VwGH 2012/22/0167

VwGH2012/22/016718.10.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der T, vertreten durch Mag. Andreas Lepschi, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währinger Straße 26/1/3, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 3. April 2012, Zl. 161.241/2-III/4/12, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

MRK Art8;
NAG 2005 §41a Abs9 idF 2011/I/038;
NAG 2005 §44b Abs1 idF 2011/I/038;
MRK Art8;
NAG 2005 §41a Abs9 idF 2011/I/038;
NAG 2005 §44b Abs1 idF 2011/I/038;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde die in erster Instanz ergangene Abweisung - der Sache nach handelte es sich (was auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid anmerkte) allerdings um eine Zurückweisung - eines Antrages der Beschwerdeführerin, einer georgischen Staatsangehörigen, nach § 41a Abs. 9 und § 44b Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG).

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges sowie des Vorbringens der Beschwerdeführerin und von ihr vorgelegter Dokumente aus, die Beschwerdeführerin sei am 17. Februar 2005 unrechtmäßig in Österreich eingereist. Am 21. Februar 2005 habe sie einen Asylantrag gestellt. Dieser sei im Instanzenzug vom unabhängigen Bundesasylsenat abgewiesen worden. Unter einem sei gegen die Beschwerdeführerin eine Ausweisung erlassen worden. Die in zweiter Instanz bestätigte Ausweisung sei mit 5. Dezember 2007 in Rechtskraft erwachsen.

Am 26. Februar 2005 habe die Beschwerdeführerin in Wien den georgischen Staatsangehörigen D geheiratet. Im Juni 2006 sowie im August 2011 seien deren gemeinsame Kinder in Wien geboren worden. Am 17. August 2011 habe die Beschwerdeführerin neuerlich ein Begehren auf Gewährung von Asyl eingebracht. Diesem sei letztlich mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 3. November 2011 keine Folge gegeben worden. Die unter einem gegen die Beschwerdeführerin erlassene Ausweisung sei am 7. November 2011 rechtskräftig geworden. Der Ehemann der Beschwerdeführerin, dessen Asylbegehren ebenfalls keinen Erfolg gehabt habe, sei im März 2011 nach Georgien zurückgekehrt. Gegen ihn bestehe im Übrigen auch ein bis 7. Mai 2014 gültiges Aufenthaltsverbot.

Auch den Anträgen der beiden Kinder der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz sei keine Folge gegeben worden. Auch gegen die Kinder habe der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 3. November 2011 - seit 7. November 2011 rechtskräftige - Ausweisungen erlassen.

Der Asylgerichtshof habe unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehender Informationen dargelegt, dass die Ausweisung der Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK verhältnismäßig sei. Dies schließe aus, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK geboten sei, sofern sich der Sachverhalt nicht maßgeblich geändert habe.

Nach Wiedergabe der Ausführungen des Asylgerichtshofes zur Zulässigkeit der Ausweisung der Beschwerdeführerin führte die belangte Behörde weiter aus, in der Berufung sei bekannt gegeben worden, dass im Asylverfahren "einige Umstände" nicht ausreichend hätten belegt werden können, weshalb ein "neu hinzugekommener" Sachverhalt ersichtlich wäre.

Dazu sei - so die belangte Behörde in ihrer Beurteilung - auszuführen, dass lediglich zwei der im gegenständlichen Verfahren vorgelegten Schreiben "definitiv nach der eingetretenen Rechtskraft" der Entscheidung des Asylgerichtshofes datiert seien. Zwei andere Urkunden seien undatiert. Die übrigen neun Dokumente seien jedenfalls vor der Entscheidung des Asylgerichtshofes entstanden.

Die Angaben über die "asylrelevanten Umstände" zur Flucht aus Georgien betreffe eine mögliche Gefährdung im Heimatland. Diese Umstände seien bereits vom Asylgerichtshof beurteilt worden. Hinsichtlich der "thematisierten" psychischen Belastungen, einer zu beginnenden Psychotherapie und der behaupteten Magenprobleme seien keine medizinischen Unterlagen vorgelegt worden. Diese Angaben könnten daher nicht nachvollzogen werden.

Weiters sei im Antragsschreiben eine drohende Ausweisung thematisiert worden. Eine solche sei aber nicht Gegenstand des hier zu führenden Verfahrens.

Nach Wiedergabe von Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Asylgerichtshofes merkte die belangte Behörde weiter an, es sei nicht ersichtlich, dass zu etwaigen im Inland lebenden Bekannten und Freunden über die üblichen Bindungen hinausgehende Merkmale der Abhängigkeit vorlägen. Die Beschwerdeführerin sei in der Zeit von 5. Dezember 2007 - zu dieser Zeit sei sie erstmals rechtskräftig ausgewiesen worden - bis zur erneuten Asylantragstellung am 17. August 2011 und sodann wieder ab 7. November 2011 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig gewesen. Eine vormalige, angeblich ordnungsgemäße Beschäftigung habe sich einem Schreiben der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice zufolge als unrechtmäßig herausgestellt.

Das übrige Vorbringen betreffe Sachverhaltselemente, die bereits im Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes bekannt gewesen und von diesem auch berücksichtigt worden seien.

Es sei nicht erkennbar, dass zwischen der seit 7. November 2011 rechtskräftigen Ausweisung und der Entscheidung der Behörde erster Instanz mit Bescheid vom 15. Dezember 2011 - und darüber hinaus auch "bis dato" - ein maßgeblich geänderter Sachverhalt im Sinn des § 44b Abs. 1 NAG vorgelegen wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde erwogen:

Zunächst ist eingangs darauf hinzuweisen, dass sich der Verwaltungsgerichtshof bereits ausführlich mit den Voraussetzungen für eine Zurückweisung nach § 44b Abs. 1 Z 1 NAG im hg. Erkenntnis vom 13. September 2011, Zl. 2011/22/0035 bis 0039, befasst hat. Auf dessen Entscheidungsgründe, die sich auch für die hier anzuwendende Rechtslage des NAG idF des FrÄG 2011, BGBl I Nr. 38, als maßgeblich darstellen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 24. April 2012, Zl. 2011/22/0308) wird daher insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.

Die Beschwerdeführerin verweist auf die zu ihren Gunsten sprechenden integrationsbegründenden Umstände und bringt vor, entgegen der Auffassung der belangten Behörde sei von einem maßgeblich geänderten Sachverhalt auszugehen. Dazu ist zunächst anzumerken, dass sich die Beschwerdeführerin, soweit sie meint, bestimmte von ihr ins Treffen geführte Faktoren, wie etwa die Bindungen zu ihren in Österreich aufhältigen Kindern, ihre Erkrankungen, ihre Deutschkenntnisse und das Vorliegen einer Einstellzusage seien zu gering gewichtet und im Erkenntnis des Asylgerichtshofes nicht entsprechend gewürdigt worden, in Wahrheit gegen die vom Asylgerichtshof getroffene Ausweisungsentscheidung richtet. Über die Rechtmäßigkeit der vom Asylgerichtshof erlassenen Ausweisung ist im vorliegenden Verfahren von der Niederlassungsbehörde aber nicht zu befinden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juli 2011, Zl. 2011/22/0112, mwN).

Wenn vorgebracht wird, die belangte Behörde habe aktenwidrig festgehalten, dass die Beschwerdeführerin angegeben hätte, in keiner ärztlichen Behandlung zu stehen, ist ihr der Inhalt des angefochtenen Bescheides entgegenzuhalten. Aus diesem ergibt sich, dass ein solches Vorbringen nicht in Abrede gestellt wurde, sondern diesem Vorbringen mangels Vorlage medizinischer Unterlagen kein Glaube geschenkt wurde. Im Übrigen wird mit dem auf die Jahre 2009 und 2005/2006 bezogenen Beschwerdevorbringen nicht erkennbar, inwieweit es sich um nach Eintritt der Rechtskraft der Ausweisungsentscheidung des Asylgerichtshofes neu entstandene Umstände handeln sollte, die im Ausweisungsverfahren nicht berücksichtigt worden wären oder hätten berücksichtigt werden können.

Anders als die Beschwerde meint, kommt für die hier anzustellende Beurteilung der Frage, ob eine frühere (vor der Erlassung der Ausweisung erfolgte) Beschäftigung der Beschwerdeführerin entgegen dem Ausländerbeschäftigungsgesetz erfolgt war, keine maßgebliche Bedeutung zu. Es ist somit die Relevanz des zu diesem Thema behaupteten Verfahrensfehlers für den Verfahrensausgang nicht gegeben.

Zusammengefasst begegnet somit die Beurteilung der belangten Behörde, es habe sich der Sachverhalt in dem etwas mehr als einem Monat liegenden Zeitraum zwischen Rechtskraft der Ausweisung und der Entscheidung der Behörde erster Instanz (zur Relevanz des letztgenannten Zeitpunktes vgl. nochmals das bereits erwähnte Erkenntnis vom 13. September 2011, mwN) nicht im Sinn des § 44b Abs. 1 NAG - selbst bei der im Rahmen der Prognose anzustellenden Gesamtbetrachtung (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 22. Juli 2011, Zlen. 2011/22/0138 bis 0141) - maßgeblich geändert, keinen Bedenken.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am 18. Oktober 2012

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