19.9. Nebenansprüche
Die Nachsicht von Nebenansprüchen setzt eine entsprechende Antragstellung und eine eigenständige Beurteilung voraus; somit umfasst die Nachsicht einer Abgabe nicht zwingend die Nachsicht der darauf entfallenden Nebenansprüche (VwGH 13.12.1963, 1177/62).Die Höhe des Säumniszuschlages ist eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage; auch die Behauptung, ansonsten den Zahlungsverpflichtungen pünktlich nachgekommen zu sein, begründet für sich allein keine Unbilligkeit in der Einhebung des Säumniszuschlages (VwGH 17.2.1983, 82/15/0070).Wurde ein Säumniszuschlag nur deshalb festgesetzt, weil eine Umbuchung oder Überrechnung wegen für den dadurch zu Begünstigenden unvorhersehbarer kontokorrentmäßiger Vorgänge nicht oder nicht in dem vom Antragsteller begehrten Umfang durchgeführt wurde und wegen verspäteter Kenntniserlangung von der erfolgten (teilweisen) Abweisung eine Abgabe nicht rechtzeitig entrichtet werden konnte, so liegt eine Unbilligkeit vor (VwGH 24.11.1987, 87/14/0097).In der Einhebung eines Säumniszuschlages, der deshalb festgesetzt wurde, weil der Geschäftspartner des Abgabepflichtigen vereinbarungswidrig die Stellung eines Überrechnungsantrages unterlassen hat, liegt keine sachliche Unbilligkeit (VwGH 29.11.1994, 94/14/0094).Die Einhebung eines Säumniszuschlages stellt eine Nachsicht rechtfertigende Unbilligkeit dar, wenn die Festsetzung dieser Nebengebühr ausschließlich durch die verzögerte Erledigung eines Umbuchungsantrages entstanden ist und den Abgabepflichtigen an der Verzögerung kein Verschulden trifft, oder wegen einer für den durch die Umbuchung zu Begünstigenden unvorhersehbaren kontokorrentmäßigen Verrechnung nichts oder weniger umgebucht werden konnte, als im Zeitpunkt der Einbringung des Umbuchungsantrages an Guthaben des Antragstellers zu Buche stand (VwGH 27.3.1996, 93/15/0233).Die Einhebung des Säumniszuschlages ist nicht allein schon deshalb unbillig, weil den Abgabenschuldner an der verspäteten Entrichtung der Abgabe kein Verschulden trifft (VwGH 22.3.1995, 94/13/0264). Diesfalls räumt § 217 Abs. 7 BAO eine Korrekturmöglichkeit ein.Die Einhebung eines Säumniszuschlages ist nicht wegen der geringen Dauer der Säumnis oder der finanziellen Situation des Nachsichtswerbers allein unbillig (VwGH 30.3.1981, 3302/79; VwGH 19.10.1992, 91/15/0017). Es ist eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage, dass der Säumniszuschlag bei kurzer Verzugsdauer einer höheren "Verzinsung" des geschuldeten Abgabenbetrages entspricht als bei längerer Dauer. Eine Unbilligkeit der Einhebung des Säumniszuschlages wird dadurch nicht begründet (VwGH 22.3.1995, 94/13/0264).Der Gesetzgeber hat bei der Regelung des § 217 BAO betreffend die Vorschreibung eines zweiprozentigen Säumniszuschlages offensichtlich bewusst und gewollt keine Limitierung des absoluten Ausmaßes nach oben hin vorgesehen. Von einer gesetzlich nicht beabsichtigten "anomalen" bzw. der Säumnis in unangemessener Weise Rechnung tragenden Belastung kann daher keine Rede sein (VwGH 17.9.1997, 93/13/0080).Die Einhebung eines Säumniszuschlages stellt keine Unbilligkeit dar, wenn der Überweisungsauftrag erst am letzten Tag der Respirofrist erteilt wird (VwGH 24.4.1996, 94/13/0020).Bei der Beurteilung von Billigkeit oder Unbilligkeit der Einhebung eines Säumniszuschlages sind Vorgänge auf dem Abgabenkonto eines anderen Abgabepflichtigen ohne Einfluss (VwGH 28.5.2002, 99/14/0314).Die Einhebung von Aussetzungszinsen (§ 212a Abs. 9 BAO) ist im Hinblick darauf, dass sie durch den vom Abgabepflichtigen eingebrachten Antrag auf Aussetzung strittiger Abgaben ausgelöst wurden, nicht sachlich unbillig; dies auch im Hinblick auf den Zinsengewinn durch den Zahlungsaufschub (VwGH 17.10.2001, 98/13/0073; VwGH 30.7.2002, 99/14/0315; VwGH 16.10.2002, 99/13/0065). Da es im Einflussbereich des Abgabepflichtigen liegt, das Entstehen der Aussetzungszinsen in gegebenenfalls beträchtlicher Höhe durch Entrichtung der ausgesetzten Abgaben zu verhindern, kann auch eine allfällige lange Dauer des Beschwerdeverfahrens keine sachliche Unbilligkeit in der Einhebung der dadurch aufgelaufenen Aussetzungszinsen (denen außerdem der Aspekt des Zinsengewinnes durch den Zahlungsaufschub beim Abgabepflichtigen gegenübersteht) begründen (VwGH 16.10.2002, 99/13/0065).Führt ein Sachverhalt (zB Zufluss von Einnahmen) zu Nachforderungszinsen für das Jahr 2000 oder für ein späteres Jahr, würde jedoch derselbe Sachverhalt umgekehrt zu Gutschriftszinsen für Einkommensteuer (Körperschaftsteuer) der Vorjahre führen, wenn § 205 BAO bereits für diese Jahre in Geltung stünde, so wird die Einhebung der Nachforderungszinsen insoweit iSd § 236 BAO sachlich unbillig sein, als nur wegen des zeitlichen Anwendungsbereiches des § 205 BAO keine Gutschriftszinsen festzusetzen sind (Siehe Abschnitt 9.4 des Erlasses vom 19.9.2001, 05 2001/2-IV/5/01, AO 449, AÖF Nr. 226/2001).19.10. Sonstiges
Anträge um Nachsicht ausländischer Abgaben, die aufgrund eines VollEU-VAHGDurch eine Bewilligung der Nachsicht ergibt sich keine Klaglosstellung in dem die Abgabenfestsetzung betreffenden Beschwerdeverfahren vor dem VfGH oder Revisionsverfahren vor dem VwGH (VfGH 30.1.1980, G 107/78 und G 49/79).Der Widerruf der Abgabennachsicht stellt eine Einhebungsmaßnahme dar; es sind daher die Bestimmungen über die Einhebungsverjährung maßgeblich (VwGH 16.2.2000, 95/15/0054).Von einem vorbehaltenen Widerruf iSd § 294 Abs. 1 lit. b BAO kann nur gesprochen werden, wenn dieser determiniert ist, dh. wenn der Bescheid erkennen lässt, unter welchen Umständen ein Widerruf in Betracht kommt. Die Zurücknahme bedarf daher ausreichender sachlicher Gründe, die im kausalen Zusammenhang mit der ursprünglichen Erlassung des Bescheides stehen (VwGH 17.9.1997, 93/13/0072).Ändern sich die für § 236 BAO maßgebenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, so ist ein neuerlicher Antrag zulässig. Ansonsten (bei Gleichbleiben der Verhältnisse) sind neuerliche Anträge wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (VwGH 30.9.2009, 2007/13/0068).Randzahlen 1714 bis 1799: derzeit frei