Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §7 Abs1 Z4;
AVG §7 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WaffG 1996 §25 Abs1;
WaffG 1996 §25 Abs2;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffG 1996 §8 Abs1;
WaffV 02te 1998 §3 Abs1;
WaffV 02te 1998 §3 Abs2;
WaffV 02te 1998 §3;
AVG §58 Abs2;
AVG §7 Abs1 Z4;
AVG §7 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WaffG 1996 §25 Abs1;
WaffG 1996 §25 Abs2;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffG 1996 §8 Abs1;
WaffV 02te 1998 §3 Abs1;
WaffV 02te 1998 §3 Abs2;
WaffV 02te 1998 §3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs 3 iVm § 8 Abs 6 des Waffengesetzes 1996, BGBl I Nr 12/1997 (WaffG), iVm § 5 Abs 2 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung, BGBl II Nr 313/1988 (2. WaffV), die ihm am 15. Dezember 1998 ausgestellte Waffenbesitzkarte mit der Nr 1 für zwei Waffen entzogen.
Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes festgehalten: Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See (BH) vom 7. Dezember 2011 sei dem Beschwerdeführer die Waffenbesitzkarte entzogen worden, zumal er (festgestellt bei der nichtangekündigten Überprüfung) seine Waffe Glock 17 in einer offenen Schreibtischschublade im Wohnzimmer verwahrt habe. Diese Verwahrung habe die Erstbehörde als nicht ausreichend sicher gewertet. In der dagegen erhobenen Berufung sei vorgebracht worden, die Erstbehörde habe sich nicht ausreichend mit dem Vorbringen auseinandergesetzt, dass der Beschwerdeführer alleine wohne und im Übrigen der Schreibtisch zusätzlich massiv ausgeführt (metallverstärkt) sei.
Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion (nunmehr: Landespolizeidirektion) Burgenland vom 18. Jänner 2012 sei der erstinstanzliche Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides zurückverwiesen worden. Die Erstbehörde habe in diesem Sinne einer Polizeiinspektion den Auftrag zur Durchführung weiterer Erhebungen erteilt und dem Beschwerdeführer im Rahmen des Verfahrens Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme gegeben. In seiner Stellungnahme habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass der auf Unordnung hinweisende Zustand des Raumes, in welchem die Waffe aufbewahrt gewesen sei, keineswegs entscheidungsrelevant wäre. Die im Erstbescheid angeführte und auf den Fotos erkennbare Unordnung im Aufbewahrungsraum der Waffe sei zwar (an sich) nicht entscheidungsrelevant, werfe jedoch waffenpsychologisch kein günstiges Bild auf den Beschwerdeführer. Der Auffassung des Beschwerdeführers, dass aus dem von der Erstbehörde verwendeten Wort "beabsichtigen" im Auftrag an die Polizeiinspektion abgeleitet werden könnte, dass die Erstbehörde bereits eine vorgefasste Meinung über die zu erledigende Angelegenheit gehabt hätte und insofern befangen gewesen wäre, sei entgegenzuhalten, dass mit dem Wort "beabsichtigen" der Inhalt "in Aussicht nehmen" verknüpft werden könne und die Erstbehörde dem Beschwerdeführer auch ohnehin die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben habe. Auch nach Meinung der belangten Behörde habe der Beschwerdeführer nicht ausreichend für eine sichere Verwahrung der Waffe Sorge getragen. Der rückwärtige Bereich des Grundstückes sei nicht ausreichend gegen unbefugtes Betreten gesichert. Als Absicherung diene ein einfacher Maschendrahtzaun. Dieser biete keinen ausreichenden Schutz im Sinn des Waffenrechts gegen unbefugtes Eindringen. Darüber hinaus befände sich der Wohnbereich im Erdgeschoß. Die Fenster zu der Wohnung seien nicht vergittert und somit auch nicht ausreichend gesichert. Zudem sei wesentlich, dass der Schreibtisch, in dem die verfahrensgegenständliche Waffe verwahrt werde, nicht massiv sei und keinen im Sinn des Waffengesetzes versperrbaren Schrank darstelle, die Verschließung eher symbolhaften Charakter habe und für Personen, die unbefugt auf den Schreibtisch zugreifen wollten, kein nennenswertes Hindernis darstelle; die gegenständliche Verschließung könne jederzeit leicht (beispielsweise mit einem Schraubenzieher) geöffnet werden. Die geschilderte Verwahrung sei daher nicht sicher, weil die Waffe zwar verschlossen, aber keinesfalls versperrt verwahrt werde. Diese Verwahrung sei nicht sorgfältig genug und könne die Waffe nicht einmal gegen den Zugriff von zufällig ins Haus gelangenden Dritten (wie Besuchern, einem Kaminkehrer oder einem Geschäftsführer ohne Auftrag) auch nur im Mindesten ausreichend sichern.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 25 Abs 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht verlässlich ist. Von einer Entziehung auf Grund einer nicht sicheren Verwahrung ist abzusehen, wenn das Verschulden des Berechtigten geringfügig ist, die Folgen unbedeutend sind und der ordnungsgemäße Zustand innerhalb einer von der Behörde festgesetzten, zwei Wochen nicht unterschreitenden Frist hergestellt wird.
Nach § 8 Abs 1 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird (Z 1), dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird (Z 2), oder dass er Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind (Z 3). Gemäß § 3 Abs 1 der 2. WaffV ist eine Schusswaffe sicher verwahrt, wenn ihr Besitzer sie "in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schützt". Nach § 3 Abs 2 Z 2 bis 4 der 2. WaffV gehört zu den maßgeblichen Umständen für die Beurteilung der Sicherheit der Verwahrung unter anderem der Schutz vor fremdem Zugriff durch Gewalt gegen Sachen, insbesondere eine der Anzahl und der Gefährlichkeit von Waffen und Munition entsprechende Ein- oder Aufbruchsicherheit des Behältnisses oder der Räumlichkeit (Z 2), der Schutz von Waffen und Munition vor dem Zugriff von Mitbewohnern, die zu deren Verwendung nicht befugt sind (Z 3), und der Schutz vor Zufallszugriffen rechtmäßig Anwesender (Z 4).
Die Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde gemäß § 25 Abs 3 WaffG stellt keine Ermessensentscheidung dar, die Behörde ist bei mangelnder Verlässlichkeit verpflichtet, die waffenrechtliche Urkunde zu entziehen (vgl VwGH vom 27. Jänner 2011, 2009/03/0099). Mit Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde ist auch dann vorzugehen, wenn im Einzelfall ein nur einmal gesetztes Verhalten den Umständen nach die Folgerung rechtfertigt, der Urkundeninhaber gewährleiste nicht mehr das Zutreffen der im § 8 Abs 1 WaffG genannten Voraussetzungen. Waffenrechtliche Urkunden sind insbesondere dann zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass der Berechtigte Waffen nicht sorgfältig verwahrt hat. Ob die im Einzelfall gewählte Verwahrungsart als sorgfältig bezeichnet werden kann, hängt von objektiven Momenten ab (vgl VwGH vom 26. März 2012, 2011/03/0201). Nach § 25 Abs 3 letzter Satz WaffG idF BGBl I Nr 43/2010 ist von der Entziehung auf Grund einer nicht sicheren Verwahrung abzusehen, wenn das Verschulden des Berechtigten geringfügig ist, die Folgen unbedenklich sind und der ordnungsgemäße Zustand innerhalb einer von der Behörde festgesetzten, zwei Wochen nicht unterschreitenden Frist hergestellt wird.
2.1. Die belangte Behörde trifft (anders als zur Frage der Bauweise des in Rede stehenden Schreibtisches) bezüglich des Berufungsvorbringens, wonach der Beschwerdeführer alleine wohne, keine abweichende Feststellung und legt dem angefochtenen Bescheid damit offenkundig zugrunde, dass der Beschwerdeführer seine Wohnräume tatsächlich alleine - dh ohne Mitbewohner - benütze. Dies umfasst (wiederum mangels gegenteiliger Feststellung) auch das Vorbringen in der Berufung, dass der Beschwerdeführer seine sozialen Kontakte außer Haus pflege.
2.2. Auf dem Boden der ständigen Rechtsprechung ist für einen solchen Fall nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass auch ein Alleinbewohner eines Hauses oder einer Wohnung, von dem glaubhaft ist, dass er bei sich zu Hause niemanden empfängt, mitunter Zutritt zu seinen Räumlichkeiten gewähren muss oder - im Falle rechtswidrigen Eindringens - nicht verhindern kann. Hieraus ergeben sich vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass dies auch völlig überraschend geschehen kann, Minimalanforderungen an die Verwahrung einer Waffe auch innerhalb einer stets versperrt gehaltenen Wohneinheit. Die dafür geltenden Maßstäbe können aber nicht die gleichen sein, die dann anzulegen sind, wenn die Wohneinheit mit Mitbewohnern geteilt oder aus anderen Gründen nicht nur ganz vereinzelt von Dritten betreten wird (vgl VwGH vom 21. Oktober 1999, 99/20/0321, VwSlg 15.263 A/1999, VwGH vom 6. September 2005, 2005/03/0017 und VwGH vom 27. Jänner 2011, 2009/03/0099).
In dem auch vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnis vom 21. Oktober 1999 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass sich für eine ein Haus völlig allein bewohnende Person, die "auch sonst niemanden" empfange, aus § 8 Abs 1 Z 2 WaffG und der
2. WaffV kein generelles Erfordernis ableiten lässt, neben dem Versperren des Wohnhauses die Waffe noch durch ein zusätzliches ein- bzw aufbruchsicheres Behältnis zu sichern. Vor diesem Hintergrund hat der Verwaltungsgerichtshof in jenem Erkenntnis dem im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Einwand des dortigen Beschwerdeführers, er bewohne sein Haus allein und empfange auch sonst niemand, weshalb die "in seinem Schrank unter Wäschestücken versteckt aufbewahrte Waffe einer fremden Person nicht zugänglich sei", Relevanz zuerkannt. Mit diesem Erkenntnis wurde ein Bescheid aufgehoben, in dem die damals belangte Behörde davon ausging, dass das Absperren des Wohnhauses allein für eine sorgfältige Aufbewahrung einer Schusswaffe nicht ausreichend sei und eine Schusswaffe ungeachtet der Versperrbarkeit des Wohnhauses nur dann sorgfältig im Sinn des WaffG aufbewahrt werde, wenn zumindest eine weitere Sicherungsmaßnahme (zB ein versperrter Kasten) hinzutrete.
2.3. Im Fall des Beschwerdeführers wurde festgestellt, dass die Waffe bei einer nicht angekündigten Überprüfung in einer offenen Schreibtischschublade im Wohnzimmer verwahrt angetroffen wurde. Warum in diesem Fall - ohne weitere erkennbare Anhaltspunkte - anzunehmen wäre, eine fremde Person (etwa ein zufällig ins Haus gelangter Dritter) könnte mangels Aufsicht durch den Beschwerdeführer in dessen Haus nach entsprechender Durchsuchung der Räume die in der Schreibtischschublade liegende Waffe vorfinden, lässt sich der Begründung des bekämpften Bescheides nicht entnehmen. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber (wie erwähnt) schon ausgesprochen, dass eine solche - ohne konkrete, dahingehende Ermittlungsergebnisse - zu unterstellende Annahme letztlich bedeuten würde, dass von einer im genannten Sinn allein lebenden Person generell ein zusätzliches einbzw aufbruchsicheres Behältnis für die Waffe zu fordern wäre, dass sich aber ein solches Erfordernis aus dem WaffG und der dazu ergangenen Verordnung nicht ableiten lässt (vgl VwSlg 15.263 A/1999). Feststellungen zu derartigen Anhaltspunkten können durch den Hinweis auf eine fehlende Fenstervergitterung und eine Umzäunung bloß mit einem Maschenzaun nicht ersetzt werden, zumal mit der eben zitierten Entscheidung (wie erwähnt) ein Bescheid behoben wurde, in dem neben dem Absperren des Wohnhauses für eine sorgfältige Aufbewahrung noch zumindest eine weitere Sicherungsmaßnahme (zB ein versperrter Kasten) gefordert wurde.
3. Lediglich im Interesse der Vollständigkeit ist schließlich darauf hinzuweisen, dass dem bekämpften Bescheid entgegen der Beschwerde nicht mit Erfolg der Vorwurf gemacht werden kann, von einer befangenen Erstbehörde getroffene Feststellungen zu übernehmen. Das Wesen der Befangenheit liegt darin, dass die unparteiische Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive gehemmt wird, wenn also das Behördenorgan durch seine persönliche Beziehung zur Sache oder zu den an der Sache beteiligten Personen in der unparteiischen Amtsführung beeinflusst und deshalb an einer unparteiischen Entscheidung gehindert sein könnte (vgl etwa VwGH vom 15. Mai 2012, 2009/05/0083, VwGH vom 22. Mai 2013, 2011/03/0168 und VwGH vom 27. Juni 2013, 2012/07/0213, mwH). Die von der Beschwerde für ihre Auffassung ins Treffen geführte Formulierung des Auftrags der BH an die Polizeiinspektion (die ... BH ... beabsichtigte die Entziehung des Waffenpasses ...) vermag eine Hemmung durch ein unsachliches psychologisches Motiv schon deshalb nicht zu begründen, zumal der beschwerdeführenden Partei (unstrittig) zu den diesbezüglichen Ermittlungsergebnissen ohnehin Parteiengehör eingeräumt wurde und sie daher Gelegenheit hatte, vom Inhalt dieser Ergebnisse Stellung zu nehmen, wobei sie diese Möglichkeit auch nützte.
4. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG aufzuheben.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455. Da die beschwerdeführende Partei den Ersatz für Schriftsatzaufwand und Eingabengebühr ohnehin jeweils in der von diesen Bestimmungen vorgesehenen Höhe verzeichnete, vermag der bloße (geringfügige) Additionsfehler nicht zu ihren Lasten auszuschlagen.
Wien, am 23. Oktober 2013
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