4.13.1. Zu § 212a Abs. 6 lit. a und b BAO
Wurde eine Abgabe durch die Verwendung von sonstigen Gutschriften (§ 213 Abs. 1 BAO) oder Guthaben (§ 215 Abs. 4 BAO) vor Fälligkeit (§ 212a Abs. 6 lit. a BAO) oder vor Ablauf einer für die Entrichtung der Abgabe gemäß § 210 Abs. 2 BAO zustehenden Frist (§ 212a Abs. 6 lit. b BAO) getilgt, so ist sie auf Antrag in die Aussetzung einzubeziehen.4.13.2. Zu § 212a Abs. 6 lit. c BAO
Bei Tilgung einer später als einen Monat vor der Fälligkeit festgesetzten Abgabe durch die Verwendung von sonstigen Gutschriften (§ 213 Abs. 1 BAO) oder Guthaben (§ 215 Abs. 4 BAO) vor Ablauf eines Monates ab Bekanntgabe des maßgeblichen Bescheides ist der getilgte Betrag auf Antrag des Abgabepflichtigen in die Aussetzung einzubeziehen.Beispiel:
Der Bescheid betreffend Festsetzung der USt-Vorauszahlung für Jänner wird am 20. April (somit später als einen Monat vor der am 15. März eingetretenen Fälligkeit) zugestellt. Wird die USt-Vorauszahlung auf die vorstehend beschriebene Art vor dem 20. Mai getilgt (§ 210 Abs. 4 BAO), so sind im Fall der Anfechtung des Bescheides die getilgten Beträge auf Antrag in die Aussetzung einzubeziehen.
4.13.3. Zu § 212a Abs. 6 lit. d BAO
§ 212a Abs. 6 lit. d BAO sieht vor, dass nach Einbringen des Aussetzungsantrages durch die Verwendung von sonstigen Gutschriften (§ 213 Abs. 1 BAO) oder Guthaben (§ 215 Abs. 4 BAO) getilgte Beträge auf Antrag in die Aussetzung einzubeziehen sind. Darauf wäre vor allem dann Bedacht zu nehmen, wenn im Fall der Abweisung eines Aussetzungsantrages der dagegen gerichteten Bescheidbeschwerde stattgegeben wird; diesfalls bezieht sich § 212a Abs. 6 lit. d BAO auf den gesamten Zeitraum nach Einbringung des Erstantrages.4.13.4. Zu § 212a Abs. 6 lit. e BAO
Für die Entrichtung einer Abgabe, deren Einhebung ausgesetzt war, steht dem Abgabepflichtigen gemäß § 212a Abs. 7 zweiter Satz BAO eine Frist bis zum Ablauf eines Monates ab Bekanntgabe des Ablaufbescheides oder eines die Aussetzung betreffenden Bescheides gemäß § 294 BAO zu (siehe Rz 530 bis Rz 536). Erfolgt eine Tilgung durch Verwendung von sonstigen Gutschriften (§ 213 Abs. 1 BAO) oder Guthaben (§ 215 Abs. 4 BAO) innerhalb eines Monates vor Ablauf der erwähnten Frist, so besteht auf Antrag bei Vorliegen aller übrigen Voraussetzungen ebenfalls ein Anspruch auf Einbeziehung der in diesem Zeitraum getilgten Abgabenbeträge in die Aussetzung. Diese Bestimmung hat vor allem dann Bedeutung, wenn anlässlich einer dem Beschwerdebegehren nicht vollinhaltlich Rechnung tragenden Beschwerdevorentscheidung der Ablauf der Aussetzung verfügt und innerhalb der zur Entrichtung der Abgabe gemäß § 212a Abs. 7 zweiter Satz BAO noch offenen Frist anlässlich eines Vorlageantrages (§ 264 BAO) neuerlich ein Aussetzungsantrag gestellt wird (§ 212a Abs. 5 BAO).4.13.5. Andere Fälle der Aussetzung der Einhebung bereits entrichteter Abgaben
- Da bei Vorliegen der Voraussetzungen auf die Aussetzung ein Rechtsanspruch besteht, ist für die Beurteilung, inwieweit eine Abgabe als entrichtet zu betrachten und somit die Aussetzung diesbezüglich nicht mehr zulässig ist, die Sachlage im Zeitpunkt der Antragstellung - gegebenenfalls am Tag der Postaufgabe - maßgeblich. Demnach sind Abgabenbeträge, die zwischen Antragstellung auf Aussetzung und Erledigung des Antrages entrichtet und nach § 214 BAO auf die den Gegenstand des Aussetzungsantrages bildenden Abgaben verrechnet wurden, in die Aussetzung einzubeziehen, soweit der auszusetzende Betrag im Zeitpunkt der Erledigung im Rückstand Deckung findet.
- Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen für mehrere Abgaben die für ihre Entrichtung zur Verfügung stehende Frist gleichzeitig endet und Zahlungen geleistet werden und der Abgabepflichtige durch Unterlassung einer Weisung eine Verrechnung nach § 214 Abs. 1 BAO auf die den Gegenstand des Aussetzungsantrages bildende Abgabe nicht verhindert hat.
Beispiel:
Auf dem Konto des Abgabepflichtigen, das weder einen Rückstand noch ein Guthaben ausweist, werden am selben Tag zuerst ein USt-Bescheid und sodann ein ESt-Bescheid mit Nachforderungen von jeweils 10.000 Euro gebucht; die Zahlungstermine treten für beide Abgaben am selben Tag ein (§ 210 Abs. 4 BAO für die USt, § 210 Abs. 1 BAO für die Einkommensteuer). Entrichtet der Abgabepflichtige einen Teilbetrag von beispielsweise 18.000 Euro, so wird dieser gemäß § 214 Abs. 1 BAO mit 10.000 Euro auf die USt und mit 8.000 Euro auf die Einkommensteuer verrechnet. Dem Abgabepflichtigen ist mangels Inanspruchnahme eines Weisungsrechtes eine Einflussmöglichkeit auf die Verrechnung entzogen. Beantragt der Abgabepflichtige die Aussetzung anlässlich einer Beschwerde gegen den USt-Bescheid, so hindert die bereits erfolgte Entrichtung der USt-Schuld nicht die Bewilligung der Aussetzung im Höchstausmaß des noch nicht entrichteten Betrages von 2.000 Euro.
- Wurde eine Beschwerde gegen einen Ablaufbescheid zB mit der Begründung eingebracht, dass das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes nicht wirksam zugestellt wurde, und wird der Ablaufbescheid mit Beschwerdevorentscheidung aufgehoben, so bedeutet dies ein Wiederaufleben der Aussetzung. Die Aussetzung erstreckt sich gegebenenfalls auch auf allfällige nach Zustellung des Ablaufbescheides durch Verwendung sonstiger Gutschriften (§ 213 Abs. 1 BAO) oder Guthaben (§ 215 Abs. 4 BAO) gänzlich oder teilweise getilgte von der Aussetzung betroffene Abgabenschuldigkeiten. Eine diesbezügliche Antragstellung des Abgabepflichtigen ist nicht notwendig. Das Vorgesagte gilt auch dann, wenn der Abgabepflichtige im genannten Zeitraum auf die ausgesetzt gewesene Abgabenschuldigkeit zu verrechnende Zahlungen geleistet hat.
- Wird die Beschwerdefrist erst durch Bekanntgabe der fehlenden Begründung (§ 245 Abs. 1 BAO) in Lauf gesetzt oder wegen eines Begründungsmangels ein Antrag auf Mitteilung der dem Bescheid ganz oder teilweise fehlenden Begründung gestellt (§ 245 Abs. 2 BAO), so wird in diesen Fällen ein Rechtsmittel und folglich auch ein Aussetzungsantrag in aller Regel erst nach Fälligkeit der Abgabe eingebracht werden können. Zur Überbrückung kommt eine Stundung der Abgaben gemäß § 212 BAO grundsätzlich in Betracht (siehe Rz 417). Gleiches gilt, wenn die Frist für den Vorlageantrag (§ 264 BAO) erst durch Bekanntgabe der fehlenden Begründung in Lauf gesetzt wird (§ 264 Abs. 4 lit. a BAO iVm § 245 Abs. 1 zweiter Satz BAO) oder wegen eines Begründungsmangels ein Antrag auf Mitteilung der der Beschwerdevorentscheidung ganz oder teilweise fehlenden Begründung gestellt wird (§ 264 Abs. 4 lit. a BAO iVm § 245 Abs. 2 BAO).
- Um nachteilige Folgen für die Partei hintanzuhalten, wenn in späterer Folge eine Aussetzung bewilligt wird, sind Abgabenschuldigkeiten, die durch Verrechnung mit während der Dauer des durch die Bewilligung der Zahlungserleichterung eingetretenen Zahlungsaufschubes bewirkten Gutschriften getilgt wurden, in die Aussetzung miteinzubeziehen.
- Wurde eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes durch ein Erkenntnis des VfGH oder des VwGH aufgehoben, so kommt eine Aussetzung in Betracht, wenn die Abgabe in der Zwischenzeit entrichtet wurde. Hinsichtlich des Umfanges der für die Bewilligung einer Aussetzung in Betracht kommenden Abgabe wird bei Beurteilung der Erfolgsaussichten der Bescheidbeschwerde (§ 212a Abs. 2 lit. a BAO) auf den Umstand Bedacht zu nehmen sein, dass allenfalls auf Grund des Erkenntnisses des VfGH oder des VwGH manche Punkte nicht mehr strittig sind.
4.14. Fristen für die Entrichtung ausgesetzter Beträge (§ 212a Abs. 7 BAO)
§ 212a Abs. 7 BAO hat die Entrichtung von Abgaben nach Beendigung der Aussetzung sowie die für die Entrichtung der Abgabe zustehende Nachfrist bei Nichtstattgabe eines iSd § 212a Abs. 7 zweiter Satz BAO zeitgerecht eingebrachten Aussetzungsantrages zum Gegenstand.Wurde einem gemäß § 212a Abs. 7 BAO zeitgerecht eingebrachten Aussetzungsantrag stattgegeben, so entsteht im Fall der Entrichtung des ausgesetzten Abgabenbetrages innerhalb der erwähnten Monatsfrist auf Grund des § 217 Abs. 4 BAO keine Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages.Dass während der Dauer der Aussetzung und während der Monatsfrist des § 212a Abs. 7 BAO Einbringungsmaßnahmen nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden dürfen, ergibt sich aus § 230 Abs. 2 BAO (zur Hemmungswirkung des Aussetzungsantrages siehe Ausführungen zu § 230 Abs. 6 BAO).Wurde ein Vorlageantrag zum Anlass eines neuerlichen Aussetzungsantrages genommen (§ 212a Abs. 5 BAO), so wird die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages weiter hinausgeschoben, wenn der Abgabepflichtige diesen neuerlichen Antrag zeitgerecht, dh. innerhalb der nicht erstreckten, für die Stellung eines Vorlageantrages zustehenden Frist (§ 264 Abs. 1 BAO), einbringt (§ 212a Abs. 7 BAO in Verbindung mit § 217 Abs. 4 BAO).Hinsichtlich der Hemmungswirkung siehe Rz 1434.
Die Säumniszuschlagsverpflichtung wird durch einen Aussetzungsantrag nur dann hinausgeschoben, wenn er zeitgerecht im Sinne des § 212a Abs. 7 BAO eingebracht wurde. Dem § 108 Abs. 4 BAO zufolge, der nur bei richtiger Adressierung eines Anbringens anzuwenden ist, werden die Tage des Postlaufes in die Frist nicht eingerechnet.Die Frist des § 212a Abs. 7 zweiter Satz BAO steht insbesondere zu, wenn ein zeitgerecht gestellter Aussetzungsantrag abgewiesen wurde. Kein Anspruch auf diese Frist besteht, wenn ein Aussetzungsantrag mangels Aktivlegitimation des Einschreiters zurückzuweisen ist.Ein Aussetzungsantrag bewirkt auch dann eine Hemmung der Einbringung, wenn er nicht zeitgerecht im Sinne des § 212a Abs. 7 zweiter Satz BAO gestellt wurde (§ 230 Abs. 6 BAO).