4.16. Entrichtung von Abgaben bei Nichtstattgabe eines Aussetzungsantrages
4.16.1. Mängelfreier Antrag
Wird einem im Sinne des § 212a Abs. 7 zweiter Satz BAO zeitgerecht eingebrachten Aussetzungsantrag nicht stattgegeben, so tritt die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages erst ein, wenn die Abgabe nicht spätestens einen Monat nach Bekanntgabe des den Antrag erledigenden Bescheides entrichtet wird (§ 212a Abs. 7 zweiter Satz BAO iVm § 217 Abs. 4 BAO). Im Fall einer innerhalb nicht erstreckter Rechtsmittelfrist eingebrachten Beschwerde gegen den Bescheid, mit dem der Aussetzungsantrag abgewiesen wurde, wird die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages weiter hinausgeschoben (§ 212a Abs. 4 BAO). Im Übrigen siehe Ausführungen zu § 212a Abs. 7 BAO.Hinsichtlich der Hemmungswirkung ist § 230 Abs. 2 BAO zu beachten.
4.16.2. Mangelhafter Antrag
- Der Antrag ist iSd § 212a Abs. 3 BAO inhaltlich mangelhaft.
Es ist nach § 85 Abs. 2 BAO vorzugehen (Mängelbehebungsauftrag); siehe Rz 546.
- Notwendigkeit eines Mängelbehebungsverfahrens gemäß § 85 Abs. 2 BAO
Unterbleibt in den Fällen des § 85 Abs. 2 BAO eine fristgerechte Mängelbehebung, so ist ein (rechtsmittelfähiger) Bescheid zu erteilen, mit dem ausgesprochen wird, dass der Antrag als zurückgenommen gilt. Gemäß § 212a Abs. 7 zweiter Satz BAO in Verbindung mit § 217 Abs. 4 BAO steht auch in diesem Fall unter der Voraussetzung, dass der Antrag fristgerecht eingereicht wurde, eine Frist von einem Monat für die säumniszuschlagsfreie Entrichtung der Abgabe und somit eine Hemmung der Einbringung zu (§ 230 Abs. 2 BAO). Gegebenenfalls kommt innerhalb dieser Frist die Erlassung eines Vollstreckungsbescheides (§ 230 Abs. 7 BAO) in Betracht. Das Vorgesagte gilt sinngemäß für das Fehlen einer Vollmacht. Wurden die Mängel rechtzeitig behoben, so gilt der Antrag als ursprünglich richtig eingebracht.
Sinngemäß gilt das Vorgesagte auch für § 86a Abs. 1 BAO.
4.17. Aussetzungszinsen (§ 212a Abs. 9 BAO)
Der Abgabenbehörde ist beim Vollzug der Bestimmung des § 212a Abs. 9 BAO kein Ermessen eingeräumt.Aussetzungszinsen stellen ein Äquivalent für den tatsächlich in Anspruch genommenen Zahlungsaufschub dar (VwGH 21.7.1998, 97/14/0131).Die Einhebung von Aussetzungszinsen ist im Hinblick darauf, dass diese Zinsen durch den vom Abgabepflichtigen eingebrachten Antrag auf Aussetzung der Einhebung strittiger Abgaben ausgelöst wurden, nicht unbillig. Der Abgabepflichtige hat die Möglichkeit, das Entstehen der Aussetzungszinsen in gegebenenfalls beträchtlicher Höhe durch Entrichtung der ausgesetzten Abgaben zu verhindern (VwGH 17.10.2001, 98/13/0073; VwGH 16.10.2002, 99/13/0065; VwGH 20.9.2007, 2002/14/0138; siehe Rz 1709).Für die Frage der Berechnung der Aussetzungszinsen hat die Behörde amtswegige Ermittlungen über den Aussetzungsbetrag anzustellen (VwGH 18.2.1999, 97/15/0143).Die Festsetzung von Aussetzungszinsen ist gesetzliche Folge des verfügten Ablaufes der Aussetzung der Einhebung von Abgaben infolge der Erledigung der damit im Zusammenhang stehenden Beschwerde (VwGH 21.7.1998, 98/14/0101; VwGH 28.5.2002, 96/14/0157). Das Gesetz sieht die Vorschreibung von Aussetzungszinsen für die gesamte Dauer des Beschwerdeverfahrens vor, selbst wenn dieses unangemessen lange dauert (VwGH 17.9.1997, 93/13/0100).Aussetzungszinsen sind für Zeiträume zu entrichten, in denen auf Grund eines noch unerledigten Aussetzungsantrages die Einbringung gehemmt (§ 230 Abs. 6 BAO) oder auf Grund einer entsprechenden Bewilligung die Einhebung der in Betracht kommenden Abgabenschuldigkeiten ausgesetzt ist.Wird somit einem Aussetzungsantrag nicht stattgegeben, so endet der Zeitraum für die Zinsenberechnung mit der Bekanntgabe des ablehnenden Bescheides.Wurde eine Aussetzung bewilligt, so endet der Zeitraum für die Zinsenberechnung mit der Bekanntgabe des Bescheides über den Ablauf oder den Widerruf der Aussetzung. Für die Fristen des § 212a Abs. 7 BAO besteht keine Verpflichtung zur Entrichtung von Zinsen.Die Aussetzungszinsen sind tageweise unter Zugrundelegung des jeweils aktuellen Standes der Bemessungsgrundlage und unter Bedachtnahme auf den jeweils geltenden Basiszinssatz zu berechnen. Der Zinssatz beträgt zwei Prozent über dem Basiszinssatz pro Jahr (gegenüber viereinhalb Prozent über dem Basiszinssatz bei Stundungszinsen). Aussetzungszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.Für die Zeit bis zur Erledigung eines Aussetzungsantrages sind Aussetzungszinsen für die von diesem betroffenen, noch nicht entrichteten Abgaben, soweit für sie eine Aussetzung ohne Bedachtnahme auf § 212a Abs. 2 lit. a und c BAO in Betracht kommen könnte, zu entrichten.Für die Zeit nach einer Bewilligung der Aussetzung bilden die hievon betroffenen Abgabenschuldigkeiten, soweit für sie infolge der Aussetzung ein Zahlungsaufschub eintritt, die Bemessungsgrundlage für die Aussetzungszinsen. Abgesehen von dem im zweiten Satz des § 212a Abs. 9 BAO vorgesehenen Fall der nachträglichen Herabsetzung von Abgabenschulden stellt die Feststellung des ausgesetzten Betrages im Bescheid über die Aussetzung der Einhebung von Abgabenschulden die Grundlage für die mit weiterem Bescheid festzusetzenden Aussetzungszinsen dar (VwGH 21.7.1998, 98/14/0101).Abgaben, die noch nicht fällig oder wegen einer gesetzlich zustehenden Zahlungsfrist noch nicht zahlbar sind, dürfen in die Bemessungsgrundlagen für die Aussetzungszinsen nicht einbezogen werden.Wird einem Aussetzungsantrag, wenn auch nur teilweise, stattgegeben, so darf der Bescheid betreffend Aussetzungszinsen nicht vor dem Ablauf oder dem Widerruf der Aussetzung erlassen werden. Wird eine Aussetzung nicht bewilligt, so sind Aussetzungszinsen vor der Erledigung des Aussetzungsantrages nicht festzusetzen.Für ein- und denselben Abgabenbetrag (bei dem es sich nicht um die gesamte Abgabenschuld handeln muss) können für einen Berechnungszeitraum nur entweder Aussetzungszinsen oder Stundungszinsen anfallen. Wird im Fall einer bewilligten Zahlungserleichterung ein Aussetzungsantrag bezüglich der von der Zahlungserleichterung umfassten Abgaben gestellt, so fallen Stundungszinsen insoweit nicht an, als Aussetzungszinsen zu entrichten sind. Gleiches gilt im Fall eines unerledigten Antrages auf Zahlungserleichterungen, wenn vor dessen Erledigung ein Aussetzungsantrag gestellt wird.Bemessungsgrundlage für die Aussetzungszinsen ist die im Aussetzungsbescheid angeführte Abgabenschuldigkeit (VwGH 15.1.1997, 95/13/0186).Die Bemessungsgrundlage für die Aussetzungszinsen wird durch ein während der Wirksamkeit einer Aussetzung auf dem Abgabenkonto ausgewiesenes Guthaben - unabhängig von der Dauer seines Bestehens - nicht gemindert (VwGH 25.6.1997, 94/15/0167; VwGH 15.11.2005, 2002/14/0051).Wird anlässlich einer Beschwerdevorentscheidung der Ablauf der Aussetzung verfügt (§ 212a Abs. 5 BAO), so hat dies nach dem Vorgesagten die Festsetzung von Aussetzungszinsen zur Folge. Im Fall eines Vorlageantrages besteht die Möglichkeit, diese Zinsen in einen neuerlich zu stellenden Aussetzungsantrag einzubeziehen, zumal es sich bei den Aussetzungszinsen um eine Abgabe handelt, deren Höhe mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt (§ 212a Abs. 1 BAO).Im Fall der nachträglichen Herabsetzung der auf Grund des Aussetzungsantrages bzw. der Bewilligung der Aussetzung für die Zinsenberechnung maßgeblichen Abgabenschuld hat die Festsetzung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen. Unter nachträglicher Herabsetzung der Abgabenschuld ist jede nach Einreichung des Aussetzungsantrages eingetretene Minderung der von diesem betroffenen rückständigen Abgabenschuld bzw. der den Gegenstand der Bewilligung der Aussetzung bildenden Abgabe zu verstehen; bezüglich jener Umstände, die zu einer solchen Minderung führen können, siehe Rz 307 bis Rz 314.Jedenfalls werden Aussetzungszinsen insoweit nicht festgesetzt, als durch die Erledigung der Bescheidbeschwerde, die Anlass für die Aussetzung war, oder durch einen anderen Verfahrenstitel (zB § 299 Abs. 1 BAO) eine Minderung der für die Aussetzungszinsenberechnung maßgeblichen Abgabenschuld ausgelöst wird.Bei der Bestimmung des § 212a Abs. 9 zweiter Satz BAO handelt es sich um eine auf einzelne Abgabenschulden abstellende Regelung. Wegen der Abgabenbezogenheit der Aussetzung der Einhebung sind infolge Herabsetzung einer Abgabenschuld entstehende Gutschriften nicht rückwirkend bei der Berechnung der Aussetzungszinsen für eine andere Abgabenschuld zu berücksichtigen (VwGH 31.7.2002, 2002/13/0078; VwGH 16.10.2002, 99/13/0065; VwGH 28.11.2002, 2001/13/0285).Da im Gegensatz zu den Aussetzungszinsen und auch zum Säumniszuschlag die Stundungszinsen nicht abgabenbezogen berechnet werden, genügt bei Anwendung des § 212 Abs. 2 letzter Satz BAO, wonach im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld die Berechnung der Stundungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen hat, schlechthin die dadurch bewirkte Gutschrift auf dem Abgabenkonto.Für die Neuberechnung der Aussetzungszinsen oder die allfällige Aufhebung des Aussetzungszinsenbescheides bildet § 212a Abs. 9 zweiter Satz BAO die im Bescheid anzuführende maßgebliche verfahrensrechtliche Grundlage.Der Abgabepflichtige hat gemäß § 212a Abs. 8 BAO die Möglichkeit, eine allfällig entstehende Zinsenbelastung zu vermindern, indem er ausgesetzte Abgabenschuldigkeiten zur Gänze oder teilweise entrichtet oder durch Verwendung von sonstigen Gutschriften (§ 213 Abs. 1 BAO) oder Guthaben (§ 215 Abs. 4 BAO) tilgt.In einem Verfahren betreffend Aussetzungszinsen ist über die Rechtmäßigkeit jenes Abgabenbescheides, auf Grund dessen die Aussetzung bewilligt worden ist, nicht zu befinden (VwGH 21.7.1998, 98/14/0101).Wurde der Bescheid betreffend Ablauf der Aussetzung, der Anlass für die Erlassung eines Aussetzungszinsenbescheides war, etwa in Erledigung einer Bescheidbeschwerde, zB wegen nicht wirksamer Zustellung der Beschwerdevorentscheidung, aufgehoben, so ist der Zinsenbescheid gemäß § 295 Abs. 3 BAO aufzuheben. Für die Zeit zwischen der Bekanntgabe des (später aufgehobenen) Ablaufbescheides und der Bekanntgabe des Aufhebungsbescheides ist die Vorschreibung von Aussetzungszinsen nicht zulässig. Wird nach wirksamer Zustellung der Beschwerdevorentscheidung abermals ein Ablaufbescheid erteilt, so ist unter Berücksichtigung der dargestellten Grundsätze neuerlich ein Aussetzungszinsenbescheid zu erlassen.Wird eine Bescheidbeschwerde, die Anlass für eine Aussetzung der Einhebung war, durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides erledigt (§ 278 Abs. 1 BAO), so wird durch die Aufhebung eine aus dem angefochtenen Bescheid resultierende Nachforderung beseitigt. Dies entspricht einer nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld iSd § 212a Abs. 9 dritter Satz BAO, sodass für die nunmehr weggefallene Nachforderung keine Aussetzungszinsen festzusetzen sind.Zu Aussetzungszinsen anlässlich einer Beschwerde gegen einen Grundlagenbescheid siehe Rz 513. Aussetzungszinsen (§ 3 Abs. 2 lit. d BAO) sind mit Abgabenbescheid (§ 198 BAO) vorzuschreiben; die Fälligkeit der Aussetzungszinsen tritt mit Ablauf eines Monates nach Zustellung des Zinsenbescheides ein (§ 210 Abs. 1 BAO).Aussetzungszinsen, die im Einzelfall den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen (§ 212a Abs. 9 zweiter Satz BAO).Der Abgabenanspruch betreffend Aussetzungszinsen entsteht laufend während jener Zeit, in welcher der Zahlungsaufschub in Anspruch genommen wird (VwGH 19.2.1997, 95/13/0046), und nicht erst im Zeitpunkt der bescheidmäßigen Festsetzung. Die Entstehung des Abgabenanspruches ist insbesondere für den Beginn der im Allgemeinen fünf Jahre betragenden Bemessungsverjährung (§ 207 Abs. 2 in Verbindung mit § 208 Abs. 1 lit. a BAO) mit Ablauf jedes Jahres hinsichtlich der bis zum letzten Tag dieses Jahres entstandenen Aussetzungszinsen bedeutsam.4.18. Systematische Unterschiede zwischen Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO und Stundung gemäß § 212 BAO
Aussetzung der Einhebung | Stundung |
Rechtsanspruch bei Vorliegen aller Voraussetzungen. | Ermessensentscheidung bei Vorliegen aller Voraussetzungen. |
Bewilligung darf an keine Bedingungen geknüpft werden. | Bedingungen sind zulässig. |
Keine Bedachtnahme auf in der sofortigen Entrichtung gelegene Härte. | Bedachtnahme auf in der sofortigen Entrichtung gelegene Härte. |
Keine Bedachtnahme auf Gefährdung der Einbringlichkeit, wohl aber auf ein auf eine solche Gefährdung gerichtetes Verhalten. | Bedachtnahme auf Gefährdung der Einbringlichkeit. |
Keine Minderung ausgesetzter Beträge durch sonstige Gutschriften, die nicht den Gegenstand der Aussetzung bildende Abgaben betreffen, ohne Verlangen des Abgabepflichtigen. | Minderung gestundeter Beträge durch sonstige Gutschriften. |
Neben ausgesetzten Beträgen ist ein Guthaben möglich. | Neben gestundeten Beträgen ist ein Guthaben nicht möglich. |
Aussetzung ist abgabenbezogen. | Stundung ist in aller Regel rück-standsbezogen. |
Zahlung hat grundsätzlich bis zum Ablauf eines Monates ab Bekanntgabe des Bescheides über den Ablauf der Aussetzung oder eines die Aussetzung betreffenden Bescheides gemäß § 294 BAO zu erfolgen. | Zahlung hat bis zu dem sich aus dem Zahlungserleichterungsbescheid ergebenden Zeitpunkt zu erfolgen. |
4.19. Landes- und Gemeindeabgaben (§ 212b Z 3 und 4 BAO)
Die Erweiterung des Anwendungsbereiches der BAO auf Landes- und Gemeindeabgaben betrifft auch die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO.Aus § 323a Abs. 1 Z 2 BAO ergibt sich, dass vor dem 1. Jänner 2010 zuerkannte Begünstigungen (bescheidmäßig bewilligte Aussetzungen der Einhebung) auch nach diesem Zeitpunkt aufrecht bleiben. Dies ist für jene Bundesländer bedeutsam, in denen die Aussetzung der Einhebung (vor diesem Stichtag) landesrechtlich vorgesehen war (somit für Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark und Wien).
Hievon abweichend gilt § 212a BAO für Landes- und Gemeindeabgaben der Länder Burgenland, Tirol und Vorarlberg erstmals für nach dem 31. Dezember 2009 eingebrachte Anträge auf Aussetzung (§ 323 Abs. 1 Z 7 BAO).
Für Landes- und Gemeindeabgaben betreffende Aussetzungszinsen gelten (abweichend vom § 212a Abs. 9 BAO) die Sonderbestimmungen des § 212b Z 3 und 4 BAO.Nach § 212b Z 3 BAO betragen die Aussetzungszinsen drei Prozent pro Jahr. Dieser Prozentsatz ist erstmals auf Abgaben (nämlich Aussetzungszinsen) anzuwenden, für die der Abgabenanspruch nach dem 31. Dezember 2009 entstanden ist.
Die zweite Sonderbestimmung ist § 212b Z 4 BAO. Danach sind Aussetzungszinsen, die den Betrag von 10 Euro nicht erreichen, nicht festzusetzen.
Randzahlen 580 bis 599: derzeit frei