Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Antragsteller hat die Kosten rechtsfreundlicher Vertretung im Revisionsrekursverfahren selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Antragsteller ist Eigentümer des Hauses K***** in *****. Am 26. 6. 1990 wurde zwischen ihm und der G*****gesellschaft mbH ein Mietvertrag über ein im Erdgeschoß dieses Hauses gelegenes Geschäftslokal abgeschlossen, worin ein Bestandzins von monatlich S 10.000 vereinbart wurde. Damals waren Peter Ö***** und Franz L***** (= der nunmehrige Antragsgegner) zu je 50 % Gesellschafter der G*****gesellschaft mbH. Unter Punkt V des Mietvertrages wurde damals vereinbart:
"An der G*****gesellschaft mbH sind die Herren Peter Ö***** und Franz L***** zu je 50 % beteiligt. Sollten die Gesellschafter Gesellschaftsanteile von zusammen 40 % des Stammkapitals abtreten, so ist der Vermieter ausdrücklich und unwiderruflich berechtigt - sollte eine einvernehmliche Regelung nicht zustanden kommen - bei Gericht einen Antrag auf Erhöhung des Hauptmietzinses nach § 12 Abs 3 MRG zu stellen.
....
Ausgenommen von dieser Bestimmung ist aber ausdrücklich eine Abtretung der Geschäftsanteile in welchem Umfang auch immer an den Ehegatten, bei Herrn Ö***** an seine Lebensgefährtin Ulli H***** sowie an Nachfahren in gerader Linie."
Mit Vertrag vom 10. 3. 1995 trat Peter Ö***** seine 50 %igen Gesellschaftsanteile an Franz L***** ab, so daß letzterer alleiniger Gesellschafter der Mietergesellschaft wurde.
Der von der Mietergesellschaft in den Bestandräumlichkeiten geführte Gastronomiebetrieb ***** wurde am 15. 11. 1995 durch den Antragsgegner übernommen.
Der angemessene Mietzins für das in guter Geschäftslage im Zentrum von L***** liegende, insgesamt 205,9 m2 große Geschäftslokal betrug per 1. 4. 1995 S 16.000 exklusive USt und Betriebskosten. Am 7. 7. 1995 begehrte der Antragsteller bei der Schlichtungsstelle festzustellen, daß eine Anhebung des vereinbarten Mietzinses von ursprünglich S 10.000 monatlich auf S 16.000 netto ohne Betriebskosten zulässig sei. Durch die Abtretung von Geschäftsanteilen, insgesamt 50 % an der G***** GmbH von Peter Ö***** an den Antragsgegner am 10. 3. 1995 sei ein Machtwechsel im Sinne des § 12a Abs 3 MRG in der Mietergesellschaft erfolgt, der eine Anhebung des Mietzinses auf den angemessenen Mietzins rechtfertige. Dies sei im übrigen auch unter Punkt V des Mietvertrages vereinbart worden. Am 15. 11. 1995 habe in weiterer Folge eine gänzliche Übernahme des Unternehmens durch den Antragsgegner stattgefunden, also eine Unternehmensveräußerung im Sinn des § 12a Abs 1 MRG. Der Antragsgegner beantragte Abweisung des Antrags, bestritt die Berechtigung zur Anhebung des Hauptmietzinses und wendete ein, daß nach Punkt V des Mietvertrags die Abtretung von Geschäftsanteilen zwischen den Gesellschaftern keinen Anhebungstatbestand nach § 12 Abs 3 MRG darstellen sollte.
In eventu brachte der Antragsgegner vor, daß der vom Antragsteller begehrte Mietzins nicht angemessen sei. Unbestritten blieb allerdings, daß zuletzt eine Unternehmensveräußerung an den Antragsgegner stattgefunden habe.
Das Erstgericht stellte den angemessenen Hauptmietzins für das Geschäftslokal des Antragsgegners mit S 16.000 exklusive Mehrwertsteuer und Betriebskosten fest. Durch die Veräußerung von 50 % der Geschäftsanteile des Gesellschafters Ö***** an den Antragsgegner am 10. 3. 1995 habe in der Gesellschaft ein Machtwechsel stattgefunden, der den Vermieter gemäß § 12a Abs 3 MRG zur Anhebung des Hauptmietzinses auf den angemessenen Betrag rechtfertige. Der Höhe nach gründe sich die Ermittlung des angemessenen Mietzinses auf das eingeholte Sachverständigengutachten. Einem dagegen vom Antragsgegner erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Sachbeschluß mit der Maßgabe, daß Beginn der Mietzinserhöhung der 1. 4. 1995 sei. Durch die gesellschaftsrechtliche Veränderung in der G*****gesellschaft mbH durch Veräußerung der 50 %igen Geschäftsanteile des Peter Ö***** an den einzigen anderen Gesellschafter, den Antragsgegner, mit Abtretungsvertrag vom 10. 3. 1995 sei ein Tatbestand im Sinn des § 12a Abs 3 MRG verwirklicht worden. Der Vermieter sei daher berechtigt, ab 1. 4. 1995 den angemessenen Mietzins zu verlangen. Eine Berufung des Antragsgegners auf die Vertragsbestimmung des Punktes V des Bestandvertrags sei verfehlt. Nach dieser Bestimmung sollten die dort vorgesehenen Rechtswirkungen nur dann nicht eintreten, wenn die Abtretung an bestimmte, näher bezeichnete Personen erfolge. Eine Abtretung von Gesellschaftsanteilen von einem Gesellschafter auf den anderen sei vertraglich nicht geregelt worden, weshalb die gesetzliche Bestimmung Platz greife.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.
Gegen diesen Sachbeschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen dahin, daß der verfahrenseinleitende Antrag abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Antragsteller beantragte, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt. Die Ausführungen, mit denen der Rechtsmittelwerber die unterlassene Einvernahme des Antragsgegners im erstinstanzlichen Verfahren als Mangelhaftigkeit geltend macht, dabei allerdings zugesteht, eine entsprechende Rüge im Rekursverfahren unterlassen zu haben, sind verfehlt. Wurde nämlich ein Verfahrensmangel erster Instanz im Rechtsmittelverfahren nicht geltend gemacht, dann durfte das Rekursgericht diesen Mangel auch nicht wahrnehmen. Damit liegt kein Verfahrensmangel zweiter Instanz vor, weshalb ein solcher Mangel erster Instanz nicht mehr als Revisionsrekursgrund geltend gemacht werden kann (vgl Kodek in Rechberger, RZ 3 zu § 503 ZPO). Mit seinen Ausführungen zur Rechtsrüge macht der Revisionsrekurswerber hauptsächlich geltend, daß es zu keiner Abtretung einer Mehrheit von Gesellschaftsanteilen an ihn gekommen sei, weshalb nicht die im Gesetz vorgesehene entscheidende Änderung der rechtlichen Einflußmöglichkeiten und als Konsequenz daraus bedeutende wirtschaftliche Folgen bewirkt worden wären. § 12a Abs 3 MRG sehe nur die Veräußerung der Mehrheit der Anteile an einer Gesellschaft als solchen maßgeblichen Machtwechsel an. Wenn also, wie im vorliegenden Fall nicht mehr als die Hälfte der bisherigen Anteile wechsle, liege kein Anhebungsfall vor. Die bisherigen Nutznießer des Mietrechtes, also die hinter der Gesellschaft stehenden physischen Personen dürften, wenn sich an ihrer bisherigen entscheidenden Einflußmöglichkeit auf die Gesellschaft nichts geändert habe, durch eine Neuregelung nicht schlechtergestellt werden. Das günstige Mietrecht müsse den ursprünglichen Mietern solange erhalten bleiben, als sie noch zu mehr als der Hälfte vorhanden seien. Im vorliegenden Fall sei das Mietrecht überhaupt nicht irgendwelchen anderen, neuen Personen zugute gekommen. Jedenfalls habe nicht mehr als die Hälfte der bisherigen Anteile gewechselt.
Darüber hinaus sei die Anhebung des Mietzinses infolge Anteilsabtretung an einen Gesellschafter bereits durch Punkt V des Mietvertrages ausgeschlossen worden. Die Parteien hätten in der bezughabenden vertraglichen Bestimmung vereinbart, daß eine Abtretung von Geschäftsanteilen, in welchem Umfang auch immer, an bestimmte, nahestehende Personen keine Erhöhung des Mietzinses nach sich ziehen dürfe. Diese Ausnahmeregelung müsse kraft Größenschlusses jedenfalls auch für die Gesellschafter selbst gelten.
Eine interne Abtretung von Geschäftsanteilen führe somit weder vertraglich noch gesetzlich zur Zulässigkeit der Anhebung des Mietzinses.
Im übrigen werden rechtliche Argumente, die gegen die Richtigkeit der Ermittlung des angemessenen Mietzinses sprächen, nicht ins Treffen geführt.
Zunächst ist klarzustellen, daß dann, wenn ein Anhebungstatbestand mehrfach verwirklicht wird oder mehrere verschiedene Anhebungstatbestände vorliegen, es dem Vermieter freisteht, einen bestimmten Tatbestand als anhebungsbegründend wahrzunehmen (vgl 5 Ob 434/97b; 5 Ob 457/97k). Der Antragsteller hat primär den Tatbestand des § 12a Abs 3 MRG zur Begründung der den Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens bildenden Mietzinsanhebung herangezogen, so daß die Erwägungen darauf zu beschränken sind.
In der Frage, ob es im Fall des § 12a Abs 3 MRG auf den Machtwechsel in der Gesellschaft oder auf eine Vermögensverschiebung ankomme, die den Nutzen des zum Unternehmen gehörigen Mietrechts mehrheitlich anderen Personen verschafft, bestanden im Schrifttum
Auffassungsunterschiede (vgl deren Darstellung in 1 Ob 226/98m =
GesRZ 1999, 50 = WoBl 1999/43 und SZ 70/248). In der Rechtsprechung
wurde jedoch der Hinweis des Gesetzgebers auf das Beispiel der Veräußerung der Mehrheit der Gesellschaftsanteile so verstanden, daß von einer "entscheidenden" Änderung in der Regel erst dann gesprochen werden kann, wenn es zu einem "Kippen des Mehrheitsverhältnisses" gekommen ist. Jede andere Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten in der Gesellschaft (juristischen Person) bedürfe der Darlegung besonderer Umstände, um sie als "entscheidend" im Sinne des § 12a Abs 3 MRG qualifizieren zu
können (vgl 5 Ob 432/97h = SZ 70/248 = WoBl 1998, 169). In 5 Ob 7/98k
= WoBl 1998, 166 sprach der erkennende Senat aus, daß der Gesetzgeber
mit der Formulierung des § 12a Abs 3 erster Satz MRG den "Machtwechsel" in der Gesellschaft habe erfassen wollen und deshalb die Veräußerung von Anteilen an der Gesellschaft bewußt als bloßes Beispiel seines umfassenderen Verständnisses der in diesem Zusammenhang bedeutsamen Änderungen genannt hat.
Folgend im wesentlichen diesen Entscheidungen und Schauer (in:
Geschäftsraummiete und Unternehmensübertragung, GesRZ 1994, 17; sowie ders: Zum gegenwärtigen Diskussionsstand über die entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten, RdW 1994, 168) erkannte der Oberste Gerichtshof in 1 Ob 226/98m zu dieser Frage neuerlich, daß auf die Änderung der Machtverhältnisse in der Gesellschaft abzustellen sei. Während bei Personenhandelsgesellschaften (WoBl 1998, 169; WoBl 1998, 97 ua) eine entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten in der Regel erst dann eintrete, wenn sich die Anteile der persönlich haftenden Gesellschafter um mehr als 50 % geändert hätten, sei bei Änderungen in Kapitalgesellschaften, namentlich bei der GesmbH, das "Kippen der Mehrheitsverhältnisse" maßgeblich. Bei der in der Gesellschaftsform einer GesmbH betriebenen Kapitalgesellschaft orientierten sich sowohl die Größe des Geschäftsanteils wie auch der Umfang des Stimmrechts an der Höhe der übernommenen Stammeinlage, so daß die Berechnung der Anteilsmehrheit keinerlei Schwierigkeiten bereite. Die entscheidenden Einflußmöglichkeiten in der GesmbH seien unmittelbar an die Stimmenmehrheit in der Generalversammlung geknüpft, was nicht bloß die Möglichkeit des mit der Majorität der Stimmen ausgestatteten Gesellschafters deutlich mache, in aller Regel die Geschäftsführer (§ 15 Abs 1 GmbHG) bzw sich selbst zum Geschäftsführer zu bestellen (§ 39 Abs 5 GmbHG), sondern auch die Bestellung zum Geschäftsführer jederzeit zu widerrufen (§ 16 Abs 1 GmbHG). Überhaupt ergebe sich auch aus der in § 20 Abs 1 iVm § 39 Abs 1 GmbHG verankerten Befugnis der Gesellschafter, jede Geschäftsführungsangelegenheit initiativ aufzugreifen und dem Geschäftsführer mit Beschluß der Generalversammlung verbindliche Weisungen zu erteilen, daß der Mehrheitsgesellschafter die Unternehmenspolitik der Gesellschaft entscheidend beeinflussen könne. Weil es also entscheidend auf die Anteilsmehrheitsverhältnisse ankomme, finde ein "Kippen der Mehrheitsverhältnisse" bereits dort statt, wo einem Minderheitsgesellschafter Anteile zuwüchsen, so daß er insgesamt 50 % überschreite (§ 39 Abs 1 GmbHG). Damit könne einem Geschäftsanteil von 49 % mit Erwerb einer weiteren Stammeinlage von 2 % bereits eine entscheidende Änderung der Einflußmöglichkeiten in der Gesellschaft zukommen, weil er bereits dadurch Mehrheitsgesellschafter wurde (§ 75 Abs 2 GmbHG). Trotz des vom Gesetzgeber gewählten Beispiels der Veräußerung der Anteilsmehrheit sei auch das Erreichen der Anteilsmehrheit eine entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten, die es dem dadurch Begünstigten ermöglicht, auf das von der Gesellschaft betriebene Unternehmen derart Einfluß zu nehmen, als hätte er es selbst erworben.
Das muß auch dann gelten, wenn ein Gesellschafter an der Vermietergesellschaft mit einem Stammkapital von 50 % beteiligt war und eine weitere Stammeinlage von 25 % erwirbt, so daß er über einen Geschäftsanteil von 75 % und damit über jene Dreiviertelmehrheit verfügt, die ihn berechtigt, sogar den Gesellschaftsvertrag zu ändern (§ 50 Abs 1 GmbHG). Weiters muß das wie im vorliegenden Fall dann gelten, wenn ein Gesellschafter, der zuvor nicht Mehrheitsgesellschafter war, alle restlichen Anteile hinzuerwirbt, so daß er Alleingesellschafter wird, obwohl ihm dann noch immer nicht die Anteilsmehrheit veräußert wurde (vgl 1 Ob 226/98m). Die vom Revisionsrekurswerber vertretene Rechtsansicht, die auch teilweise in der Lehre Deckung findet, wurde - wie dargestellt - von der Rechtsprechung zu seinen Ungunsten entschieden. Durch den Erwerb von 50 % der Gesellschaftsanteile durch einen Gesellschafter der Mietergesellschaft, der bereits 50 % der Anteile besaß und damit zum Alleingesellschafter wurde, wurde im Sinn der dargestellten Rechtsprechung ein Kippen der Mehrheitsverhältnisse und damit ein Machtwechsel in der Kapitalgesellschaft bewirkt, der den Vermieter zur Anhebung des Mietzinses nach § 12a Abs 3 MRG berechtigte. Dem stehen auch die Einwendungen des Antragsgegners nicht entgegen, ein Anhebungsrecht nach § 12 Abs 3 MRG aF sei nur für bestimmte Fälle vorgesehen worden. Dazu ist anzumerken, daß die Parteien des Bestandvertrages in Punkt V im Jahr 1990, somit vor Inkrafttreten des § 12a Abs 3 MRG, sogar eine erweiterte Anhebungsmöglichkeit des Vermieters vorsahen, weil damals Änderungen in der Mietergesellschaft mangels Verwirklichung des Tatbestands der Unternehmensveräußerung kein gesetzliches Anhebungsrecht des Vermieters nach sich zogen. Haben also die Parteien des Bestandvertrages vor Inkrafttreten der nun anzuwendenden Bestimmung, die den Vermieter im Fall eines Machtwechsels innerhalb der Mietergesellschaft zur Anhebung berechtigt, bereits im Vorgriff auf diese Bestimmung unter bestimmten Voraussetzungen ein Anhebungsrecht des Vermieters vereinbart, so wird damit schon begrifflich der neu geschaffene Tatbestand des § 12a Abs 3 MRG nicht eingeschränkt. Abgesehen davon ist der hier vorliegende Fall - eine Abtretung von 50 % der Gesellschaftsanteile - von der vertraglichen Regelung einer Abtretung von 40 % der Anteile ohnedies nicht umfaßt.
Gegen die Höhe des von den Vorinstanzen ermittelten angemessenen Hauptmietzinses werden vom Revisionsrekurs keine zulässigen Argumente mehr vorgebracht.
Im Ergebnis war der Revisionsrekurs damit nicht berechtigt. Ein Zuspruch von Kosten rechtsfreundlicher Vertretung ist zufolge der Bestimmung des § 37 Abs 3 Z 19 MRG ausgeschlossen.
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