personen erhält das älteste Familienmitglied 60 GEL und alle anderen 48 GEL pro Monat. Ausschlussgründe sind insbesondere die Arbeitsaufnahme eines Familienmitgliedes, Gefängnishaft, Militärdienst oder ein Auslandsaufenthalt von mehr als drei Monaten. Die Sozialhilfe kann nicht gleichzeitig mit der staatlichen "Haushaltsunterstützung" oder der monatlichen Zahlung an Flüchtlinge bezogen werden. Eine neuerliche Verifizierung des Status steht an, wenn sich die Demographie der Familie ändert, die Arbeitsaufnahme oder sonstige legale Einkommen vorliegen bzw. der Verlust dieser, ein Wohnortswechsel erfolgt, der Behindertenstatus festgestellt wird, oder sonst Gründe vorliegen, welche die wirtschaftliche Lage der Familie verändert haben. Wenn mehr als ein Jahr nach der Registrierung verstrichen sind, so ist dies per se ein Grund für eine neuerliche Verifizierung des Status (SSA o.D.a.).

...

Quellen:

15. Medizinische Versorgung

Im Rahmen des Entwicklungsprogramms des klinischen Versorgungsnetzwerkes wird das georgische Krankenhaussystem betrieben. Zum heutigen Zeitpunkt gibt es 100 entweder neu eröffnete oder renovierte funktionierende Krankenhäuser in XXXX und den umliegenden Regionen. 2011 wurden die medizinischen Einrichtungen, die zu 100% mit staatlichen Mitteln finanziert wurden, auf regionaler Ebene umorganisiert, so dass heute die von diesen medizinischen Einrichtungen angebotenen Leistungen in die neu errichteten medizinischen Einrichtungen integriert worden sind. Bis zu 40 solcher medizinischer Zentren mit integriertem ambulantem Pflegedienst, prästationären Diensten und weiteren klinischen Versorgungen existieren zurzeit in den verschiedenen Regionen des Landes. Laut der Resolution Nr. 92 der georgischen Regierung vom 15. März 2012 bezüglich der "Bewilligung des staatlichen Gesundheitsprogramms 2012", können georgische Staatsbürger Leistungen von folgenden staatlichen Programmen in Anspruch nehmen:

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Medikamente: Alle Arten von Medikamenten sind in Georgien erhältlich, sowohl als Original als auch als Generikum. Es gibt mehrere große Apothekenketten wie GPC (www.gpc.ge ), PSP (www.psp.ge ), und AVERSI (www.aversi.ge ).

Krankenversicherung: Am 28.2.2013 ist das neue allgemeine staatliche Gesundheitsprogramm in Kraft getreten. Das Programm garantiert Krankenversicherung für alle unversicherten Einwohner von Georgien. Mitglieder der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung sind daher nicht durch das Programm abgedeckt. Zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte von Georgien sind daher sowohl georgische Staatsbürger, als auch Inhaber neutraler Identifikationsdokumente und -pässe sowie Staatenlose krankenversichert. Das Programm wird von der Sozialversicherungsagentur durchgeführt. Die Krankenversicherungsprogramme, die 2007 und 2012 begonnen haben und insgesamt ca. 2,1 Millionen Menschen abdecken, versichern sozial gefährdete und Menschen im Rentenalter, Kinder bis zum Alter von 5 Jahren, Schüler und Studenten, behinderte Kinder und Erwachsene mit schweren Behinderungen. Private Versicherungsprogramme implementieren die Programme.

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Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1422965667_georgia8-en.pdf , Zugriff 17.11.2015

16. Behandlung nach Rückkehr

Asylwerber, die von Österreich nach Georgien außer Landes gebracht werden, sind in Georgien keiner strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt, nur weil sie in Österreich um Asyl angesucht haben. (VB 3.2.2014)

Die Migrationsstrategie der georgischen Regierung zielt u.a. auf die Unterstützung der Rückkehr georgischer Bürger und deren würdige Reintegration, also Umsetzung internationaler Abkommen und nationaler Gesetze in Bezug auf die Reintegration georgischer Bürger, Verbesserung der Kapazitäten zu deren Reintegration, Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen (MPC 06.2013).

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Quellen:

17. Verfolgung von Mitgliedern der Nationalen Bewegung und deren Wahlhelfer

[Anm.: Basis: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation der bB vom 1.4.2016]

Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass nach dem Machtwechsel 2012 bzw. 2013 primär gegen ehemalige hohe Amtsträger der Vereinigten Nationalen Bewegung (UNM) unter Präsident Saakashvili Strafverfolgungsmaßnahmen wegen Amtsmissbrauch und Korruption durchgeführt wurden. Die oppositionelle UNM sah dies als politische Verfolgung. Internationale und lokale Beobachter kritisierten vor allem die Einseitigkeit des behördlichen Vorgehens, nämlich fast ausschließlich gegen Mitglieder der Opposition vorzugehen, wobei es im Zuge der Gerichtsverfahren zu prozeduralen Fehlern und Nicht-Würdigung der Unschuldsvermutung gekommen sei. Überdies hätte die Regierung durch öffentliche Stellungnahmen gegen die angeklagten ehemaligen Würdenträger der UNM Einfluss auf die Justiz ausgeübt. Internationale wie lokale Organisationen berichteten allerdings, dass sie freien Zugang zu den inhaftierten Angeklagten gehabt hätten und die Haftbedingungen akzeptabel gewesen seien. Bei Übergriffen auf Einrichtungen der oppositionellen UNM durch Anhänger der Regierung hätten die Sicherheitsbeamten mangelhaft eingegriffen und hohe Regierungsvertreter solche Übergriffe als berechtigten Ausdruck des Volkszorns legitimiert.

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18. Werden Wahlhelfer/Wahlleiter bedroht oder verfolgt?

[Anm.: Basis: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation der bB vom 1.4.2016]

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Zusammenfassung:

Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass es bei den Parlamentswahlen 2012 und den Lokalwahlen 2014 vereinzelt zu Fällen von Einschüchterung und Gewaltandrohung bzw. deren Anwendung gegenüber von Mitgliedern von Wahlkommissionen gekommen ist. Die Opposition hegte Zweifel an der Bereitschaft der verantwortlichen Beschwerdeinstanzen, gegen derartige Verstöße vorgehen zu wollen.

...

I.4.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK (§§ 55, 10 Abs. 2 AsylG 2005) dar.

Die Frist zu freiwilligen Ausreise ergebe sich aus der hier anzuwendenden Rechtslage.

I.5. Gegen die genannten Bescheide wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsätzen innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde auf das bisherige Vorbringen verwiesen und festgehalten, dass die Widersprüche sich aus der bereits verstrichenen Zeit und den traumatischen Ereignissen in Georgien zurückzuführen sind. Der objektive Aussagekern stelle sich als schlüssig und durch die allgemeine Lage bestätigt dar.

Aufgrund der privaten und familiären Anknüpfungspunkte in Österreich stelle sich eine Rückkehrentscheidung als rechtswidrig dar.

Im Detail wurde Folgendes angeführt:

"...

Richtig ist, dass im Laufe der Vernehmungen sich widersprechende Angaben zum tatsächlichen Zeitpunkt der Flucht gemacht wurden. Dies ist nachtvollziehbar und damit zu begründen, dass unter Zugrundelegung der Tatsache, dass vor Antritt der Flucht ein traumatisches Ereignis stattgefunden hat, nämlich der Beschwerdewerber von der Polizei "verhaftet", von dieser auf die Polizeistation gebracht und in weiterer Folge bedroht und geschlagen wurde, sowie sich die Flucht an sich bereits einige Jahre in der Vergangenheit befunden hat, eine zeitliche Einordnung nicht mehr fehlerlos möglich war. Des Weiteren kann davon ausgegangen werden, dass im Zeitpunkt einer Ausnahmesituation das genaue Datum nicht relevant ist und können die fehlerhaften Angaben des Beschwerdewerbers somit leicht mit der von diesem widerspruchslos geschilderten Situation geklärt werden.

Hinsichtlich der Fluchtgründe an sich wurden diese sowohl glaubwürdig als auch nachvollziehbar geschildert. Der Beschwerdewerber hat angeführt, im Laufe von 20 -30 Wahlveranstaltungen von der Polizei "nur" 4-5 Mal verhaftet und 3-4 Stunden lang bedroht und geschlagen worden zu sein, sodass er sichtbare Verletzungen, wie insbesondere blaue Flecken, davontrug. Die Behörde führt diesbezüglich an, dabei hätte es sich wohl auch um Identitätsfeststellungen handeln können. Dies entspricht keinesfalls den Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung. Für eine Identitätsfeststellung ist es für die Polizei wohl nicht notwendig oder zweckmäßig, Schläge und Drohungen anzuwenden, weshalb ein solcher Zweck für die Festhaltung des Beschwerdewerbers ausgeschlossen werden kann.

Die Behörde stellt selbst fest, dass im Zuge der Wahlvorbereitungen zur Wahl 2012 Angehörige und auch Wahlhelfer der Partei ENM bedroht und geschlagen wurden. Warum dies für den Beschwerdewerber trotz nachvollziehbarer Schilderung nicht der Fall sein soll, wird nicht erörtert.

Selbst die Frau des Beschwerdewerbers gibt an, der Beschwerdewerber sei aufgrund seiner politischen Gesinnung des Öfteren mit blauen Flecken und ähnlichen Verletzungen nach Hause gekommen. Auszugehen ist sohin davon, dass die Angaben des Beschwerdewerbers tatsächlich der Wahrheit entsprechen. Die Differenzen zur Aussage der Frau des Beschwerdewerbers sind damit zu begründen, dass diese - wie sie auch selbst anführt - vom Beschwerdewerber über die angeführten Vorfälle nicht informiert wurde, diese jedoch entsprechende Informationen von dritten Personen einholen konnte. Warum auch dritte Personen der Frau des Beschwerdewerbers Lügen erzählen sollten, ist nicht ersichtlich.

Auch die Angaben des Beschwerdewerbers, er sei bedroht worden und sei ihm "vorgeschlagen" worden, er solle in einem Prozess gegen eine noch zu nennende Person falsche Aussagen tätigen, da ansonsten er selbst mit einer fingierten Anklage zu rechnen habe, sind glaubhaft und nachvollziehbar. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Parteien mit entsprechendem Hintergrund bei dem Versuch der Machtübernahme die

oppositionellen Politiker und Parteien beseitigen wollen. Zu diesem Zweck sind naturgemäß auch "einfache Wahlhelfer" geeignet, da die Aussage falscher, von der Polizei vorgegebener Angaben durch eine Vielzahl von Personen unter dem Anschein der Rechtmäßigkeit zur leichteren Verurteilung der Spitzenpolitiker der oppositionellen Partei führen können. Des Weiteren dient die dargestellte Verhaltensweise der Einschüchterung der Wahlhelfer und Wahlmitarbeiter der oppositionellen Partei sowie der dieser gewogenen Bevölkerung und soll durch derartige Vorgehen der Partei die Unterstützung der Bevölkerung entzogen werden. Wie der Beschwerdewerber selbst angeführt hat, waren dieser sowie die anderen Wahlhelfer mit der Rekrutierung von Parteianhängern beauftragt. Fällt nunmehr die "unterste" Stufe der Partei weg, ist einerseits die Rekrutierung weiterer Parteimitglieder und ausreichender Wähler nicht mehr möglich, andererseits spricht sich - wie dies auch tatsächlich der Fall war - die Gewalt und Bedrohung der einfachen Wahlhelfer in der Bevölkerung herum und werden auch dadurch potenzielle Wähler oder Parteimitglieder der oppositionellen Partei abgeschreckt. Ein derartiges Vorgehen gegen Wahlhelfer ist sowohl glaubhaft und nachvollziehbar und wird derartiges Verhalten auch tatsächlich so praktiziert. Weiters entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass derartig agierende Parteien den Staatsapparat unterwandern und sohin auch die Polizei unter ihrer Kontrolle haben.

Zusammengefasst sind die Angaben des Beschwerdewerbers - selbst unter Berücksichtigung der teilweise widersprechenden Angaben seiner Ehefrau, die offensichtlich über die Hintergründe des Lebens ihres Mannes nicht informiert war - glaubwürdig und nachvollziehbar und hätte die Behörde obige Feststellungen zu treffen gehabt.

Selbst wenn der Staat Georgien seit Februar 2016 als "sicherer Drittstaat" gilt, sind dennoch die Voraussetzungen des Vorliegens eines Fluchtgrundes im Einzelfall zu prüfen und hat diese Feststellung keine generelle Abweisung von Asylanträgen georgischer Staatsbürger zur Folge. Wie der Beschwerdewerber in Übereinstimmung mit seiner Ehefrau ebenfalls glaubwürdig angeführt hat, würden ihm im Falle der Rückkehr nach Georgien - in welche Stadt auch immer - Gewalt und schlimmstenfalls der Tod drohen.

Der Beschwerdewerber ist in Österreich ausreichend integriert, er ist der deutschen Sprache in Grundkenntnissen mächtig, ist bereit, einer geregelten Arbeit nachzugehen und somit seine Familie zu finanzieren und ist daher nicht auf Sozialleistungen des österreichischen Staates angewiesen.

3.

Rechtlich folgt aus obig Angeführtem, dass der Beschwerdewerber sowie dessen Familie aus wohl begründeter Furcht, aus Gründen der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb ihres Heimatlandes befinden und nicht in der Lage bzw. nicht gewillt sind, sich des Schutzes des Staates Georgien zu bedienen. Sämtliche Angaben des Beschwerdewerbers sind glaubhaft und nachvollziehbar und besteht tatsächlich die Gefahr der Verfolgung in Georgien. Da diese Voraussetzungen für den Beschwerdewerber vorliegen, ist dies auch für dessen Familie der Fall.

Unabhängig des Voranstehenden liegen auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigen vor, da eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Georgien eine reale Gefahr der Verletzung von Artikel 2 EMRK Artikel 3 EMRK bzw. der Protokolle Nummer 6 oder Nummer 13 zur Konvention bedeuten sowie für den Beschwerdewerber als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt mit sich bringen würde.

Diesbezüglich wird insbesondere auf die voranstehenden Gründe für die Rechtmäßigkeit der Asylgewährung verwiesen. Hinzu kommt, dass es dem Beschwerdewerber bei einer Rückkehr nach Georgien nicht möglich ist, einer angemessen Arbeit zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz von sich und seiner Familie nachzugehen. Der Beschwerdewerber müsste sich bei einer Rückkehr nach Georgien bedeckt halten und könnte somit einer offiziellen Arbeit nicht nachgehen. Auch die Mittel der Eltern bzw. Schwiegereltern sind bescheiden sodass diese die Finanzierung einer vierköpfigen Familie nicht übernehmen können. Für den Fall der Abweisung des Asylantrages wäre dem Beschwerdewerber sowie dessen Familie sohin der Status der subsidiären Schutzberechtigten zuzuerkennen.

4.

In Zusammenschau mit dem Obgenannten ist auch die Erlassung einer Rückkehrentscheidung unrechtmäßig und wäre tatsächlich von einer Erlassung einer Rückkehrentscheidung abzusehen gewesen. Der Beschwerdewerber und dessen Familie verfügen über in Österreich lebende Geschwister, die Familie ist in Österreich bereits integriert und geht der Beschwerdewerber soweit bescheidmäßig erlaubt einer Arbeit nach, er spricht bereits Deutsch und ist sohin der Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht rechtmäßig. Nicht zuletzt würde dem Beschwerdewerber bei Rückkehr in seinen Heimatstaat die Gefahr einer Verfolgung drohen.

5.

Mit Spruchpunkt III hat die belangte Behörde einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 Asylgesetz nicht erteilt. Diesbezüglich ist anzuführen, dass ein Antrag gemäß § 55 Asylgesetz bis dato nicht gestellt wurde und dieser Spruchpunkt daher insoweit ersatzlos aufzuheben ist.

..."

I.6. Im Akt befinden sich Empfehlungsschreiben, in welchen sich deren Verfasser über die soziale Vernetzung der bP aus ihrer Sicht äußern, sowie die seitens der bP in den Einvernahmen vor der bB beschriebene Bescheinigungsmittel.

I.7. Am 15.2.2015 wurde die bP1 betreten, wie sie gemeinsam mit dem Bruder der bP2 bei der Einreise in das Bundesgebiet die Binnengrenze zwischen Österreich und Slowenien überschritt. Laut ihren eigenen Angaben reiste sie aus dem Bundesgebiet aus, um in Slowenien Zigaretten zu kaufen (AS 199).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

II.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien

Bei den beschwerdeführenden Parteien handelt es sich um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Georgier, welche aus einem überwiegend von Georgiern bewohnten Gebiet stammen und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennen.

Die beschwerdeführenden Parteien bP1 und bP2 sind junge, gesunde, arbeitsfähige Menschen mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer -wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherten Existenzgrundlage.

Die Pflege, Obsorge und der Unterhalt der minderjährigen bP3 - bP4 ist durch ihre Eltern gesichert.

Verwandte bzw. Familienangehörige der bP leben nach wie vor im Herkunftsstaat der bP.

Die bP verfügen über die von ihnen beschriebenen Anknüpfungspunkte in Österreich, mit der Maßgabe, dass diese laut im Akt ersichtlichen Bescheid des AMS vom 17.3. - 15.5.2016 berechtigt war, einer Tätigkeit als gastgewerblicher Hilfskraft nachzugehen. Zuvor ging die bP1 einer geringfügigen Beschäftigung nach.

Die bP2 -bP4 sind strafrechtlich unbescholten. Die bP1 wurde wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden als Beteiligter gem. § 12 zweiter Fall, 223 Abs. 1, 224 StGB am 26.3.2014 inzwischen rechtskräftig verurteilt, indem sie im Oktober 2013 andere Personen dazu anstiftete, für sie einen gefälschten tschechischen Reisepass herzustellen nach dessen Erhalt in Österreich am Rechtsverkehr teilnahm. Seitens des Gericht wurde die bisherige Unbescholtenheit und das Geständnis der bP als mildernd, das Zusammentreffen mehrerer Vergehen als erschwerend angenommen.

Die Identität der bP steht fest.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Georgien

Hinsichtlich der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Georgien schließt sich das ho. Gericht den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen der bB an.

Es sei an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass es sich bei der Republik Georgien zwischenzeitig um einen sicheren Herkunft im Sinne des § 19 BFA-VG handelt.

II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat

Es kann nicht festgestellt werden, dass die bP als Anhänger der Nationalen Bewegung den von ihr beschriebenen Repressalien ausgesetzt gewesen ist.

2. Beweiswürdigung

II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

II.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen, sowie den seitens der bP vorgelegten Bescheinigungsmitteln.

II.2.3 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges- handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten - von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen - diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteiennahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann. Hingegen findet sich hinsichtlich der Überlegungen zur diplomatischen Zurückhaltung bei Menschenrechtsorganisationen im Allgemeinen das gegenteilige Verhalten wie bei den oa. Quellen nationalen Ursprunges. Der Organisationszweck dieser Erkenntnisquellen liegt gerade darin, vermeintliche Defizite in der Lage der Menschenrechtslage aufzudecken und falls laut dem Dafürhalten -immer vor dem Hintergrund der hier vorzunehmenden inneren Quellenanalyse- der Organisation ein solches Defizit vorliegt, dies unter der Heranziehung einer dem Organisationszweck entsprechenden Wortwahl ohne diplomatische Rücksichtnahme, sowie uU mit darin befindlichen Schlussfolgerungen und Wertungen -allenfalls unter teilweiser Außerachtlassung einer systematisch-analytischen wissenschaftlich fundierten Auswertung der Vorfälle, aus welchen gewisse Schlussfolgerungen und Wertungen abgeleitet werdenaufzuzeigen (vgl. Erk. des AsylGH vom 1.8.2012, Gz. E10 414843-1/2010).

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu (zur den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle im Asylverfahren vgl. etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, Gz. 2000/01/0348).

Soweit auf Quellen älteren Datums zurückgegriffen wurde, war dies notwendig, um weiter in der Vergangenheit liegende Vorfälle zu schildern.

Die bP trat auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen und wird neuerlich darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich die Republik Georgien als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet.

Letztlich wird auf die noch zu beschreibende normative Vergewisserung von der Sicherheit Georgiens hingewiesen.

II.2.4. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen von ihrem objektiven Aussagekern her in sich schlüssig und stimmig ist.

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass sich die Ausführungen der bP nach Ansicht des ho. Gerichts an sich als tragfähig darstellen und keiner weiteren Ergänzung bedürfen. Die Nachfolgenden Überlegungen stellen daher lediglich Konkretisierungen und Abrundungen dar.

Wie bereits erwähnt, schließt sich das ho. Gericht den Ausführungen der bB an. Auch die Einwände des Rechtsfreundes der bP sind nicht geeignet, die Ausführungen der bB in Zweifel zu ziehen. Das ho. Gericht schließt sich zwar den Ausführungen der Vertretung der bP an, dass ihnen eine gewisse Vergessensrate zuzubilligen ist (vgl. etwa die Vergessenskurve von Ebbinghaus), doch ist vor diesem Hintergrund darauf hinzuweisen, dass die bP nicht angehalten waren, über lange zurückliegende Ereignisse zu berichten und es ihnen -auch wenn sie über sie belastende Ereignisse handeln sollte- darüber berichten können, ohne sich in eklatante Widersprüche zu verwickeln, was ihnen im gegenständlichen Fall nicht gelang. Wenn letztlich bloß die Rahmengeschichte widerspruchsfrei geschildert werden kann, so reicht dies nicht aus, um von einem glaubhaften Vorbringen sprechen zu können. Auch der Umstand, dass ähnliche Vorfälle in der Vergangenheit vereinzelt vorgefunden haben könnten, bescheinigen nicht, dass die bP tatsächlich in einen solchen Vorfall verwickelt war.

Aus der Sicht des ho. Gericht erscheint es besonders auffällig, dass die bP1 nicht die sich bietende erste Gelegenheit nutzte, um einen Asylantrag zu stellen, wie es von einem Flüchtling mit dem Wissen und Fähigkeiten der bP zu erwarten gewesen wäre. Sie befand sich zum einen schon vor der Einreise nach Österreich in mehreren Ländern, wo es ihr möglich und zumutbar gewesen wäre, einen solchen Antrag zu stellen und vor Verfolgung sicher gewesen wäre, noch nützte sie in Österreich die erste sich bietende Gelegenheit, um einen solchen Antrag zu stellen, sondern hielt sie sich vorerst rechtswidrig im Bundesgebiet aus und versuchte vorzutäuschen, tschechischer Staatsbürger zu sein. Schon alleine dieses Verhalten zeigt, dass ihre Motivation, warum sie Georgien verließ, sichtlich nicht im Bestreben, Schutz vor Verfolgung zu finden lag, sondern sie ihren Herkunftsstaat sichtlich aus anderen Motiven, nämlich aus asylfremden Gründen verließ.

Auch zeigen die hervorgekommenen Umstände der Ausreise aus Georgien, dass es sich sichtlich um kein fluchtartiges Verlassen des Landes, sondern um eine geplante und geordnete Ausreise handelte.

Ebenso ist aus dem Gesamtverhalten der bP1 erschließbar, dass sie sichtlich bereit ist, vor Behörden ihre Aussagen situationselastisch und mit der Tatsachenwelt nicht übereinstimmend zu tätigen, wenn sie sich hieraus einen Vorteil erhofft. Durch dieses Verhalten wird ihre persönliche Glaubwürdigkeit erheblich erschüttert. In Bezug auf die bP2 gilt dies sinngemäß, zumal sie sich den Ausführungen der bP1 anschließt.

Das ho. Gericht weist auch darauf hin, dass die bP1 nicht einmal ansatzweise ihrer Obliegenheit zur Bescheinigung ihres Vorbringens nachkam. Dies wäre ihr zumindest mittelbar möglich gewesen, wenn sie sich tatsächlich in der beschriebenen Form für die Nationale Bewegung tätig gewesen wäre und deswegen in Probleme geraten wäre. Zum einen sind noch Personen in Georgien aufhältig, welche sie bei der Kontaktaufnahme mit Proponenten der Nationalen Bewegung unterstützen könnten und sie somit logistisch in der Lage wäre, über die Partei Unterlagen herbeizuschaffen, welche ihr Vorbringen zumindest mittelbar bescheinigen zum anderen unterhält die Partei eine Homepage (http://www.unm.ge ), über die die bP1 mit der Partei mit dem Ersuchen, ihr entsprechende Unterlagen zu übermitteln, jederzeit in Kontakt treten könnte. Dass seitens der bP keinerlei derartige Schritte unternommen wurden, obwohl ihr aus entsprechenden Manuduktionen, sowie einer bereits längeren rechtsfreundlichen Vertretung ihre Obliegenheit zur Mitwirkung und Bescheinigung bekannt sein musste, lässt nur den Schluss zu, dass sich kein bescheinigbarer Sachverhalt ereignete.

Das ho. Gericht geht davon aus, dass seitens der bB der maßgebliche Sachverhalt im ausreichendem Maße ermittelt wurde und zusätzliche Ermittlungen letztlich in einem unzulässigen Erkundungsbeweis münden würden. Erkundungsbeweise sind Beweise, die nicht konkrete Behauptungen, sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand haben. Sie dienen also nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es erst ermöglichen, dieses zu erstatten.

3. Rechtliche Beurteilung

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht, Sicherer Herkunftsstaat

II.3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

II.3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

II.3.1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

II.3.1.4. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

II.3.1.5. Gem. § 19 Abs. 5 BFA-VG kann die Bundesregierung bestimmte Staaten durch Verordnung als sicher Herkunftsstaaten definieren.

Gemäß § 1 Z 12 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, gilt die Republik Georgien als sicherer Herkunftsstaat.

II.3.1.5.1. Gem. Art. 37 der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zum gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz Rechts- und Verwaltungsvorschriften beinhalten oder erlassen, die im Einklang mit Anhang I zur VO sichere Herkunftsstaaten bestimmen können. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat bestimmt werden kann, werden verscheide Informationsquellen, insbesondere Inforationen andere Mitgliedstaaten, des EASO, des UNHCR, des Europarates und andere einschlägiger internationaler Organisationen herangezogen

Gem. dem oben genannten Anhang I gilt ein Staat als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind.

Bei der entsprechenden Beurteilung wird unter anderem berücksichtigt, inwieweit Schutz vor Verfolgung und Misshandlung geboten wird durch

a) die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Staates und die Art und Weise ihrer Anwendung;

b) die Wahrung der Rechte und Freiheiten nach der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und/oder dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und/oder dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention keine Abweichung zulässig ist;

c) die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung nach der Genfer Flüchtlingskonvention;

d) das Bestehen einer Regelung, die einen wirksamen Rechtsbehelf bei Verletzung dieser Rechte und Freiheiten gewährleistet.

Artikel 9 der Richtlinie 2011/95/EU definiert Verfolgung wie folgt:

"1) Um als Verfolgung im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention zu gelten, muss eine Handlung

a) aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, oder

b) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Buchstabe a beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne von Absatz 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

a) Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,

b) gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,

c) unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,

d) Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,

e) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 fallen, und

f) Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Gemäß Artikel 2 Buchstabe d muss eine Verknüpfung zwischen den in Artikel 10 genannten Gründen und den in Absatz 1 des vorliegenden Artikels als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen bestehen."

Aus dem allgemein anerkannten Grundsatz der richtlinienkonformen Umsetzung und Interpretation innerstaatlicher Rechtsnormen, welche der höchstgerichtlichen Judikatur folgend geboten erscheint, wonach wann immer nationale Behörden oder Gerichte Recht anwenden, das Richtlinien umsetzt, diese gemäß der richtlinienkonformen Interpretation dazu verhalten sind, "das zur Umsetzung einer Richtlinie erlassene nationale Recht in deren Licht und Zielsetzung auszulegen" (VfSlg. 14.391/1995; zur richtlinienkonformen Interpretation siehe weiters VfSlg. 15.354/1998, 16.737/2002, 18.362/2008; VfGH 5.10.2011, B 1100/09 ua.) ergibt sich, dass davon ausgegangen werden kann, dass sich der innerstaatliche Gesetzgeber und in weiterer Folge die Bundesregierung als zur Erlassung einer entsprechenden Verordnung berufenes Organ sich bei der Beurteilung, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat zu gelten hat, von den oa. Erwägungen leiten lässt bzw. ließ. Hinweise, dass die Republik Österreich entsprechende Normen, wie etwa hier die Herkunftssaaten-Verordnung in ihr innerstaatliches Recht europarechtswidrig umsetzt bestehen nicht, zumal in diesem Punkt kein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich anhängig ist bzw. eingeleitet wurde (vgl. Art. 258 f AEUV).

Der VfGH (Erk. vom 15.10.20014 G237/03 ua. [dieses bezieht sich zwar auf eine Vorgängerbestimmung des § 19 BFA-VG, ist aber nach Ansicht des ho. Gerichts nach wie vor anwendbar]) stellt ein Bezug auf die innerstaatliche Rechtslage ua. fest, dass der Regelung des AsylG durch die Einführung einer Liste von sicheren Herkunftsstaaten kein Bestreben des Staates zu Grunde liegt, bestimmte Gruppen von Fremden kollektiv außer Landes zu schaffen. Es sind Einzelverfahren zu führen, in denen auch über die Sicherheit des Herkunftslandes und ein allfälliges Refoulement-Verbot endgültig zu entscheiden ist. Dem Gesetz liegt - anders als der Vorgangsweise im Fall Conka gegen Belgien (EGMR 05.02.2002, 51564/1999) - keine diskriminierende Absicht zu Grunde. Die Liste soll bloß der Vereinfachung des Verfahrens in dem Sinne dienen, dass der Gesetzgeber selbst zunächst eine Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall vornimmt. Sicherheit im Herkunftsstaat bedeutet, dass der Staat in seiner Rechtsordnung und Rechtspraxis alle in seinem Hoheitsgebiet lebenden Menschen vor einem dem Art 3 EMRK und der Genfer Flüchtlingskonvention widersprechenden Verhalten seiner Behörden ebenso schützt wie gegen die Auslieferung an einen "unsicheren" Staat. Das Schutzniveau muss jenem der Mitgliedstaaten der EU entsprechen, was auch dadurch unterstrichen wird, dass die anderen sicheren Herkunftsstaaten in § 6 Abs. 2 AsylG [Anm. a. F., nunmehr § 19 Abs. 1 und 2 BFA-VG] in einem Zug mit den Mitgliedstaaten der EU genannt werden.

Die Einführung einer Liste sicherer Herkunftsstaaten führte zu keiner Umkehr der Beweislast zu Ungunsten eines Antragstellers, sondern ist von einer normativen Vergewisserung der Sicherheit auszugehen, soweit seitens des Antragstellers kein gegenteiliges Vorbringen substantiiert erstattet wird. Wird ein solches Vorbringen erstattet, hat die Behörde bzw. das ho. Gerichten entsprechende einzelfallspezifische amtswegige Ermittlungen durchzuführen.

Aus dem Umstand, dass sich der innerstaatliche Normengeber im Rahmen einer richtlinienkonformen Vorgangsweise und unter Einbeziehung der allgemeinen Berichtslage zum Herkunftsstaat der bP ein umfassendes Bild über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Georgien verschaffte, ist ableitbar, dass ein bloßer Verweis auf die allgemeine Lage im Herkunftsstaat, bzw. die Vorlage von allgemeinen Berichten grundsätzlich nicht geeignet ist, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher geeignet ist von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abweichen (das ho. Gericht geht davon aus, dass aufgrund der in diesem Punkt vergleichbaren Interessenslage die Ausführungen des VwGH in seinem Erk. vom 17.02.1998, Zl. 96/18/0379 bzw. des EGMR, Urteil Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77 sinngemäß anzuwenden sind, zumal sich die genannten Gerichte in diesen Entscheidungen auch mit der Frage, wie allgemeine Berichte im Lichte einer bereits erfolgten normativen Vergewisserung der Sicherheit [dort von sog. "Dublinstaaten"] zu werten sind).

II.3.1.5.2. Auf den konkreten Einzelfall umgelegt bedeutet dies, dass im Rahmen einer verfassungs- und richtlinienkonformen Interpretation der hier anzuwendenden Bestimmungen davon ausgegangen werden kann, dass sich die Bundesregierung im Rahmen einer normativen Vergewisserung in umfassendes Bild von der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien unter Einbeziehung der unter II.2.3 erörterten Quellen verschaffte und zum Schluss kam, dass die Republik Georgien die unter Anhang I der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zur gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes und den im Erk. des VfGH vom 15.10.20014 G237/03 ua. genannten Kriterien erfüllt.

Aufgrund dieser normativen Vergewisserung besteht für die bB bzw. das ho. Gericht die Obliegenheit zur amtswegigen Ermittlung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage nur insoweit, als seitens der bP ein konkretes Vorbringen erstattet wird, welches im konkreten Einzelfall gegen die Sicherheit Georgiens spricht und der bB bzw. dem ho. Gericht im Lichte der bereits genannten Kriterien die Obliegenheit auferlegt, ein entsprechendes amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen.

Das Vorbringen der bP war nicht geeignet, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher die Annahme zuließe, dass ein von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abweichender Sachverhalt vorliegt. Die Behörde bzw. das ho. Gericht waren in diesem Zusammenhang auch nicht verpflichtet, Asylgründen nachzugehen, die der Antragsteller gar nicht behauptet hat (Erk. des VfGH vom 15.10.2014 G237/03 ua mit zahlreichen wN) und liegt auch kein notorisch bekannter Sachverhalt vor, welcher noch zu berücksichtigen wäre.

II.3.1.5.3. Es steht außer Zweifel, dass das ho. Gericht gehörig kundgemachte Gesetze und Verordnungen anzuwenden hat, weshalb das ho. Gericht § 19 AsylG, sowie die Herkunftsstaaten-Verordnung selbstredend anzuwenden hat. Sollte die bP die Auffassung vertreten, dass die Republik Georgien in die Herkunftssaatenverordnung aufgenommen wurde, ohne die bereits beschriebenen Kriterien zu erfüllen, steht es ihr frei, den Weg zum Verfassungsgerichtshof bzw. zu europäischen Instanzen zu beschreiten.

Zu A) (Spruchpunkt I)

II.3.2. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten:

"§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) ...

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1.-dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

2.-der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

..."

Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag der bP inhaltlich zu prüfen ist.

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war dem Vorbringen der bP zum behaupteten Ausreisegrund insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung [nunmehr "Status eines Asylberechtigten"] einnimmt (vgl. VwGH v. 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).

Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht in dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die von der bP behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

Auch konnte im Rahmen einer Prognoseentscheidung (vgl. Putzer, Asylrecht Rz 51) nicht festgestellt werden, dass die bP nach einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit einer weiteren aktuellen Gefahr von Übergriffen zu rechnen hätte (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194). Hier wird auf die bereits getroffenen Feststellungen verwiesen.

Die im gegenständlichen Fall aufgrund der Berichtslage nahe liegenden wirtschaftlichen Erwägungen können nicht zu Gewährung von Asyl führen, zumal keinerlei Hinweise bestehen, dass die bP aufgrund eines in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grundes von der angespannten wirtschaftlichen Lage in Pakistan nachteiliger betroffen wäre, als die sonstige pakistanische Bevölkerung (zur fehlenden asylrechtlichen Relevanz wirtschaftlich motivierter Ausreisegründe siehe auch Erk. d. VwGH vom 6.3.1996, Zi. 95/20/0110 oder vom 20.6. 1995, Zl. 95/19/0040).

Abschließend wird eventualiter und hilfsweise (vgl. VwGH 24.1.2008. Zl. 2006/19/0985), ohne das Vorbringen der bP hierdurch als glaubhaft qualifizieren zu wollen, bei hypothetischer Prüfung des Vorbringens darauf hingewiesen, dass es den bP, insbesondere der bP1 möglich und zumutbar wäre, sich im Falle von Bedrohungen an die Behörden des Herkunftsstaates zu wenden, welche willens und fähig wären, ihnen Schutz zu gewähren.

Auch wenn ein solcher Schutz (so wie in keinem Staat auf der Erde) nicht lückenlos möglich ist, stellen die von der bP geschilderten Übergriffe in ihrem Herkunftsstaat offensichtlich amtswegig zu verfolgende strafbare Handlungen dar und andererseits existieren im Herkunftsstaat der bP Behörden welche zur Strafrechtspflege bzw. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit berufen und auch effektiv tätig sind. Die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der Behörden ist somit gegeben (vgl. hierzu auch die Ausführungen des VwGH im Erk. vom 8.6.2000, Zahl 2000/20/0141 zu den Voraussetzungen der Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des [in diesem Erkenntnis] türkischen Staates; Im soeben zitierten Erk. führte der weiter aus:

"Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem die Gewährung von Asyl an einen algerischen Staatsangehörigen betreffenden Erkenntnis vom 22. März 2000, Zl. 99/01/0256, ausgesprochen, dass mangelnde Schutzfähigkeit des Staates nicht bedeute, dass der Staat nicht mehr in der Lage sei, seine Bürger gegen jedwede Art von Übergriffen durch Dritte präventiv zu schützen, sondern dass mangelnde Schutzfähigkeit erst dann vorliege, wenn eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung "infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt" nicht abgewendet werden könne (wobei auf die hg. Erkenntnisse vom 7. Juli 1999, Zl. 98/18/0037, und vom 6. Oktober 1999, Zl. 98/01/0311, Bezug genommen wird). Dies sei dann der Fall, wenn für einen von dritter Seite Verfolgten trotz des staatlichen Schutzes der Eintritt eines - entsprechende Intensität erreichenden - Nachteiles mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei.

Die belangte Behörde leitete aus dem Umstand, dass der türkische Staat bereits die Androhung einer schweren und rechtswidrigen Schadenszufügung strafgerichtlich verpöne, jedenfalls aber eine mit dem Motiv der Blutrache begangene Tötung mit der [Anm: nunmehr in der Türkei nicht mehr angewandten] Todesstrafe bedrohe, die nicht unschlüssige Folgerung ab, dass der türkische Staat gewillt sei, den erforderlichen Schutz zu gewähren. Nach den Feststellungen der belangten Behörde hat der türkische Staat sowohl den Willen als auch die Fähigkeit, den Beschwerdeführer vor den Gefahren einer befürchteten Blutrache ausreichend zu schützen. Die Beschwerde hält dem Argument, der Beschwerdeführer hätte bei staatlichen Stellen Schutz vor Verfolgung finden können, lediglich entgegen, dass ein einmal gegebenes Versprechen, für eine getötete, nahe stehende Person Blutrache zu verüben, nicht einfach wieder zurückgenommen werden könne. Das Versprechen, Blutrache zu üben, binde - nach islamischer Weltanschauung - jene Person, die das Versprechen abgegeben habe, und keine wie auch immer geartete Strafdrohung könne eine die Vollziehung der Blutrache versprechende Person von der Ausübung ihrer nunmehrigen "Pflicht" abschrecken. Der Vollzug der versprochenen Blutrache werde zur Lebensaufgabe des Versprechenden. Es erscheine nicht möglich, sich unter den Schutz des türkischen Staates zu stellen, weil der Beschwerdeführer rund um die Uhr bis zu seinem Lebensende vom türkischen Staat beschützt werden müsste. Der türkische Staat habe weder die finanziellen Mitteln noch ein Interesse an einem solchen Personenschutz.

... Die belangte Behörde hat ...klar zum Ausdruck gebracht, dass sie von einer ausreichenden Schutzgewährung durch den türkischen Staat ausgehe und sie hat den Beschwerdeführer erfolglos aufgefordert, Beweismittel vorzulegen, die diese Annahme erschüttern könnten .... Staatliche Schutzgewährung ist um so eher zu erwarten, als es sich bei den mutmaßlichen Verfolgern um verhältnismäßig leicht auszuforschende Verwandte des vom Beschwerdeführer widerrechtlich Getöteten handeln würde. Der Beschwerdeführer hat überdies nicht einmal den Versuch unternommen, etwa durch Anzeige im Sinne des Art. 191 des türkischen Strafgesetzbuches staatlichen Schutz vor möglicher Blutrache in Anspruch zu nehmen. Es ist auch nicht offenkundig, dass der Beschwerdeführer der von ihm behaupteten Gefahr in der gesamten Türkei ausgesetzt wäre und ihm daher keine Möglichkeit offen stünde, innerhalb seines Heimatstaates einen sicheren Aufenthaltsort zu finden.").

Die bloße Möglichkeit, dass staatlicher Schutz nicht rechtzeitig gewährt werden kann, vermag eine gegenteilige Feststellung nicht zu begründen, solange nicht von der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit der Nichtgewährung staatlichen Schutzes auszugehen ist (vgl. hierzu die im Erkenntnis noch zu treffenden Ausführungen zum Wahrscheinlichkeitskalkül).

Unter richtlinienkonformer Interpretation ( Art 6 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.April 2004) kann eine Verfolgung bzw. ein ernsthafter Schaden von nichtstaatlichen Akteuren (nur) dann ausgehen, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "erwiesenermaßen" nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Art 7 leg cit zu bieten (das Gebot der richtlinienkonformen Interpretation der entsprechenden asylrechtlichen Bestimmungen entspricht auch dem Gesetzgeber (vgl. Wortlaut der RV zum AsylG 2005: "...Mit dem

vorgeschlagenen Entwurf werden folgende Richtlinien umgesetzt ... :

Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. Nr. L 304 vom 30.09.2004 S. 12, CELEX Nr. 32004L0083; ...".

Nach der Rsp des VwGH ist für die Annahme einer Tatsache als "erwiesen" (vgl § 45 Abs 2 AVG) allerdings keine "absolute Sicherheit" (kein Nachweis "im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn" erforderlich (VwGH 20.9.1990, 86/07/0091; 26.4.1995, 94/07/0033; 20.12.1996, 93/02/0177), sondern es genügt, wenn eine Möglichkeit gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht 2004, 168f: an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 26.4.1995, 94/07/0033; 19.11.2003, 2000/04/0175; vgl auch VwSlg 6557 F/1990; VwGH 24.3.1994, 92/16/0142; 17.2.1999, 97/14/0059; in Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, 2. Teilband, Rz 2 zu § 45).

In Bezug auf diese Umstände - nämlich, dass der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "nicht in der Lage" oder "nicht willens" sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Art 7 leg cit zu bieten - besteht für den Beschwerdeführer somit ein erhöhtes Maß an erforderlichem Überzeugungsgrad der Behörde. Die (bloße) Glaubhaftmachung ist gem. Art 6 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.April 2004 demnach als Beweismaß dafür nicht ausreichend. Es muss "erwiesen" werden. Gelingt dies nicht, ist davon auszugehen, dass sie dazu sowohl in der Lage als auch willens sind, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, und wenn der Antragsteller Zugang zu diesem Schutz hat. Diesfalls gilt gem. Art 7 Abs 2 leg cit, dass "generell Schutz gewährleistet ist".

Im gegenständlichen Fall haben die Beschwerdeführer weder behauptet noch bescheinigt, dass das geschilderte Verhalten, jener Personen die gegen die bP vorgingen, in ihrem Herkunftsstaat nicht pönalisiert wäre oder die Polizei oder auch andere für den Rechtsschutz eingerichtete Institutionen grds. nicht einschreiten würden, um einen Schaden mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit abzuwenden. Darauf weisen auch die den Feststellungen der belangten Behörde bzw. des erkennenden Gerichts zu Grunde liegenden Quellen nicht hin, wenngleich die Berichte zu erkennen geben, dass durchaus auch noch erhebliche Defizite bestehen, ergibt sich weiters aus den von der belangten Behörde bzw. vom erkennenden Gericht herangezogenen Quellen, dass im Herkunftsstaat der bP kein genereller Unwille bzw. die Unfähigkeit der Behörden herrscht, Schutz zu gewähren.

Die bP bescheinigten im Rahmen ihrer Ausführungen zur Schutzfähigkeit nicht konkret und substantiiert den Unwillen und die Unfähigkeit des Staates, gerade in ihrem Fall Schutz zu gewähren. Es kann dem Vorbringen auch nicht entnommen werden, dass sie keinen Zugang zu den Schutzmechanismen hätten, bzw. dass gerade in ihrem Fall ein qualifizierte Sachverhalt vorliege, der es als "erwiesen" erschein lässt, dass die im Herkunftssaat vorhandenen Behörden gerade im Fall der bP untätig blieben. Im Verfahren kam auch nicht konkret hervor, dass der Staat selbst der Verfolger wäre.

Es sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass es sich bei der Republik Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung handelt, vom dem aufgrund der normativen Vergewisserung seiner Sicherheit anzunehmen ist, dass er auf seinem Territorium Schutz vor Verfolgung bietet. Ein allfälliges Fehlverhalten durch Polizeiorgane im Einzelfall stellt kein systematisch auftretendes, dem Staat zuzuschreibendes Handeln, sondern ein individuelles Fehlverhalten einzelner Organwalter dar, welches vom Staat -wenn er davon Kenntnis erlangt- nicht gelduldet wird. Es stünde der bP1 frei, sich an vorgesetzte Stellen oder zur Dienst- bzw- Fachaufsicht zuständige Organe, an die Staatsanwaltschaft, die Gerichte bzw. an zur Wahrung der Menschenrechte berufene Institutionen zu wenden. Auch sind in Georgien eine Reihe von nationalen und internationalen Organisationen tätig, welche zur Beobachtung der Lage der Menschenrechte berufen sind. Es wäre der bP1 auch frei gestanden, sich an eine solche Organisation zu wenden, was ihrem Fall entsprechende Publizität verliehen hätte. Eine solche Publizität -welche auch durch eine Einschaltung der Medien erreicht werden könnte- würde sich jedenfalls günstig auf die Lage der bP auswirken.

Im Ergebnis haben die bP letztlich im Verfahren kein derartiges Vorbringen konkret und substantiiert erstattet, welches hinreichende Zweifel am Vorhandensein oder an der Effektivität der Schutzmechanismen - dies wurde unbescheinigt und unsubstantiiert nicht glaubhaft gemacht (vgl. EGMR, Fall H.L.R. gegen Frankreich) noch kann dies als erweislich angesehen werden - verursacht hätte.

Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorlieben der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.

II.3.3. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat

II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:

"§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1.-der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2.-...

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung

nach § 3 ... zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

..."

Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies war dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.

Art. 2 EMRK lautet:

"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.

(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

...

Art. 3 EMRK lautet:

"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."

Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).

Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).

Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).

Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:

VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova &Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.

Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

Gem. der Judikatur des EGMR muss die bP die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 - Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.

II.3.3.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates der bP (die Todesstrafe wurde abgeschafft) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

Da sich der Herkunftsstaat der bP nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die bP als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat der bP in manchen Bereichen als verbesserungswert darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

Weitere, in der Person der bP begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.

Zur individuellen Versorgungssituation der bP wird weiters festgestellt, dass diese im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügen.

Bei bP1 und bP2 handelt es sich um mobile, junge, gesunde, arbeitsfähige Menschen. Die Pflege, Obsorge und der Unterhalt der minderjährigen bP3 und bP4 ist durch bP1 und bP2 gesichert.

Einerseits stammen die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehören die bP keinem qualifiziert vulnerablen Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellen als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. So war es den bP auch vor dem Verlassen ihres Herkunftsstaates möglich, dort ihr Leben zu meistern.

Auch steht es den bP1 und bP2 frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das -wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige- Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.

Ebenso kam hervor, dass die bP im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen. Sie stammen aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird und können die bP insbesondere unmittelbar nach ihrer Rückkehr daher Unterstützung durch ihre dort lebenden Familienangehörigen erwarten.

Darüber hinaus ist es der bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.

In Bezug auf die minderjährigen bP ist sicherzustellen, dass die Pflege und Obsorge durch bP1 und bP2 im Zuge der Außerlandesbringung nicht vereitelt wird.

Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen können und nicht über eine allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage geraten.

Die Zumutbarkeit der Annahme einer -ggf. auch unattraktiven-Erwerbsmöglichkeit wurde bereits beispielsweise im Erk des AsylGH vom 1.8.2012, Gz. E10 414843-1/2010 mwN bejaht.

Krankheitsbedingte Abschiebehindernisse kamen weder im amtswegig geführten Ermittlungsverfahren hervor, noch wurden solche von den bP genannt. Sie brachten auch nie vor, dass sich deren Gesundheitszustand (mit-)kausal für die Ausreise aus Gerogien dargestellt hätte.

Ebenso ist davon auszugehen, dass Österreich im Bedarfsfalle in der Lage ist, im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausreichende medizinische Begleitmaßnahmen zu setzen (VwGH 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723, VfGH v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 und die bereits zitierte Judikatur; ebenso Erk. des AsylGH vom 12.3.2010, B7 232.141-3/2009/3E mwN).

Aufgrund der getroffenen Ausführungen ist davon auszugehen, dass die beschwerdeführende Partei nicht vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in ihrem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt zu sein, weshalb die Gewährung von subsidiären Schutz ausscheidet.

II.3.4. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung

II.3.4.1. Gesetzliche Grundlagen (auszugsweise):

§ 10 AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:

"§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. ...

2. ...

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. - 5. ...

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) ..."

§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von

Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) -(4) ...

§ 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) - (6) ..."

§ 58 AsylG 2005, Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln:

§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels

gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. ...

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. - 5. ...

(2) - (13) ..."

§ 52 FPG, Rückkehrentscheidung:

"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

...

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. ...

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. - 4. ...

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3)- (11)..."

§ 55 FPG, Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1)...

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) - (5).

Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

II.3.4.2. Die gegenständlichen, nach nicht rechtmäßiger Einreise in Österreich gestellten Anträge auf internationalen Schutz waren abzuweisen. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel der drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet mehr vor und fallen die bP nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

Es liegen keine Umstände vor, dass den bP allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargetan.

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

II.3.4.3. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Vom Begriff des 'Familienlebens' in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des 'Familienlebens' in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. dazu EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215; EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981, 118; EKMR 14.3.1980, 8986/80, EuGRZ 1982, 311; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK- Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayr, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1, ebenso VwGH vom 26.1.2006, 2002/20/0423, vgl. auch VwGH vom 8.6.2006, Zl. 2003/01/0600-14, oder VwGH vom 26.1.2006, Zl.2002/20/0235-9, wo der VwGH im letztgenannten Erkenntnis feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Sowohl eheliche als auch uneheliche Kinder aus einer Familienbeziehung, die unter Art 8 EMRK fallen, werden von ihrer Geburt an ipso iure Teil der Familie (Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74; VfSlg 16.777/2003; ferner Gül gg Schweiz, ÖJZ 1996, 593; 5. 2 2004, 60457/00, Kosmopoulougg Griechenland; 18. 1. 2007, 73819/01, Estrikhgg Litauen). Umgekehrt werden Kinder erst vom Moment ihrer Geburt an rechtlich Teil der Familie. Zu noch ungeborenen Kindern liegt somit bis dahin (noch) kein schützenswertes Familienleben iSd Art 8 EMRK vor (vgl. zB VfGH 24.02.2003, B 1670/01; EGMR 19.02.1996, GÜL vs Switzerland).

Der Begriff des Familienlebens ist darüber hinaus nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua). Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR in Cruz Varas).

Im Bundesgebiet halten sich die bereits genannten der bP nahestehende Personen auf.

Zum Bruder der bP2 wird angeführt, dass dieser ebenfalls Asylwerber ist und über kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Österreich verfügt. Über den Ausgang des Asylverfahrens werden keine Prognosen angestellt.

Die Schwester der bP1 verfügt offensichtlich über einen fremden- bzw. niederlassungsrechtlichen Aufenthaltstitel.

Zur Frage, ob sich die bP zur deren Geschwister in einem echten Familienverband befinden oder ob es sich um private Bindungen handelt, ist festzuhalten, dass im Zweifel von familiären Bindungen ausgegangen wird.

Die bP möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und halten sich bereits seit ca. 2 bzw. 3 Jahren (bzw. geringfügig darunter) im Bundesgebiet auf. Sie reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein. In Bezug auf bP 1 ist festzuhalten, dass dieser ursprünglich anlässlich ihrer Einreise in die EU über ein Visum verfügte, nach Österreich aber illegal einreiste und sich hier illegal aufhielt.

Das ho. Gericht geht auch in Bezug auf bP2 - bP3 von einer rechtswidrigen Einreise aus, auch wenn diese mittels eines Visums erfolgte, zumal sie dieses Visum sichtlich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen erschlichen haben. Wäre die Visumsbehörde in Kenntnis über den Umstand gewesen, dass die bP2 gemeinsam mit ihren Kindern nicht Rückreisewillig ist und das Visum (welches lediglich zu einem vorübergehenden Aufenthalt berechtigt) dazu missbrauche, um nach Österreich in dauerhafter Niederlassungsabsicht einreisen, wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die bP kein Visum erlangt hätten.

Die bP leben von der Grundversorgung und haben sich Grundkenntnisse in der deutschen Sprache angeeignet. bP1 trägt zum Einkommen der Familie bei.

Die bP2 - bP4 sind strafrechtlich unbescholten, in Bezug auf bP1 wird auf die bereits beschriebene Vorstrafe verwiesen.

Die bP verfügen über die bereits beschriebenen sozialen Vernetzungen.

Die Rückkehrentscheidung stellt somit einen Eingriff in das Recht auf das Privat- und Familienleben dar.

II.3.4.5. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zweifellos handelt es sich sowohl beim BFA als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- bzw. Familienlebens der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Wiese verfolgt.

Bereits vor Inkrafttreten der Vorgängerbestimmung des § 9 Abs. 2 BFA-VG in der Form des AsylG 2005 idF BGBl 29/2009 entwickelten die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in den Erk. d. VfGH vom 29.9.2007, Zahl B 1150/07-9 und Erk. d. VwGH vom 17.12.2007, Zahl 2006/01/0216 bis 219-6 unter ausdrücklichen Bezug auf die Judikatur des EGMR nachstehende Richtlinien (in den Medien der vielgenannte "Kriterienkatalog") im Rahmen der Interessensabwägung gem. Art. 8 Abs. EMRK, welche zu berücksichtigen sind:

Auch

Ebenso bereits vor Inkrafttreten des durch BGBl I 38/2011 in § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG eingefügten lit. i, welcher der nunmehrigen Bestimmung des § 9 Abs. 2 Z 9 BFA-VG entspricht, warf der VfGH in seinem Erk. B 950-954/10-08, S. 19 die Frage auf, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthalts bewusst waren. Der Verfassungsgerichtshof stellt dazu fest, dass das Gewicht der Integration nicht allein deshalb als gemindert erachtet werden darf, weil ein stets unsicherer Aufenthalt des Betroffenen zugrunde liege, so dass eine Verletzung des Art. 8 EMRK durch die Ausweisung ausgeschlossen sei. Vielmehr müsse die handelnde Behörde sich dessen bewusst sein, dass es in der Verantwortung des Staates liegt, Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren effizient führen zu können und damit einhergehend prüfen, ob keine schuldhafte Verzögerungen eingetreten sind, die in der Sphäre des Betroffenen liegen (ähnlich VfGH 10.03.2011, B1565/10).

Ein mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden soll daher als zusätzliche Tatsache bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK berücksichtigt werden, andererseits stellte der VfGH in seinem Erkenntnis v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 unmissverständlich fest, dass die zeitliche Komponente dann in den Hintergrund tritt, wenn sich die Verweil- bzw. Verfahrensdauer aus dem Verhalten der beschwerdeführenden Partei ergibt (vgl. hierzu auch Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

Der Verwaltungsgerichtshof (etwa Erk. d. VwGH vom 28.6.2016, Ra 2015/21/0199-8), dass aus dem Lichte des Art. 8 EMRK auch die allgemeine Lage im Herkunftsstaat von Bedeutung sein kann.

II.3.4.6. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben genannten Determinanten im Lichte der soeben zitierten Judikatur Folgendes:

Die bP sind den bereits beschriebenen Zeitraum in Österreich aufhältig. Sie reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und konnten ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisieren. Hätten sie diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wären sie rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würden.

Die bP verfügen über die bereits beschriebenen familiären bzw. privaten Anknüpfungspunkte

Die bP begründeten ihr Privat- bzw. Familienleben zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert wurde. Auch war der Aufenthalt der bP zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privat- und Familienlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt.

Das ho. Gericht verkennt zwar nicht, dass sich die Kinder das Verhalten der Eltern im Rahmen der Interessensabwägung gemäß Ar. 8 EMRK nicht im vollen Umfang subjektiv verwerfen lassen müssen, doch ist dieses Verhalten dennoch nicht unbeachtlich. Hier sei etwa auf eine Zusammenschau der Erkenntnisse des VfGH vom 12.6.2010 U 614/10 (Beschwerdeführerin wurde 1992 geboren, war zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich minderjährig, hatte zumindest am Anfang ihres Aufenthaltes in Österreich keinen Einfluss auf das bzw. die Asylverfahren, entzog sich aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Alter der mündigen Minderjährigkeit und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge), U613/10 (Beschwerdeführerin wurde 1962 geboren, war während des gesamten Verfahrens handlungsfähig und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge) und den Beschluss des selben Tages U615/10 ua (minderjährige Asylwerber während des gesamten Asylverfahrens, welche auf den Verlauf des Verfahrens bzw. der Verfahren keinen Einfluss hatten). In diesen Verfahren stellte der VfGH in Bezug auf die 1962 geborene Beschwerdeführerin im vollen Umfang und in Bezug auf die 1992 geborene Beschwerdeführerin (Tochter der 1962 geborenen Beschwerdeführerin) in einem gewissen eingeschränkten Umfang fest, dass sich diese das Verhalten, welches zum langen Aufenthalt in Österreich führten, zurechnen lassen müssen und es daher nicht zu ihren Gunsten im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK geltend machen kann. Obwohl die minderjährigen Beschwerdeführer auf das Verhalten ihrer 1962 geborenen Mutter und 1992 geborenen Schwester keinerlei Einfluss hatten und ihnen deren Verhalten, insbesondere jenes der Mutter nicht subjektiv vorgeworfen werden konnte, wurde die Behandlung derer Beschwerden dennoch mit Beschluss U615/10 ua. abgewiesen. Im Lichte der Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw.

v. 10.03.2011, B1565/10, wo die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer in Österreich aufgrund den Beschwerdeführern nicht zurechenbarer Dauer der Asylverfahren als wesentliches Argument für eine Interessensabwägung zu Gunsten der Beschwerdeführer herangezogen wurde, ist ableitbar, dass in den in Beschluss U615/10 genannten Fällen trotz fehlender subjektiver Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Verfahrensdauer aufgrund deren Minderjährigkeit und des Verhaltens der Mutter gerade dieses Verhalten der Mutter im Rahmen der Interessensabwägung in Bezug auf die minderjährigen Kinder dennoch eine Rolle spielte, sie sich dieses zwar nicht vorwerfen aber in einem gewissen Umfang zurechnen lassen mussten, da ansonsten davon auszugehen gewesen wäre, dass ein mit den in den Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw. v. 10.03.2011, B1565/10 beschriebener Fällen vergleichbarer Fall vorliegen würde und zu einer vergleichbaren Entscheidung geführt hätte.

Letztlich ist auch festzuhalten, dass die volljährigen bP nicht gezwungen sind, nach einer Ausreise die bestehenden Bindungen zur Gänze abbrechen zu müssen. So stünde es ihnen frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN). Die minderjährigen bP können ihre Bindungen über ihre Eltern in einem gewissen Grad aufrecht erhalten.

Die volljährigen beschwerdeführenden Parteien sind -in Bezug auf ihr Lebensalter- erst einen relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig, haben hier keine qualifizierten Anknüpfungspunkte im Sinne von Abhängigkeits-, Pflege- oder Unterhaltsverhältnissen, etc. welche deren Aufenthalt in Österreich gebieten würde und waren im Asylverfahren nicht in der Lage, ihren Antrag ohne die Beiziehung eines Dolmetschers zu begründen, wenngleich angenommen werden kann, dass sie die deutsche Sprache so weit beherrscht, dass eine gewisse Verständigung im Alltag möglich ist.

Ebenso geht aus dem Akteninhalt nicht hervor, dass die bP dauerhaft selbsterhaltungsfähig wären. Es ist ihnen jedoch zuzubilligen, dass sie sich bemühen, bzw. bP1 sich bemüht, im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten für den Unterhalt aufzukommen.

Zur zwischenzeitig eingetretenen Schulpflicht ab dem Schuljahr 2016/2017 ist festzuhalten, dass sie gegenwärtig die Schule nicht besucht und aufgrund der festgesetzten Frist zur freiwilligen Ausreise auch von keinem nennenswerten Schulbesucht auszugehen sein wird. Ach sei darauf hingewiesen, dass ein Schulbesuch die Erfüllung einer durchsetzbaren gesetzlichen Verpflichtung darstellt, welcher im Rahmen der Interessensabwägung nur sehr untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH v. 26.9.2007 2006/21/0288 mwN).

Zu den vorgelegten Referenzschreiben ist anzuführen, dass es sich bei deren Verfassern im Wesentlichen um Personen aus dem unmittelbaren Lebensbereich der bP handelt, welche keinen umfassenden, sondern lediglich einen partiellen Einblick in die privaten Anknüpfungspunkte der bP haben und im Wesentlichen aus ihrer subjektiven Sichtweise angeben, dass die bP im Wesentlichen allgemein anerkannte Regeln eine geordneten Zusammenlebens in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld einhalten. Hieraus ergibt sich zwar, dass die bP in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld nicht in sozialer Isolation leben, sondern mit einem überschaubaren Personenkreis im Kontakt stehen, bzw. zum Teil Freundschaften aufbauten und in einem gewissen Umfang bestrebt sind, die deutsche Sprache zu erlernen. Herausragende integrative Leistungen werden jedenfalls nicht bescheinigt und ergaben sich solche auch nicht im Ermittlungsverfahren.

In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die -hier bei weitem nicht vorhandenen-Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

Auch ist im gegenständlichen Fall darauf hinzuweisen, dass eine Aufenthaltsdauer von ca. 2 bzw. 3 Jahren viel zu kurz ist um schon aufgrund der Verweildauer von einer rechtlich relevanten Integration sprechen zu können (ho. Erk. 30.4.2014, L515 2006140-1; Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029; ebenso Erk. d. VfGH U 485/2012-15 vom 12.06.2013).

Das Vorbringen der bP lässt auch erkennen, dass diese sichtlich hier sichtlich auch die Sach- und Rechtslage, wonach ein Aufenthalt in Österreich primär und regelmäßig unter Einhaltung der fremden- und niederlassungsrechtlichen Bestimmungen zu begründen und fortzusetzen ist, verkennen. Auch ergibt sich hieraus, dass beim Fehlen eines gültigen Aufenthaltstitel den Fremden die Obliegenheit zukommt, das Bundesgebiet zu verlassen.

Nur beim Vorliegen von außergewöhnlichen, besonders berücksichtigenden Sachverhalten kann sich ergeben, dass den Fremden, welche rechtswidrig in das Bundesgebiet einreisten oder sich rechtswidrig in diesem aufhalten, ihre Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nachgesehen und ein Aufenthaltsrecht erteilt wird. Derartige Umstände liegen im gegenständlichen Fall jedoch nicht einmal ansatzweise vor. Sollte bei der bP die gegenteilige Erwartungshaltung geweckt wurden sein, hat das ho. Gericht dennoch im Rahmen der Gesetze (Art. 18 B-VG) entgegen dieser Erwartungshaltung zu entscheiden.

Keinesfalls entspricht es der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Systematik, dass das Knüpfen von privaten bzw. familiären Anknüpfungspunkten nach rechtswidriger Einreise oder während eines auf einen unbegründeten Antrag fußenden Asylverfahrens im Rahmen eines Automatismus zur Erteilung eines Aufenthaltstitels führen. Dies kann nur ausnahmsweise in Einzelfällen, beim Vorliegen eines besonders qualifizierten Sachverhalts der Fall sein, welcher hier bei weitem nicht vorliegt (vgl. hier etwa Erk. d. VfGH U 485/2012-15 vom 12.06.2013).

Die volljährigen bP verbrachten den überwiegenden Teil ihres Lebens in Georgien, wurden dort sozialisiert, gehören der dortigen Mehrheits- und Titularethnie an, bekennen sich zum dortigen Mehrheitsglauben und sprechen die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso ist davon auszugehen, dass in Georgien Bezugspersonen etwa im Sinne eines gewissen Freundes- bzw. Bekanntenkreises der bP existieren, da nichts darauf hindeutet, dass die bP vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätten. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es den bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

Es ist an dieser Stelle auch darauf hinzuweisen, dass sich die bP auch hinsichtlich ihres Aufenthaltes in Österreich als anpassungsfähig zeigten und die Fähigkeit an den Tag legten, sich innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraums in einer völlig fremden Umgebung zurecht zu finden und ihr Lebens zu meistern. Diese Fähigkeit wird ihnen auch dabei vom besonderen Nutzen sein, wenn es darum geht, sich wiederum in die georgische Gesellschaft einzugliedern.

Zu den minderjährigen bP ist festzustellen, dass schon aufgrund ihres geringeren Alters und der Aufenthaltsdauer in Österreich die Abwägung zwischen den Bindungen zum Herkunftsstaat und den nunmehrigen Bindungen zu Österreich anders zu bewerten sein wird, als im Hinblick auf die Eltern. Hier wird von geringeren Bindungen zum Herkunftsstaat und stärkeren Bindungen zu Österreich auszugehen sein. In die Überlegungen hat jedoch einzufließen, dass die minderjährigen bP dennoch im Herkunftsstaat geboren wurden, sich dort eine zeitlang aufhielten und über ihr Umfeld bzw. ihre Eltern die Kultur und Sprache ihres Herkunftsstaates auch über den Zeitpunkt der Ausreise hinaus vermittelt bekamen und somit dieser "Vermittlungseffekt" bis in die Gegenwart nachwirkt. Ebenso befinden sich die minderjährigen bP in einem Alter erhöhter Anpassungsfähigkeit (vgl. Dr. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN).

Es wird in Zukunft auch an den bP1 und bP2 liegen, dass sie im Interesse ihrer Kinder ihrer Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes fristgerecht nachkommen, um so keine wertvolle Zeit für die Reintegration ihrer Kinder in Georgien ungenützt zu verlieren.

Die bP2 - bP3 sind strafrechtlich unbescholten.

Die Feststellung, wonach die genannten bP strafrechtlich unbescholten sind, relativiert sich zum einen aufgrund der Strafunmündigkeit der bP2 und bP3 und andererseits aufgrund des erst vergleichsweise kurzen Aufenthaltes im Bundesgebiet und stellt darüber hinaus laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

Die Feststellung, wonach eine rechtskräftige Verurteilung in Bezug auf bP1 durch ein inländisches Gericht vorliegen, stellt hingegen eine gewichtige Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen dar (z. B. Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).

Die bP reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein.

Mit negativem Abschluss des Asylverfahrens lebt auch die Rechtswidrigkeit des Aufenthalts, sowie die Strafbarkeit der rechtswidrigen Einreise in Bezug auf bP1 und bP2 wieder auf (vgl. § 120 Abs. 1 iVm Abs. 7 FPG), bzw. kommt die Strafbarkeit gem. § 120 Abs. 1a leg. cit. im Falle der unterlassenen Ausreise innerhalb der festgesetzten Frist hinzu. Diese Umstand einen Sachverhalt mit hohem sozialen Unwert dar, was sich insbesondere auch in den vergleichsweise hohen Strafdrohungen zeigt, woraus abzuleiten ist, dass der Gesetzgeber bereits durch diese generalpräventiv wirkende Strafdrohung Einhaltung der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes als einen äußerst erstrebenswerten Umstand im Rahmen der öffentlichen Ordnung betrachtet.

Auch wenn im Rahmen dieses Faktums entsprechend der aktuellen Judikatur zu berücksichtigen ist, dass eine Antragstellung vom Ausland aus nicht möglich und daher -de facto in den überwiegenden Fällen- eine solche erst nach illegaler Einreise möglich ist, muss auch darauf hingewiesen werden, dass die bP die rechtswidrige Einreise sichtlich in Umgehungsabsicht von fremden- und niederlassungsrechtlichen Vorschriften zur Stellung eines sichtlich unbegründeten Antrages auf internationalen Schutzes vornahmen was wiederum sehr wohl fremdenrechtlichen Interessen, im Sinne eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung berührt.

Auch zeigt die dokumentierte Reise der bP nach Slowenien und retour, dass ihr offenbar der preisgünstige Erwerb von Rauchwaren wichtiger als die Einhaltung der österreichischen Rechtsordnung bzw. jene des Nachbarstaates Slowenien ist.

Den volljährigen bP musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist. Ebenso indiziert die rechtswidrige und schlepperunterstützte Einreise den Umstand, dass den genannten bP die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass sie in diesem Fall diese weitaus weniger beschwerliche und kostenintensive Art der legalen Einreise und Niederlassung gewählt hätten.

In Bezug auf die minderjährigen bP wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zur Zurechenbarkeit des Verhaltens ihrer Eltern verwiesen.

Im Rahmen einer Gesamtschau ist zwar festzuhalten, dass eine raschere Erledigung des Asylverfahrens beim Vorhandensein entsprechender Ressourcen denkbar gewesen wäre, dennoch ist im gegenständlichen Fall aufgrund des Vorbringens der bP, sowie ihrem Verhalten im Verfahren davon auszugehen, dass kein Sachverhalt vorliegt, jenem entspricht den der VfGH in seinem Erkenntnissen B 950-954/10-08 bzw. B1565/10 zu prüfen hatte, weshalb letztlich nicht davon auszugehen ist, dass die zeitliche Komponente dermaßen in den Vordergrund tritt, dass aufgrund der Verfahrensdauer im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK von einem Überwiegen der privaten Interessen der bP auszugehen wäre (in Bezug auf ein gewisses Behördenverschulden in Bezug auf die Verfahrensdauer vgl. auch bei Vorliegen weitaus engeren Bindungen im Sinne des Art. 8 EMRK und einem ca. zehnjährigen Aufenthalt im Staat der Antragstellung das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

-Auswirkung der allgemeinen Lage in Georgien auf die bP

Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass dem Art. 8 EMRK innewohnenden Recht auf das Privat- und Familienleben auch ein Recht auf körperliche Unversehrtheit abzuleiten ist (vgl. etwa Erk. d. VwGH vom 28.6.2016, Ra 2015/21/0199-8). Vor diesem Hintergrund ist die Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Lichte des Art. 8 EMRK auch vor dem Hintergrund der Lage im Herkunftsstaat, welche die bP im Falle einer Rückkehr vorfindet, zu prüfen, wobei bereits an dieser Stelle Art. 8 EMRK -anders als Art. 3 leg. cit.- einen Eingriffsvorbehalt kennt.

Im Rahmen der Beurteilung der allgemeinen Lage in der der Republik Georgien ist zu berücksichtigen, dass -wie bereits mehrfach erwähntgem. § 1 Z 12 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, die Republik Georgien als sicherer Herkunftsstaat gilt und konnte bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Umstand erkannt werden, dass eine Rückverbringung der bP im Lichte des Art. 8 EMRK aufgrund der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat rechtswidrig wäre.

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).Auch wenn im Rahmen dieses Faktums entsprechend der aktuellen Judikatur zu berücksichtigen ist, dass eine Antragstellung vom Ausland aus nicht möglich und daher -de facto in den überwiegenden Fällen- eine solche erst nach illegaler Einreise möglich ist, muss auch darauf hingewiesen werden, dass die bP die rechtswidrige Einreise sichtlich in Umgehungsabsicht von fremden- und niederlassungsrechtlichen Vorschriften zur rechtsmissbräuchlichen Stellung eines sichtlich unbegründeten Antrages auf internationalen Schutzes vornahm, was wiederum sehr wohl fremdenrechtlichen Interessen, im Sinne eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung berührt.

Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).

Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).

Es ist nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.

Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privatund/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs 2 leg cit genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich -abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.

Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Fremdenrechtspaket 2005 klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den Beschwerdeführer grundsätzlich nicht mehr möglich seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem Beschwerdeführer gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass ihn mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Ausweisung des Fremden bedarf.

Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ist der Beschwerdeführer somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

Der Rechtsprechung des EGMR folgend (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisungsentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Ausweisungs- und Abschiebungspraxis der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art "Handreichung des Staates" - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. GHIBAN gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; DRAGAN gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde. Der EGMR hat diese Frage zwar noch nicht abschließend entschieden, jedoch in Fallkonstellationen das Recht auf Privatleben erörtert, in denen ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführer nicht vorlag. Hat er in der Rechtssache GHIBAN (aaO.) zu einem rumänischen Staatsangehörigen, der wegen Staatenlosigkeit nicht abgeschoben werden konnte, die Frage letztlich noch offen gelassen ("Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Aufenthalt des Bf. unter diesen Umständen eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Privatlebens war..."), so nahm er in der bereits mehrfach zitierten Rechtssache SISOJEVA (aaO.) einen Eingriff in das Privatleben an, obwohl die Beschwerdeführer in Lettland keinen rechtmäßigen Aufenthalt hatten.

Wenn man - wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt - dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.

In seinem Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31. Jänner 2006, Zahl 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirkt.

Der GH führte weiters -wiederum auf seine Vorjudikatur verweisendaus, dass Personen, welche die Behörden eines Vertragsstaates ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als fait accompli mit ihrem Aufenthalt konfrontieren, grundsätzlich keinerlei Berechtigung haben, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen. Im geschilderten Fall wurde letztlich dennoch eine Entscheidung zu Gunsten der Beschwerdeführer getroffen, weil es der Erstbeschwerdeführerin grundsätzlich möglich gewesen wäre, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren, weil sie mit dem Vater des Zweitbeschwerdeführers, einem Staatsbürger der Niederlande vom Juni 1994 bis Jänner 1997 eine dauerhafte Beziehung führte. Es war daher der Fall Erstbeschwerdeführerin trotz ihres vorwerfbaren sorglosen Umganges mit den niederländischen Einreisebestimmungen von jenen Fällen zu unterscheiden, in denen der EGMR befand, dass die betroffenen Personen zu keinem Zeitpunkt vernünftiger Weise erwarten konnten, ihr Familienleben im Gastland weiterzuführen. Ebenso wurde in diesem Fall der Umstand des besonderen Verhältnisses zwischen dem Kleinkind und der Mutter besonders gewürdigt.

Weiters wird hier auf das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser folgende Kernaussagen traf:

Im gegenständlichen Fall erachtete es der EGMR nicht erforderlich, sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist.

Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.

Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.

Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.

II.3.4.7. Letztlich ist festzustellen, dass eine Gegenüberstellung der von den bP in ihrem Herkunftsstaat vorzufindenden Verhältnissen mit jenen in Österreich im Rahmen einer Interessensabwägung zu keinem Überwiegen der privaten Interessen der bP am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einem Verlassen des Bundesgebietes führen würde.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie die bP erfolgreich auf das Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.

Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

II.3.4.8. Die belangte Behörde ist des Weiteren auch nach Abwägung aller dargelegten persönlichen Umstände der bP zu Recht davon ausgegangen, dass der bP ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen nicht zu erteilen ist.

II.3.4.9. Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung in nach Georgienunzulässig wäre. Derartiges wurde auch in gegenständlichen Beschwerden nicht schlüssig dargelegt.

II.3.4.10 Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

II.3.4.11. Die festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung entspricht § 55 Abs. 2 erster Satz FPG. Dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Es wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zu den privaten und familiären Bindungen der bP und der Vorhersehbarkeit der Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes verwiesen. Die hier vorliegenden Umstände gehen letztlich nicht über jene Umstände in relevanter Weise hinaus, wie sie jeden Fremden, welcher zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet ist, betreffen. Die eingeräumte Frist erscheint angemessen und wurden diesbezüglich auch keinerlei Ausführungen in der Beschwerdeschrift getroffen.

II.3.4.12. Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

II.3.4.13. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Rückkehrentscheidungen und die genannte Frist für eine freiwillige Ausreise als angemessen zu betrachten ist, ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

II.3.4.14. Aus einer Gesamtschau der §§ 55, 58 Abs. 2 und 3 AsylG ergibt sich, dass die bB eine amtswegige Prüfung gem. § 55 AsylG nur dann vorzunehmen und über das Ergebnis der Prüfung der Frage des Vorliegens der in § 55 AsylG genannten Tatbestände im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen hat, wenn eine Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 - 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird, was hier jedoch nicht der Fall ist. In den anderen Fällen hat sie hierüber nur auf Antrag abzusprechen.

Gem. § 28 Abs. 5 VwGVG ist das ho. Gericht berechtigt, die Entscheidung der belangten Behörde zu beheben. Die Behörden sind in diesem Fall verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichts entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Bei einer Aufhebung gem. § 28 Abs. 5 VwGVG handelt es sich um eine materielle Erledigung der Rechtssache durch (ersatzlose) Behebung des angefochtenen Bescheids in Form eines Erkenntnisses. Die Behebungsgründe werden gesetzlich nicht genannt. Die Regelung entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 66 Abs. 4 AVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, Rz 17ff zu § 28); Hengstschläger/Leeb, AVG, Manz Kommentar, Rz 97 zu § 66 [Abs. 4], führen mwN auf die höchstgerichtliche Judikatur aus:

"Hätte der angefochtene Bescheid nicht ergehen dürfen, weil nach den maßgeblichen Verwaltungsvorschriften in der anhängigen Rechtssache die Erlassung eines Bescheides entweder im unterinstanzlichen Verfahren überhaupt unzulässig war oder während des Berufungsverfahren unzulässig geworden ist, oder hätte ihn die betroffene Behörde (mangels Zuständigkeit) nicht erlassen dürfen und kann der dem materiellen Recht entsprechende Zustand nur durch die Kassation des zu Unrecht ergangenen Bescheides hergestellt werden, hat die Rechtsmittelbehörde den Bescheid gem. § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos, dh ohne eine darüber hinausgehende Sachentscheidung, zu beheben".)

Im gegenständlichen Fall hat die bP entgegen der Bestimmungen des § 58 Abs. 2 und 3 AsylG einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 55 AsylG amtswegig nicht erteilt. Ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 55 AsylG wurde vor der bP nicht gestellt. Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides war daher gem. § 28 Abs. 5 VwGVG insoweit zu beheben, als die bB der bP einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilte.

II.3.5. Da in Bezug auf alle Mitglieder der Kernfamilie spruchgemäß gleich entschieden wurde, ergibt sich auch aus dem Titel des Familienverfahrens im Inland gem. § 34 AsylG kein anderslautender Spruch.

II.3.6. Einreiseverbot

Mangels entsprechender Entscheidung durch die bP liegt kein Beschwerdegegenstand vor, über den das ho. Gericht zu entscheiden hätte.

II.3.7. Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung

§ 24 VwGVG lautet:

"(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

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1.-der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.-die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn

oder

Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei, dass das Vorbringen der bP im dargestellten Rahmen nicht den Tatsachen entspricht und ließen die die Akten erkennen, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt erscheint. Zum wird auf die schlüssigen beweiswürdigenden Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden hingewiesen, denen die bP nicht substantiiert und konkret entgegentraten und zum anderen werden die seitens der bP beschriebenen Anknüpfungspunkte in Österreich nicht in Zweifel gezogen. Auch wurde in der Beschwerde kein konkreter neuer, nicht dem Neuerungsverbot unterliegender Sachverhalt vorgebracht. Ebenso legten die bP nicht dar, was sie in einer weiteren Verhandlung noch zusätzlich vorzubringen beabsichtigen.

Es sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass es sich bei der Republik Georgien um einen Sicheren Herkunftsstaat iSd § 19 BFA-VG handelt und diese Sicherheit im bereits beschriebenen Umfang im Rahmen einer normativen Vergewisserung festgestellt wurde. Es ist daher auch aus dem Winkel dieser Betrachtungsweise davon auszugehen, dass im Rahmen dieser normativen Vergewisserung die Akten erkennen lassen, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen ist und die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung entfallen kann.

Ebenso ist davon auszugehen, dass sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine Verletzung von Art. 6 EMRK stellt die unterlassene Verhandlung nicht dar, zumal gem. ständiger Judikatur VwGHs (vgl. Erk. vom 5.9.2002, Zl 98/21/0124 mwN) und des VfGHs (vgl. etwa Erk. v. 15.10.2004, GZ G237/63 ua) Art. 6 EMRK im asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren nicht zur Anwendung kommt (vgl. auch EGMR 5.10.2000, Fall Maaouia, Appl. 39.652/98).

Auch in seiner jüngeren Rechtsprechung betonte der VfGH, dass der Anspruch einer Partei auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung kein absoluter ist. Unter Verweis auf die Judikatur des EGMR führt er aus, dass eine Verhandlung unterbleiben kann, wenn die Tatfrage unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist und die Sache keine besondere Komplexität aufweist (Beschluss vom 9.12.2015, E1253/2014-26 mwN).

Ebenso ergibt sich auch aus dem auf Asylverfahren anwendbaren Art 47 der Grundre-chtecharta der Europäischen Union im gegenständlichen Fall keine Verhandlungspflicht (Erk. d. VfGH U 466/11-18, U 1836/11-13). In diesem Zusammenhang wird auch auf das Erk. des VwGH vom 27.9.2013, Zl. 2012/05/0213 verwiesen ("...Im Übrigen lassen die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die vorgelegten Verwaltungsakten erkennen, dass die Erörterung in einer Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht

erwarten lässt, zumal das Verfahren rechtliche ... Fragen betrifft,

zu deren Beantwortung auch im Sinne der Judikatur des EGMR (Hinweis E vom 28. Mai 2013, 2012/05/0120 bis 0122, mwH auf die Rechtsprechung des EGMR; ferner etwa das Urteil des EGMR vom 18. Juli 2013, Nr. 56422/09, Schädler-Eberle gegen Liechtenstein) eine öffentliche, mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint."), wo das genannte Höchstgericht zum Schluss kam, dass keine Verhandlung durchzuführen ist (zumal sich § 24 Abs. 4 VwGVG mit § 39 Abs. 2 Z 6 WvGG inhaltlich deckt, erscheinen die dort angeführten Überlegungen im gegenständlichen Fall sinngemäß anwendbar).

Soweit nochmals die persönliche Einvernahme beantragt wird, ist festzustellen, dass in der Beschwerde nicht angeführt wird, was bei einer solchen - inzwischen schon wiederholt stattgefundenen persönlichen Einvernahme (das in diesen Einvernahmen erstattete Vorbringen, sowie der Verlauf der Einvernahmen wurde in entsprechenden Niederschriften, denen die Beweiskraft des § 15 AVG unwiderlegt zukommt, festgehalten) konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können, insbesondere, womit sie die aufgetretenen und für die Entscheidung maßgeblichen Widersprüche und Unplausibilitäten, die zur Nichtglaubhaftmachung seiner ausreisekausalen Gründe führten, aufzuklären beabsichtige. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, was seine ergänzende Einvernahme an diesen Widersprüchen hätte ändern können bzw. welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären (zB. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies -so wie im gegenständlichen Fall- unterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme iSe hier weiteren Beschwerdeverhandlung.

Aufgrund der oa. Ausführungen konnte die Durchführung einer Verhandlung unterbleiben.

II.3.8. Aufgrund der oa. Ausführungen ist der belangten Behörde letztlich im Rahmen einer Gesamtschau jedenfalls beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass die bP im Falle einer Rückkehr nach Georgien dort mit der erforderlichen maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefahr im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK bzw. § 8 AsylG ausgesetzt wäre. Im Übrigen war mangels Vorliegens eines Familienlebens, in welche sich ein Eingriff als rechtswidrig darstellen würde, eine Rückkehrentscheidung unter der Gewährung der genannten Frist zur freiwilligen Ausreise zu erlassen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Auslegung des Begriffs des internationalen Schutzes, sowie des durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienlebens abgeht. Im Hinblick auf die Auslegung des Rechtsinstituts des sicheren Herkunftsstaates orientiert sich das ho. Gericht ebenfalls an der hierzu einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur. Ebenso löst das ho. Gericht die Frage, ob eine Verhandlung stattzufinden hatte im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur.

Aus dem Umstand, dass das ho. Gericht und die belangte Behörde mit 1.1.2014 ins Leben gerufen wurden, bzw. sich die asyl- und fremdenrechtliche Diktion, sowie Zuständigkeiten zum Teil änderte, und das Asyl- und Fremdenrecht eine verfahrensrechtliche Neuordnung erfuhr kann ebenfalls kein unter Art. 133 Abs. 4 zu subsumierender Sachverhalt hergeleitet werden, zumal sich am substantiellen Inhalt der anzuwendenden Normen keine relevante Änderung ergab. Im Falle verfahrensrechtlicher Neuordnungen wird auf die einheitliche Judikatur zu den Vorgängerbestimmungen verwiesen.

Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.

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