2.1. Zeitpunkt, zu dem Abgaben als entrichtet gelten (§ 211 Abs. 1 BAO)
Im § 211 Abs. 1 BAO sind die zulässigen Entrichtungsarten nicht vollständig aufgezählt. Daher sind alle im § 211 Abs. 1 BAO nicht erwähnten nach Zivilrecht vorgesehenen Entrichtungsarten zur Entrichtung einer Abgabenschuld zulässig, sofern in den Abgabenvorschriften nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist (VfGH 2.10.1975, A 11/74). Untersagt ist lediglich gemäß § 211 Abs. 4 BAO die Entrichtung von Abgaben durch Hingabe von Wechseln. § 211 BAO bestimmt den Zeitpunkt, in dem bei den einzelnen demonstrativ aufgezählten Entrichtungsarten eine Abgabe als entrichtet gilt (VwGH 1.7.1992, 91/13/0046). Buchungen auf dem Abgabenkonto ohne entsprechenden Rechtsgrund haben für das Erlöschen der Abgabenschuld keine Rechtswirkung. Eine Abgabenschuld erlischt nicht durch Buchung auf dem Abgabenkonto, sondern durch einen gesetzlichen Tilgungstatbestand. Das Finanzamt hat daher eine der Rechtslage nicht entsprechende Buchung von Amts wegen richtig zu stellen (VwGH 17.9.1990, 90/14/0038; VwGH 7.8.1992, 89/14/0218).Abgabenschulden, die als Geldschulden und somit als Bringschulden (§ 905 Abs. 2 ABGB) zu beurteilen sind, gelten in den nicht im § 211 BAO geregelten Fällen in dem sich aus dem Zivilrecht ergebenden Zeitpunkt als entrichtet.Aus § 905 ABGB ergibt sich, dass der Schuldner die Kosten und die Gefahr der Übersendung des Geldbetrages zu tragen hat (VwGH 26.9.2000, 99/13/0196). Wenn der Schuldner im Interesse des Gläubigers an dessen Bank zahlen soll, muss dabei aber der Bereich der Gläubigerbank zu Lasten des Gläubigers gehen, sobald die Überweisungsgutschrift bei der Gläubigerbank eingetroffen ist. Daher gehen die mit dem Konto des Empfängers verbundenen Kosten zu Lasten des Bundes.Irrtümliche Zahlungen auf das Abgabenkonto eines anderen können vom Zahlenden nicht im Verwaltungsweg geltend gemacht werden (VwGH 27.11.2000, 2000/17/0090.2.1.1. Barzahlung (§ 211 Abs. 1 lit. a BAO)
Soweit Abgabenvorschriften eine Barzahlung von Abgaben nicht ausschließen, haben die hiezu berechtigten Organe der Abgabenbehörden Zahlungen solcher Abgabenschuldigkeiten auch dann entgegenzunehmen, wenn sie nicht in Vollstreckung gezogen sind.2.1.2. Einzahlung mit Erlagschein (§ 211 Abs. 1 lit. b BAO)
Aufgabepostamt ist jenes Postamt, bei dem die Einzahlung vorgenommen wird.Poststellen sind den Postämtern in Bezug auf ihren hoheitlichen Auftrag gleichwertig; der Entgegennahme einer Einzahlung mit Posterlagschein im Rahmen des Wirkungsbereiches der Poststelle kommt die gleiche Wirkung zu, wie der Einzahlung mit Erlagschein am Postamt (OGH 11.7.1991, 7 Ob 14/91).
2.1.3. Einzahlung durch Postanweisung (§ 211 Abs. 1 lit. c BAO)
Abgabepostamt ist jenes Postamt, das die Auszahlung vorzunehmen hat.2.1.4. Überweisung auf das Postscheckkonto (§ 211 Abs. 1 lit. d BAO)
Bei Überweisungen auf das Postscheckkonto tritt die Tilgungswirkung stets am Tag der Gutschrift ein. Sonstige Konten bestehen derzeit nicht.2.1.5. Einzahlung durch Postauftrag (§ 211 Abs. 1 lit. e BAO)
Die Einziehung einer Abgabe durch Postauftrag wird derzeit nicht vollzogen, sondern es wird aus wirtschaftlichen Gründen einer freiwilligen Mahnung mittels Mahnschreibens der Vorzug gegeben (siehe Rz 1364).2.1.6. Zahlung mit Scheck (§ 211 Abs. 1 lit. f BAO)
Bei Zahlung mit Scheck tritt die Tilgungswirkung ein, sobald der Scheck von einem Organ der Abgabenbehörde bar eingelöst (§ 211 Abs. 1 lit. a BAO) oder bei unbarer Einlösung, sobald der Betrag des eingelösten Schecks dem Konto des Finanzamtes gutgeschrieben wird (§ 211 Abs. 1 lit. d BAO).2.1.7. Umbuchung oder Überrechnung (§ 211 Abs. 1 lit. g BAO)
Eine Umbuchung ist die Übertragung eines Guthabens (siehe Ausführungen zu § 215 BAO) oder einer Gutschrift (somit auch einer Zahlung; siehe Rz 915) auf ein anderes Konto desselben oder eines anderen Abgabepflichtigen innerhalb derselben Abgabenbehörde; eine Überrechnung ist eine derartige Übertragung auf ein Konto (desselben oder eines anderen Abgabepflichtigen) bei einer anderen Abgabenbehörde.§ 211 Abs. 1 lit. g BAO bezieht sich nur auf die Übertragung von Guthaben.Bei Umbuchungen oder Überrechnungen von Guthaben eines Abgabepflichtigen auf Abgabenschuldigkeiten desselben Abgabepflichtigen gilt die Abgabenschuld am Tag der Entstehung des Guthabens, frühestens am Fälligkeitstag der Abgabe, zu deren Gunsten umgebucht wurde, oder wenn der Buchungstag vor der Fälligkeit liegt, am Buchungstag als entrichtet, und zwar unabhängig davon, ob eine Umbuchung oder Überrechnung von Amts wegen erfolgt (§ 215 BAO) oder ein entsprechender Antrag vor oder nach Entstehung des Guthabens gestellt wird. Bei Umbuchungen oder Überrechnungen von Guthaben eines Abgabepflichtigen auf Abgabenschuldigkeiten eines anderen Abgabepflichtigen gelten die Abgabenschuldigkeiten - auch wenn das Guthaben schon früher entstanden ist - erst im Zeitpunkt der nachweislichen Stellung des Umbuchungs- oder Überrechnungsantrages als entrichtet (OGH 29.4.1997, 1 Ob 33/97b). Besteht im Zeitpunkt der Antragstellung kein Guthaben, so kann die Abgabenschuld keinesfalls früher als im Zeitpunkt der Entstehung des Guthabens als entrichtet gelten. Bei im Postweg eingelangten Anbringen gilt der Tag der tatsächlichen Postaufgabe als Tag der Antragstellung.
§ 211 Abs. 1 lit. g BAO regelt ausschließlich die Frage, an welchem Tag bei Umbuchung oder Überrechnung von Guthaben eines Abgabepflichtigen Abgaben als entrichtet gelten. Die Bestimmung sagt nichts darüber aus, ob und zutreffendenfalls in welchem Ausmaß eine beantragte Umbuchung oder Überrechnung vorzunehmen ist bzw. welcher Betrag auf Antrag vom Guthaben eines Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen ist. § 211 Abs. 1 lit. g BAO setzt voraus, dass auch tatsächlich eine Umbuchung (oder Überrechnung) durchgeführt wird (VwGH 11.11.1987, 86/13/0110; VwGH 15.9.1999, 94/13/0061).Weist das Finanzamt einen Antrag des Abgabepflichtigen auf Umbuchung oder Überrechnung eines Guthabens auf das Abgabenkonto eines Dritten mangels Bestehens eines Guthabens ab, so kommt dem Dritten, auf dessen Konto das Guthaben hätte übertragen werden sollen, das Recht, die Gesetzmäßigkeit der Verrechnung auf dem Abgabenkonto des Antragstellers anzuzweifeln, nicht zu (VwGH 11.11.1987, 86/13/0110).Die laufende Gebarung gemäß § 213 Abs. 1 BAO schließt, von Fällen zB des § 212a BAO und der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde durch den VfGH oder einer Revision an den VwGH abgesehen, das Bestehen einer Abgabenschuld neben einem Guthaben auf demselben Konto aus. Das bedeutet, dass § 211 Abs. 1 lit. g BAO nur zum Zug kommt, wenn einem Guthaben eine Abgabenschuldigkeit auf einem anderen Konto beim selben Finanzamt (Umbuchung) oder bei einem anderen Finanzamt (Überrechnung) gegenübersteht (VwGH 10.3.1976, 0027/74).Ergibt sich bei Aussetzung der Einbringung gemäß § 231 BAO in laufender Verrechnung ein Guthaben, so ist die Einbringung jedenfalls zumindest in dem Ausmaß wieder aufzunehmen, als die ausgesetzte Schuldigkeit durch das Guthaben gedeckt werden kann (siehe Rz 1504).2.1.8. Entrichtung in Wertzeichen (§ 211 Abs. 1 lit. h BAO)
Die Entrichtung von Bundesabgaben durch Verwendung von Wertzeichen (Stempelmarken) ist derzeit nicht vorgesehen.2.2. Respirofrist (§ 211 Abs. 2 und 3 BAO)
In den Fällen des § 211 Abs. 1 lit. c (Postanweisung) und lit. d (Überweisung) sowie Abs. 3 (Verrechnungsscheck) sieht § 211 Abs. 2 BAO eine Respirofrist von drei Tagen vor; das bedeutet, dass bei einer Gutschrift innerhalb dieser drei Tage die Verspätung ohne Rechtsfolgen zu bleiben hat. Somit wird der Zeitpunkt der Verwirkung des ersten Säumniszuschlages hinausgeschoben, eine Hemmung der Einbringung (§ 230 Abs. 2 BAO) bewirkt und ein Terminverlust wegen Nichteinhaltung eines Zahlungstermins (§ 230 Abs. 5 in Verbindung mit § 212 Abs. 2 BAO) nicht wahrgenommen; daher ist die Abgabe als zeitgerecht entrichtet iSd § 217 Abs. 5 BAO anzusehen.Für die Dreimonatsfristen des zweiten und dritten Säumniszuschlages gilt die Begünstigung der Respirofrist nicht (siehe Rz 934).Die Bestimmung über die Respirofrist ist überdies nicht anwendbar
- für den Zeitpunkt, in dem eine Anzahlung (§ 205 Abs. 3 BAO) als entrichtet gilt,
- für den Zeitpunkt der Entrichtung iSd § 205 Abs. 5 BAO (für Gutschriftszinsen),
- für den Zeitpunkt der Entrichtung iSd § 205a Abs. 1 BAO (für Beschwerdezinsen).
- einer sonstigen Gutschrift,
- eines Guthabens außerhalb des Anwendungsbereiches des § 215 BAO.
2.3. Verwendung einer sonstigen Gutschrift
Sonstige Gutschriften können sich insbesondere ergeben aus- Umsatzsteuervoranmeldungen,
- Bescheiden (einschließlich Bescheidaufhebungen) der Abgabenbehörde,
- Erkenntnissen des VfGH oder des VwGH, mit denen Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte aufgehoben werden.
- bei Umsatzsteuervoranmeldungen mit Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch am Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes (§ 21 Abs. 1 erster Unterabsatz letzter Satz UStG 1994),
- in den übrigen Fällen mit Bekanntgabe (§ 97 BAO) des maßgeblichen Bescheides der Abgabenbehörde, des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes oder des höchstgerichtlichen Erkenntnisses an die Partei.
2.4. Verwendung eines Guthabens außerhalb des Anwendungsbereiches des § 215 BAO
Guthaben werden (außerhalb des Anwendungsbereiches des § 215 BAO) zur Entrichtung von Abgaben verwendet, wenn die Verbuchung der Gebarung der zu entrichtenden Abgaben auf demselben Konto vorzunehmen ist, auf dem das Guthaben besteht.Tilgungswirkung tritt ein- bei bescheidmäßig festgesetzten Abgaben mit Bekanntgabe (§ 97 BAO) des maßgeblichen Bescheides oder Erkenntnisses,
- bei Selbstbemessungsabgaben im Zeitpunkt der Mitteilung ihrer Höhe an das Finanzamt, wenn sie nicht in anderer Form entrichtet wurden (§ 214 Abs. 4 lit. a oder b BAO).
- die Aufrechnung (Kompensation),
- die Abtretung (Zession).