Normen
BAO §20;
BAO §236 Abs1;
BAO §20;
BAO §236 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der sich in aktenkundigen Schriftsätzen als Mechanikermeister bezeichnete und nach der Aktenlage als (selbständiger) Kühlmaschinenmechaniker tätig war, wies in einer Eingabe an das Finanzamt vom 11. Jänner 1989 darauf hin, daß seine gewerbliche Tätigkeit am 1. Jänner 1985 geendet habe. Als nunmehriger Sozialhilfeempfänger ersuche er um Abgabennachsicht. Den nachzusehenden Betrag schlüsselte er nicht näher auf, doch ist auf Grund der Akten des Verwaltungsverfahrens an Hand der im Nachsichtsansuchen angegebenen Steuernummern darauf zu schließen, daß es um einen Rückstand von mehr als S 100.000,-- vorwiegend an Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer geht.
Das Finanzamt wies das Ansuchen mit Bescheid ab, da auf Grund des bisherigen steuerlichen Verhaltens des Beschwerdeführers, das jedenfalls auf eine gröbliche Mißachtung jeglicher abgabenrechtlicher Ordnungsvorschriften schließen lasse, den Zweckmäßigkeitserwägungen gegenüber den Billigkeitserwägungen der Vorzug zu geben sei.
In der gegen den abweisenden Bescheid des Finanzamtes erhobenen Berufung wies der Beschwerdeführer den Vorwurf gröblicher Mißachtung abgabenrechtlicher Vorschriften zurück.
Die belangte Behörde gab dieser Berufung mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Zwar sei nach der wirtschaftlichen Lage des Beschwerdeführers, der von einer Sozialhilfe von S 4.892,-- monatlich lebe, eine Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO zu bejahen. Bei Ausübung des ihr vom Gesetz eingeräumten Ermessens könne sie die begehrte Abgabennachsicht im Hinblick auf das bisherige steuerliche Verhalten des Beschwerdeführers jedoch nicht bewilligen. Laut Aktenlage habe der Beschwerdeführer die ihm gemäß § 133 Abs. 1 BAO obliegende Pflicht zur Einreichung von Abgabenerklärungen keineswegs erfüllt. Sein Einwand, er habe die abgabenrechtlichen Ordnungsvorschriften nicht mißachtet, sei unzutreffend. So seien etwa die dem Beschwerdeführer zugesandten Abgabenerklärungen für die Jahre 1983 und 1984 trotz Erinnerung und Verhängung mehrerer Zwangsstrafen nicht eingebracht worden.
Vorliegende Beschwerde macht inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde stellt der Beschwerdeführer die ihm von den Abgabenbehörden vorgeworfene gröbliche Verletzung abgabenrechtlicher Vorschriften nicht mehr in Abrede. Er vertritt jedoch die Auffassung, die belangte Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß im Rahmen einer Ermessensentscheidung gemäß § 20 BAO auf das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers Rücksicht zu nehmen sei. Es könne und dürfe für eine Nachsicht im Sinne des § 236 BAO und bei dem dafür maßgeblichen Ermessen gemäß § 20 BAO keine Rolle spielen, ob allenfalls der Beschwerdeführer abgabenrechtliche Ordnungsvorschriften verletzt habe. Ausschließlich entscheidend sei der Umstand, daß die Einhebung in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen stehe, die sich aus der Einziehung für den Beschwerdeführer ergeben.
Dieser Auffassung kann sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anschließen.
Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Aus dieser Vorschrift ergibt sich, daß zwar eine Unbilligkeit der Abgabeneinhebung unabdingbare Voraussetzung für eine Abgabennachsicht ist. Das Vorliegen dieser Voraussetzung bedeutet aber noch nicht, daß die Abgabenbehörden eine begehrte Abgabennachsicht gewähren MÜSSEN. Vielmehr KÖNNEN fällige Abgabenschuldigkeiten nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Das Gesetz stellt damit dann, wenn die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung vorliegt, die Abgabennachsicht in das Ermessen der Abgabenbehörden. Der Verwaltungsgerichtshof verweist auf die Ausführungen bei Stoll, BAO-Handbuch, Seite 581 ff, und die dort angeführte Rechtsprechung.
Nach § 20 BAO müssen sich Ermessensentscheidungen in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.
Im Beschwerdefall ist nicht zu erkennen, daß sich die belangte Behörde bei ihrer gegenüber dem Beschwerdeführer getroffenen Ermessensentscheidung nicht in den Grenzen gehalten hätte, die das Gesetz dem Ermessen zieht, und daß sie zu Unrecht Zweckmäßigkeitsgründen den Vorzug gegenüber Billigkeitserwägungen ab. Vielmehr erscheint es durchaus zulässig, bei der Ermessensentscheidung über eine Abgabennachsicht in Rechnung zu stellen, daß der Abgabepflichtige abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflichten gröblichst verletzte. Auch zu dieser Frage sei auf Stoll, aaO, Seite 587, hingewiesen.
Eine gröbliche Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflichten durfte die belangte Behörde zu Recht unterstellen. Schon der unwidersprochene Umstand, daß der Beschwerdeführer die ihm zugesandten Abgabenerklärungen für die Jahre 1983 und 1984 trotz Erinnerung und Verhängung mehrerer Zwangsstrafen nicht einbrachte, rechtfertigt diese Annahme. Zutreffend erwähnt der angefochtene Bescheid die unterbliebene Einreichung der Abgabenerklärungen für die Jahre 1983 und 1984 als nur beispielhaft ("etwa"), weil aus den Akten des Verwaltungsverfahrens hervorgeht, daß der Beschwerdeführer schon in Vorjahren keine Abgabenerklärungen einbrachte.
Der Beschwerdeführer vermochte somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Seine Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
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