Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der klagende Architekt traf am 26.März 1992 - ohne Befassung des Beklagten, seines langjährigen Steuerberaters (laufende Betreuung und Beratung des Klienten in Steuerangelegenheiten, der auch die USt-Erklärungen bearbeitete; vgl SZ 68/21), - mit einem Auftraggeber eine schriftliche Vereinbarung, daß durch eine Bauzeitverlängerung entstandene Rest- und Mehrkosten sowie sein Architekten(rest)honorar von 15,309 Mio S ab April 1992 in neun gleichen Monatsraten, jeweils ohne anteilige Umsatzsteuer (USt) und erst danach die gesamte USt bezahlt wird („Im Jänner 1993 ist der Ausgleich mit der USt fällig“). Die Auftraggeberin zahlte insgesamt 5,756 Mio S in folgenden Teilzahlungen: 27.April und 15.Mai 1992 je 1,07 Mio S, 22.Juni 1992 1,046 Mio S, 21.Juli 1992 1,07 Mio S und 8.Jänner 1993 1,5 Mio S; über ihr Vermögen wurde am 14.September 1994 der Konkurs eröffnet. Nach Eingang der ersten Teilzahlung brachte die Ehegattin des Klägers, die dessen Buchhaltung führte, Anfang Mai 1992 die monatlichen Buchhaltungsunterlagen, darunter auch die Vereinbarung vom 26.März 1992, in die Kanzlei des Beklagten. Auf die „Unzulässigkeit“ dieser Vereinbarung wies ein Angestellter des Beklagten die Gattin des Klägers erstmals im August 1993 hin. Das zuständige Finanzamt schrieb dem Kläger aus den vom Auftraggeber geleisteten Teilzahlungen 978.520 S an USt vor, stundete jedoch diesen Betrag. Ob der Auftraggeber bei sofortiger Übermittlung von „ver-ust-eten“ Teilrechnungen die (sofortige) Zahlung der entsprechenden USt-Beträge verweigert oder die USt zusätzlich überwiesen oder einem sogenannten Überrechnungsverfahren zugestimmt hätte, ist nicht feststellbar.
Der Kläger begehrte vom Beklagten den Ersatz des ihm vom Finanzamt vorgeschriebenen Steuerbetrags, weil er dem Beklagten bzw seinen Mitarbeitern die Vereinbarung vom 26.März 1992 zur Kenntnis gebracht habe und von diesem auf die USt-Pflicht der Teilzahlungen nicht hingewiesen worden sei. Bei entsprechender Aufklärung hätte er die Möglichkeit gehabt, die USt vom Auftraggeber zu fordern; der Schaden wäre nicht eingetreten, weil zu dieser Zeit der Auftraggeber noch die vereinbarten Raten zuzüglich USt hätte entrichten können.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision des Klägers ist nicht zulässig.
Gemäß § 17 Abs 1 des hier noch anzuwendenden UStG 1972 hatten Unternehmer, die eine Tätigkeit iSd § 22 Z 1 EStG 1988 ausüben, die USt für die mit diesen Tätigkeiten zusammenhängenden Umsätze nach den vereinnahmten Entgelten zu berechnen (Ist-Besteuerung). Nach § 22 Z 1 lit b EStG 1988 gehören dazu die Einkünfte aus der Berufstätigkeit der staatlich befugten und beeideten Ziviltechniker, zu denen auch der Kläger als Architekt (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 22 EStG Tz 15.1) zählt. Der Grund für die Ist-Besteuerung der Umsätze aus freiberuflicher Tätigkeit liegt in erster Linie darin, daß Angehörige der freien Berufe sehr häufig nicht unbedeutende Anzahlungen für Leistungen, die sich über längere Zeiträume erstrecken, erhalten (Kolacny/Mayer, Umsatzsteuergesetz 1972, § 17 Anm 8). Die Steuerschuld entsteht nach § 19 Abs 2 lit b UStG 1972 mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind. Auch Vorschüsse, Teilzahlungen und Abschlagszahlungen in barem Geld sind im Zeitpunkt der Vereinnahmung zu versteuern (Kolacny/Mayer aaO § 19 Anm 20), unabhängig von der Rechnungslegung, sofern nur die vereinbarten Beträge in einem ursächlichen Zusammenhang mit bereits erbrachten oder noch zu erbringenden Leistungen iSd UStG 1972 stehen. Nach der DE-USt Abschnitt 108 Abs 4 kann bei Anzahlungen davon ausgegangen werden, daß es sich um Bruttozahlungen handelt und demgemäß die USt durch Anwendung der in Betracht kommenden Schlüsselzahlen zu ermitteln ist.
Der Kläger macht dem Beklagten eine Verletzung seiner Schutz-, Fürsorge- und Aufklärungspflichten zum Vorwurf. Gemäß § 25 Abs 1 WTBO haben Wirtschaftstreuhänder, wozu auch Steuerberater zählen (§ 2 Abs 1 WTBO), ihren Beruf gewissenhaft auszuüben. Ein Steuerberater übt ein „qualifiziertes Gewerbe“ iSd § 1299 ABGB aus. Da die Auskunfts- und Fürsorgepflicht des Steuerberaters nicht überspannt werden darf, kann von ihm nur der Fleiß und die Kenntnis verlangt werden, den bzw die seine Fachgenossen gewöhnlich haben (3 Ob 557/83 = HS XIV, XV/7 mwN; zuletzt 1 Ob 637/94; RIS-Justiz RS0037133). Die Auskunfts-und Fürsorgepflicht reicht nur so weit, als für den Steuerberater aus einem Fehlverhalten der Eintritt eines Schadens für seinen Mandanten beim gewöhnlichen Lauf der Dinge voraussehbar ist (1 Ob 637/94). Ob das hier zutrifft, das heißt, ob eine Gefahr für den Kläger unter Anwendung eines objektiven Maßstabs im allgemeinen und hier im besonderen vorhersehbar war (vgl zum Haftungsmaßstab auch Harrer in Schwimann, § 1300 ABGB Rz 21; Fenzl/Völkl/Völkl, Die Haftung der rechtsberatenden Berufe im Spiegel der Rechtsprechung in ÖJZ 1986, 422 f mit Fallbeispielen aus der Rspr des BGH), muß hier nicht entschieden werden. Festzuhalten bleibt, daß nach der Rspr (zuletzt 8 Ob 1536/91; RIS-Justiz RS0026519) ein Steuerberater zu Nachforschungen über tatsächliche Umstände seines Klienten, die bei der Steuererklärung steuermindernd berücksichtigt werden könnten, nicht verpflichtet ist; solche Umstände muß der Klient dem Steuerberater bekanntgeben.
§ 1299 ABGB begründet keine besonderen Pflichten, sondern hebt nur den Verschuldensmaßstab an; er ist für sich kein Schutzgesetz. Kommt eine Schädigung durch Unterlassung in Betracht, so ist zu fragen, ob der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre. Wäre der Schaden bei pflichtgemäßem Verhalten nicht eingetreten, so ist die Unterlassung ursächlich (Koziol/Welser, Grundriß10 I 448 mwN in FN 39; Rechberger, Zum Kausalitätsbeweis bei Unterlassungen in JBl 1973, 330 f). Der Geschädigte hat den Schaden, das Vorliegen eines Fehlers des „Sachverständigen“ und dessen Ursächlichkeit oder wenigstens Mitursächlichkeit zu beweisen. Für den Beweis des Kausalzusammenhangs genügt es allerdings, wenn ein sehr hoher Grad von Wahrscheinlichkeit erreicht wird. Ist der ursächliche Zusammenhang nicht zu erweisen, geht das zu Lasten des Geschädigten. Der Kläger war mit dem Beweis belastet, daß er ungeachtet der Vereinbarung vom 26.März 1992 von seiner Vertragspartnerin, der Auftraggeberin, bei entsprechender nachträglicher Aufklärung durch den Beklagten zusätzlich zu den vereinbarten monatlichen Teilzahlungen auch die USt, somit vom Auftraggeber in Wahrheit höhere Raten erhalten hätte. Dieser Beweis ist dem Kläger aber nicht gelungen. Ob die Auftraggeberin bei sofortiger Übermittlung von „ver-ust-eten“ Teilrechnungen die (sofortige) Zahlung der USt-Beträge verweigert oder die USt zusätzlich überwiesen hätte bzw einem Überrechnungsverfahren zugestimmt hätte, ist nicht feststellbar. Das Rechtsmittelvorbringen des Klägers, bei rechtzeitiger Kenntnis seiner (sofortigen) USt-Pflicht wäre sein Auftraggeber ohne weiteres bereit gewesen, einer gesonderten Fakturierung der USt zuzustimmen und diese zu entrichten, weicht von den erstgerichtlichen, durch die zweite Instanz gebilligten Feststellungen ab. Der Rechtsmittelhinweis, daß der Auftraggeber, der bis März 1994 seine USt bezahlt habe, infolge des Durchlaufcharakters der USt einer sofortigen Zahlung der USt an den Kläger zugestimmt hätte, ist mit dem Hinweis zu begegnen, daß der Leistungsempfänger (hier Auftraggeberin) unbeschadet der Tatsache, daß bei Ist-Versteuerung Anzahlungen beim Zahlungsempfänger der USt unterliegen, erst im Zeitpunkt der Fertigstellung der Leistung nach erfolgter Abrechnung (Rechnungslegung nach § 11 UStG 1972) zum Vorsteuerabzug berechtigt ist Kolacny/Mayer aaO § 17 Anm 10, § 19 Anm 21). Ob die Voraussetzungen für abgrenzbare Teilleistungen (vgl dazu Kolacny/Mayer aaO § 19 Anm 16) vorlagen, steht aber nicht fest; nur dann käme ein höherer Vorsteuerabzug in Betracht. Der Schluß, daß sich der Auftraggeber die USt aus den um die USt erhöhten Teilzahlungen sofort als Vorsteuer hätte abziehen können, ist daher nicht zutreffend.
Gemäß § 211 Abs 1 BAO gelten Abgaben als entrichtet ... g) bei ... Überrechnung von Guthaben (§ 215) eines Abgabepflichtigen ... auf Abgabenschuldigkeiten eines anderen Abgabepflichtigen am Tag der nachweislichen Antragstellung, frühestens jedoch am Tag der Entstehung der Guthaben. Tilgungszeitpunkt ist der Zeitpunkt der Antragstellung oder ein späterer Zeitpunkt der Entstehung des Guthabens (Stoll, BAO, § 211 Tz 7). Der Kläger hätte daher ein Guthaben seines Auftraggebers bei den Finanzbehörden ebenso nachweisen müssen wie die Tatsache, daß der Auftraggeber als Steuergläubiger zu einem gemeinsamen Antrag auf Überrechnung mit dem Kläger als Steuerschuldner (von USt) bereit gewesen wäre.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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