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1.2. Keine Änderung der Fälligkeit

BMF2024-0.234.99426.3.2024

Rz 24
Abgesehen von dem in Rz 22 erster Satz angeführten Ausnahmefall kann der den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Fälligkeitstag auch in weiteren Verfahren einem Abgabepflichtigen gegenüber nicht mehr geändert werden und ist somit unverschiebbar. Eine Änderung des Fälligkeitstages tritt daher durch eine Festsetzung von Selbstbemessungsabgaben (§ 201 BAO und § 202 BAO sowie § 21 Abs. 3 UStG 1994) nicht ein. Auch durch ein Zahlungserleichterungsansuchen, selbst wenn es rechtzeitig iSd § 230 Abs. 3 BAO eingebracht wird, oder durch eine Zahlungserleichterungsbewilligung (§ 212 BAO) wird der gesetzliche oder bescheidmäßige Fälligkeitstag nicht berührt (VwGH 21.3.1995, 95/14/0034); es wird bloß der Zeitpunkt, bis zu dem die Abgabe zu entrichten ist, mit einer die Vollstreckung hemmenden Wirkung hinausgeschoben (VwGH 18.12.1992, 89/17/0083; VwGH 11.8.1993, 93/13/0156). Das Gleiche gilt für Anträge auf Aussetzung der Einhebung und Bewilligungen von Aussetzungen der Einhebung (§ 212a BAO).

Rz 25
Hängt die Fälligkeit einer Abgabe von einer Bescheidzustellung ab, dann löst allerdings die Neuvorschreibung einer vorher durch Bescheid herabgesetzten Abgabe eine neue Fälligkeit aus.

Beispiel:

1. vorläufiger ESt-Bescheid (§ 200 Abs. 1 erster Satz BAO)

10.000 Euro

2. vorläufige Festsetzung (Beschwerdevorentscheidung)

8.000 Euro

3. endgültiger ESt-Bescheid

13.000 Euro

Die Nachforderung von 5.000 Euro auf Grund des endgültigen ESt-Bescheides wird gemäß § 210 Abs. 1 BAO einen Monat nach Bekanntgabe dieses Bescheides fällig.

Rz 26
Durch einen Antrag, einer VfGH-Beschwerde oder einer Revision an den VwGH aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird weder die Fälligkeit einer Abgabenschuld hinausgeschoben noch eine Zahlungsfrist eingeräumt; ein derartiger Antrag kann auch weder ein Stundungsansuchen ersetzen noch ist er als solches zu werten (VwGH 14.11.1988, 87/15/0138). Durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den VfGH bzw. durch das Verwaltungsgericht oder den VwGH wird die Fälligkeit nicht berührt, die Abgabe darf aber, solange die aufschiebende Wirkung besteht, nicht eingehoben werden. In diesem Fall tritt eine Hemmung der Dreimonatsfristen des § 217 Abs. 3 BAO ein.

Rz 27
Die Worte "bisher war vorgeschrieben" oder "....ergibt sich eine Nachforderung" lassen erkennen, dass diese Teile nicht zum Spruch des Bescheides gehören. Der Aussage über das Vorsoll und die Differenz zwischen dem Vorsoll und der Abgabenhöhe kommt jedenfalls dann ausschließlich Informationscharakter zu, wenn für diese Differenz keine Fälligkeit festgesetzt wird (VwGH 24.9.2002, 2001/14/0203).

1.3. Auswirkungen der Fälligkeit

Rz 28

Rz 29
Der Eintritt der Rechtskraft eines Bescheides ist keine Voraussetzung für die Fälligkeit einer Abgabe (VwGH 26.6.2001, 97/14/0166). Abweichende Regelungen enthalten §§ 171 Abs. 1 und 185 Abs. 4 FinStrG.

Rz 30
Eine Fälligkeit kann kraft Gesetzes bei Selbstbemessungsabgaben nur jemandem gegenüber eintreten, der auf Grund der Tatbestandsverwirklichung die betreffende Abgabe schuldet oder sie als Haftungspflichtiger, für den die Zahlungspflicht kraft Gesetzes besteht (zB Arbeitgeber bezüglich Lohnsteuer), zu entrichten hat.

Rz 31
Bei einem Abgabenbescheid, der nicht eine Selbstbemessungsabgabe betrifft, kann die Fälligkeit nur gegenüber jemandem eintreten, an den diese Erledigung ergangen und dem gegenüber sie durch Bekanntgabe (§ 97 BAO) wirksam geworden ist. Dies gilt auch für die ebenfalls Leistungsgebote beinhaltenden Haftungsbescheide, die nicht Selbstbemessungsabgaben zum Gegenstand haben, sowie für Aufhebungen von Bescheiden iSd § 210 Abs. 2 BAO.

Rz 32
Bei Gesamtschuldverhältnissen kraft Gesetzes (§ 6 BAO) tritt im Fall der Erlassung eines einheitlichen Abgabenbescheides gemäß § 199 BAO an mehrere Gesamtschuldner und bei Inanspruchnahme der Zustellfiktion des § 101 Abs. 1 BAO die Fälligkeit allen in Anspruch genommenen Gesamtschuldnern gegenüber gleichzeitig ein. Werden Ausfertigungen eines einheitlichen Abgabenbescheides an die Gesamtschuldner oder werden Abgaben- oder Haftungsbescheide, in denen jeder Gesamtschuldner getrennt mit Leistungsgebot angesprochen wird, an verschiedenen Tagen zugestellt, so tritt die Fälligkeit den Schuldnern gegenüber, wenn die Bescheide nicht Selbstbemessungsabgaben betreffen, zu unterschiedlichen Zeitpunkten ein.

Rz 33
Bei Vorliegen von Gesamtschuldverhältnissen wirken Unterbrechungen und Hemmungen der Einhebungsverjährung (§ 238 BAO) jedem gegenüber, der als Zahlungspflichtiger in Betracht kommt (siehe Rz 1847 bis Rz 1858).

1.4. Bescheidaufhebung ohne Neufestsetzung (§ 210 Abs. 2 BAO)

Rz 34
Wird ein Bescheid, der eine sonstige Gutschrift (§ 213 Abs. 1 BAO) zur Folge hatte, ohne gleichzeitige Neufestsetzung der Abgabe aufgehoben, so ist gemäß § 210 Abs. 2 BAO die sich hiedurch ergebende, dem Gegenstand des aufgehobenen Bescheides zuzuordnende Abgabenschuldigkeit am Tag der Aufhebung fällig. Für die Entrichtung der Abgabe steht eine Nachfrist von einem Monat ab Bekanntgabe des aufhebenden Bescheides zu.

Rz 35
§ 210 Abs. 2 BAO gilt auch bei Aufhebung eines Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes durch ein Erkenntnis des VfGH oder des VwGH.

1.5. Fälligkeit und Samstage, Sonntage, Feiertage (§ 210 Abs. 3 BAO)

Rz 36
Eine dem § 210 Abs. 3 BAO entsprechende Regelung enthält § 171 Abs. 1 zweiter Satz FinStrG für Geldstrafen und Wertersätze; diese Bestimmung gilt dem § 185 Abs. 4 FinStrG zufolge auch für die sonstigen im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren angefallenen Geldansprüche.

Rz 37
Gesetzliche Feiertage sind nach dem Feiertagsruhegesetz BGBl. Nr. 153/1957 idF BGBl. Nr. 264/1967 die folgenden Tage:

1. Jänner (Neujahr), 6. Jänner (Heilige Drei Könige), Ostermontag, 1. Mai (Staatsfeiertag), Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, Fronleichnam, 15. August (Mariä Himmelfahrt), 26. Oktober (Nationalfeiertag), 1. November (Allerheiligen), 8. Dezember (Mariä Empfängnis), 25. Dezember (Christtag), 26. Dezember (Stephanstag).

1.6. Nachfristen (§ 210 Abs. 2, 4 und 5 BAO)

Rz 38
Gemäß § 210 Abs. 2, 4 und 5 BAO stehen dem Abgabepflichtigen unter bestimmten Voraussetzungen für die Entrichtung von Abgaben Nachfristen zu. Die Nachfristen bewirken gemäß § 230 Abs. 2 BAO eine Hemmung der Einbringung. Der Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages wird in Fällen einer Nachfrist gemäß § 210 Abs. 4 BAO nur hinausgeschoben, wenn die Fristenkette geschlossen ist.

Rz 39
Auf Nachfristen ist die dem § 210 Abs. 3 BAO vergleichbare Regelung des § 108 Abs. 3 BAO anzuwenden. Endet etwa eine Nachfrist am Ostersonntag, so ist die Abgabe am unmittelbar folgenden Dienstag zahlbar.

1.6.1. Festsetzung der Abgabe vor Eintritt der Fälligkeit (§ 210 Abs. 4 BAO)

Rz 40
Gemäß § 210 Abs. 4 BAO steht für später als einen Monat vor Eintritt ihrer Fälligkeit festgesetzte Abgaben, ausgenommen Nebenansprüche (§ 3 Abs. 2 BAO), eine Nachfrist von einem Monat ab Bekanntgabe des Festsetzungsbescheides zu. Diese Regelung ist analog für Haftungsbescheide anzuwenden, zumal auch diese Leistungsgebote zum Gegenstand haben.

Rz 41
Die gemäß § 210 Abs. 4 BAO einzuräumende Nachfrist begründet keinen neuen Fälligkeitszeitpunkt (VwGH 22.2.1995, 94/13/0242).

Rz 42
§ 210 Abs. 4 BAO ist insbesondere dann anzuwenden, wenn der maßgebliche Bescheid erst nach Eintritt der Fälligkeit erlassen wird.

Beispiel:

Der Bescheid über die Festsetzung von USt-Vorauszahlungen für den Monat Jänner wird am 20. März erlassen.

Rz 43
Im Fall der Festsetzung von Selbstbemessungsabgaben ist hinsichtlich einer daraus resultierenden Nachforderung die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages zumeist bereits eingetreten, da die Nachfrist in der Regel erst nach dem Fälligkeitstag beginnt.

Rz 44
Vom § 210 Abs. 4 BAO abweichende Regelungen bestehen in einzelnen Abgabenvorschriften betreffend Vierteljahresfälligkeiten (zB § 45 EStG 1988).

Rz 45
Nebenansprüche (§ 3 Abs. 2 BAO) sind vom Anwendungsbereich des § 210 Abs. 4 BAO ausgenommen. Bedeutsam ist diese Ausnahme für die zu den Nebenansprüchen zählenden Gebühren und Auslagenersätze iSd § 26 AbgEO. Sie werden mit Beginn der jeweiligen Amtshandlung fällig und können gleichzeitig mit dem einzubringenden Abgabenbetrag vollstreckt werden (§ 26 Abs. 5 AbgEO).

1.6.2. Wiederaufleben einer Abgabenschuldigkeit (§ 210 Abs. 5 BAO)

Rz 46
Bei Wiederaufleben einer Abgabenschuldigkeit in den Fällen des § 228 BAO erfährt deren früherer Fälligkeitstag keine Änderung. Für die Entrichtung steht dem Abgabepflichtigen jedoch eine Nachfrist von einem Monat ab Bekanntgabe der Umbuchung, Rückzahlung oder Richtigstellung der Gebarung zu.

Rz 47
Die allfällige Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages tritt erst mit ungenütztem Ablauf der Nachfrist ein (§ 217 Abs. 4 lit. b in Verbindung mit § 230 Abs. 2 BAO).

1.6.3. Vermeidung von Härten (§ 210 Abs. 6 BAO)

Rz 48
Durch die Bestimmung des § 210 Abs. 6 BAO werden im Einzelfall Härten vermieden, die sich aus der kontokorrentmäßigen kumulativen Verrechnung einer Zahlung oder einer sonstigen Gutschrift ergeben können. Wird eine Abgabenschuldigkeit vor Ende der für ihre Entrichtung zustehenden Frist getilgt, so wird jede später gebuchte Abgabenschuldigkeit, für die ansonsten ein Guthaben zur Verfügung gestanden oder hinsichtlich derer eine Zahlung oder die Verwendung einer sonstigen Gutschrift rechtzeitig gewesen wäre, mit dem Zahlungstermin (Fälligkeitstag, Zahlungsfrist oder Nachfrist) der vorzeitig getilgten Schuldigkeit versehen, sofern dieser nach dem für die Entrichtung der später gebuchten Schuldigkeit zustehenden Termin liegt.

Beispiel:

Der Abgabepflichtige teilt dem Finanzamt seine Absicht mit, ein Guthaben zur Abdeckung der nächsten selbst zu berechnenden Abgaben zu verwenden. Vor deren Fälligkeit wird durch Buchung eines zu einer Nachforderung führenden Abgabenbescheides das Guthaben infolge der kontokorrentmäßigen Verrechnung verbraucht, obwohl die Fälligkeit der Nachforderung erst einen Monat nach Bescheidzustellung eintritt. Auf Grund des § 210 Abs. 6 BAO ergeben sich für den Abgabepflichtigen zur Entrichtung der selbst zu berechnenden Abgaben die Wirkungen einer Zahlungsfrist bis zum Fälligkeitstag der bescheidmäßig festgesetzten Abgabe. Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages tritt erst dann ein, wenn der Abgabepflichtige diese Zahlungsfrist nicht eingehalten hat.

Rz 49
Zahlungstermine, die sich aus der Anwendung des § 210 Abs. 6 BAO ergeben, sind auch für Verrechnungszwecke gemäß § 214 Abs. 1 BAO zu berücksichtigen.

Rz 50
§ 210 Abs. 6 BAO ist nicht nur auf ein Abgabenkonto bezogen anzuwenden, sondern kann auch mehrere Konten desselben Abgabepflichtigen betreffen, wobei es unerheblich ist, ob diese Konten bei einem Finanzamt oder bei verschiedenen Finanzämtern geführt werden.

Beispiel:

Das Abgabenkonto A, auf dem der Abgabepflichtige zur Einkommensteuer erfasst wird, weist ein Guthaben auf. Das Strafkonto B, auf dem für denselben Abgabepflichtigen eine Geldstrafe vorgeschrieben wurde, weist einen Rückstand auf. Durch eine auf dem Abgabenkonto A gebuchte ESt-Nachforderung wird das Guthaben verbraucht. Sofern dieses Guthaben ohne Buchung der ESt-Nachforderung für die zeitgerechte Entrichtung der Geldstrafe zur Verfügung gestanden wäre, entsteht keine Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages, wenn die Geldstrafe bis zu dem Tag der Fälligkeit der ESt-Nachforderung in ausreichender Höhe entrichtet wird.

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