Randzahlen 134 bis 138: entfallen
Wird die gegenüber dem Bund bestehende Forderung des Abgabenschuldners abgetreten, so kann die Dienststelle, welche die Auszahlung vorzunehmen hat, mit denjenigen Abgabenschuldigkeiten aufrechnen, die bis zur Verständigung der Dienststelle von der Abtretung entstanden sind. Nicht erforderlich ist, dass die Abgabenschuldigkeit im Zeitpunkt der Verständigung bereits fällig ist. Allerdings ist zu beachten, dass eine wirksame Aufrechnungserklärung erst im Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabenschuldigkeit abgegeben werden kann.In Fällen, in denen der Abgabepflichtige erst in Zukunft gegenüber dem Bund entstehende Forderungen abtritt (etwa im Weg einer auch zukünftige Forderungen umfassenden Globalzession zugunsten eines Kreditinstitutes), ist die Aufrechnungsmöglichkeit der Bundesdienststelle gegenüber den oben geschilderten Fällen erweitert. Selbst wenn nämlich die betreffende Dienststelle von der entsprechenden Globalzession unverzüglich verständigt worden sein sollte, kann der Bund nicht nur mit denjenigen Abgabenschuldigkeiten, die ihm im Zeitpunkt der Verständigung von dieser Zession entstanden sind, sondern auch mit allen Abgabenansprüchen aufrechnen, die bis zum jeweiligen Zeitpunkt der Entstehung der abgetretenen einzelnen Forderung begründet worden sind. Auch für diese Fälle ist allerdings zu beachten, dass die Abgabe einer Aufrechnungserklärung erst in einem Zeitpunkt erfolgen kann, in dem die Abgabenschuldigkeiten auch fällig geworden sind.Wird eine gültige Aufrechnungserklärung abgegeben, so wirkt die Aufrechnung auf den Zeitpunkt zurück, in dem Forderung und Gegenforderung zum ersten Mal einander fällig gegenüber gestanden sind. Ist daher der Anspruch des Abgabenschuldners gegenüber dem Bund schon bei Eintritt der Fälligkeit der Abgabenschuld fällig gewesen, wird die Aufrechnung im Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit der Abgabenschuld wirksam. War dagegen die Abgabenschuld früher fällig als der Gegenanspruch des Abgabenschuldners, so tritt die Wirkung der Aufrechnung mit dem Fälligkeitstag des Gegenanspruches ein.Wird von der Aufrechnungsmöglichkeit Gebrauch gemacht, so werden der Abgabenbehörde gegenüber jene Verfügungen (Verpfändung oder Abtretung) wirkungslos, die der Abgabenschuldner über seinen Gegenanspruch nach dem Zeitpunkt getroffen hat, auf den die Aufrechnung zurückwirkt.Ist der Anspruch des Abgabenschuldners gegen den Bund in einem früheren Zeitpunkt fällig geworden als die Abgabenschuld und trifft der Abgabenschuldner über diese bereits fällige Gegenforderung in einem Zeitpunkt eine Verfügung, in dem die Abgabenforderung noch nicht fällig geworden ist, so kann der Bund gegenüber dem Zessionar bzw. Forderungspfandgläubiger mit allen Abgabenansprüchen aufrechnen, die im Zeitpunkt der Verständigung der betreffenden Bundesdienststelle von der Abtretung bzw. Verpfändung bereits bestanden haben. Auf die Fälligkeit der Abgabenforderungen in diesem Zeitpunkt kommt es nicht an. Allerdings kann die entsprechende Aufrechnungserklärung erst nach Fälligkeit der Abgabenforderung abgegeben werden. Macht der Zessionar bzw. Forderungspfandgläubiger die ihm abgetretene bzw. verpfändete und bereits fällige Forderung gegenüber dem Bund zu einem Zeitpunkt geltend, in dem die Abgabenforderungen noch nicht fällig geworden sind, kann die Bundesdienststelle die Zahlung nicht etwa mit dem Hinweis auf eine zwar schon existierende, aber noch nicht fällige Abgabenforderung verweigern, da vor Fälligkeit eben keine Aufrechnungserklärung abgegeben werden kann.Tritt der neue Gläubiger (Zessionar, Pfandgläubiger) mit seiner Zahlungsaufforderung an die Bundesdienststelle jedoch erst zu einem Zeitpunkt heran, in dem die Abgabenforderung bereits fällig geworden ist, kann die Bundesdienststelle mit der entsprechenden Aufrechnungserklärung vorgehen. Von dieser Aufrechnung können allerdings diejenigen Abgabenansprüche nicht umfasst sein, die erst nach dem Zeitpunkt der Verständigung der Bundesdienststelle von der Abtretung bzw. Verpfändung neu entstanden sind.Ist der Gegenanspruch des Abgabenschuldners gegen den Bund hingegen später fällig geworden als die Abgabenforderung, so kann der Abgabenschuldner, solange die betreffende Bundesdienststelle noch keine Aufrechnungserklärung abgegeben hat, über seinen Gegenanspruch auch noch nach dem Eintritt der Fälligkeit der Abgabenforderung verfügen. Hat der Abgabenschuldner zu einem Zeitpunkt über seinen Gegenanspruch verfügt, in dem dieser bereits fällig war, und gibt der Bund in der Folge eine Aufrechnungserklärung hinsichtlich seiner schon vorher fällig gewesenen Abgabenforderungen ab, verliert die Verfügung des Abgabenschuldners über seine Gegenforderung gegenüber dem Bund im nachhinein ihre Wirksamkeit. Da die Aufrechnung eben auf den Zeitpunkt zurückwirkt, in dem beide Ansprüche einander erstmals fällig gegenüber gestanden sind, wird der Verfügung des Abgabenschuldners über seine bereits fällige Gegenforderung im nachhinein gewissermaßen der Boden entzogen. Hat hingegen der Abgabenschuldner noch vor Fälligkeit seiner Gegenforderung über dieselbe verfügt, so kommt hier wieder der allgemeine Grundsatz zum Tragen, dass der Bund mit all denjenigen Abgabenansprüchen aufrechnen kann, die ihm bis zum Zeitpunkt der Verständigung des Bundes von der Abtretung bzw. Verpfändung entstanden sind.In den Fällen, in denen die Forderung des Abgabepflichtigen gegen den Bund von dritter Seite exekutiv gepfändet worden ist, gilt hinsichtlich der Möglichkeit der Aufrechnung des Bundes mit Abgabenschuldigkeiten das Gleiche wie bei einer rechtsgeschäftlichen Verpfändung oder Abtretung der Forderung des Abgabepflichtigen. Festzuhalten ist, dass das exekutive Pfandrecht an der Forderung des Abgabepflichtigen gegenüber dem Bund in dem Zeitpunkt entsteht, in dem das Zahlungsverbot der Stelle zugestellt wird, die zur Anweisung der betreffenden Zahlung berufen ist (siehe § 295 Abs. 1 EO). Der Bund als Drittschuldner kann gegenüber dem Gläubiger, der die Forderung des Abgabepflichtigen gegenüber dem Bund gepfändet hat, mit all den Abgabenschuldigkeiten aufrechnen, die im Zeitpunkt der Begründung des exekutiven Pfandrechts bereits bestanden haben. Auch hier ist es nicht erforderlich, dass die Abgabenschuldigkeiten in diesem Zeitpunkt bereits fällig waren. Für die Aufrechenbarkeit kommt es hier nur auf das Bestehen der Gegenforderung (hier: Abgabenschuldigkeit) im Zeitpunkt der Begründung des Pfandrechts, nicht aber auf das Fälligwerden der Gegenforderung an.Solange eine Aufrechnung von der anweisenden Stelle nicht wirksam geltend gemacht wurde, sind nach Maßgabe der gesetzlichen Voraussetzungen Nebengebühren (insbesondere Säumniszuschläge und Stundungszinsen) vorzuschreiben. Wird in der Folge die Abgabenschuld durch Aufrechnung rückwirkend getilgt, so sind die in Betracht kommenden Nebengebührenbescheide gemäß § 295a BAO abzuändern bzw. aufzuheben.2.5.3. Kompensation und Zahlungserleichterung (§ 212 BAO)
Der Umstand, dass eine Abgabenforderung Gegenstand einer Zahlungserleichterung (§ 212 BAO) ist, bildet kein Hindernis für die Aufrechnung, da durch eine Zahlungserleichterung die Fälligkeit nicht berührt, sondern nur der Zeitpunkt der Entrichtung der Abgabe hinausgeschoben wird und überdies die Aufrechnung lediglich eine Entrichtungsform und keine Einbringungsmaßnahme darstellt. Eine Hemmung der Einbringung (§ 230 Abs. 5 BAO) steht somit der Aufrechnung nicht entgegen.2.5.4. Kompensation und Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO)
Wurde für eine Abgabenforderung eine Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) bewilligt oder einer Beschwerde an den VfGH oder einer Revision an den VwGH aufschiebende Wirkung zuerkannt, so kommt, obwohl durch eine solche Bewilligung die Fälligkeit nicht verschoben wird, eine Aufrechnung nicht in Betracht. Dieser Grundsatz ist aus § 212a Abs. 8 BAO ableitbar, dessen erster Satz vorsieht, dass zur Entrichtung oder Tilgung von Abgabenschuldigkeiten, deren Einhebung ausgesetzt ist, Zahlungen, sonstige Gutschriften (§ 213 Abs. 1 BAO) sowie Guthaben (§ 215 Abs. 4 BAO) nur auf Verlangen des Abgabepflichtigen verwendet werden dürfen. Der vorgenannten Gesetzesbestimmung liegt der Gedanke zu Grunde, dass im Interesse eines effizienten Rechtsschutzes eine Entrichtung oder Tilgung von Abgabenschuldigkeiten, deren Einhebung ausgesetzt ist, gegen den Willen des Abgabepflichtigen nicht in Betracht kommen soll. Eine Aufrechnung, die ebenfalls eine Entrichtungsform darstellt, ist daher diesfalls nur mit Zustimmung des Abgabepflichtigen zulässig.2.5.5. Aufrechnung und Aussetzung der Einbringung (§ 231 BAO)
Die Aussetzung der Einbringung gemäß § 231 BAO schließt die Aufrechnung nicht aus, doch ist die Einbringung vor Durchführung einer Aufrechnung in dem zur Vornahme der Aufrechnung notwendigen Ausmaß wieder aufzunehmen.2.5.6. Aufrechnung in Insolvenzfällen
Für die Aufrechnung in Insolvenzfällen gelten die Regelungen der §§ 19 und 20 Insolvenzordnung (IO), die als speziellere Vorschriften den allgemeinen Bestimmungen des ABGB vorgehen.Im Gegensatz zu den allgemeinen Bestimmungen über die Aufrechnung genügt es nicht, dass die Aufrechenbarkeit im Zeitpunkt der Aufrechnung gegeben ist, sondern die insolvenzrechtliche Aufrechnung erfordert, dass die Ansprüche bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufrechenbar einander gegenüber gestanden sind (VwGH 18.10.1995, 95/13/0126). Die Aufrechnung von Insolvenzforderungen mit Gegenansprüchen des Schuldners setzt daher voraus, dass der Anspruch des Schuldners gegen den Insolvenzgläubiger bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden hat.Die Aufrechnung von Insolvenzforderungen mit Gegenansprüchen des Schuldners ist dem § 20 Abs. 1 IO zufolge somit unzulässig, wenn der Insolvenzgläubiger (das Finanzamt) erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Schuldner des Schuldners geworden ist. Der Anspruch des Abgabepflichtigen auf Gutschrift der Vorauszahlungen ist kein Gegenanspruch, der erst mit bescheidmäßiger Festsetzung der Jahresabgabenschuld entsteht; vielmehr wird er im selben Zeitpunkt von Gesetzes wegen begründet, in dem die Vorauszahlungsschuld entstanden ist (VwGH 27.1.1981, 0842/80). Beim Rückforderungsanspruch des Abgabepflichtigen handelt es sich um einen "negativen Abgabenanspruch" der Abgabenbehörde. Somit entsteht ein Rückforderungsanspruch aus der Veranlagung zur Umsatzsteuer (spätestens) mit Ablauf des jeweils veranlagten Jahres. Auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung kommt es nicht an (VwGH 14.9.1993, 91/15/0103; VwGH 13.12.1991, 91/13/0077).Die Aufrechnung mit Abgabenansprüchen gegen den Schuldner, die erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind (§ 4 BAO; in aller Regel wird es sich dabei gemäß § 46 IO um Masseforderungen handeln), gegen Ansprüche des Schuldners an das Finanzamt, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind (zB der Anspruch auf eine aus einer Einkommensteuerveranlagung resultierende Gutschrift), ist zulässig. Das Aufrechnungsverbot des § 20 Abs. 1 IO trifft nur Insolvenzforderungen.Im Übrigen ist nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Verrechnung von Abgabenansprüchen für Zeiträume vor der Insolvenzeröffnung ohne insolvenzrechtliche Einschränkungen in voller Höhe zulässig (VwGH 28.1.2003, 2002/14/0079; VwGH 29.1.2004, 2000/15/0046). Die Aufrechnungslage ist bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten.
Erfolgt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Abgabepflichtigen eine Veranlagung, die vor der Eröffnung liegende Zeiträume betrifft, und werden dabei die Vorauszahlungen auf die Jahresabgabenschuld angerechnet, so stellen die Vorauszahlungen selbst dann keinen unter das Aufrechnungsverbot des § 20 Abs. 1 IO fallenden Gegenanspruch des Schuldners gegen den Bund dar, wenn die Gutschrift der Vorauszahlungen zu einem auf dem Abgabenkonto aufscheinenden Guthaben führt. Aus dem engen und untrennbaren Zusammenhang zwischen Vorauszahlungen und Jahresabgabenschuld können somit, wenn Vorauszahlungsschuldigkeiten und Jahresabgabenschuld vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind (§ 4 BAO), beide als Insolvenzforderungen nur das gleiche rechtliche Schicksal haben. Der Anspruch des Abgabepflichtigen auf Gutschrift der Vorauszahlungen ist kein Gegenanspruch, der erst mit bescheidmäßiger Festsetzung der Jahresabgabenschuld entsteht. Dieser wird vielmehr spiegelbildlich im selben Zeitpunkt von Gesetzes wegen begründet, in dem die Vorauszahlungsschuld entsteht (VwGH 27.1.1981, 0842/80).Die Aufrechnung wird dadurch nicht ausgeschlossen, dass die Forderung des Gläubigers oder des Schuldners zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch bedingt oder betagt (dh. noch nicht fällig), oder dass die Forderung des Gläubigers nicht auf eine Geldleistung gerichtet war (§ 19 Abs. 2 erster Satz IO).Die Aufrechnung von Masseforderungen gegen eine Forderung der Masse unterliegt keiner insolvenzrechtlichen Sonderbestimmung; selbst eine Unzulänglichkeit der Masse zur Befriedigung aller Masseforderungen gleichen Ranges (§ 47 IO) beschränkt für sich allein nicht die Aufrechnungsmöglichkeiten (VwGH 8.10.1985, 85/14/0086; VwGH 26.4.1993, 92/15/0012). Für die Aufrechnung gelten in den vorgenannten Fällen nicht die Bestimmungen der §§ 19 und 20 IO, sondern die allgemeinen Bestimmungen des ABGB.Im Fall der Masseunzulänglichkeit nach § 124a IO (öffentliche Bekanntmachung) tritt jedoch eine Zahlungssperre auch für Masseforderungen ein, die als speziellere Bestimmung den Verrechnungsregeln der BAO vorgeht (zB VwGH 29.1.2004, 2000/15/0046). Das bedeutet, dass nach dem Eintritt der Masseinsuffizienz entstandene Gutschriften nur mehr mit solchen Abgaben(masse)forderungen (insbesondere Umsatzsteuer) verrechnet werden dürfen, die aus der weiteren Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse resultieren (so genannte "Neumasseforderungen"). Hinsichtlich bereits früher entstandener so genannte "Altmasseforderungen" oder solcher, die nicht aus den zur Verwaltung und Verwertung gebotenen Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters herrühren (insbesondere Mindestkörperschaftsteuer), ist die Aufrechnung gegen eine Forderung der Masse nur mehr entsprechend der Befriedigungsreihenfolge des § 47 Abs. 2 IO laut Verteilungsbeschluss des Insolvenzgerichtes zulässig.Ein weiteres Aufrechnungsverbot sieht § 64 Abs. 3 AbgEO (§ 293 Abs. 3 EO) hinsichtlich der Vollstreckung entzogener Forderungen (zB Mietzinsbeihilfe, Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag) und Forderungsteile (Existenzminimum gemäß § 291a EO) vor.