OGH 1Ob226/98m (RS0111167)

OGH1Ob226/98m20.2.2020

Rechtssatz

Entscheidend für das Recht auf Anhebung des Mietzinses gegenüber einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist es, ob auf der Mieterseite ein Machtwechsel in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht eingetreten ist; das ist grundsätzlich dann der Fall, wenn es zum "Kippen der Mehrheitsverhältnisse" in der Gesellschaft mit beschränkter Haftung gekommen ist.

Normen

MRG §12a Abs3

1 Ob 226/98mOGH29.09.1998

Veröff: SZ 71/157

5 Ob 320/98iOGH29.06.1999

Auch; Beisatz: Ein "Kippen der Mehrheitsverhältnisse" findet bereits dort statt, wo einem Minderheitsgesellschafter Anteile zuwachsen, so dass er insgesamt 50 % überschreitet (§ 39 Abs 1 GmbHG). (T1); Beisatz: Auch das Erreichen der Anteilsmehrheit ist eine entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten, die es dem dadurch Begünstigten ermöglicht, auf das von der Gesellschaft betriebene Unternehmen derart Einfluss zu nehmen, als hätte er es selbst erworben. (T2) Beisatz: Das muss auch dann gelten, wenn ein Gesellschafter an der Vermietergesellschaft mit einem Stammkapital von 50 % beteiligt war und eine weitere Stammeinlage von 25 % erwirbt, so dass er über einen Geschäftsanteil von 75 % und damit über jene Dreiviertelmehrheit verfügt, die ihn berechtigt, sogar den Gesellschaftsvertrag zu ändern (§ 50 Abs 1 GmbHG). (T3)<br/>Beisatz: Hier: Ein Gesellschafter, der zuvor nicht Mehrheitsgesellschafter war, erwirbt alle restlichen Anteile hinzu, so dass er Alleingesellschafter wird. (T4)

3 Ob 114/00mOGH25.04.2001

Vgl; Beisatz: Die bloße Begründung von Streubesitz an der Holding-AG der Mieterin verwirklicht nicht den Tatbestand des § 12a Abs 3 MRG. (T5)

5 Ob 35/02mOGH12.03.2002

Auch; Beisatz: Das vom Gesetzgeber genannte Beispiel ist jedoch auf Kapitalgesellschaften zugeschnitten und lässt sich auf Personengesellschaften des Handelsrechts nur bedingt übertragen. (T6)

5 Ob 76/02sOGH25.06.2002

Auch; Beis ähnlich T1; Beisatz: Bei Kapitalgesellschaften reicht ein schlichtes "Kippen der Mehrheitsverhältnisse". (T7)

5 Ob 262/02vOGH10.02.2004

Vgl aber; Beisatz abweichend zu T5: Der Gesetzgeber wollte die Veräußerung der Anteilsmehrheit jedenfalls als Änderung im Sinn des § 12a Abs 3 MRG verstanden wissen. Die damit nicht in Einklang stehende Entscheidung 3 Ob 114/00m trägt diesem Umstand nicht Rechnung, indem sie für maßgeblich ansah, dass nach dem stückweisen Abverkauf eines Gesellschaftsanteils es zu Streubesitz kam und kein einzelner Aktionär in der Folge in der Lage war, allein auf das von der Gesellschaft betriebene Unternehmen entscheidenden Einfluss zu nehmen. Auch durch eine solche Verschiebung der Anteilsverhältnisse tritt eine Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft im Sinne des § 12a Abs 3 MRG ein. (T8)<br/>Beisatz: Ist nach den Änderungen in der Mietergesellschaft die Mehrheit der Anteile nunmehr anderen Personen als den bisherigen Gesellschaftern wirtschaftlich zuzurechnen, bedarf es keines eigentlichen "Machtwechsels" in der Gesellschaft mehr, weil sich in der Regel eine entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten bei einer Anteilsverschiebung um mehr als 50 % ergibt. (T9)<br/>Veröff: SZ 2004/23

5 Ob 21/04fOGH19.04.2004

Auch; Beis ähnlich T6; Beisatz: Insbesondere in Kommanditgesellschaften kann sich eine entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten aus vielerlei Umständen ergeben, die nicht in eine einfache Formel für die "Berechnung" des Machtwechsels zu bringen sind. (T10)<br/>Beisatz: Ob der Tatbestand des § 12a Abs 3 erster Satz MRG verwirklicht wurde, kann immer nur nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls entschieden werden. (T11)

1 Ob 19/04gOGH17.05.2004

Beis wie T1; Beis wie T7; Beisatz: Allfällige interne Absprachen zwischen Gesellschaftern sind nach ständiger Judikatur nicht maßgeblich. (T12)<br/>Beisatz: Hier: Zwei Ehegatten, die als (Familiengesellschafter) Gesellschafter gemeinsam Geschäftsanteile von zusammen 56 % halten. (T13)

6 Ob 122/05tOGH23.06.2005

Auch; Beis wie T6; Beis wie T1; Beis wie T7

6 Ob 88/06vOGH24.05.2006

Beisatz: Das Kippen der Mehrheitsverhältnisse indiziert allerdings lediglich eine entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten, seine konkreten Auswirkungen sind im Einzelfall zu prüfen. (T14)

6 Ob 15/07kOGH15.02.2007

Beis wie T14; Beisatz: Die Grundsätze gelten auch für den Fall der Verschmelzung von Kapitalgesellschaften. Es liegt grundsätzlich ein Anwendungsfall des § 12a Abs 3 MRG vor, eine Mietzinsanhebung kommt aber nur in Betracht, wenn die Verschmelzung zu einer entscheidenden Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten führt. (T15)

3 Ob 78/07bOGH25.04.2007

Auch; Beis wie T14; Beisatz: Vermieter ist behauptungs- und beweispflichtig. (T16)<br/>Beisatz: Im Hinblick auf die Bejahung der „Machtwechseltheorie" kann nunmehr von einer gefestigten und wohl einheitlichen jüngeren oberstgerichtlichen Rsp gesprochen werden. - Revision zurückgewiesen. (T17)<br/>Beisatz: Hier: Umschichtungen im Konzern. (T18)

1 Ob 180/07pOGH26.02.2008

Beis wie T12; Beis wie T14; Beisatz: Hier: Keine Änderung der wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten, weil der Gesellschafter bereits vor dem Erwerb der Anteile aufgrund bestehender und tatsächlich eingehaltener Abreden (eines drei Jahre vor Inkrafttreten des § 12a MRG ohne Hinweis auf Umgehungsabsicht geschlossenen Syndikatsvertrags) der alleinige wirtschaftliche Einflussberechtigte gewesen war. (T19)

1 Ob 235/07aOGH10.06.2008

Auch; Beisatz: Die Aufstockung von 50,5 % auf 75,25 % der Geschäftsanteile an einer Mietergesellschaft führt im Allgemeinen zu keinem Machtwechsel im Sinn des § 12a Abs 3 MRG. (T20)

1 Ob 73/10gOGH01.06.2010

Auch

9 Ob 53/11aOGH21.12.2011

Auch

5 Ob 91/12mOGH20.11.2012

Auch; Auch Beis wie T5

7 Ob 155/13iOGH16.10.2013

Auch

5 Ob 224/14yOGH24.02.2015

Auch; Beisatz: Die Bestimmung des § 12a Abs 3 MRG enthält keine Diskriminierung des Erwerbs von Beteiligungen durch EU‑Ausländer. Auch sonst begründet § 12a Abs 3 MRG keine ‑ über das allgemeine Diskriminierungsverbot hinausgehende ‑ Beschränkung von durch den Vertrag garantierten Freiheiten, weil durch das dem Vermieter eingeräumte Recht zur Anhebung des bisherigen Mietzinses auf einen angemessenen ‑ marktkonformen ‑ Betrag keineswegs der Marktzugang erschwert oder weniger attraktiv gemacht wird. (T21)

10 Ob 79/15pOGH22.10.2015

Auch; Beisatz: Der Wechsel der Mehrheit der Vereinsmitglieder führt alleine noch nicht zu einem eine Mietzinsanhebung erlaubenden „Machtwechsel“. (T22)

5 Ob 127/17pOGH29.08.2017

Auch; Beis wie T14; Beis wie T17; Beisatz: Hier: Aufteilung eines Gesellschaftsanteils von 51% des durch Tod ausgeschiedenen Gesellschafters auf die verbliebenen Gesellschafter, ohne dass einer eine alleinige Mehrheit erhielt. (T23)

5 Ob 155/18gOGH06.11.2018
5 Ob 173/18dOGH06.11.2018

Auch; Beis wie T14; Beis wie T17

5 Ob 195/19sOGH20.02.2020

Dokumentnummer

JJR_19980929_OGH0002_0010OB00226_98M0000_001

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