OGH 6Ob14/00b (RS0113282)

OGH6Ob14/00b9.3.2000

Rechtssatz

1. Die zwingenden Offenlegungsvorschriften der §§ 277 ff HGB an die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften richten sich an alle Geschäftsführer. Adressaten der Zwangsstrafenandrohung sind alle Mitglieder eines kollegialen Vertretungsorganes, unabhängig von einer Geschäftsverteilung. Die Verhängung von Zwangsstrafen gegen jeden Geschäftsführer führt weder zu einer gleichheitswidrigen Benachteiligung von Gesellschaften mit mehreren Geschäftsführern, noch übt das Gericht damit unverhältnismäßigen Zwang aus.

2. Die Offenlegungsbestimmungen und Sanktionsbestimmungen wurden durch das GesRÄG 1996 in richtlinienkonformer Umsetzung der 1. und 4. gesellschaftsrechtlichen Richtlinie des Rates (Publizitäts-RL 68/151/EWG und Bilanz-RL 78/660/EWG ) formuliert, die ihrerseits auf Art 44 Abs 2 lit g EG beruhen. Danach liegt der Zweck in der Koordination von Schutzbestimmungen, die den Gesellschaften in ihren Mitgliedstaaten im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu halten. Die detaillierten Bestimmungen dieser Richtlinien lassen dem nationalen Gesetzgeber nur geringen Umsetzungsspielraum; er ist auch dann zur Umzusetzung verpflichtet, wenn dies nur unter Verletzung von Grundrechten möglich wäre.

3. Es besteht kein Zweifel, dass die Offenlegungsbestimmungen und Sanktionsbestimmungen der 1. und 4. Richtlinie des Rates mit den Grundrechten der Gemeinschaft vereinbar sind.

Normen

HGB §277 ff
HGB §283
EG-RL 2003/58/EG - Änderungsrichtlinie zur Publizitätsrichtlinie 32003L0058 allg
EWG-RL 68/151/EWG - Publizitätsrichtlinie 368L0151 allg, EWG-RL 78/660/EWG - Bilanzrichtlinie 378L0660 allg
EB Amsterdam Art44 Abs2 lita

6 Ob 14/00bOGH09.03.2000

Veröff: SZ 73/44

6 Ob 94/00tOGH13.04.2000

Vgl auch; nur: 2. Die Offenlegungsbestimmungen und Sanktionsbestimmungen wurden durch das GesRÄG 1996 in richtlinienkonformer Umsetzung der 1. und 4. gesellschaftsrechtlichen Richtlinie des Rates (Publizitäts-RL 68/151/EWG und Bilanz-RL 78/660/EWG ) formuliert, die ihrerseits auf Art 44 Abs 2 lit g EG beruhen. Danach liegt der Zweck in der Koordination von Schutzbestimmungen, die den Gesellschaften in ihren Mitgliedstaaten im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu halten. Die detaillierten Bestimmungen dieser Richtlinien lassen dem nationalen Gesetzgeber nur geringen Umsetzungsspielraum; er ist auch dann zur Umzusetzung verpflichtet, wenn dies nur unter Verletzung von Grundrechten möglich wäre. 3. Es besteht kein Zweifel, dass die Offenlegungsbestimmungen und Sanktionsbestimmungen der 1. und 4. Richtlinie des Rates mit den Grundrechten der Gemeinschaft vereinbar sind. (T1)

6 Ob 120/00sOGH28.06.2000

Vgl auch

6 Ob 212/00wOGH30.08.2000

Vgl auch; Beisatz: Nach Art 47 der Bilanzrichtlinie ist der Jahresabschluss samt Lagebericht und Prüfungsbericht wie nach Art 3 der Publizitätsrichtlinie offenzulegen. Der Lagebericht kann aber von der Registerpublizität ausgenommen werden. Er muss dann am Sitz der Gesellschaft für jedermann zur Einsichtnahme bereitgehalten werden. Abschriften müssen kostenlos erhältlich sein, wobei das Verlangen einer Abschrift kein rechtliches Interesse voraussetzt. (T2)

6 Ob 306/00vOGH17.01.2001

Auch; nur: Es besteht kein Zweifel, dass die Offenlegungsbestimmungen und Sanktionsbestimmungen der 1. und 4. Richtlinie des Rates mit den Grundrechten der Gemeinschaft vereinbar sind. (T3) <br/>Beisatz: Der Europäische Gerichtshof hat im "Daihatsu-Urteil" das Sekundärrecht der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien geprüft und danach als vertragskonform und grundrechtskonform beurteilt. (T4)

6 Ob 305/00xOGH17.01.2001

Auch; nur T3; Beis wie T4

6 Ob 336/00fOGH17.01.2001

Auch; nur T3

6 Ob 337/00bOGH17.01.2001

Auch; nur T3; Beis wie T4

6 Ob 6/01bOGH17.01.2001

Auch; nur T3; Beis wie T4

6 Ob 54/01mOGH29.03.2001

Auch; nur T3

6 Ob 101/01yOGH05.07.2001

Auch

6 Ob 224/01mOGH27.09.2001

nur: Die zwingenden Offenlegungsvorschriften der §§ 277 ff HGB an die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften richten sich an alle Geschäftsführer. Adressaten der Zwangsstrafenandrohung sind alle Mitglieder eines kollegialen Vertretungsorganes, unabhängig von einer Geschäftsverteilung. (T5); Veröff: SZ 74/169

6 Ob 203/01yOGH08.11.2001

Auch; Beisatz: Die EU-Grundrechtscharta ist noch rechtlich unverbindlich und stellt keine europäische Verfassung, sondern eine bloße Deklaration der Staaten der Gemeinschaft dar und bringt im Hinblick auf die Grundrechtskonformität keine neuen Gesichtspunkte. (T6)

6 Ob 41/02aOGH14.03.2002

nur T3; Beis wie T4

6 Ob 70/02sOGH18.04.2002

Vgl auch

6 Ob 302/03kOGH25.03.2004

Auch

6 Ob 199/03pOGH25.03.2004

Auch; Beis wie T6; Beisatz: Diese Ansicht wird durch die (neue) Richtlinie 2003/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 zur Änderung der Richtlinie 68/151/EWG des Rates in Bezug auf die Offenlegungspflichten von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (1.Richtlinie-Publizitätsrichtlinie), ABl. L 221 vom 4. 9. 2003 S. 13, mit welcher der Gesetzgeber der Gemeinschaft an der obligatorischen Offenlegung von Kapitalgesellschaften festhielt, bestätigt. (T7)

6 Ob 90/04kOGH29.04.2004

Auch; Beis wie T6; Beisatz: Diese Ansicht wird durch die (neue) Richtlinie 2003/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 zur Änderung der Richtlinie 68/151/EWG des Rates in Bezug auf die Offenlegungspflichten von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (1.Richtlinie-Publizitätsrichtlinie), ABl L 221 vom 4. 9. 2003 S. 13, mit welcher der Gesetzgeber der Gemeinschaft an der obligatorischen Offenlegung von Kapitalgesellschaften festhielt, bestätigt. (T8)<br/>Beisatz: Die zum Art 8 EMRK (Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens) ergangenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte betreffen jeweils die Privatsphäre natürlicher Personen und sind auf Offenlegungspflichten von Gesellschaften nicht übertragbar. (T9)

6 Ob 282/04wOGH25.11.2004

Auch; Beis wie T6; Beisatz: Der vom Revisionsrekurswerber behauptete umfassende Datenschutz des Gemeinschaftsrechts ergibt sich, wie der Verfassungsgerichtshof ebenfalls in seinem Erkenntnis vom 12. 12. 2003, GZ A 2/01, klargestellt hat, vielmehr aus sekundärrechtlichen Vorschriften, insbesondere der Datenschutz-Richtlinie. Diese Vorschriften stehen auf einer Stufe mit den gesellschaftsrechtlichen Richtlinien und können schon deshalb kein Maßstab dafür sein, ob andere Richtlinien mit dem Primärrecht vereinbar sind (so schon 6 Ob 142/04g; 6 Ob 153/04z). (T10)

6 Ob 258/04sOGH25.11.2004

Vgl; Beisatz: Der EuGH hat mit Beschluss vom 23. September 2004 eine Entscheidung gefällt, aus der hervorgeht, dass er die in den §§ 277 ff HGB umgesetzten gesellschaftsrechtlichen Richtlinien als gemeinschaftsrechtskonform ansieht. (T11)

6 Ob 144/05bOGH14.07.2005

Vgl auch; Beisatz: Aus den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 23. 9. 2004 (C-435/02 und C-103/03 ) geht hervor, dass dieser die in den §§ 277 ff HGB umgesetzten gesellschaftsrechtlichen Richtlinien als gemeinschaftsrechtskonform ansieht. (T12)

6 Ob 124/05mOGH14.07.2005

Vgl auch; Beisatz: Die nationalen Gesetzgeber haben zur Durchsetzung der in den Richtlinien festgelegten Offenlegungsverpflichtungen der Gesellschaften, deren Haftung beschränkt ist, „geeignete Sanktionen" zu normieren. Dass der österreichische Gesetzgeber als Sanktion zur Durchsetzung der Offenlegungsverpflichtung keine über die Gesellschaft, sondern eine über ihre Organe zu verhängende Zwangsstrafe normiert und keine Haftung der Gesellschaft für die Einbringlichkeit dieser Strafen anordnet, ändert nichts an den europarechtlichen Vorgaben, dass die Gesellschaften selbst und auch unmittelbar die Offenlegungspflicht trifft. (T13)<br/>Beisatz: An der Verfassungsmäßigkeit der die Bekanntmachung regelnden Vorschriften (§ 10 Abs 1 und § 283 Abs 2 HGB) besteht kein Zweifel. (T14)

6 Ob 207/05tOGH06.10.2005

Vgl auch; Beisatz: Die Bestimmung des § 283 Abs 1 HGB ist auch im Hinblick darauf, dass bei mehreren Geschäftsführern über jeden Geschäftsführer gesondert eine Zwangsstrafe zu verhängen ist, mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar. (T15)

6 Ob 46/06tOGH09.03.2006

Beisatz: Hier: Ob die jedem Geschäftsführer auferlegte Zwangsstrafe angesichts einer Mehrzahl von Geschäftsführern angemessen ist, hängt - wie alle Fragen zur Angemessenheit von Zwangsstrafen - von den Umständen des Einzelfalles ab und verwirklicht keine erhebliche Rechtsfrage. (T16)

6 Ob 116/06mOGH24.05.2006

Vgl; nur T3; Beis ähnlich wie T4; Beis wie T11; Beisatz: Gleiche Aussage in den Entscheidungen 6 Ob 117/06h, 6 Ob 118/06f, 6 Ob 119/06b, 6 Ob 120/06z. (T17)

4 Ob 229/08tOGH24.03.2009

Vgl auch; Beisatz: Die Offenlegungspflicht trifft die Gesellschaft selbst; das im Gesetz angesprochene Verhalten der Organe ist ebenso wie deren Säumnis der Gesellschaft zuzurechnen. (T18); Veröff: SZ 2009/32

6 Ob 129/11fOGH18.07.2011

Vgl auch; Beis wie T18 nur: Die Offenlegungspflicht trifft die Gesellschaft selbst. (T19)<br/>Beisatz: Hier: Rechtslage nach § 283 UGB idF Budgetbegleitgesetz 2011 (BGBl I 2010/111). (T20)<br/>Veröff: SZ 2011/94

6 Ob 63/11zOGH14.09.2011

Vgl; Beisatz: Die Offenlegungsverpflichtung bildet auch nach Inkrafttreten der Grundrechte-Charta keinen Verstoß gegen das Unions‑(grund‑)recht. (T21)

6 Ob 64/11xOGH24.11.2011

Vgl; Beis wie T21

6 Ob 136/21zOGH14.09.2021

Vgl; Beis wie T20; Beis wie T21

Dokumentnummer

JJR_20000309_OGH0002_0060OB00014_00B0000_001

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)