BVwG I415 2190029-1

BVwGI415 2190029-122.3.2022

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:I415.2190029.1.00

 

Spruch:

I415 2190029-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Ägypten, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD XXXX , vom 22.02.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.03.2022, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden BF), ein ägyptischer Staatsangehöriger, reiste illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am 30.09.2015 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 30.09.2015 wurde der BF hinsichtlich seines Antrages auf internationalen Schutz vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Dabei führte der BF hinsichtlich seiner Fluchtgründe aus, dass er sich sehr in der Politik engagiere und gegen die aktuelle Regierung in Ägypten sei und daher um sein Leben fürchte. Bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte er ins Gefängnis zu kommen.

3. Am 18.09.2017 erfolgte die erste niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde / BFA) im Beisein eines Dolmetschers für Arabisch. Eingangs bestätigte der BF der Einvernahme in gesundheitlicher Hinsicht folgen zu können und den Dolmetscher gut zu verstehen. Befragt nach seinen Flucht- und Asylgründen führte der BF aus, dass es in Ägypten Unterdrückung, keine Sicherheit und keine Arbeit gebe. Wenn man den Mund aufmache und etwas dagegen sage, werde man festgenommen und eingesperrt. Nur die Reichen können dort überleben. Der BF habe Demonstrationen organisiert. Er sei der Anführer gewesen und habe ca. 30.000 – 40.000 Anhänger gehabt. Der BF sei sehr oft mitgenommen und eingesperrt worden, so auch wegen der Demonstration am „6. April“. Da habe die Polizei ihn mitgenommen und mit einem elektrischen Stock geschlagen, wovon er Narben davontragen habe. Seitdem sei er immer wieder von zu Hause mitgenommen und befragt worden. Er sei namentlich bei der Polizei bekannt. Wenn ihn ein Polizist auf der Straße sehe, werde er gleich mitgenommen. Der Geheimdienst sei auch einmal um drei in der Früh gekommen und habe ihn mit Gewalt mitgenommen. Die Polizei habe ihn gedemütigt und respektlos behandelt, weswegen wohl auch die Mutter des BF verstorben sei, weil diese die Situation sehr gekränkt habe. Er hasse dieses Land. Er sei im Juni 2012 legal mit einem Visum für Rumänien aus Ägypten per Flugzeug von Kairo ausgereist. Er habe große Probleme bei der Ausreise gehabt. Am Flughafen sei er befragt worden und es sei ihm gesagt worden, dass er ohne Ausreisebestätigung vom Geheimdienst nicht ausreisen darf. Er habe lange diskutieren müssen. Auf Nachfrage habe er dann ausreisen können, weil er ein Papier dabeigehabt habe, welches bestätigt habe, dass kein offenes Verfahren gegen ihn vorliege. Er habe auch auf Facebook die Zustände und die Polizei kritisiert. Viele Offiziere hätten ihn dann auf Facebook Messenger kontaktiert und ihn aufgefordert, sich nicht in die Politik des Landes einzumischen, das sie das Land gut führen würden. Seit 2014 gebe es auch einen Haftbefehl gegen den BF. Weitere Fluchtgründe habe er nicht, das seien eben diese politischen Gründe.

4. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 22.02.2018, Zl. XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Ägypten (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Ägypten zulässig sei (Spruchpunkt V.). Ihm wurde eine Frist für seine freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte das Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, dass dem Vorbringen des BF, aufgrund seiner politischen Tätigkeit und Organisation und Teilnahme an Demonstrationen in seinem Heimatstaat verfolgt zu werden, kein Glauben geschenkt werde. Der BF führe die Fluchtgründe vage und oberflächlich aus, sodass daraus kein konkretes, persönlich den BF betreffendes Geschehen abgeleitet werden könne. Die Angaben des BF seien teilweise auch widersprüchlich. Seine ausreisekausale Fluchtgeschichte sei nicht glaubhaft. Es könne nicht festgestellt werden, dass der BF in Ägypten einer konkreten Gefährdung oder Bedrohung ausgesetzt gewesen sei oder er eine solche im Fall der Rückkehr zu befürchten habe, da er Ägypten zweimal legal verlassen konnte. Eine Rückkehr werde aufgrund des persönlichen Profils des BF als zumutbar erachtet.

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die in vollem Umfang fristgerecht durch die damalige Rechtsvertretung des BF erhobene Beschwerde vom 21.03.2018.

6. Mit Schriftsatz vom 21.03.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 22.03.2018, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

7. Der BF legte im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA am 18.09.2017 sowie im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 09.03.2022 dem Bundesverwaltungsgericht verschiedene Integrationsdokumente vor.

8. Mit Eingabe vom 28.02.2022 gab der MigrantInnenverein St. Marx die Auflösung der Vollmacht zum BF bekannt.

9. Am 09.03.2022 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des BF und eines Dolmetschers für die arabische Sprache abgehalten. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist der mündlichen Verhandlung entschuldigt ferngeblieben. Im Rahmen seiner Einvernahme in der mündlichen Verhandlung, gab der BF bezüglich seiner Fluchtgründe konkretisierend an, er habe Demonstrationen an seiner Universität organisiert. Genauer habe er die Menschen mündlich dazu aufgefordert. Er sei nicht Mitglied einer Partei gewesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1. Zu der Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige BF ist ägyptischer Staatsbürger, ist ledig und bekennt sich zum muslimischen (sunnitischen) Glauben. Er spricht neben Arabisch auch Englisch und Deutsch. Seine Identität steht fest.

Der BF war zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Ägypten mit einer Rumänin verheiratet. Die Ehe wurde inzwischen geschieden.

Der BF stammt aus Al-Gharbiyya, einem Gouvernement in Ägypten im Zentrum des Nildeltas mit ca. fünf Millionen Einwohnern, und wohnte zuletzt in der sich in diesem Gouvernement befindlichen Stadt Al-Mahalla. Der BF verließ Ägypten 2011 oder 2012 und reiste mit dem Flugzeug nach Ungarn, von dort weiter nach Rumänien und gelangte schließlich auf dem Landweg nach Österreich. Er reiste illegal ins Bundesgebiet ein. Von 22.05.2012 bis 01.06.2012 war der BF in Österreich aufhältig und auch melderechtlich erfasst. Der BF stellte am 30.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Seit seiner Antragstellung ist der BF durchgehend in Österreich aufhältig und auch melderechtlich erfasst.

In Ägypten besuchte der BF zwölf Jahre lang die Schule, und studierte zwei Jahre lang IT-Technik in Al-Mahalla an der Universität. Danach war der BF Geschäftsmann und handelte mit Textilien. Aufgrund seiner schulischen und universitären Bildung sowie beruflichen Erfahrung hat der BF nach wie vor die reale Chance, in Ägypten einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und sich dadurch eine Existenz zu sichern.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er leidet an keiner lebensbedrohlichen psychischen oder physischen Beeinträchtigung, die seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat entgegensteht. Der BF fällt nicht unter die Risikogruppe gemäß der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/2020.

Eine Schwester des BF wohnt in Kuwait, ein Bruder und eine Schwester des BF wohnen in Österreich. In seiner Heimat leben nach wie vor zwei Schwestern, sowie Onkeln und Tanten des BF. Die beiden Schwestern sind verheiratet, eine mit einem Rechtsanwalt, die andere mit einem Druckereibesitzer. Der BF wohnte bis zu seiner Ausreise allein in einer Wohnung in Al-Mahalla.

Bis auf seine in Österreich lebende Schwester verfügt der BF über kein soziales Umfeld und keine relevanten privaten Beziehungen im Bundesgebiet.

Der BF war in seinem Heimatstaat nie Mitglied einer Partei.

Der BF ist strafgerichtlich unbescholten.

Der BF ging außer vom 19.10.2020 bis 31.10.2020 als geringfügig beschäftigter Arbeiter in Österreich zu keiner Zeit einer unselbstständigen Tätigkeit nach. Er hat seit 01.03.2022 ein Gastgewerbe in der Betriebsart Restaurant beim XXXX angemeldet. Von 26.11.2018 bis 12.02.2019 hatte der BF ein Handelsgewerbe an seiner Wohnsitzadresse angemeldet. Dennoch bezieht der BF seit seiner Asylantragstellung durchgehend Mittel aus der staatlichen Grundversorgung.

Eine Integration des BF in beruflicher oder sozialer Hinsicht liegt nicht vor.

Der BF hat keinen Deutschkurs in Österreich positiv abgeschlossen. Dennoch war eine einfache Unterhaltung mit dem BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung durchaus möglich.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des BF nicht festgestellt werden, dass dieser in Ägypten einer asylrelevanten Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt war oder sein wird.

Es konnte mangels Glaubwürdigkeit insbesondere nicht festgestellt werden, dass dem BF in Ägypten aufgrund der Organisation und Teilnahme an Demonstrationen asylrelevante Verfolgung durch die Behörden droht, bzw. dass er sein Heimatland aufgrund staatlicher Verfolgung verlassen hat.

Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der BF verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF nach Ägypten, konkret nach Al-Mahalla, eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Er verfügt über ein Familiennetzwerk, ist jung und erwerbsfähig. Der BF ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

Der gesunde und arbeitsfähige BF, der über eine langjährige schulische und universitäre Ausbildung und Arbeitserfahrung verfügt, wird im Falle seiner Rückkehr nach Ägypten mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

1.3. Zur Situation in Ägypten:

Zur aktuellen Lage in Ägypten werden schließlich folgende (allgemeinen) Feststellungen unter Heranziehung der abgekürzt zitierten und gegenüber dem BF offengelegten Quellen getroffen:

Die folgenden Feststellungen wurden dem aktuellen Länderinformationsblatt (Stand: 01.02.2021) der Staatendokumentation Ägypten entnommen.

Sicherheitslage

Die Bedrohung durch Terrorismus ist hoch. Anfällig für Angriffe sind z.B. religiöse Stätten, Touristenattraktionen und Regierungsgebäude (MSZ o.D.; vgl. MEAE/FD 15.1.2021, AA 21.1.2021). Der Ausnahmezustand wurde 2017 zunächst nach der Explosion mehrerer Bomben gegen Kirchen in den Gouvernements Kairo und Alexandria verhängt und in Folge immer wieder verlängert (MAE 16.1.2021; vgl. MSZ o.D., ÖB 25.11.2020, MEAE/FD 15.1.2021, AA 22.1.2021).

Die Lage auf der Sinai-Halbinsel ist sehr angespannt (MAE 16.1.2021; vgl. ÖB 25.11.2020). Der Einsatz der Sicherheitskräfte im Kampf gegen den Terrorismus hat vielfach dazu beigetragen, die Spannungen zwischen Beduinen und den staatlichen Institutionen zu verschärfen (AA 13.6.2020). Beduinenstämme sind für Einschüchterungsversuche und Gewalttaten verantwortlich (MAE 16.1.2021).

Terroristische Organisationen sind vor allem, aber nicht ausschließlich, in den nordöstlichen Teilen des Gouvernements Sinai aktiv (OSAC 30.4.2020; vgl. MAE 16.1.2021). Die meisten Anschläge im Nordsinai richten sich gegen militärische Einrichtungen und Personal (OSAC 30.4.2020; vgl. ÖB 25.11.2020). Sowohl Terroranschläge als auch Militäroperationen führen immer wieder zu zivilen Opfern (FH 4.3.2020; vgl. OSAC 30.4.2020, ACLED 14.5.2020).

Im Jahr 2018 führte die „Operation Sinai 2018“ zu einer deutlichen Intensivierung der militärischen Aktivitäten im Nordsinai (OSAC 30.4.2020; vgl. MAE 16.1.2021, MEAE/FD 15.1.2021, ÖB 25.11.2020). Die Kämpfe zwischen Sicherheitskräften und Anhängern des Islamischen Staates (IS) in der Region Nordsinai dauern weiterhin an (FH 4.3.2020; vgl. OSAC 30.4.2020, MEAE/FD 15.1.2021, AI 18.2.2020, ÖB 25.11.2020), wenn auch deren Häufigkeit reduziert wurde (AI 18.2.2020; vgl. ÖB 25.11.2020). Im Sog der Gesundheitskrise und öffentlichen Unordnung im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie konnte der Islamische Staat seine Aktivitäten auf der Halbinsel Sinai jedoch wieder verstärken (ACLED 14.5.2020, 9.4.2020).

Das Wüstengebiet von der libyschen Grenze im Westen bis zur sudanesischen Grenze im Süden ist ein Risikogebiet, in dem die Streitkräfte regelmäßig Operationen gegen Schlepper durchführen (MEAE/FD 15.1.2021; vgl. ÖB 25.11.2020) und Terroristen Anschläge verüben (OSAC 30.4.2020). Die Infiltration von terroristischen Elementen aus Libyen kann nicht ausgeschlossen werden (MEAE/FD 15.1.2021).

Es kommt gelegentlich zu Attentaten in den Großstädten (ÖB 25.11.2020).

In Ägypten sind folgende terroristische Organisationen aktiv. Der Islamischer Staat - Wilayat Sinai (auch: Ansar Bayt al-Maqdis - ABM) ist die aktivste Terrorgruppe in Ägypten (OSAC 30.4.2020; vgl. ÖB 25.11.2020). Darüber hinaus gibt es den Islamischen Staat in Ägypten, Harakat Sawa'd Misr (HASM), Liwa al-Thawra, mit al-Qaida verbundene Gruppen, Harket Elmokawma Elsha'biya alias "Volkswiderstand" und andere verschiedene kleinere Terrorgruppen (OSAC 30.4.2020). Seit Mitte 2016 sind die neuen Terrorgruppen HASM und „Liwaa al-Thawra“ mit islamistisch-nationalistischer Ausrichtung im ägyptischen Kernland für mehrere schwere Anschläge, v.a. gegen Sicherheitskräfte u. Justiz, verantwortlich. Anschläge haben seit 2019 etwas abgenommen aber nicht aufgehört (ÖB 25.11.2020).

Das Antiterrorismusgesetz von 2015 sieht für Journalisten empfindliche Geldstrafen für das Abweichen von der offiziellen Linie der Berichterstattung, etwa über Terroranschläge, vor (AA 13.6.2020; vgl. RSF 2020) und gelegentlich wird die Berichterstattung vollständig untersagt (ACLED 14.5.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 18.1.2021

- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (22.1.2019): Ägypten - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung und COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aegypten-node/aegyptensicherheit/212622 , Zugriff 29.1.2021

- ACLED - Armed Conflict Location and Event Data Project (14.5.2020): CDT Spotlight: Egypt, https://acleddata.com/2020/05/14/cdt-spotlight-egypt/ , Zugriff 29.1.2021

- ACLED - Armed Conflict Location and Event Data Project (9.4.2020): CDT Spotlight: Islamic State Attacks, https://acleddata.com/2020/04/09/cdt-spotlight-renewed-attacks-by-the-islamic-state/ , Zugriff 29.1.2021

- AI - Amnesty International (18.2.2020): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025829.html , Zugriff 19.1.2021

- BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (18.12.2020): Reiseinformation, Ägypten - Sicherheit & Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aegypten/ , Zugriff 22.1.2021

- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025912.html , Zugriff 18.1.2020

- MAE - Ministero degli Affari Esteri e della Cooperazione Internazionale [Außenministerium Italien] (16.1.2021): Viaggiare Sicuri informatevi – Egitto, http://www.viaggiaresicuri.it/country/EGY , Zugriff 29.1.2021

- MEAE/FD - Ministère de l’Europe et des Affaires Étrangères / France diplomatique [Außenministerium Frankreich] (15.1.2021): Egypte - Sécurité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/egypte/#securite , Zugriff 29.1.2021

- MSZ - Ministerstwo Spraw Zagranicznych / Außenministerium Polen (o.D.): Informacje dla podróżujących – Egipt, https://www.gov.pl/web/dyplomacja/egipt , Zugriff 20.1.2021

- ÖB - Österreichische Botschaft Kairo (25.11.2020): Asylländerbericht Ägypten 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2042213/%C3%84GYPTEN__Asyll%C3%A4nderbericht_%28ALB%29_f%C3%Bcr_2020__finale_Version_%28GZ_Kairo-%C3%96B_KONS_1165_2020%29.pdf , Zugriff 21.1.2021

- OSAC - Overseas Security Advisory Council (30.4.2020): Egypt 2020 Crime & Safety Report, https://www.osac.gov/Country/Egypt/Content/Detail/Report/d1dea62c-57dd-4b34-bbb1-189224fb1423 , Zugriff 29.1.2021

- RSF - Reporters sans frontières / Reporter ohne Grenzen (2020): Ägypten, https://www.reporter-ohne-grenzen.de/aegypten , Zugriff 28.1.2021

Sicherheitsbehörden

Das Innenministerium ist zuständig für die Durchsetzung der Gesetze und innere Sicherheit, ihm unterstehen die Polizei (Public Police), die Zentralen Sicherheitkräfte (Central Security Force – CSF), der Nationale Sicherheitssektor (National Security Sector – NSS) sowie Zoll und Immigration. Die Polizei ist für die Strafverfolgung bundesweit verantwortlich. Die Zentralen Sicherheitskräfte sorgen für die Sicherheit der Infrastruktur und führen Einsätze bei Demonstrationen durch. Der NSS ist bei Bedrohungen der inneren Sicherheit zuständig sowie für die Bekämpfung des Terrorismus, gemeinsam mit anderen ägyptischen Sicherheitskräften. Zivile Behörden haben eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte (USDOS 11.3.2020).

Militär und Sicherheitsbehörden nehmen im Staatsgefüge eine dominierende Position ein und verfügen über weitreichende Befugnisse und Einflussmöglichkeiten. Gerade auf dem Gebiet der begrifflich sehr weit verstandenen Terrorismusbekämpfung sind die Sicherheitsbehörden der Kontrolle durch die Justiz und anderen Verfassungsorganen weitgehend entzogen. Polizei und Staatsschutz (National Security Services) sind formal getrennt, unterstehen jedoch gemeinsam dem Innenministerium (AA 13.6.2020). Der nach einem Terroranschlag im April 2017 verhängte landesweite Ausnahmezustand dauert weiterhin an und geht mit erhöhten Eingriffsbefugnissen für Sicherheitskräfte und Militär einher (AA 22.1.2021).

Die Regierung bestraft oder verfolgt Beamte, die Vergehen begehen, nur inkonsistent. Dies gilt sowohl für die Sicherheitskräfte als auch andere Regierungsstellen. Die nicht umfassende Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen, vor allem innerhalb der Sicherheitskräfte, trägt zu einem Klima der Straffreiheit bei (USDOS 11.3.2020).

Nicht zu unterschätzen ist die Rolle des Militärs auch im wirtschaftlichen Umfeld. Die traditionell starke Verflechtung des Militärs in sämtlichen ägyptischen Strukturen ist laut Schätzungen für bis zu 45% des BIP verantwortlich, auch wenn es dazu aus Gründen der Geheimhaltung keine offiziellen/verlässlichen Zahlen gibt (Präsident Al-Sisi spricht von knapp 2%). Das Militär ist in sämtlichen Infrastrukturbereichen ebenso tätig wie beispielsweise beim Abfüllen von Wasser oder der Produktion von Pasta und beim Import von Babymilchpulver (WKO 9.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (22.1.2019): Ägypten - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung und COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aegypten-node/aegyptensicherheit/212622 , Zugriff 29.1.2021

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 18.1.2021

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026355.html , Zugriff 19.1.2021

- WKO - Wirtschaftskammer Österreich | AußenwirtschaftsCenter Kairo (22.9.2020): Außenwirtschaftsbericht Ägypten, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/aegypten-wirtschaftsbericht.pdf , Zugriff 21.1.2021

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechtslage in Ägypten hat sich – bei bereits Besorgnis erregendem Niveau – [im Zeitraum 2019/2020] in fast allen Bereichen weiter verschlechtert (AA 13.6.2020).

Die nach 2011 angestoßene politische Konsolidierung hin zu einem auf einem Rechtsstaat basierenden demokratischen System ist zum Stillstand gekommen. Freiheitsrechte werden systematisch abgebaut. Die 2014 in Kraft getretene Verfassung sieht für das Land das Regierungssystem eines demokratischen Rechtsstaats vor. Viele der darin garantierten Grundrechte finden jedoch keine Anwendung, die Verfassung wird zunehmend ausgehöhlt. Die Präsidentschaftswahlen im März 2018 waren weder frei noch fair. Eine politische Debatte wurde rigoros unterbunden und eine Opposition nicht zugelassen. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie Meinungs- und Pressefreiheit sind erheblich eingeschränkt (AA 13.6.2020; vgl. AI 18.2.2020).

Ägypten hat einige internationale Menschenrechtsübereinkommen ratifiziert, so etwa den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den Pakt über wirtschaftliche und soziale Rechte, die Konvention zur Beseitigung aller Formen der Diskriminierung von Frauen, die UN-Folterkonvention und die UN-Behindertenrechtskonvention, wie auch das Übereinkommen über die Rechte des Kindes. Erhebliche Vorbehalte zu diesen Instrumenten betreffen unter anderem Bestimmungen betreffend die Gleichstellung von Mann und Frau vor dem Hintergrund islamischen Rechts (Scharia-Vorbehalt) (AA 13.6.2020).

Obwohl Ägypten alle wichtigen internationalen Menschenrechtskonventionen unterzeichnete und Personen- und Freiheitsrechte in der Verfassung geschützt sind, wurde und wird das Land regelmäßig wegen Menschenrechtsverletzungen stark kritisiert.

Internationale Menschenrechtsorganisationen sowie viele der über 30 ägyptischen Menschenrechtsorganisationen veröffentlichen regelmäßig englisch- und arabischsprachige Berichte zur Menschenrechtslage in Ägypten, darunter die Egyptian Organization for Human Rights EOHR, das Nadim Zentrum für Gewaltopfer, die Egyptian Initiative for Personal Rights EIPR und das Budgetary and Human Rights Observatory (GIZ 6.2020a).

Die bedeutendsten Menschenrechtsprobleme waren der übermäßige Einsatz von Gewalt durch Sicherheitskräfte, Defizite in ordentlichen Gerichtsverfahren und die Unterdrückung der bürgerlichen Freiheiten. Übermäßiger Einsatz von Gewalt umfasste rechtswidrige Tötungen und Folter. Zu den prozessbedingten Problemen gehörte die übermäßige Verwendung von präventiver Haft und Untersuchungshaft. Das Problemfeld bei den bürgerlichen Freiheiten beinhaltet gesellschaftliche und staatliche Beschränkungen der Meinungs- und Medienfreiheit, sowie der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit. Andere Menschenrechtsprobleme beinhalteten das Verschwindenlassen, harte Gefängnisbedingungen, willkürliche Verhaftungen, eine Justiz, die in einigen Fällen zu Ergebnissen kam, die nicht durch öffentlich zugängliche Beweise gestützt wurden oder die politische Motivationen zu reflektieren schienen, Straflosigkeit für Sicherheitskräfte, Begrenzung der Religionsfreiheit, Korruption, Gewalt, Belästigung und gesellschaftliche Diskriminierung von Frauen und Mädchen, einschließlich weiblicher Genitalverstümmelung, Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen, Menschenhandel, gesellschaftliche Diskriminierung religiöser Minderheiten, Diskriminierung und Verhaftungen auf der Grundlage sexueller Orientierung (USDOS 11.3.2020; vgl. AI 18.2.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 29.12.2020

- AI - Amnesty International (18.2.2020): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025829.html , Zugriff 19.1.2021

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (6.2020a): Ägypten - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/aegypten/geschichte-staat/ , Zugriff 29.12.2020

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Egypt, https://www.ecoi.net/en/document/2026355.html , Zugriff 29.12.2020

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz sieht die Bewegungsfreiheit im Inland, Auslandsreisen, Auswanderung und Wiedereinbürgerung vor. Zudem darf laut Verfassung kein Bürger daran gehindert werden, das Staatsgebiet zu verlassen. Dennoch dürfen Männer, die den Wehrdienst nicht absolviert und keine Ausnahmegenehmigung erhalten haben, nicht ins Ausland reisen oder auswandern. Nationale Personalausweise belegen den Abschluss des Militärdienstes (USDOS 11.3.2020).

Die Behörden verlangten sporadisch, dass Bürger im Alter von 18 bis 40 Jahren eine Erlaubnis des Innenministeriums vorlegen, um in bestimmte Länder zu reisen. Dies soll den Beitritt zu terroristischen Gruppen erschweren und die Flucht von Kriminellen verhindern (USDOS 11.3.2020).

Die Regierung verhängt zunehmend Reiseverbote für Menschenrechtsverteidiger und politische Aktivisten, die wegen Straftaten angeklagt oder untersucht wurden. Weiters gibt es kein von der Regierung auferlegtes Exil, und die Verfassung verbietet der Regierung, Bürger auszuweisen oder Bürgern die Rückkehr ins Land zu verbieten. Einige Politiker leben freiwillig außerhalb des Landes, da sie von der Regierung mit Strafverfolgung bedroht wurden (USDOS 11.3.2020).

Zu internen Ausweichmöglichkeiten liegen keine belastbaren Erkenntnisse vor. Es ist grundsätzlich von einer unterschiedslosen Verfolgungspraxis auszugehen. Allerdings kann zumindest bei vergleichsweise minder schweren Verfolgungsgründen (z.B. niedrigschwelligem oppositionellen Engagement) der Ortswechsel innerhalb des Landes dazu führen, dass die Betroffenen unbehelligt bleiben. Auf dem Nordsinai und in entlegenen Wüstenregionen ist das staatliche Gewaltmonopol zum Teil faktisch eingeschränkt. Bei geschlechtsspezifischen Verfolgungsgründen (z.B. Genitalverstümmelung, sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt) ist eine interne Ausweichmöglichkeit keine realistische Option (AA 13.6.2020). Die Regierung versucht, den Zugang zum Nordsinai einzuschränken (USDOS 11.3.2020).

Es besteht keine zentrale Meldepflicht (DEB 3.2014). Die Wohnadresse wird auf dem Personalausweis angeführt. Bei einem Umzug muss die Adresse aktualisiert werden. Es gibt aber keine Überprüfung der Wohnsitzdaten durch die Meldebehörde, wodurch veraltete oder falsche Adressen unentdeckt bleiben und es gibt keine Strafe für die Nichtaktualisierung der Adresse (DFAT 17.6.2019). Bei Forderungen gegen unbekannt verzogene ägyptische Staatsangehörige ist daher der Versuch einer Aufenthaltsermittlung nahezu aussichtslos (DEB 3.2014).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 18.1.2021

- DEB - Deutsche Botschaft Kairo (03.2014): Rechtsverfolgung in Ägypten in Zivil- und Handelssachen, https://kairo.diplo.de/blob/1504098/ed993d3218a2f43cdbae47f47c9650da/merkblatt-rechtsverfolgung-in-aegypten-data.pdf , Zugriff 21.1.2021

- DFAT – Department of Foreign Affairs and Trade / Australian Government (17.6.2019): DFAT Country Information Report – Egypt, https://www.dfat.gov.au/sites/default/files/country-information-report-egypt.pdf , Zugriff 21.1.2021

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026355.html , Zugriff 19.1.2021

Grundversorgung und Wirtschaft

Subventionen zur Absicherung der Grundversorgung der ägyptischen Bevölkerung haben eine lange Tradition und zehren einen erheblichen Teil des Staatshaushaltes auf. Daran ändert auch das mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vereinbarte Reformprogramm, das Kürzungen der staatlichen Subventionen für Elektrizität, Treibstoff, aber auch für Brotgetreide einschließt, nichts. So wurde z.B. nach Kürzung von Subventionen im Sommer 2017 und damit verbundenen Preissteigerungen die Zahl der Berechtigten für Lebensmittelkarten erhöht (bisher schon ca. 70 Mio. Personen) und auch der Umfang der über diese Karten zu beziehenden Güter nochmals ausgedehnt. Nicht-Ägypter haben keinen Zugang zu diesem System (AA 13.6.2020).

Ein weiteres Instrument der sozialen Sicherung liegt im Mietrecht begründet. Für einen Großteil von Mietverträgen, die in den 1950er- und 1960er-Jahren geschlossen und seitdem innerhalb der Großfamilie weitergegeben wurden, gilt noch eine Mietpreisbindung, die im Altbestand zu teilweise grotesk niedrigen Mieten führt. Für neue Verträge seit ca. 1990 gelten ohnehin die Gesetze des Marktes. Im Rahmen der Erschließung von Wüstenregionen wird ein gewisser Prozentsatz an Land und Wohnungen an arme Bevölkerungsteile verlost (AA 13.6.2020).

Im Rahmen von zwei Sozialhilfeprogrammen KARAMA und TAKAFUL werden zudem verstärkte Schritte für eine gezielte Unterstützung der Ärmsten vorgenommen. Das Karama Projekt sieht monatliche Geldleistungen im Umfang von 40-80 USD an besonders Bedürftige sowie an ältere Menschen und Behinderte vor. Das konditionierte Takaful Projekt zielt auf die finanzielle Unterstützung von Familien mit Kindern ab, vorausgesetzt diese besuchen regelmäßig eine Schule (AA 13.6.2020).

Darüber hinaus existiert ein zwar in seiner Leistungsfähigkeit beschränktes, aber funktionierendes Sozialversicherungssystem, welches Arbeitslosen-, Kranken-, Renten- und Unfallversicherungselemente enthält und von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam bezahlt wird. Die größten Probleme ergeben sich hier aus relativ geringen tatsächlichen Auszahlungen und der Nichterfassung der großen Anzahl an Personen ohne formelle Erwerbsaktivitäten (informeller Sektor) bzw. solche die arbeitslos sind (AA 13.6.2020; vgl. USSSA 9.2019). Einen erheblichen Beitrag zur sozialen Sicherung leisten karitative Einrichtungen, vornehmlich auf religiöser Basis und wohltätige Stiftungen (AA 13.6.2020).

Subventionsabbau droht – trotz langsam sinkender Inflation und sozialen Gegenmaßnahmen der Regierung die wirtschaftliche Situation vor allem der armen Segmente der Gesellschaft weiter zu verschlechtern. Bisher hat sich der latent in der Bevölkerung vorhandene Unmut nur punktuell manifestiert. Viel wird davon abhängen, wie schnell eine wirtschaftliche Erholung auch diese Schichten erfasst. Daneben zeichnet sich ab, dass Militär und auch Sicherheitsdienste in sozialen Bereichen, beispielsweise in der Verteilung von Lebensmitteln, einspringen und staatliche Aufgaben verstärkt substituieren (AA 13.6.2020).

Ägypten hat per se gute Voraussetzungen um im globalen Wettbewerb zu bestehen und verfügt über eine verhältnismäßig gut diversifizierte Wirtschaft, was bei der Absorbierung von externen wie internen Schocks hilft (WKO 9.2020). Der Dienstleistungssektor absorbiert einen erheblichen Teil der Erwerbstätigen und erwirtschaftet große Teile des Bruttoinlandsproduktes. Einen maßgeblichen Beitrag leistet hierbei der Tourismusbereich (AA 24.6.2019c). Der Dienstleistungssektor bietet rund 50 % der ägyptischen Arbeitskräfte eine Beschäftigung und trägt etwa die Hälfte des BIP bei (GIZ 11.2020c). Schätzungsweise 63 Prozent aller ägyptischen Arbeitskräfte gehören dem informellen Sektor an; er umfasst fast 50 Prozent aller nicht-landwirtschaftlichen Arbeitsplätze einen überwältigenden Anteil von 30-40 Prozent der Wirtschaft des Landes (MEI 22.6.2020; vgl. WKO 9.2019).

Die dramatischen Preiserhöhungen für Grundlebensmittel in den letzten Jahren verschärften den Kaufkraftverlust und trafen vor allem die unteren Einkommensschichten, die mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben. Die Einkommensverteilung hat sich in den letzten drei Jahrzehnten immer stärker zuungunsten der unteren Einkommensschichten entwickelt (GIZ 11.2020c).

Die staatlichen Maßnahmen zur Armutsbekämpfung werden heute weithin als unzulänglich kritisiert. Sie bestehen im Wesentlichen aus nicht zielgruppenorientierten Subventionen für Grundnahrungsmittel und Energie, extrem niedrigen Sozialhilfe- und Pensionszahlungen für bestimmte Bevölkerungsgruppen sowie Kredit-, und Entwicklungsprogrammen des Sozialfonds für Entwicklung (SfD), die jedoch weit hinter dem Bedarf zurückbleiben (GIZ 11.2020c).

Die Armutsquote (2019) ist auf ca. 32,5 % gestiegen (die höchste seit 2000). Rund 8,6 % der Bevölkerung sind arbeitslos und ca. 17 % der Familien werden von Frauenarbeit (im informellen Sektor) unterstützt (GIZ 11.2020c). Über USD 20 Mrd. werden jährlich von ägyptischen Migranten aus dem Ausland rücküberwiesen. Diese Überweisungen sind für die Bevölkerung und den Konsum unverzichtbar (WKO 9.2020).

Das dreijährige IWF-Hilfs- und Reformprogramm inklusive Subventionskürzungen ist abgeschlossen. Nun müssen die positiven makroökonomischen Effekte auch die Bevölkerung erreichen. Weiterhin ist der Plan mit einem Wirtschaftswachstum von 6% dem hohen Bevölkerungswachstum entgegenzuwirken. Im Wirtschafts- und Finanzjahr (Juli bis Juni) 2018/2019 konnte mit einem BIP-Wachstum von 5,6 % der höchste Wert in 10 Jahren erreicht werden. Mittelfristig verfolgt Ägypten einen Top-Down-Ansatz mit Megaprojekten (Infrastruktur, Landwirtschaft) durch den Staat und das Militär (WKO 9.2020).

Im Wirtschafts- und Finanzjahr (Juli bis Juni) 2019/2020 konnte trotz COVID-19 im 2. Quartal 2020 noch ein Wachstum von 3,5 % (Ziel war 6 %) erreicht werden. Laut IWF soll Ägypten mit einem Plus von 2 Prozent im Jahr 2020 eines der wenigen Länder mit einem Wirtschaftswachstum sein. Obgleich ein so geringes Wachstum kein Grund zum Feiern ist, steht Ägypten im internationalen Vergleich laut div. Analysten verhältnismäßig gut da. Bemerkenswert ist ein vom Präsidenten angekündigtes und bereits teilweise umgesetztes Rettungs- bzw. Konjunkturpaket über 100 Mrd. Ägyptische Pfund (ca. 6 Mrd. Euro). Manche Analysten beurteilen die Lage etwas prekärer und sehen 30 % des nominalen BIP gefährdet. Da sämtliche Einnahmequellen Ägyptens wohl teils massive Einbrüche (v.a. Tourismuseinnahmen, Remittances, Suezkanalgebühren, ausländische Investitionen) verzeichnen werden, steht die ägyptische Wirtschaft jedenfalls vor neuen Herausforderungen (WKO 9.2020).

Im Zuge der COVID-19-Pandemie ist die offizielle Arbeitslosenrate zum Ende des 2. Quartals 2020 auf 9,6 % gestiegen; von 7,5 % zum selben Zeitpunkt im Jahr zuvor bzw. 7,7 % zum Ende des 1. Quartals 2020 (AN 17.8.2020). Zum Ende des 3. Quartals 2020 ist die Arbeitslosenrate auf 7,3 % gesunken, wobei die Arbeitslosenrate unter Männern bei 5,8 % und bei Frauen bei 15,2 % lag (ET 15.12.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 18.1.2021

- AN - Arab News (17.8.2020): Egypt’s unemployment rate rises due to coronavirus, https://www.arabnews.com/node/1720631/business-economy , Zugriff 1.2.2021

- ET - Egypt Today (15.12.2020): Decline in 2020 unemployment rate shows Egypt's economic progress amid COVID-19 crisis : Cabinet, https://www.egypttoday.com/Article/3/95376/Decline-in-2020-unemployment-rate-shows-Egypt-s-economic-progress , Zugriff 1.2.2021

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (11.2020c): LIPortal - Das Länder-Informations-Portal: Ägypten - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/aegypten/wirtschaft-entwicklung/ , Zugriff 20.1.2021

- MEI - Middle East Institute (22.6.2020): Egypt’s sizeable informal economy complicates its pandemic response, https://www.mei.edu/blog/egypts-sizeable-informal-economy-complicates-its-pandemic-response , Zugriff 20.1.2021

- USSSA - U.S. Social Security Administration (9.2019): Social Security Programs Throughout the World: Africa, 2019 – Egypt, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2018-2019/africa/egypt.pdf , Zugriff 1.2.2021

- WKO - Wirtschaftskammer Österreich | AußenwirtschaftsCenter Kairo (22.9.2020): Außenwirtschaftsbericht Ägypten, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/aegypten-wirtschaftsbericht.pdf , Zugriff 21.1.2021

Rückkehr

Formale staatliche Institutionen für die Aufnahme von Rückkehrern sind hier nicht bekannt. Zur Situation von Rückkehrern liegen keine Erkenntnisse vor. Staatliche Maßnahmen als Reaktion auf Asylanträge im Ausland sind nicht bekannt (AA 13.6.2020).

Von repressiven Maßnahmen gegen zurückgekehrte Aktivisten und ihre Familienangehörigen ist, angesichts der allgemeinen Repression gegen Angehörige der Organisation im Land, bei Führungskadern auszugehen. Prominente regimekritische Aktivisten müssen mit Ausreisesperren, Inhaftierung und Strafverfolgung rechnen. Der ägyptische Staat stellt Nachforschungen zu exilpolitischen Aktivitäten im Ausland und daran beteiligten Personen an.

Vermutete politische Aktivitäten im Ausland können selbst bei nur kurzen Aufenthalten (z.B. zur Teilnahme an Seminaren) zu längeren Befragungen, und nach Rückkehr u.U. zu Festsetzungen durch die Sicherheitsbehörden führen (AA 13.6.2020).

Alle ein- oder ausreisende Personen (Ägypter und Ausländer gleichermaßen) werden mit dem nationalen Fahndungsbestand abgeglichen. Ägyptische Staatsangehörige können bei freiwilliger Rückkehr nicht ohne Vorlage einer ägyptischen ID oder eines von einer ägyptischen Auslandsvertretung ausgestellten Reisedokumentes (Laissez-Passer) wieder nach Ägypten einreisen (AA 13.6.2020).

IOM betreibt seit 1991 ein Regionalbüro in Kairo und führt eine Vielzahl von Unterstützungsprojekten für Migranten und Rückkehrer durch (AA 13.6.2020). Unter Anderem gibt es finanzielle Unterstützungsleistungen für Rückkehrer beispielsweise bei Firmengründungen. Die Hilfe für unbegleitete Migrantenkinder (UMCs), die alleine das Mittelmeer auf der Suche nach einem neuen Leben in Europa überquerten, wird ausgeweitet. Es werden erhebliche Anstrengungen unternommen, um sicherzustellen, dass das Wohl des Kindes bei Rückkehr und Reintegration im Mittelpunkt steht (IOM o.D.).

Für die Einreise ist ein negativer PCR-Test erforderlich, der nachweislich nicht älter als 72 Stunden sein darf, bei Einreise über die Flughäfen von London Heathrow, Paris oder Frankfurt nicht älter als 96 Stunden. Das Testergebnis muss in englischer oder arabischer Sprache vorgelegt werden. Ansonsten droht eine Verweigerung der Einreise (AA 30.11.2020; vgl. USEMB 18.1.2021). Seit 17.1.2021 müssen alle Einreisenden eine 14-tägige Quarantäne antreten (USEMB 18.1.2021).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (30.11.2020): Ägypten: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung und COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aegypten-node/aegyptensicherheit/212622#content_5 , Zugriff 21.1.2021

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 18.1.2021

- IOM Egypt - International Organization for Migration (o.D.): Assisted Voluntary Return and Reintegration, https://egypt.iom.int/en/assisted-voluntary-return-and-reintegration , Zugriff 20.1.2021

- USEMB - U.S. Embassy in Egypt (18.1.2021): COVID-19 Information - Last updated: 1/18/2021, https://eg.usembassy.gov/u-s-citizen-services/covid-19-information/ , Zugriff 20.1.2021

 

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz. Auskünfte aus dem Strafregister (SA), dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR), der Grundversorgung (GVS) sowie dem Hauptverband österreichischer Sozialversicherungsträger (AJ-WEB) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens weiters Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Ägypten.

Weiters konnte im vorliegenden Beschwerdefall auf die Ermittlungsergebnisse im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 09.03.2022 vor dem Bundesverwaltungsgericht zurückgegriffen werden.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Identität des BF steht aufgrund der vorlegten identitätsbezeugenden Dokumente fest.

Die Feststellungen zu den Lebensumständen, den persönlichen Verhältnissen, zur Volljährigkeit, Staatsangehörigkeit, Religionszugehörigkeit sowie zur Herkunft des BF stützen sich insbesondere auf seine Angaben gegenüber dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht, sowie auf die unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid. Auch dass er nie Mitglied einer Partei war, gab der BF selbst an (Verhandlungsprotokoll vom 09.03.2022, S 11).

Die Feststellung zur Ehe mit einer Rumänin beruht auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF sowie dem vom BF vorgelegten Scheidungsurteilen aus Rumänien und Ägypten (Beilage D).

Hinsichtlich der Reiseroute gilt es, auf die glaubhaften und gleichbleibenden Angaben des BF im Verfahren zu verweisen.

Die Feststellung zu seinem Aufenthalt im Bundesgebiet von 22.05.2012 bis 01.06.2012 ergibt sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt sowie auch der durchgehende Aufenthalt des BF im Bundesgebiet seit seiner Asylantragstellung am 30.09.2015. Ob sich BF bereits seit Sommer 2013 durchgehend in Österreich aufhält wie von ihm in der mündlichen Beschwerdeverhandlung behauptet, konnte nicht festgestellt werden, da der BF hierzu keinerlei Bescheinigungsmittel vorlegen konnte und auch auf Nachfrage nicht nachvollziehbar darlegen konnte, was genau er in dieser Zeitspanne gemacht habe.

Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor der belangten Behörde sowie auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung gab der BF zu Protokoll, an keinen Beschwerden oder Krankheiten zu leiden, welche den BF an der Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würden bzw. nicht an irgendwelchen Krankheiten zu leiden und keine Medikamente einzunehmen. Es konnte daher die Feststellung getroffen werden, dass der BF gesund ist, zumal auch aus dem unbestrittenen Akteninhalt nichts Gegenteiliges entnommen werden konnte. Damit ergeben sich auch keinerlei Hinweise auf medizinische Indikationen für die Zuordnung des BF zur COVID-19-Risikogruppe entsprechend der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/202. Aufgrund dessen konnte die Feststellung getroffen werden, dass der BF nicht unter die COVID-19-Risikogruppe fällt.

Aufgrund des Gesundheitszustandes lässt sich auf die Arbeitsfähigkeit des BF schließen. Auf den Angaben des BF im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde beruhen die Feststellungen zu seiner beruflichen Tätigkeit in Ägypten. Er war Geschäftsmann und handelte mit Textilien (Protokoll vom 18.09.2017, S 5).

Der Umstand, dass der BF im Bundesgebiet lediglich knapp zwei Wochen unselbstständig beschäftigt war, ergibt sich aus dem Sozialversicherungsdatenauszug zur Person des BF sowie dessen Angaben, denen zu Folge er ein Handelsgewerbe in Österreich betrieben habe und dieses inzwischen aber aufgrund hoher Steuerzahlungen wieder abgemeldet habe. Diesbezüglich legte der BF einen Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) vor (Beilage C). Dass er am 25.02.2022 ein weiteres Gewerbe, und zwar ein Gastgewerbe in der Betriebsart Restaurant, angemeldet hat, ergibt sich aus der vom BF vorgelegten Eingangsbestätigung über die Gewerbeanmeldung des XXXX sowie ebenfalls aus einem aktuellen GISA-Auszug. Der BF lebt nach eigenen Angaben in Österreich von der Grundversorgung und bis vor ein paar Jahren auch von dem Geld, das ihm seine Schwester aus Kuwait schickte.

Die Feststellungen zu den in Ägypten sowie in Österreich und Kuwait lebenden Familienangehörigen des BF samt dem Umstand, dass er zuletzt allein in einer Wohnung in Al-Mahalla wohnte, ergeben sich aus den Angaben des BF vor der Behörde (Protokoll vom 18.09.2017, S 5).

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 07.03.2022.

Die Feststellungen zum Bildungs- und Berufswerdegang des BF beruhen auf den glaubhaften und nachvollziehbaren Angaben des BF vor der belangten Behörde.

Dass der BF trotz mindestens sechs Jahre und fünf Monate andauernden Aufenthalts über kein soziales Umfeld im Bundesgebiet verfügt und keine relevanten privaten Beziehungen in Österreich hat, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben und dem Akt.

Der BF brachte weder vor der belangten Behörde, noch in der gegenständlichen Beschwerde oder im Rahmen der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konkrete Angaben oder Unterlagen vor, die die Annahme einer umfassenden Integration in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht rechtfertigen würden. Zu seiner Integration legte der BF die folgenden Unterlagen vor: eine Kursbesuchsbestätigung der XXXX r Volkshochschulen Deutsch Integrationskurs A2 Teil 3 und 4 vom 24.07.2017, eine Zahlungsbestätigung der XXXX Volkshochschulen Deutsch Integrationskurs A2 Teil 3 und 4 vom 24.07.2017, eine Kursbesuchsbestätigung der XXXX Volkshochschulen Deutsch Integrationskurs A1 vom 20.09.2013, einen Mietvertrag über ein Gastlokal vom 01.02.2022 (Beilage A), ein Schreiben des BF an das Finanzamt Österreich vom 17.02.2022, ein Einzahlungsbestätigung für die ÖIF A2 Prüfung vom 02.03.2022 (Beilage B) sowie eine Bestätigung über die Gewerbeanmeldung vom 25.02.2022.

Hinsichtlich der Berufstätigkeit des BF kann auf das oben Gesagte verwiesen werden. Auffällig ist, dass die Anmeldung des Gastgewerbes durch den BF in zeitlichem Zusammenhang mit der Ladung zur Beschwerdeverhandlung steht und somit der berufliche Ernst der Gewerbeanmeldung hinterfragt werden kann.

Hinsichtlich der Integrationskurse Deutsch brachte der BF lediglich vor sich für die Prüfung Deutsch A2 angemeldet zu haben, abgeschlossen habe er aber noch nichts. Es wird vom Bundesverwaltungsgericht aber nicht verkannt, dass eine einfache Unterhaltung mit dem BF auf Deutsch – wie in der Verhandlung geschehen – durchaus möglich ist.

Die Feststellungen, wonach der BF Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezieht, ergeben sich aus einem aktuellen Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem, einem Sozialversicherungsdatenauszug des BF und seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung.

2.3. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Der BF brachte zu seinen Fluchtgründen zusammengefasst vor, dass er in seiner Heimatstadt Demonstrationen organisiert habe. Er sei der Anführer gewesen und habe ca. 30.000 – 40.000 Anhänger gehabt. Deshalb sei sein Name und Gesicht bei der Polizei bekannt. Immer wenn ihn ein Polizist auf der Straße sehe, sei er mitgenommen und eingesperrt worden, so auch wegen der Demonstration am „6. April“. Auch der Geheimdienst verfolge ihn; dieser sei einmal um drei in der Früh gekommen und habe den BF mitgenommen. Es gebe auch seit 2014 einen Haftbefehl gegen den BF. Es werde ihm vorgeworfen, dass er zur Muslimbruderschaft gehöre, was nicht stimme. Bei einer Rückkehr nach Ägypten befürchte der BF verhaftet zu werden.

Das Asylverfahren bietet nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte vor Ort zu verifizieren, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen. Hat der Asylwerber keine anderen Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage gegenüber den Asylbehörden, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Diesen Beweisschwierigkeiten trägt das österreichische Asylrecht in der Weise Rechnung, dass es lediglich die Glaubhaftmachung der Verfolgungsgefahr verlangt. Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage und allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert wahrheitsgemäß darzulegen (VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153; 15.03.2016, Ra 2015/01/0069).

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff der Glaubhaftmachung im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften im Sinn der Zivilprozessordnung zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der BF die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht setzt dabei positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der hierzu geeigneten Beweismittel, insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers, voraus (VwGH 23.09.2014, Ra 2014/01/0058 mwN). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt ebenso wie die Beweisführung den Regeln der freien Beweiswürdigung (VwGH 27.05.1998, Zl. 97/13/0051). Im Falle der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Asylwerbers sind positive Feststellungen von der Behörde nicht zu treffen (VwGH 19.03.1997, Zl. 95/01/0466).

Im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit von Angaben eines Asylwerbers hat der Verwaltungsgerichtshof als Leitlinien entwickelt, dass es erforderlich ist, dass der Asylwerber die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert (VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294) und dass diese Gründe objektivierbar sind (VwGH 05.04.1995, Zl. 93/18/0289). Das Vorbringen des Asylwerbers muss, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, genügt zur Dartuung von selbst Erlebtem grundsätzlich nicht (VwGH 10.08.2018, Ra 2018/20/0314).

Es entspricht ferner der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein Vorbringen im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden kann, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens bzw. der niederschriftlichen Einvernahmen unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, Zl. 95/20/0650).

Das Bundesverwaltungsgericht hält im gegebenen Zusammenhang fest, dass eine besondere Auseinandersetzung mit der Schutzfähigkeit bzw. Schutzwilligkeit des Staates einschließlich diesbezüglicher Feststellungen nur dann erforderlich ist, wenn eine Verfolgung durch Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen festgestellt wird (vgl. VwGH 02.10.2014, Ra 2014/18/0088). Da der BF jedoch nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts keine von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehende Verfolgung zu gewärtigen hatte, sind spezifische Feststellungen zum staatlichen Sicherheitssystem sowie zur Schutzfähigkeit bzw. Schutzwilligkeit im Herkunftsstaat nicht geboten.

Zunächst fällt auf, dass der BF seinen Aussagen zufolge Ägypten bereits 2011 oder 2012 verlassen haben soll; und zwar nach Rumänien zu seiner damaligen rumänischen Frau. Nicht nachvollziehbar ist diesbezüglich insbesondere, dass der BF erst mehrere Jahre später – Ende September 2015 - einen Asylantrag stellte, just als er seine Aufenthaltsberechtigung über seine – nunmehrige – Ex-Ehefrau nicht mehr verlängern konnte. Weiters sticht ins Auge, dass seine Ex-Frau für die Verlängerung des Aufenthaltstitels Geld vom BF wollte, was wiederum nicht unbedingt für eine Liebesheirat, sondern eher für eine Aufenthaltsehe spricht. Dass der BF schließlich erst am 30.09.2015 einen Asylantrag in Österreich stellte, obwohl er bereits 2011 bzw. 2012 in Rumänien, bzw. im Mai 2012 auch kurz in Österreich aufhältig war und seinen – unbelegten – Angaben zu Folge seit Sommer 2013 durchgehend in Österreich gewesen sein soll, deutet jedenfalls nicht auf eine akute Verfolgung in Ägypten hin.

Die diesbezügliche Befragung in der Verhandlung stellte sich wie folgt dar:

„RI: Wann haben Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen?

BF: 2012.

RI: Wie war dann Ihre Reiseroute nach Österreich und wann sind Sie nach Österreich eingereist?

BF: Ich habe damals eine Rumänin geheiratet und hatte ein Visum. Damit bin ich nach Österreich eingereist.

RI: Seit wann sind Sie in Österreich durchgehend aufhältig?

BF: Seit ich in Österreich bin habe ich es nicht mehr verlassen und das war seit 2013.

RI: Laut ZMR waren Sie lediglich kurze Zeit im Mai 2012 in Österreich gemeldet und sind erst im Zuge der Asylantragstellung ab Oktober 2015 wieder durchgehend in Österreich gemeldet. Warum ist das so?

BF: Ich habe mich damals nicht anmelden können, weil ich mein Visum verlängern wollte. Ich konnte mich nur nebenwohnsitzlich in Österreich melden.

RI: Warum haben Sie sich dann nur für zehn Tage nebenwohnsitzlich gemeldet?

BF: Weil ich mit meiner Ehefrau nach Deutschland gegangen bin.

[…]

RI: Können Sie irgendwie belegen, dass Sie bereits seit 2013 in Österreich sind?

BF: Ich bin dann nach Deutschland gegangen mit meiner Frau.

RI: Für wie lange?

BF: Ich war zwei oder drei Monate dort.

RI: Wieso haben Sie Deutschland wieder verlassen?

BF: Ich bin zurück nach Rumänien gegangen damit ich mein Visum verlängere. Meine Frau wollte von mir Geld haben, dass ich mein Visum verlängern kann. Das habe ich nicht bezahlt. Meine Ehefrau hat mir gesagt, wenn ich mein Visum verlängern möchte muss ich ihr etwas zahlen.

RI: Es war also keine Liebesheirat, sondern nur wegen des Aufenthaltstitels?

BF: Nein, ich habe sie in Scharm el-scheich kennengelernt. Ich habe sie geheiratet, weil ich sie geliebt habe.

RI: Wenn es Liebe wäre, würde Ihre Frau wohl nicht für die Verlängerung des Aufenthaltstitels Geld von Ihnen verlangen. Oder?

BF: Es war Liebe. Sie hat mit mir sieben Monaten in Ägypten zusammengelebt. Danach hat sie sich aber komplett um 180 Grad geändert in der Beziehung.

RI: Seit wann sind Sie jetzt durchgehend in Österreich?

BF: Um genau zu sein seit neun Jahren. Seit ungefähr 2013. Ich weiß nicht mehr genau seit welchem Monat. Ich glaube es war Sommer.

RI: Sie sind seit Sommer 2013 durchgehend in Österreich?

BF: Nachdem ich aus Deutschland zurückgekehrt bin habe ich Österreich nicht mehr verlassen.

RI: Wo haben Sie dann von Sommer 2013 bis Oktober 2015 gewohnt?

BF: Ich habe im XXXX in der XXXX gewohnt. Das war bei meinem Freund. Ein Jahr später bei meiner Nichte.

RI: Wovon haben Sie da gelebt?

BF: Ich habe damals noch keinen Asylantrag gestellt. Ich habe von dem Geld aus Ägypten und dem, was mir meine Schwester schickt, gelebt.

RI: Sind Sie da noch nie von der Polizei kontrolliert worden? Das waren ca. zwei Jahre.

BF: Nein, sie sehen mich ja. Ich ziehe mich immer gut an, falle dadurch nicht auf und mache keine Probleme.

RI: Was haben Sie diese zwei Jahre gemacht?

BF: In diesen zwei Jahren konnte ich nicht arbeiten. Dann habe ich einen Asylantrag gestellt und die weiße Karte bekommen, konnte aber immer noch nicht arbeiten. Hätte ich eine Arbeitsbewilligung gehabt hätte ich schon längst gearbeitet.

RI: Wieso haben Sie in Rumänien oder in Deutschland keinen Asylantrag gestellt?

BF: Weil meine Geschwister in Österreich sind. Sie haben die österreichische Staatbürgerschaft.

[…]

RI: Warum haben Sie erst im September 2015 einen Asylantrag gestellt?

BF: Ich wurde von der Polizei in Tschechien angehalten. Mein Visum für Rumänien war zu dieser Zeit schon abgelaufen. Sie nahmen mich zur Polizeistation und sie sagten mir, dass meine Ehefrau einen neuen Verlängerungsantrag stellen muss. Ich war dann dort zehn Tage im Gefängnis. Dann hat der Richter einen Brief nach Österreich geschickt und ich wurde dann von der Polizei nach Österreich gebracht.

RI wiederholt die Frage nochmals.

BF: Ich habe damals ein Visum gehabt. Ich wollte mein Visum verlängern aber das ging nicht.“

Aufgrund der umseitigen Ausführungen des BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der BF erst einen Asylantrag stellte, als ihm bewusst war, dass er seinen Aufenthaltstitel über seine Ex-Frau nicht mehr verlängern konnte.

Ungeachtet dessen gestaltet sich das Fluchtvorbringen des BF hinsichtlich einiger Punkte als widersprüchlich:

So machte der BF bezüglich des Datums seiner Ausreise aus Ägypten unterschiedliche Angaben. Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er an, Ägypten 2011 verlassen zu haben, vor dem BFA und dem erkennenden Richter des Bundesverwaltungsgerichts meinte er, 2012 ausgereist zu seien.

Auch meinte der BF bei der Erstbefragung zwei Jahre lang, und zwar von 2005 bis 2007, IT-Technik studiert zu haben, vor dem BFA gab er jedoch an, erst 2008 die Matura absolviert zu haben. Wieder widersprüchlich dazu gab er in der mündlichen Beschwerdeverhandlung an, vier Jahre an der Universität studiert zu haben.

Dass der BF seit 2014 in seinem Heimatstaat per Haftbefehl gesucht wird, konnte der BF nicht glaubhaft machen. Die von ihm diesbezüglich vorgelegte Bescheinigung über ein Ermittlungsverfahren konnte dies nicht belegen. Zudem ließ der BF den angeblichen Haftbefehl bei seiner Erstbefragung am 30.09.2015 gänzlich unerwähnt, obwohl dies ein gewichtiger Umstand in seiner Fluchtgeschichte wäre. Auch wäre eine Ausreise des BF über einen internationalen Flughafen wohl kaum möglich gewesen, wenn gegen diesen tatsächlich ein Haftbefehl aufrecht gewesen wäre. Auch die Behauptung des BF, er würde vom Geheimdienst gesucht und verfolgt werden, erscheint angesichts seiner über den Flughafen in Kairo erfolgten Ausreise nicht glaubwürdig. Auch gab der BF an, schon ein Jahr vor seiner endgültigen Ausreise Ägypten für einige Monate verlassen zu haben (Protokoll vom 18.09.2017, S 5 f), was eben auch problemlos möglich gewesen zu sein scheint.

Diese widersprüchlichen und unglaubwürdigen Angaben lassen das Fluchtvorbringen des BF insgesamt als nicht glaubhaft erscheinen. Dass der BF an Demonstrationen beteiligt war, mag sein, doch lässt sich daraus nicht auf eine asylrelevante Verfolgung schließen. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt hierbei nicht, dass Abweichungen, die lediglich Details der Fluchtgeschichte betreffen, für sich allein genommen nicht geeignet sind, das gesamte Fluchtvorbringen als unglaubwürdig erscheinen zu lassen (VfGH 22.11.2012, U615/12). Die Gesamtbetrachtung der widersprüchlichen und nicht plausiblen Aussagen des BF zu seiner Flucht, insbesondere seiner federführenden Tätigkeit bei Demonstrationen und der angeblich gegen ihn erlassene Haftbefehl, lassen dem Bundesverwaltungsgericht jedoch Zweifel über den tatsächlichen Verlauf der Dinge entstehen.

Dem Bundesverwaltungsgericht ist – selbst wenn der Fluchtgeschichte des BF Glauben geschenkt wird – keine individuelle Verfolgung des BF ersichtlich. Er konnte, wenn auch angeblich nach längeren Diskussionen, schließlich jedoch ohne Probleme, per Flugzeug aus seinem Heimatstaat ausreisen, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Sicherheitsbehörden speziell den BF im Visier haben. Daran vermochte auch der Eindruck in der mündlichen Verhandlung nichts zu ändern, sodass der erkennende Richter aufgrund einer Gesamtschau des Akteninhaltes zu dem Schluss kommt, dass der BF eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft machen konnte.

Insgesamt kommt daher das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass es dem BF nicht gelang, glaubhaft zu machen, aufgrund welcher Umstände er in seinem Heimatland verfolgt werde, und er im Falle einer Rückkehr nach Ägypten keine Verfolgung zu fürchten hat.

Eine sonstige besondere Gefährdung wurde nicht substantiiert dargelegt. Der BF ist jung und arbeitsfähig, verfügt in Ägypten über familiären Anschluss und ist in der Lage, sich bei einer Rückkehr eine neue Existenz aufzubauen, zumal er über 12 Jahre an Schulbildung verfügt, zwei Jahre IT-Technik studiert hat und in Ägypten bereits im Textilhandel tätig war. Es wurde im Beschwerdeverfahren nicht substantiiert dargelegt, dass der BF im Falle einer Rückkehr Opfer eines Konfliktes oder einer Hungersnot werden könnte. Ebenso wenig liegen bei ihm besondere Verletzlichkeiten, etwa im Sinne einer schweren Erkrankung, vor, welche ihm eine berufliche Tätigkeit verunmöglichen würden. Daher droht ihm im Falle einer Rückkehr keine reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung.

Daher war festzustellen, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Ägypten in keine die Existenz bedrohende Notlage geraten wird.

2.4. Zu den Länderfeststellungen

Zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen im angefochtenen Bescheid wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Im Sinne des Art.1 Abschnitt A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art.1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt II.2.3. ausführlich dargestellt, konnte der BF nicht glaubhaft machen, dass ihm aus einem der Gründe der Genfer Flüchtlingskonvention Verfolgung droht; es ist nicht glaubhaft, dass er in Ägypten aufgrund seiner politischen Gesinnung persönlich verfolgt werde. Die Teilnahme an und selbst die Organisation von Demonstrationen lässt nicht automatisch auf eine Verfolgung der Person des BF schließen. Den angeblich gegen ihn erlassenen Haftbefehl konnte der BF nicht durch Bescheinigungsmittel belegen und ist dieser und auch die Behauptung, dass der BF namentlich und mit dem Gesicht der Polizei und dem Geheimdienst in Ägypten bekannt sei, schon aufgrund der Tatsache, dass er legal und ohne größere Probleme über den Flughafen Kairo ausreisen konnte, unglaubwürdig.

Soweit der BF in seiner Beschwerde vom 21.03.2018 behauptet, das BFA habe den Sachverhalt nicht vollumfänglich ermittelt, da kein Sachverständiger dem Verfahren beigezogen worden sei, sei gesagt, dass das BFA die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung aktuellste Länderinformation vollumfänglich zitiert und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Somit wurde die aktuelle Lage im Heimatstaat des BF umfassend ermittelt. Was ein Sachverständiger zur Beurteilung der Nachvollziehbarkeit der Angaben des BF beitragen könnte, wie in der Beschwerde verlangt, ist dem Bundesverwaltungsgericht nicht ersichtlich. Es geht aus der Beschwerde auch nicht klar hervor, aus welchem Sachgebiet das beantragte Sachverständigengutachten einzuholen sei.

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Rechtslage

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offensteht.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein – über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes – "real risk" einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solch exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Dem BF droht in Ägypten - wie oben bereits dargelegt wurde - keine asylrelevante Verfolgung.

Auch dafür, dass er im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der BF ist volljährig, gesund und somit arbeitsfähig. Er hat eine langjährige schulische und universitäre Ausbildung genossen und war bereits im Textilhandel beruflich tätig. Durch die Ausübung dieser oder einer ähnlichen Tätigkeit wird er eine Lebensgrundlage sichern können bzw. zum Familieneinkommen beitragen können. Zwei Schwestern sowie einige Onkel und Tanten des BF leben nach wie vor in Ägypten und kann davon ausgegangen werden, dass diese ihn gegebenenfalls aufnehmen würden.

Damit ist der BF durch die Abschiebung in seinen Herkunftsstaat nicht in seinem Recht gemäß Art. 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der BF allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Ägypten bessergestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde dort keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Es wird in diesem Zusammenhang nicht verkannt, dass die Grundversorgung und die wirtschaftliche Lage in Ägypten sehr schlecht sind und die Arbeitslosigkeit stetig steigt, ganz allgemein besteht im Herkunftsstaat derzeit aber keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt, die nahelegen würden, dass bezogen auf den BF ein reales Risiko einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen war.

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

3.3.1. Rechtslage

Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5).

Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs. 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, d.h. auch ohne dahingehenden Antrag des BF, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Indizien dafür, dass der BF einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des BF seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der BF Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

3.4.1. Rechtliche Grundlagen

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.

Der mit „Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK“ betitelte § 55 AsylG lautet:

„§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.“

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet wie folgt:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art.8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art.und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art.8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Zu prüfen ist, ob die von der belangten Behörde verfügte Rückkehrentscheidung mit Art. 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art. 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Der BF verfügt über kein schützenswertes Familienleben in Österreich. Er ist nicht verheiratet und hat keine Kinder. Durch den Aufenthalt seiner beiden erwachsenen Geschwister in Österreich liegt kein hinreichend intensives Familienleben im Sinne der EMRK vor. Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen nämlich nur dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 21.12.2020, Ra 2020/01/0443 mit Verweis auf 07.07.2020, Ra 2020/14/0147; VwGH 05.10.2020, Ra 2020/19/0308; VwGH 12.03.2020, Ra 2019/20/0035), was im Fall des BF und seinen in Österreich lebenden Geschwistern nicht vorgebracht wurde und sich auch sonst nicht aus dem Akteninhalt ergibt. Somit stellt die Ausweisungsentscheidung schon aus dieser Erwägung keine Verletzung des Art. 8 EMRK dar (AsylGH 03.12.2009, A2 253.985-0/200853).

Zu prüfen ist ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des BF. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554).

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt.

Es konnte nur festgestellt werden, dass sich der BF zumindest seit seiner Asylantragstellung am 30.09.2015 durchgehend in Österreich aufhielt. Im Hinblick auf diese knapp sechseinhalb Jahre umfassende Zeitspanne kann eine von Art. 8 EMRK geschützte Aufenthaltsverfestigung noch nicht angenommen werden.

Das vorliegende Asylverfahren erreichte, gerechnet von der Antragstellung am 30.09.2015 bis zum Datum der vorliegenden Entscheidung am zwar eine gewisse, auch auf – dem BF nicht zuzurechnende – Verzögerungen zurückgehende Dauer. Der nunmehr knapp sechseinhalbjährige Aufenthalt des BF beruhte dessen ungeachtet auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Dauer seines Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann.

Hinweise, dass der BF in Österreich einen maßgeblichen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde, liegen nicht vor. Er verfügt trotz der langen Aufenthaltsdauer nur über Grundkenntnisse der deutschen Sprache und bezieht nach wie vor Grundversorgung. Es wird nicht verkannt, dass der BF bemüht ist, seinen Unterhalt in Zukunft selbst zu bestreiten. Sein Ende November 2018 angemeldetes Gewerbe meldete er „wegen den Steuern“ knapp drei Monate später wieder ab (Verhandlungsprotokoll vom 09.03.2022, S 8). Am 01.03.2022 hat er, wie bereits erwähnt, ein weiteres Gewerbe angemeldet. Einer anderen Beschäftigung ist der BF während seines Aufenthalts im Bundesgebiet nicht nachgegangen. Seine Freundschaften und privaten Kontakte entsprechen, selbst wenn sie vorhanden und für den BF von Bedeutung sind, nicht den Anforderungen an ein schützenswertes Privat- und Familienleben im Sinne der EMRK, sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in Bezug auf die erforderliche Intensität.

Ein allfälliges besonders zu berücksichtigendes Integrationsverhalten des BF kann daher im konkret vorliegenden Sachverhalt in der Gesamtschau nicht erblickt werden. Auch wird das Gewicht seiner ohnehin als gering zu wertenden privaten Interessen dadurch gemindert, dass sie allesamt über einen Zeitraum entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (vgl. VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov).

Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK – auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen, wobei im Rahmen der Gesamtabwägung einem solchen Vorbringen nicht in jeder Konstellation Relevanz zukomme (vgl. dazu VwGH, 30.06.2016, Zl Ra 2016/21/0076-10 und VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Vulnerabilität liegt gegenständlich aber nicht vor.

Der BF hat in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte.

Hinsichtlich seiner strafrechtlichen Unbescholtenheit ist auszuführen, dass dies nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen darstellt (VwGH 21.01.1999, 98/18/0420), da der VwGH davon ausgeht, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der BF erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 2003, Zl. 2003/07/0007; vgl. dazu auch das Erkenntnis VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.")

Vor diesem Hintergrund überwiegen die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet, sodass der damit verbundene Eingriff in sein Privatleben nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes als verhältnismäßig qualifiziert werden kann. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass eine Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG abzuweisen war.

3.5. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

3.5.1. Rechtslage

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art.2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.5.2. Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall

Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig wäre.

Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse VwGH 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 – 0062).

Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs. 2 FPG, da dem BF keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.

Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Ägypten erfolgte daher zu Recht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 52 Abs. 9 FPG abzuweisen war.

3.6. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Derartige "besondere Umstände" wurden vom BF nicht ins Treffen geführt und sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen.

Zu Recht hat daher die belangte Behörde § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zur Anwendung gebracht. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art.133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art.133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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