vorheriges Dokument
nächstes Dokument

BGBl I 85/2024

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

85. Bundesgesetz: Verbandsklagen-Richtlinie-Umsetzungs-Novelle
85. (NR: GP XXVII RV 2602 AB 2616 S. 274 . BR: AB 11566 S. 970 .)
85. [CELEX-Nr.: 32020L1828 ]

85. Bundesgesetz, mit dem ein Qualifizierte-Einrichtungen-Gesetz erlassen wird und die Zivilprozessordnung, das Konsumentenschutzgesetz, das Gerichtsgebührengesetz und das Rechtsanwaltstarifgesetz geändert werden (Verbandsklagen-Richtlinie-Umsetzungs-Novelle – VRUN)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Bundesgesetz über Qualifizierte Einrichtungen zur kollektiven Rechtsverfolgung (Qualifizierte-Einrichtungen-Gesetz – QEG)

1. Abschnitt

Anerkennung und Aufsicht

Anerkennung einer Qualifizierten Einrichtung für grenzüberschreitende Verbandsklagen

§ 1. (1) Eine gemäß österreichischem Recht errichtete juristische Person ist auf ihren Antrag mit Bescheid als zur Erhebung grenzüberschreitender Verbandsklagen Qualifizierte Einrichtung gemäß Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie (EU) 2020/1828 über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/22/EG , ABl. Nr. L 409 vom 4. Dezember 2020 S. 1, berechtigt anzuerkennen, wenn sie

  1. 1. vor der Antragstellung bereits zwölf Monate zum Schutz von Verbraucherinteressen öffentlich tätig war und sich aus ihrem Satzungszweck ergibt, dass sie ein legitimes Interesse am Schutz der Verbraucherinteressen hat,
  2. 2. keinen Erwerbszweck verfolgt,
  3. 3. weder für insolvent erklärt noch über ihr Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde,
  4. 4. unabhängig ist und nicht unter dem Einfluss von Personen – Verbraucher ausgenommen – steht, insbesondere Unternehmern, die ein wirtschaftliches Interesse an der Erhebung einer Verbandsklage haben, einschließlich im Falle einer Finanzierung durch Dritte, und sie zu diesem Zweck über Verfahren verfügt, die eine solche Einflussnahme sowie Interessenkonflikte zwischen ihr, ihren Finanzierern und Verbraucherinteressen verhindern, und
  5. 5. auf geeignete Weise – insbesondere auf ihrer Website – in klarer und verständlicher Sprache Angaben, die die Einhaltung der Kriterien der Z 1 bis 4 belegen, sowie Angaben zu den Quellen ihrer Finanzierung im Allgemeinen, ihrer Organisations-, Management- und Mitgliederstruktur, ihres Satzungszwecks und ihren Tätigkeiten öffentlich zugänglich macht.

(2) Über die Anerkennung hat der Bundeskartellanwalt zu entscheiden.

Anerkennung einer Qualifizierten Einrichtung für innerstaatliche Verbandsklagen

§ 2. (1) Eine gemäß österreichischem Recht errichtete juristische Person ist auf ihren Antrag mit Bescheid als Qualifizierte Einrichtung für innerstaatliche Verbandsklagen anzuerkennen, wenn zusätzlich zu den in § 1 Abs. 1 genannten Kriterien auf Grund ihrer bisherigen Tätigkeit sowie ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung gesichert erscheint, dass sie ihre satzungsmäßigen Aufgaben auch künftig dauerhaft wirksam und sachgerecht erfüllen wird und sie nicht mehr als 20 Prozent ihrer finanziellen Mittel durch unentgeltliche finanzielle Zuwendungen von Unternehmen wie Spenden und Schenkungen bezieht.

(2) Über die Anerkennung hat der Bundeskartellanwalt zu entscheiden.

Gesetzlich anerkannte Qualifizierte Einrichtungen

§ 3. Die Wirtschaftskammer Österreich und die Bundesarbeitskammer sind Qualifizierte Einrichtungen im Sinn der §§ 1 und 2, der Österreichische Landarbeiterkammertag, die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, der Österreichische Gewerkschaftsbund, der Verein für Konsumenteninformation und der Österreichische Seniorenrat sind Qualifizierte Einrichtungen im Sinn des § 2.

Aufsicht

§ 4. (1) Der Bundeskartellanwalt hat bei Qualifizierten Einrichtungen gemäß § 1 und 2 die Einhaltung der Kriterien des § 1 Abs. 1 und bei Qualifizierten Einrichtungen gemäß § 2 zusätzlich jene gemäß § 2 Abs. 1 in Abständen von fünf Jahren sowie bei Qualifizierten Einrichtungen gemäß § 1 überdies dann zu überprüfen, wenn die Europäische Kommission oder ein Mitgliedstaat Bedenken gegen die Einhaltung der Kriterien erhebt. Erfüllt die Qualifizierte Einrichtung die für ihre Qualifizierung notwendigen Voraussetzungen nicht mehr, so hat der Bundeskartellanwalt außer im Fall, dass die Qualifizierte Einrichtung für insolvent erklärt wurde oder über ihr Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, der Einrichtung mitzuteilen, welche Änderungen zur Aufrechterhaltung der Anerkennung erforderlich sind, und sie aufzufordern, diese Änderungen durchzuführen und einen Nachweis darüber innerhalb von zwei Monaten zu erbringen.

(2) Abs. 1 gilt auch, wenn das Gericht die Bedenken der beklagten Partei während eines anhängigen Verfahrens gemäß dem Fünften Abschnitt des Sechsten Teils der ZPO weiterleitet. In diesem Zusammenhang kann der Bundeskartellanwalt zur Überprüfung der Unabhängigkeit der Qualifizierten Einrichtung die Vorlage des zur Finanzierung des Verfahrens zwischen der Qualifizierten Einrichtung und dem Drittfinanzierer vereinbarten Vertrags verlangen.

(3) Der Bundeskartellanwalt hat der Einrichtung die Anerkennung als Qualifizierte Einrichtung mit Bescheid abzuerkennen, wenn

  1. 1. diese für insolvent erklärt wurde oder über ihr Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde,
  2. 2. diese die erforderlichen Änderungen nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Aufforderung gemäß Abs. 1 nachweist, oder
  3. 3. die Qualifizierte Einrichtung der Aufforderung des Bundeskartellanwalts zur Vorlage eines Prozessfinanzierungsvertrags (§ 6 Abs. 4 zweiter Satz) nicht fristgerecht nachkommt.

(4) Wird die Qualifizierte Einrichtung aufgelöst, so hat der Bundeskartellanwalt das Erlöschen der Anerkennung mit Bescheid festzustellen.

(5) Der Bundeskartellanwalt hat die Aberkennung gemäß Abs. 3 und das Erlöschen gemäß Abs. 4 den Gerichten mitzuteilen, bei denen ein Verfahren anhängig ist, in dem die Qualifizierte Einrichtung Partei ist, deren Anerkennung aberkannt wurde oder erloschen ist.

2. Abschnitt

Befugnisse einer Qualifizierten Einrichtung

Unterlassungs- und Abhilfeanspruch

§ 5. (1) Eine Qualifizierte Einrichtung ist berechtigt, die Unterlassung (Beendigung und Verbot) eines rechtswidrigen Verhaltens eines Unternehmers zu verlangen, wenn dieses die kollektiven Interessen von Verbrauchern beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen droht.

(2) Sind aus einem solchen Verhalten Ansprüche auf Abhilfe einzelner Verbraucher entstanden, so ist die Qualifizierte Einrichtung auch berechtigt, Abhilfe für einzelne Verbraucher und im Rahmen einer Klage auf Abhilfe einen Zwischenfeststellungsantrag zu Rechten und Rechtsverhältnissen (§ 624 Abs. 2 ZPO) zu verlangen, wenn mindestens 50 Verbraucher von diesem Verhalten betroffen sind.

(3) Zur Verfolgung der Ansprüche gemäß Abs. 1 und 2 ist die Qualifizierte Einrichtung berechtigt,

  1. 1. Klagen auf
    1. a) Unterlassung (Beendigung und Verbot) und
    2. b) Abhilfe für einzelne Verbraucher
  1. 2. sowie im Rahmen einer Klage auf Abhilfe auch einen Zwischenfeststellungsantrag zu Rechten und Rechtsverhältnissen (§ 624 Abs. 2 ZPO)

    zu erheben.

(4) Bei Geltendmachung eines Anspruchs auf Unterlassung ist die Qualifizierte Einrichtung nicht verpflichtet nachzuweisen, dass einzelnen betroffenen Verbrauchern ein tatsächlicher Verlust oder Schaden entstanden ist oder dass beim Unternehmer Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorgelegen sind.

(5) Die Befugnisse gemäß den vorstehenden Absätzen stehen auch den von der Kommission gemäß Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2020/1828 veröffentlichten Stellen und Organisationen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union zu, sofern deren Satzungszweck die Klagsführung rechtfertigt.

3. Abschnitt

Drittfinanzierung

§ 6. (1) Die Finanzierung einer Verbandsklage durch Dritte ist zulässig. Die Qualifizierte Einrichtung kann Beitritte durch Verbraucher zu einer von ihr erhobenen Verbandsklage auf Abhilfe davon abhängig machen, dass die Beitretenden mit dem von der Qualifizierten Einrichtung bekanntgegebenen Drittfinanzierer den zwischen der Qualifizierten Einrichtung und dem Drittfinanzierer vereinbarten Vertrag abschließen.

(2) Der Drittfinanzierer darf weder ein Wettbewerber des beklagten Unternehmers noch von diesem wirtschaftlich oder rechtlich abhängig sein.

(3) Entscheidungen der Qualifizierten Einrichtung im Zusammenhang mit einer Abhilfeklage einschließlich Entscheidungen über Vergleiche dürfen durch den Drittfinanzierer nicht ungebührlich zum Nachteil der Kollektivinteressen der betroffenen Verbraucher beeinflusst werden. Die Qualifizierte Einrichtung hat Interessenkonflikte zu vermeiden und darauf zu achten, dass der Schutz der betroffenen Verbraucher immer im Mittelpunkt der Entscheidungen steht.

(4) Nimmt die Qualifizierte Einrichtung für eine konkrete Verbandsklage Drittfinanzierung in Anspruch, so hat sie diesen Umstand und den Namen des Drittfinanzierers dem Gericht mitzuteilen. Den Prozessfinanzierungsvertrag selbst oder dessen Inhalt muss sie jedoch nicht dem Gericht, sondern nur nach Maßgabe von dessen Anordnungen im Verfahren vor dem Bundeskartellanwalt vorlegen bzw. offenlegen.

4. Abschnitt

Pflichten der Qualifizierten Einrichtungen

Allgemeine Informationsverpflichtungen

§ 7. (1) Qualifizierte Einrichtungen, die als solche tätig werden, sind verpflichtet, eine aktualisierte Website zu unterhalten. Sie haben auf dieser Website, sowie auf jede andere Weise, die sie für geeignet halten, eindeutig und leicht verständlich jedenfalls folgende Informationen zu veröffentlichen:

  1. 1. ihre Satzung und gegebenenfalls ihren Anerkennungsbescheid,
  2. 2. ihre Kontaktdaten, einschließlich Postanschrift und E-Mail-Adresse,
  3. 3. den Umstand, dass es sich um eine anerkannte Qualifizierte Einrichtung handelt und ob sie nur innerstaatlich oder auch grenzüberschreitend tätig werden darf,
  4. 4. ihren Satzungszweck und ihren Tätigkeitsbereich,
  5. 5. ihre Finanzierungsquellen im Allgemeinen,
  6. 6. ihre Organisations-, Management- und Mitgliederstruktur, und
  7. 7. die Beschreibung des Verfahrens, das zur Verhinderung einer Einflussnahme sowie von Interessenkonflikten zwischen ihr, ihren Finanzierern und den Interessen der einem von ihr geführten Verbandsklageverfahren beigetretenen Verbrauchern eingerichtet ist.

(2) Sie haben auch ihren Tätigkeitsbericht gemäß § 8 sowie eine Liste aller europäischen Qualifizierten Einrichtungen durch einen Link zur entsprechenden Website der Europäischen Kommission zu veröffentlichen.

Tätigkeitsbericht

§ 8. Qualifizierte Einrichtungen, die als solche tätig werden, haben jährlich, spätestens bis 1. April des Folgejahres, einen Tätigkeitsbericht zu erstellen. Dieser hat zumindest folgende Informationen zu enthalten:

  1. 1. die Anzahl und Art der eingebrachten Klagen,
  2. 2. die Art der Verstöße und
  3. 3. die Ergebnisse dieser Verbandsklagen.

Pflichten der Qualifizierten Einrichtungen im Rahmen der Führung eines Verbandsklageverfahrens

§ 9. (1) Qualifizierte Einrichtungen, die als solche tätig werden, haben auf ihren Websites in geeigneter Form über die sich in Vorbereitung befindlichen und die bereits anhängigen Gerichtsverfahren zu informieren. Sie haben insbesondere folgende Informationen zu veröffentlichen:

  1. 1. die Verbandsklagen, die sie bei Gericht einzubringen planen, unter Angabe. gegen wen sich die Klagen richten,
  2. 2. die Verbandsklagen, die sie bereits bei einem Gericht erhoben haben, unter Angabe, gegen wen sich die Klagen richten und samt Angaben zum Stand des Verfahrens,
  3. 3. bei Abhilfeklagen zudem
    1. a) welche Ansprüche von geplanten oder bereits eingebrachten Klagen betroffen sind und mit welchen Ansprüchen Betroffene sich dem jeweiligen Verfahren anschließen können,
    2. b) wie dem Verfahren beigetreten werden kann,
    3. c) welche Wirkungen der Beitritt hat,
    4. d) wie sich ein Beitritt auf die Verjährung von Ansprüchen auswirkt (Hemmung der Verjährungsfrist),
    5. e) ob und in welcher Höhe von den Beitretenden Kosten zu tragen sind, insbesondere ob eine Beitrittsgebühr bezahlt oder ein Drittfinanzierungsvertrag abgeschlossen werden muss,
    6. f) die Rechtswirkungen der möglichen Ergebnisse der Verfahren sowie
  1. 4. die Ergebnisse abgeschlossener Verbandsklageverfahren.

(2) Nähere Informationen über ein laufendes Verfahren sind nur den diesem Verfahren beigetretenen Verbrauchern zu geben.

(3) Qualifizierte Einrichtungen haben für den Beitritt zu einem Verfahren ein Formblatt zur Verfügung zu stellen, das auch eine Belehrung über die Voraussetzungen, den Ablauf und die Wirkungen eines Verbandsklageverfahrens und die voraussichtlichen Kosten zu enthalten hat und auf der Website zum Download zur Verfügung zu stellen ist.

(4) Eine allfällige Beitrittsgebühr darf weder höher als 20 Prozent der jeweils geltend gemachten Anspruchssumme sein, noch darf diese 250 Euro überschreiten.

(5) Qualifizierte Einrichtungen haben sicherzustellen, dass Beitrittserklärungen samt Unterlagen on- und offline eingereicht werden können. Beitrittserklärungen können ohne Angabe von Gründen abgelehnt werden.

(6) Qualifizierte Einrichtungen müssen die Interessen der Beigetretenen in der konkreten Verbandsklage repräsentieren und sie über den Fortgang des Verfahrens regelmäßig informieren.

(7) Qualifizierte Einrichtungen müssen über die geplanten Abwicklungsmodalitäten einer allenfalls eingehenden Zahlung durch den Unternehmer informieren und die Abwicklung der Auszahlung unverzüglich durchführen.

(8) Qualifizierte Einrichtungen sind berechtigt, die erforderlichen personenbezogenen Daten zu verarbeiten, soweit dies für die beabsichtigte Einleitung oder Durchführung eines Verfahrens erforderlich ist.

Berichtspflichten der Qualifizierten Einrichtungen

§ 10. (1) Qualifizierte Einrichtungen haben der Aufsichtsbehörde Änderungen ihres Namens, ihrer Adresse, ihres Satzungszwecks sowie alle Änderungen, die die Anerkennungsvoraussetzungen gemäß § 1 Abs. 1 und bei Qualifizierten Einrichtungen gemäß § 2 zusätzlich jene gemäß § 2 Abs. 1 betreffen, ohne unnötigen Aufschub mitzuteilen.

(2) Qualifizierte Einrichtungen haben der Aufsichtsbehörde jährlich ihren Tätigkeitsbericht (§ 8) zu übermitteln.

(3) Qualifizierte Einrichtungen haben der Aufforderung der Aufsichtsbehörde zu entsprechen und über deren Verlangen alle abverlangten Informationen zu erteilen.

5. Abschnitt

Aufgaben der Aufsichtsbehörde

Notifikation und Berichtspflichten der Aufsichtsbehörde

§ 11. (1) Der Bundeskartellanwalt hat der Europäischen Kommission ein Verzeichnis aller zur Erhebung grenzüberschreitender Verbandsklagen Qualifizierten Einrichtungen, das deren Namen, Satzungszweck und Adresse enthält, zu notifizieren.

(2) Änderungen an diesem Verzeichnis sind der Europäischen Kommission unverzüglich mitzuteilen.

(3) Der Bundeskartellanwalt hat weiters der Europäischen Kommission bis zum 26. Juni 2027 und danach jährlich die folgenden Informationen zu übermitteln:

  1. 1. Anzahl und Art der Verbandsklageverfahren, die von österreichischen Gerichten abgeschlossen wurden;
  2. 2. Art der Verstöße und allgemeine Angaben zu den Verfahrensparteien, insbesondere ob es sich um eine öffentliche Stelle handelt und in welcher Branche der beklagte Unternehmer tätig ist und
  3. 3. Ergebnisse dieser Verbandsklagen.

Weitere Aufgaben der Aufsichtsbehörde

§ 12. (1) Der Bundeskartellanwalt ist Kontaktstelle gemäß Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie (EU) 2020/1828 für die Zwecke des § 4 Abs. 1. Dies ist der Kommission unter Anführung der genauen Bezeichnung und Kontaktdaten durch den Bundeskartellanwalt mitzuteilen.

(2) Die Aufsichtsbehörde hat auf ihrer Website ein aktuelles Verzeichnis der Qualifizierten Einrichtungen mit Namen, Adresse und Satzungszweck und eine Liste aller europäischen Qualifizierten Einrichtungen durch einen Link zur Website der Europäischen Kommission zu veröffentlichen.

6. Abschnitt

Schlussbestimmungen

Vollziehung

§ 13. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist die Bundesministerin für Justiz betraut.

Umsetzungshinweis

§ 14. Mit diesem Bundesgesetz wird die Richtlinie 2020/1828/EU über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/22/EG , ABl. Nr. L 409 vom 4. Dezember 2020 S. 1, umgesetzt.

Inkrafttreten

§ 15. Dieses Bundesgesetz tritt mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

Artikel 2

Änderung der Zivilprozessordnung

Die Zivilprozessordnung, RGBl. Nr. 113/1895, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 77/2023, wird wie folgt geändert:

1. § 619 erhält die Bezeichnung „§ 636.“.

2. Nach § 618 wird folgender Fünfter Abschnitt eingefügt:

„Fünfter Abschnitt

Kollektive Rechtsverfolgung

Erster Titel

Verbandsklage auf Unterlassung

§ 619. (1) Macht eine Qualifizierte Einrichtung gemäß den §§ 1 bis 3 und 5 Abs. 5 QEG Ansprüche auf Unterlassung von Verstößen, welche die kollektiven Interessen von Verbrauchern beeinträchtigen oder zu beeinträchtigen drohen, gegen einen Unternehmer mit Klage gemäß § 5 Abs. 3 Z 1 QEG geltend, so sind die Bestimmungen dieses Titels anzuwenden.

(2) Die Qualifizierte Einrichtung hat in einer Klage gemäß Abs. 1 hinreichende Angaben zu den davon betroffenen Verbrauchern zu machen.

(3) Eine Klage auf Unterlassung ist unbegründet, wenn der Unternehmer nach Abmahnung durch eine klageberechtigte Qualifizierte Einrichtung binnen zwei Wochen eine mit angemessener Konventionalstrafe (§ 1336 ABGB) besicherte Unterlassungserklärung abgibt.

(4) Die Einbringung einer Klage gemäß Abs. 1 hemmt bei allen betroffenen Verbrauchern den Lauf der Verjährungsfrist für die mit dem Streitgegenstand der Klage in Zusammenhang stehenden Ansprüche der Verbraucher gegen die beklagte Partei bis zur rechtskräftigen Beendigung dieses Verfahrens. Ab rechtskräftiger Beendigung dieses Verfahrens verbleibt dem Verbraucher jedenfalls noch eine Frist von sechs Monaten, um diesen Anspruch mit Klage oder Beitritt zu einem Verbandsklageverfahren auf Abhilfe geltend zu machen.

§ 620. (1) Für die Durchführung des Verbandsklageverfahrens auf Unterlassung gemäß § 619 ist in erster Instanz ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstands das Handelsgericht Wien ausschließlich zuständig. In diesen Rechtssachen kommt dem Handelsgericht Wien auch die ausschließliche Zuständigkeit für einstweilige Verfügungen zu.

(2) Die Änderung dieses Gerichtsstands durch Vereinbarung der Parteien ist unzulässig.

(3) In den in Abs. 1 genannten Verfahren sind § 7 Abs. 2 erster Satz und § 8 Abs. 2 JN nicht anzuwenden.

§ 621. (1) Bei Vorliegen eines berechtigten Interesses hat das Gericht der obsiegenden Partei auf deren Antrag die Befugnis zuzusprechen, das Urteil, Teile dieses Urteils oder eine berichtigende Erklärung innerhalb bestimmter Frist auf Kosten des Gegners zu veröffentlichen. Die Art der Veröffentlichung ist im Urteil zu bestimmen.

(2) Dieser Antrag ist spätestens vier Wochen nach Rechtskraft des Urteils zu stellen. Ist der Antrag erst nach Schluss der mündlichen Streitverhandlung gestellt worden, so hat hierüber das Gericht erster Instanz nach Rechtskraft des Urteils mit Beschluss zu entscheiden.

(3) Das Gericht erster Instanz hat auf Antrag der obsiegenden Partei die Kosten der Veröffentlichung festzusetzen und deren Ersatz dem Gegner aufzutragen. Auf Antrag der obsiegenden Partei kann es der unterlegenen Partei auch die Vorauszahlung der voraussichtlich für die Veröffentlichung auflaufenden Kosten binnen einer Frist von vier Wochen auftragen. Von einem Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten ist abzusehen, wenn die unterlegene Partei bescheinigt, dass ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse eine solche Leistung derzeit nicht zulassen. Der Lauf der Frist zur Urteilsveröffentlichung wird durch einen Antrag auf Erlag der voraussichtlichen Veröffentlichungskosten bis zum Tag des Einlangens der Vorauszahlung oder der Abweisung dieses Antrags gehemmt. Die obsiegende Partei hat nach erfolgter Veröffentlichung der unterlegenen Partei hierüber unter Bekanntgabe der tatsächlich aufgelaufenen Kosten einen Mehrbetrag samt Zinsen zurückzuerstatten.

(4) Die Veröffentlichung auf Grund eines rechtskräftigen Urteils oder eines anderen vollstreckbaren Exekutionstitels ist vom Medienunternehmer ohne unnötigen Aufschub vorzunehmen.

§ 622. Zur Sicherung des Unterlassungsanspruchs gemäß § 5 Abs. 1 QEG können einstweilige Verfügungen erlassen werden.

Zweiter Titel

Verbandsklage auf Abhilfe

Anwendungsbereich

§ 623. Die Bestimmungen dieses Titels sind anzuwenden, wenn eine Qualifizierte Einrichtung eine Verbandsklage auf Abhilfe gemäß § 5 Abs. 3 Z 1 lit b und Z 2 QEG gegen einen Unternehmer erhebt.

Verbandsklage auf Abhilfe

§ 624. (1) Die Klage hat ein bestimmtes Begehren auf Abhilfe von zumindest 50 Verbrauchern auf Grund von im Wesentlichen gleichartigen Sachverhalten gegen denselben Unternehmer zu enthalten, das von der Qualifizierten Einrichtung geltend gemacht wird, und die Tatsachen, auf welche sich die Ansprüche in Haupt- und Nebensachen gründen, im Einzelnen kurz und vollständig anzugeben.

(2) Die Klage kann das Begehren der Qualifizierten Einrichtung enthalten, ein Recht oder Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, und das alle vom geltend gemachten Anspruch betroffenen Verbraucher in derselben Weise betrifft, durch Urteil vorweg festzustellen (Zwischenfeststellungsurteil), wenn die betroffenen Verbraucher ein rechtliches Interesse daran haben, dass jenes Recht oder Rechtsverhältnis durch eine gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Ebenso kann der erste Schriftsatz der beklagten Partei ein derartiges Begehren enthalten.

(3) Die Klage kann die Erklärung enthalten, dass weitere Verbraucher dem Verbandsklageverfahren auf Abhilfe gemäß Abs. 1 beitreten können, deren Ansprüche gegen den Unternehmer auf im Wesentlichen gleichartigen Sachverhalten beruhen. Die abstrakten Kriterien, die ein Anspruch aufweisen muss, um vom Verfahren betroffen zu sein, und die Voraussetzungen, unter denen diese Verbraucher beitreten können, sind von der Qualifizierten Einrichtung genau anzugeben.

(4) Die Klage muss vom Satzungszweck der Qualifizierten Einrichtung umfasst sein. In der Klage ist auszuführen, weshalb dies der Fall ist. Die Satzung und die für die Veröffentlichung gemäß § 627 erforderlichen Informationen (§ 627 Abs. 2 Z 1 bis 4) sind der Klage anzuschließen.

(5) In einem Verfahren über eine Verbandsklage auf Abhilfe reicht es aus, wenn in der Klage oder der Beitrittserklärung die Ansprüche soweit substantiiert sind, dass diejenigen Tatsachen und Beweisanbote enthalten sind, die der Qualifizierten Einrichtung mit zumutbarem Aufwand zugänglich sind und die die Plausibilität der Ansprüche ausreichend stützen.

Prüfung der Verbandsklage auf Abhilfe

§ 625. Die Behandlung von Prozesseinreden gegen Einzelansprüche kann zurückgestellt werden, solange durch die begehrte Entscheidung die nötige Anzahl an Verbrauchern nicht berührt ist und wenn die Entscheidung über die Durchführung eines Verbandsklageverfahrens schon vorher spruchreif ist.

Entscheidung über die Durchführung eines Verbandsklageverfahrens auf Abhilfe

§ 626. (1) Das Fehlen einer allgemeinen oder besonderen Voraussetzung für das Verbandsklageverfahren hat das Gericht von Amts wegen oder auf Einrede durch Zurückweisung der Klage wahrzunehmen. Andernfalls hat es die Durchführung des Verfahrens mit Beschluss anzuordnen. Über die Ansprüche auf Abhilfe einzelner Verbraucher ist erst nach Rechtskraft der Entscheidung über allfällige Zwischenfeststellungsanträge zu entscheiden.

(2) Wird die Durchführung des Verfahrens angeordnet, so ist in dem Beschluss auch auszusprechen, welche Streitpunkte zunächst gemeinsam verhandelt und vorweg entschieden werden sollen.

Veröffentlichung der Entscheidung

§ 627. (1) Das Gericht hat die Entscheidung über die Durchführung eines Verbandsklageverfahrens nach ihrer Rechtskraft in der Ediktsdatei zu veröffentlichen.

(2) Zusätzlich zu der Entscheidung ist

  1. 1. die Information, dass eine Verbandsklage auf Abhilfe eingebracht wurde, der sich ein Verbraucher durch Beitritt anschließen kann,
  2. 2. eine Darstellung der Voraussetzungen, der Frist und der Wirkungen einer Anmeldung eines Anspruchs,
  3. 3. die von der klagenden Partei anzugebende Adresse für die Anmeldung von Ansprüchen,
  4. 4. das Beitrittsformular oder ein Link zum Beitrittsformular,
  5. 5. eine Belehrung über die Voraussetzungen, den Ablauf und die Wirkungen eines Verfahrens sowie
  6. 6. auf Antrag der beklagten Partei ihr Vorbringen

    zu veröffentlichen.

(3) Die Veröffentlichungen sind von Amts wegen zu löschen, wenn seit ihrer Aufnahme in die Ediktsdatei vier Monate vergangen sind.

Beitritt

§ 628. (1) Einer Verbandsklage auf Abhilfe kann jeder Verbraucher im Wege der Qualifizierten Einrichtung beitreten, dessen Anspruch auf einem im Wesentlichen gleichartigen Sachverhalt beruht und für den dieselben Tatfragen entscheidungserheblich sind. Der Beitritt kann von der Qualifizierten Einrichtung ohne Angabe von Gründen abgelehnt werden.

(2) Der Beitritt hat durch einen Schriftsatz der Qualifizierten Einrichtung zu erfolgen, die dem Gericht und der beklagten Partei gegenüber den Beitritt des Verbrauchers anzeigt. Der Beitritt hat die Tatsachen, auf die sich der Anspruch gründet, kurz und vollständig anzugeben und ein Begehren zu enthalten, sowie die Erklärung, dass der Anspruch weder im Inland noch im Ausland geltend gemacht wurde oder wird.

(3) Ein Beitritt kann bis drei Monate nach Veröffentlichung der Entscheidung über die Durchführung eines Verbandsklageverfahrens gemäß § 627 Abs. 1 ZPO erfolgen.

(4) Der Beitritt hat die Wirkung, dass der Anspruch, mit dem ein Verbraucher der Verbandsklage beigetreten ist, als streitanhängig gilt und sich die Wirkungen der Entscheidung des Gerichts auch auf den vom Verbraucher geltend gemachten Anspruch auf Abhilfe erstrecken. Ein Beitritt ist zurückzuweisen, wenn der im Beitritt geltend gemachte Anspruch bereits in einem Einzelverfahren oder in einem anderen Verbandsklageverfahren geltend gemacht wird.

(5) Eine Zurücknahme des Beitritts ist unzulässig.

Besondere Bestimmungen zur Prozessfähigkeit der Qualifizierten Einrichtung

§ 629. (1) Ergeben sich in einem Verbandsklageverfahren auf Abhilfe Bedenken, ob eine Qualifizierte Einrichtung die für sie vorgeschriebenen Kriterien einhält, so hat das Gericht diese Bedenken an die zuständige Aufsicht weiterzuleiten.

(2) Leitet das Gericht Bedenken an die zuständige Aufsicht weiter oder erhält es Kenntnis davon, dass die zuständige Aufsicht ein Verfahren gegen die klagende Qualifizierte Einrichtung eingeleitet hat, das auf die Aberkennung der Eigenschaft als Qualifizierte Einrichtung abzielt, weil Bedenken bestehen, so hat es bis zur rechtskräftigen Erledigung eines über diese Bedenken eingeleiteten Verfahrens auch eine begonnene Verhandlung fortzusetzen, darf jedoch die Endentscheidung vor rechtskräftiger Erledigung der Aufsicht über die Bedenken nicht fällen.

(3) Wird der klagenden Qualifizierten Einrichtung die Anerkennung als Qualifizierte Einrichtung rechtskräftig aberkannt oder die Qualifizierte Einrichtung rechtskräftig aufgelöst, so hat das Gericht das Verfahren zu beenden und die Klage zurückzuweisen. Das Gericht hat über die Verfahrenskosten in sinngemäßer Anwendung des § 51 zu entscheiden.

(4) Mit Beendigung des Verfahrens gemäß Abs. 3 endet die Streitanhängigkeit der Ansprüche der dem Verfahren beigetretenen Verbraucher und die Hemmung der Verjährung dieser Ansprüche.

Besondere Bestimmungen über Zuständigkeit und Gerichtsbesetzung

§ 630. (1) Für die Durchführung des Verbandsklageverfahrens auf Abhilfe ist in erster Instanz ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstands ausschließlich das Handelsgericht Wien zuständig. In diesen Rechtssachen kommt dem Handelsgericht Wien auch die ausschließliche Zuständigkeit für einstweilige Verfügungen zu.

(2) Die Änderung dieses Gerichtsstands durch Vereinbarung der Parteien ist unzulässig.

(3) Im Verbandsklageverfahren auf Abhilfe sind § 7 Abs. 2 erster Satz und § 8 Abs. 2 JN nicht anzuwenden.

Besondere Bestimmungen über den Vergleich

§ 631. (1) Ein Vergleich zwischen der Qualifizierten Einrichtung und der beklagten Partei muss zu seiner Wirksamkeit vom Gericht bestätigt werden.

(2) Das Gericht darf einen Vergleich nur dann bestätigen, wenn der Vergleich nicht im Widerspruch zu zwingenden Bestimmungen des nationalen Rechts steht und keine Bestimmungen enthält, die nicht vollstreckbar sind.

(3) Ein gerichtlich bestätigter Vergleich bindet auch die beigetretenen Verbraucher.

(4) Die durch einen Vergleich erwirkte Abhilfe erfolgt unbeschadet etwaiger weiterer den Verbrauchern gemäß dem Unionsrecht oder dem nationalen Recht zustehender Abhilfe, die nicht Gegenstand dieses Vergleichs war.

Besondere Bestimmungen über den Kostenersatz

§ 632. Hat ein Verbraucher, der dem Verfahren beigetreten ist, durch Vorsatz Verfahrenskosten verursacht, so kann das Gericht auf Antrag einer Partei aussprechen, dass der Verbraucher für diese Verfahrenskosten solidarisch mit jener Partei haftet, die zu ihrem Ersatz verurteilt wird. Dieser Antrag ist spätestens mit der Vorlage des Kostenverzeichnisses zu stellen, das die betreffenden Kosten enthält.

Besonderheiten der Entscheidung

§ 633. Wenn das Gericht in einem Urteil oder in einem Beschluss der beklagten Partei die Verpflichtung zu einer Leistung auferlegt, so hat es zugleich auszusprechen, dass schuldbefreiend nur an die Qualifizierte Einrichtung geleistet werden kann, wenn und soweit diese das bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz beantragt hat.

Veröffentlichungen

§ 634. (1) Das Gericht hat die Entscheidungen über

  1. 1. die Durchführung eines Verbandsklageverfahrens auf Abhilfe (§ 626),
  2. 2. den Zwischenfeststellungsantrag,
  3. 3. die einzelnen geltend gemachten Ansprüche sowie
  4. 4. die Bestätigung eines Vergleichs (§ 631)

    in der Ediktsdatei zu veröffentlichen.

(2) Das Gericht kann über Abs. 1 hinaus auch weitere Entscheidungen oder Informationen im Verbandsklageverfahren auf Abhilfe in der Ediktsdatei veröffentlichen, wenn der Zweck des Verfahrens dies erfordert.

Verjährung

§ 635. Der Beitritt eines Verbrauchers zu einer Verbandsklage auf Abhilfe hemmt die Verjährung des im Beitritt geltend gemachten Anspruchs. Der Beitritt hemmt den Ablauf von Verjährungsfristen rückwirkend mit dem Zeitpunkt der Einbringung der Verbandsklage auf Abhilfe bei Gericht. Nach Zurückweisung einer Verbandsklage auf Abhilfe verbleibt einem Verbraucher, der mit einem Anspruch bereits beigetreten war, jedenfalls noch eine Frist von drei Monaten ab Rechtskraft der Zurückweisungsentscheidung, um den Anspruch in einem Einzelverfahren oder durch Beitritt zu einer Verbandsklage geltend machen.“

3. Die Überschrift des Siebenten Teils lautet:

„Schlussbestimmungen“

4. Dem § 636 wird folgende Paragraphenüberschrift vorangestellt:

„In- und Außerkrafttreten; Übergangsbestimmungen“

5. § 636 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Der Fünfte Abschnitt des Sechsten Theils, die Überschrift des Siebenden Teils, Bezeichnung und Überschrift des § 636 sowie § 637 samt Überschrift in der Fassung der Verbandsklagen-Richtlinie- Umsetzungs-Novelle, BGBl. I Nr. 85/2024, treten mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft. Der Fünfte Abschnitt des Sechsten Theils ist auf Verfahren anzuwenden, in denen die Klage nach dem Tag der Kundmachung eingebracht wird. Mit dieser Novelle wird die Richtlinie 2020/1828/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/22/EG , ABl. Nr. L 409 vom 4. Dezember 2022 S. 1, umgesetzt.“

6. Nach § 636 wird folgender § 637 samt Überschrift angefügt:

„Umsetzungshinweise

§ 637. Mit der Verbandsklagen-Richtlinie-Umsetzungs-Novelle, BGBl. I Nr. 85/2024, wird die Richtlinie 2020/1828/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/22/EG , ABl. Nr. L 409 vom 4. Dezember 2022 S. 1 umgesetzt.“

Artikel 3

Änderung des Konsumentenschutzgesetzes

Das Konsumentenschutzgesetz, BGBl. Nr. 140/1979, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 109/2022, wird wie folgt geändert:

1. § 29 Abs. 2 lautet:

„(2) Liegt der Ursprung des Verstoßes (§§ 28 Abs. 1 und 28a Abs. 1) in Österreich, so kann der Anspruch auch von den von der Kommission gemäß Art. 5 der Richtlinie 2020/1828/EU über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/22/EG , ABl. Nr. L 409 vom 4. Dezember 2020 S. 1, veröffentlichten Stellen und Organisationen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union geltend gemacht werden, sofern deren Satzungszweck die Klagsführung rechtfertigt und die von dieser Einrichtung geschützten Interessen in diesem Mitgliedstaat beeinträchtigt werden.“

2. § 41a wird folgender Abs. 40 angefügt:

„(40) § 29 Abs. 2 in der Fassung der Verbandsklagen-Richtlinie-Umsetzungs-Novelle, BGBl. I Nr. 85/2024, tritt mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft.“

Artikel 4

Änderung des Gerichtsgebührengesetzes

Das Gerichtsgebührengesetz, BGBl. Nr. 501/1984, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 37/2024, wird wie folgt geändert:

1. In § 15 Abs. 6 wird der Betrag „4 000 Euro“ durch den Betrag „5 000 Euro“ ersetzt.

2. Nach § 15 wird folgender § 15a samt Überschrift eingefügt:

„Sonderregelungen für Verbandsklageverfahren auf Abhilfe

§ 15a. (1) In Verbandsklageverfahren auf Abhilfe gemäß §§ 623 ff. ZPO ist die Bewertung eines Zwischenfeststellungsantrags gemäß § 624 Abs. 2 ZPO durch die Qualifizierte Einrichtung gemäß § 7a Abs. 1 erster Satz RATG auch für die Zwecke der Gebührenbemessung maßgeblich. Unterlässt die Qualifizierte Einrichtung eine Bewertung, ist gemäß § 14 und § 15 Abs. 3a vorzugehen. Die Summe dieses Begehrens und der gleichzeitig geltend gemachten Begehren auf Abhilfe (§ 624 Abs. 1 ZPO) bildet eine einheitliche Bemessungsgrundlage für das gesamte Verbandsklageverfahren auf Abhilfe bis zur Entscheidung über den Zwischenfeststellungsantrag. Ein Beitritt gemäß § 628 ZPO bleibt für die Zwecke der Gebührenbemessung außer Betracht. Wenn über die mit Beitritt geltend gemachten Ansprüche ein gerichtlicher Vergleich geschlossen wird, der rechtswirksam wird, dann ist § 18 Abs. 2 Z 2 anzuwenden.

(2) Auf Antrag ist nach rechtskräftiger Entscheidung über den Zwischenfeststellungsantrag der Teil von den gemäß Abs. 1 entrichteten Gerichtsgebühren gemäß der Tarifpost 1 zurückzuzahlen, der auf Ansprüche entfällt, über die noch kein Endurteil ergangen ist.“

3. In § 18 Abs. 2 Z 1 wird die Wendung „gemäß § 7 RATG“ durch die Wendung „gemäß § 7 oder § 7a RATG“ ersetzt.

4. In § 19a erhält der bisherige Text die Absatzbezeichnung „(1)“, folgender Abs. 2 wird angefügt:

„(2) Abs. 1 gilt nicht in Verbandsklageverfahren auf Abhilfe gemäß §§ 623 ff. ZPO.“

5. In Art. VI wird folgende Z 83 angefügt:

  1. „83. §§ 15 Abs. 6, 15a samt Überschrift, 18 Abs. 2 Z 1 und 19a in der Fassung der Verbandsklagen-Richtlinie-Umsetzungs-Novelle, BGBl. I Nr. 85/2024, treten mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft.“

Artikel 5

Änderungen des Rechtsanwaltstarifgesetzes

Das Bundesgesetz über den Rechtsanwaltstarif, BGBl. Nr. 189/1969, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 179/2023, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 7 wird folgender § 7a eingefügt:

§ 7a. (1) In Verbandsklageverfahren auf Abhilfe gemäß §§ 623 ff. ZPO hat die Qualifizierte Einrichtung einen Zwischenfeststellungsantrag gemäß § 624 Abs. 2 ZPO bereits in der Verbandsklage auf Abhilfe betraglich zu bewerten. Die Qualifizierte Einrichtung ist bei dieser Bewertung an keine gesetzlichen Bewertungsregeln gebunden. Bemängelt der Beklagte eine solche Bewertung nicht spätestens bei der ersten zur mündlichen Streitverhandlung bestimmten Tagsatzung, so hat das Gericht diesen Betrag als Bemessungsgrundlage (§ 3) für das gesamte Verbandsklageverfahren auf Abhilfe bis zur Entscheidung über den Zwischenfeststellungsantrag zugrunde zu legen. Unterlässt die Qualifizierte Einrichtung eine Bewertung oder erfolgt eine rechtzeitige Bemängelung der Bewertung durch den Beklagten, so ist bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage des Zwischenfeststellungsantrags im Verbandsklageverfahren auf Abhilfe gemäß den §§ 4 und 12 vorzugehen; § 7 Abs. 2 ist anzuwenden.

(2) Die Verbandsklage auf Abhilfe (§ 624 ZPO) und alle Schriftsätze oder Tagsatzungen, die sich nur oder auch auf einen Zwischenfeststellungsantrag der Qualifizierten Einrichtung gemäß § 624 Abs. 2 ZPO beziehen, sind auf der Basis der Bemessungsgrundlage gemäß Abs. 1 zu entlohnen.

(3) Abweichend von Abs. 1 und 2 sind die Beitrittserklärungen gemäß § 628 ZPO sowie alle anderen Schriftsätze und Tagsatzungen, die sich nur auf Individualansprüche beziehen, gemäß der sich für den jeweiligen Schriftsatz oder für die jeweilige Tagsatzung ergebenden Bemessungsgrundlage zu entlohnen.“

2. In § 15 erhält der bisherige Text die Absatzbezeichnung „(1)“ und wird folgender Abs. 2 angefügt:

„(2) Abs. 1 gilt nicht in Verbandsklageverfahren auf Abhilfe gemäß den §§ 623 ff. ZPO bis zur Entscheidung über einen Zwischenfeststellungsantrag der Qualifizierten Einrichtung gemäß § 624 Abs. 2 ZPO.“

3. Dem § 26a wird folgender Abs. 7 angefügt:

„(7) § 7a und § 15 sowie Tarifpost 1, Tarifpost 2 Abschnitt I Z 1 lit. a und Abschnitt III, Tarifpost 3 A Abschnitt IV, Tarifpost 3 B Abschnitt III und Tarifpost 3 C Abschnitt IV in der Fassung der Verbandsklagen-Richtlinie-Umsetzungs-Novelle, BGBl. I Nr. 85/2024, treten mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft.“

4. Im Schlusssatz der Tarifpost 1 wird nach der Wendung „jedoch nie mehr als 312,20 Euro“ die Wendung „bzw. nie mehr als 225,20 Euro in Verbandsklageverfahren auf Abhilfe gemäß §§ 623 ff. ZPO“ eingefügt.

5. In der Tarifpost 2 Abschnitt I Z 1 wird folgende lit. a eingefügt:

  1. „a) Beitrittserklärungen gemäß § 628 ZPO sowie die Äußerungen dazu;“

6. Der Tarifpost 2 wird folgender Abschnitt III angefügt:

„III. In Verbandsklageverfahren auf Abhilfe gemäß §§ 623 ff. ZPO gebührt für die im Abschnitt I Z 1 genannten Schriftsätze und für die erste Stunde der in Abschnitt II Z 1 genannten Tagsatzungen die in Abschnitt I festgesetzte Entlohnung, jedoch nie mehr als 1 068,70 Euro; für jede weitere, wenn auch nur begonnene Stunde einer Tagsatzung gebührt die Hälfte dieser Entlohnung, jedoch nie mehr als 534,40 Euro.“

7. Der Tarifpost 3 A wird folgender Abschnitt IV angefügt:

„IV. In Verbandsklageverfahren auf Abhilfe gemäß §§ 623 ff. ZPO gebührt für die im Abschnitt I Z 1 und 5 genannten Schriftsätze und für die erste Stunde der in Abschnitt II Z 1 genannten Tagsatzungen die in Abschnitt I festgesetzte Entlohnung, jedoch nie mehr als 2 123,70 Euro; für jede weitere, wenn auch nur begonnene Stunde einer Tagsatzung gebührt die Hälfte dieser Entlohnung, jedoch nie mehr als 1 061,90 Euro.“

8. Der Tarifpost 3 B wird folgender Abschnitt III angefügt:

„III. In Verbandsklageverfahren auf Abhilfe gemäß §§ 623 ff. ZPO gebührt für die in den Abschnitten I und Ia genannten Schriftsätze und für die erste Stunde der in Abschnitt II genannten Verhandlungen die im Abschnitt I festgesetzte Entlohnung, jedoch nie mehr als 2 651,50 Euro; für jede weitere, wenn auch nur begonnene Stunde einer Verhandlung gebührt die Hälfte dieser Entlohnung, jedoch nie mehr als 1 325,80 Euro.“

9. Der Tarifpost 3 C wird folgender Abschnitt IV angefügt:

„IV. In Verbandsklageverfahren auf Abhilfe gemäß §§ 623 ff. ZPO gebührt für die im Abschnitt I genannten Schriftsätze und für die erste Stunde der in Abschnitt II genannten Verhandlungen die im Abschnitt I festgesetzte Entlohnung, jedoch nie mehr als 3 182,60 Euro; für jede weitere, wenn auch nur begonnene Stunde einer Verhandlung gebührt die Hälfte dieser Entlohnung, jedoch nie mehr als 1 591,30 Euro.“

Van der Bellen

Nehammer

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)