VwGH 2005/03/0017

VwGH2005/03/00176.9.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des P H in H, vertreten durch Dr. Lothar Stix, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Franz Fischer-Straße 17, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 24. Juni 2003, Zl. Wa 4618-13/03, betreffend Entziehung der Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §7;
AVG §58 Abs2;
VwRallg;
WaffG 1996 §25 Abs2;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffV 02te 1998 §3 Abs1;
WaffV 02te 1998 §3 Abs2 Z2;
WaffV 02te 1998 §3 Abs2 Z4;
WaffV 02te 1998 §3 Abs3;
WaffV 02te 1998 §3;
ABGB §7;
AVG §58 Abs2;
VwRallg;
WaffG 1996 §25 Abs2;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffV 02te 1998 §3 Abs1;
WaffV 02te 1998 §3 Abs2 Z2;
WaffV 02te 1998 §3 Abs2 Z4;
WaffV 02te 1998 §3 Abs3;
WaffV 02te 1998 §3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer im Instanzenzug gemäß § 25 Abs 3 iVm § 8 Abs 1 Z 2 WaffG 1996, BGBl I Nr 12/1997, (WaffG) iVm § 3 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung, BGBl II Nr 313/1998, (2. WaffV) die Waffenbesitzkarte entzogen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, bei einer Verlässlichkeitsüberprüfung gemäß § 25 Abs 1 WaffG sei von Beamten des Gendarmeriepostens Hall in Tirol festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer eine Pumpgun in einem Raum (im sogenannten "Büro") seiner Wohnung sowie zwei Langwaffen im Vorraum in seiner Wohnung jeweils als Dekorationsstücke ohne Sicherung gegen Wegnahme an der Wand aufgehängt gehabt habe. Dies sei keine sorgfältige Verwahrung einer Schusswaffe, da die Waffen nicht in zumutbarer Weise vor unberechtigtem Zugriff geschützt würden. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, diese Waffen seien nicht schussfähig gewesen (so seien bei der Pumpgun vom Abzugssystem das Schlagstück, die Spannstange, beide Ausziehkrallen und der Splint der Schlagbolzen entfernt worden, bei den beiden Langwaffen seien Teile des Verschlusses entfernt worden, alle diese Teile würden in einem eingemauerten Wandtresor im Wohnzimmer der Wohnung versperrt verwahrt), sei zu bemerken, dass der Gebrauch von dem Zugriff zugänglichen Waffen durch Unbefugte nicht dadurch verhindert werde, dass die Waffen "ungeladen, durch Entfernen von Teilen nicht gebrauchsfähig" seien. Der Beschwerdeführer habe weiter vorgebracht, er sei allein stehend und würde seine Wohnung allein bewohnen und sie immer absperren. Auch in einem solchen Fall dürfe eine Waffe für jemanden, der sich überraschend Zutritt zu einer versperrten Wohnung verschafft habe, nicht etwa auf dem Tisch liegend oder an der Wand hängend ohne Überwindung eines weiteren Hindernisses zugänglich und "sofort ins Auge springend" sein. So empfange der Beschwerdeführer Besucher in seiner Wohnung und müsse darüber hinaus auch anderen Personen Zutritt zu seinen Räumlichkeiten gewähren. Trotz des vergitterten Fensters eines Raumes seiner Wohnung und trotz eines zusätzlichen Zylinderschlosses an der Wohnungstüre könne der Beschwerdeführer den Zutritt zu seinen Räumlichkeiten im Fall rechtswidrigen Eindringens in die Wohnung nicht verhindern. Unter diesem Gesichtspunkt würden sich Minimalanforderungen an die Verwahrung einer Waffe auch innerhalb einer stets versperrt gehaltenen Wohneinheit ergeben, denen an der Wand hängende Waffen nicht genügen würden. Die Aussage des Beschwerdeführers, dass "die Waffen immer versperrt aufbewahrt sind", wenn Besucher in der Wohnung des Beschwerdeführers seien, widerspräche jeglicher Lebenserfahrung, da nicht anzunehmen sei, dass der Beschwerdeführer auch die an der Wand hängenden Langwaffen bei Eintreffen eines Besuches in seiner Wohnung aus dem Vorraum entfernen und in sein Büro wegsperren würde, noch dazu, wo der Beschwerdeführer bis zur waffenrechtlichen Überprüfung offensichtlich der Meinung gewesen sei, dass auf Grund der Schussunfähigkeit dieser Waffen eine sorgfältige Verwahrung im Sinne des Waffengesetzes nicht notwendig sei. Auch das in der Vergangenheit gezeigte Verhalten des Beschwerdeführers sei nicht geeignet, sein sorgfaltswidriges Verhalten völlig zu kompensieren. Auch aus dem Umstand, dass die an der Wand hängenden Langwaffen bei früheren Kontrollen nicht beanstandet worden seien, könne der Beschwerdeführer für das gegenständliche Verfahren nichts gewinnen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 25 Abs 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist.

Gemäß § 8 Abs 1 Z 2 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird.

Gemäß § 3 Abs 1 der 2. WaffV ist eine Schusswaffe sicher verwahrt, wenn ihr Besitzer sie in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schützt. Zu den maßgebenden Umständen für die Beurteilung der Sicherheit der Verwahrung gehört unter anderem gemäß § 3 Abs 2 der 2. WaffV der Schutz vor fremdem Zugriff durch Gewalt gegen Sachen, insbesondere eine der Anzahl und der Gefährlichkeit von Waffen und Munition entsprechende Ein- oder Aufbruchsicherheit des Behältnisses oder der Räumlichkeit (Z 2) sowie der Schutz vor Zufallszugriffen rechtmäßig Anwesender (Z 4).

Verwahrt der Besitzer einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe diese entsprechend der Information jenes Gewerbetreibenden, bei dem er die Waffe erworben hat, so ist ihm dies gemäß § 3 Abs 3 der 2. WaffV gegebenenfalls nur dann als seine Verlässlichkeit beeinträchtigend anzulasten, wenn die Mangelhaftigkeit für einen um die sichere Verwahrung besorgten Waffenbesitzer deutlich erkennbar ist.

2. Bei Auslegung des Begriffes der sorgfältigen Verwahrung im Sinne des § 8 Abs 1 Z 2 WaffG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes ein strenger Maßstab anzulegen. Ob die im Einzelfall gewählte Verwahrungsart als sorgfältig bezeichnet werden kann, hängt von objektiven Momenten ab (vgl zB das hg Erkenntnis vom 17. September 2003, Zl 2000/20/0372). Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass auch ein Alleinbewohner eines Hauses oder einer Wohnung, von dem glaubhaft ist, dass er bei sich zu Hause "niemanden empfängt", mitunter Zutritt zu seinen Räumlichkeiten gewähren muss oder - im Falle rechtswidrigen Eindringens - nicht verhindern kann. Hieraus ergeben sich vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass dies auch völlig überraschend geschehen kann, Minimalanforderungen an die Verwahrung einer Waffe auch innerhalb einer stets versperrt gehaltenen Wohneinheit. Die dafür geltenden Maßstäbe können aber nicht die gleichen sein, die dann anzulegen sind, wenn die Wohneinheit mit Mitbewohnern geteilt oder aus anderen Gründen nicht nur ganz vereinzelt von Dritten betreten wird (vgl das hg Erkenntnis vom 21. Oktober 1999, Zl 99/20/0321, mwN).

3. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde ihre Annahme der fehlenden Zuverlässigkeit des Beschwerdeführers auf die Verwahrung einer Pumpgun sowie zweier Langwaffen in der Wohnung des Beschwerdeführers gestützt, wie sie bei einer Überprüfung am 8. März 2003 festgestellt worden ist: Dabei waren die Pumpgun in einem Raum (dem sogenannten "Büro") und die zwei Langwaffen im Vorraum der Wohnung als Dekorationsstücke ohne Sicherung gegen Wegnahme an der Wand aufgehängt.

Der Beschwerdeführer bestreitet diese Aufbewahrung nicht, sondern bringt vor, an die Verwahrung von Waffen dürften keine überspitzt strengen Maßstäbe angelegt werden. Er sei allein stehend und lebe alleine in seiner Wohnung, die Fenster dieser Wohnung seien mit Stahlgittern versehen und an der Wohnungstüre sei ein zweites Zylinderschloss angebracht. Die Wohnung des Beschwerdeführers könne daher einem "Waffenschrank" bzw einem sicheren Behältnis oder einem "Tresor" gleich gehalten werden. Insofern unterscheide sich der vorliegende Sachverhalt grundsätzlich von jenem, in dem der Beschwerdeführer mit einer Familie zusammen in einem Haushalt leben würde.

Die belangte Behörde ist der Auffassung, dass trotz dieser Umstände (nach dem festgestellten Sachverhalt ist allerdings nur das Fenster eines Raumes der Wohnung vergittert) die Minimalanforderungen an die Verwahrung einer Waffe auch innerhalb einer stets versperrt gehaltenen Wohneinheit nicht erfüllt seien. Nach dem von der Behörde festgestellten Sachverhalt ist nicht überhaupt ausgeschlossen, dass dritte Personen (Besucher) in der Wohnung rechtmäßig anwesend sind (vgl hiezu Grosinger/Szirba/Szymanski, Das österreichische Waffenrecht3 (2005), 317). Das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Waffen würden immer versperrt aufbewahrt werden, wenn Besucher in der Wohnung seien, hat die Behörde zu Recht als jeglicher Lebenserfahrung widersprechend angesehen. Im Hinblick darauf, dass die Waffen für jeden in der Wohnung Anwesenden an der Wand hängend ohne weiteres Hindernis zugänglich und (wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt) "sofort ins Auge springend" aufbewahrt waren, kann die Auffassung der belangten Behörde, die Minimalanforderungen an die Verwahrung einer Waffe auch innerhalb einer stets versperrt gehaltenen Wohneinheit seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Wenn der Beschwerdeführer dieser Auffassung entgegenhält, das Gesetz verlange keine Aufbewahrung von Waffen, die es fremden bzw dritten Personen gänzlich unmöglich mache, an diese Waffen zu gelangen, so zeigt er zwar zu Recht auf, dass es der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, dass es keine absolut sichere Verwahrung von Gegenständen gibt (vgl hiezu Grosinger/Szirba/Szymanski, Das österreichische Waffenrecht3 (2005), 315); dies ändert aber nichts daran, dass nach der maßgeblichen Rechtslage jedenfalls Minimalanforderungen an die Verwahrung einer Waffe auch innerhalb einer stets versperrt gehaltenen Wohneinheit einzuhalten sind.

Der Beschwerdeführer bringt gegen die Auffassung der belangten Behörde weiter vor, sie verhindere entgegen dem Sinn und Zweck des WaffG jegliche Schaustellung von Waffen in einer Wohnung. Hiezu ist er darauf hinzuweisen, dass durchaus andere Formen der Schaustellung von Waffen in einer Wohnung, welche die oben genannten Minimalerfordernisse erfüllen - etwa in einer versperrbaren Waffenhalterung - denkbar sind.

4. Der Beschwerdeführer führt als weiteres Argument an, die belangte Behörde habe bei ihrer Entscheidung zu Unrecht den Grad der Einsatz- bzw Schussfähigkeit der Waffen nicht berücksichtigt. So habe sie nicht festgestellt, ob die betreffenden Waffen bei der Überprüfung am 8. März 2003 schussfähig oder nicht schussfähig gewesen seien. Hiezu ist darauf zu verweisen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Gebrauch von dem Zugriff zugänglichen Waffen durch Unbefugte nicht dadurch verhindert werde, dass die Waffen ungeladen oder durch Entfernen etwa des Magazins nicht gebrauchsfähig seien. Denn der ungehinderte Zugriff zu den Waffen ermöglicht es dritten Personen, diese an sich zu nehmen und durch Laden bzw Ergänzung fehlender Teile verwendungsfähig zu machen (vgl das hg Erkenntnis vom 8. Juni 2000, Zl 2000/20/0155, mwN).

5. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die von der Behörde einmalig festgestellte Verwahrung der Waffen "indiziere" nicht, dass der Beschwerdeführer unvorsichtig mit Waffen umgehen werde, da er sofort nach der waffenrechtlichen Überprüfung die an der Wand befestigten Waffen mit Ketten gesichert habe und weiters bei der Behörde Rat im Hinblick auf die ordnungsgemäße Verwahrung der Waffen gesucht habe. Hiezu ist er darauf hinzuweisen, dass der festgestellte Verwahrungsmangel derart gravierend ist, dass die belangte Behörde zu Recht die einmalig festgestellte Verwahrung der Waffen als Grundlage ihrer Annahme, der Beschwerdeführer sei nicht verlässlich, heranziehen durfte.

6. Insoweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang weiters vorbringt, diese Verwahrung der Waffen sei bei früheren Kontrollen der Behörde nicht beanstandet worden, so kann dies an der unzureichenden Verwahrung nichts ändern. Auch eine vom Beschwerdeführer behauptete analoge Anwendung des § 3 Abs 3 der

2. WaffV kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht, da eine allfällige Nichtbeanstandung nicht einer entsprechenden unrichtigen Auskunft durch eine Behörde oder Gendarmeriedienststelle gleichgesetzt werden kann.

7. Aus den oben angeführten Gründen fehlen den in der Beschwerde behaupteten Verfahrensfehlern, die Behörde habe dem Bescheid die Schussfähigkeit der verwahrten Waffen sowie die vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten Einzelverbindungsnachweise über stattgefundene Telefonate zwischen ihm und der Erstbehörde nicht zu Grunde gelegt, die gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG erforderlichen Relevanz. Insofern der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe gänzlich übersehen, dass die Fenster seiner Wohnung mit Stahlgittern und die Tür seiner Wohnung mit einem zweiten Zylinderschloss gesichert sei, so vermag er vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage keinen wesentlichen Verfahrensmangel aufzuzeigen.

8. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht im Rahmen des Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am 6. September 2005

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