VwGH 2011/22/0112

VwGH2011/22/011222.7.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder sowie die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der P, vertreten durch Mag. Nikolaus Rast, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 10, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 16. März 2011, Zl. 156.140/3-III/4/11, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

MRK Art8;
NAG 2005 §44 Abs3 idF 2009/I/029;
NAG 2005 §44b Abs1 Z1 idF 2009/I/029;
MRK Art8;
NAG 2005 §44 Abs3 idF 2009/I/029;
NAG 2005 §44b Abs1 Z1 idF 2009/I/029;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den am 5. Jänner 2010 eingebrachten Antrag der Beschwerdeführerin, einer nigerianischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" gemäß § 44 Abs. 3 iVm § 44b Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zurück.

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei am 7. Juni 2004 unrechtmäßig in Österreich eingereist. Am selben Tag habe sie einen Asylantrag eingebracht. Dieser Antrag sei in erster Instanz am 2. Februar 2005 abgewiesen und gegen die Beschwerdeführerin eine Ausweisung erlassen worden. Der dagegen erhobenen Berufung sei mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 5. Juni 2009 keine Folge gegeben worden. Nach Wiedergabe des § 44 Abs. 3 und - auszugsweise - des § 44b NAG führte die belangte Behörde weiter aus, die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark habe eine Stellungnahme abgegeben und darauf hingewiesen, dass die im Asylverfahren erlassene Ausweisung "mit 10.06.2010 in Rechtskraft erwachsen" sei. Sie habe auch ausgeführt, die "Effektuierung der asylrechtlichen Ausweisung" sei zulässig. Diese Stellungnahme sei dem rechtsfreundlichen Vertreter der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht worden. In seiner daraufhin eingebrachten Stellungnahme sei aber kein seit Erlassung der Ausweisung maßgeblich geänderter Sachverhalt behauptet worden. Ein solcher sei auch der Berufung nicht zu entnehmen. Im gesamten Verfahren sei lediglich das Antragsvorbringen wiederholt worden, aus dem aber ebenfalls kein maßgeblich geänderter Sachverhalt zu entnehmen gewesen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

§ 44 Abs. 3 und § 44b Abs. 1 NAG (jeweils in der Fassung des BGBl I Nr. 29/2009; mit Überschrift) lauten:

"Niederlassungsbewilligung - beschränkt

§ 44. …

(3) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen (§ 44a) oder auf begründeten Antrag (§ 44b), der bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen ist, eine quotenfreie 'Niederlassungsbewilligung - beschränkt' zu erteilen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 vorliegt und dies gemäß § 11 Abs. 3 zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.

§ 44b. (1) Liegt kein Fall des § 44a vor, sind Anträge gemäß §§ 43 Abs. 2 und 44 Abs. 3 als unzulässig zurückzuweisen, wenn

1. gegen den Antragsteller eine Ausweisung rechtskräftig erlassen wurde, oder

2. rechtskräftig festgestellt wurde, dass eine Ausweisung bloß vorübergehend (§ 10 AsylG 2005, § 66 FPG) unzulässig ist, oder

3. die Sicherheitsdirektion nach einer Befassung gemäß Abs. 2 in der Stellungnahme festgestellt hat, dass eine Ausweisung bloß vorübergehend unzulässig ist

und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 11 Abs. 3 ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

..."

Unbestritten blieb, dass die Beschwerdeführerin mit Urteil des Asylgerichtshofes vom 5. Juni 2009 rechtskräftig ausgewiesen wurde. Ihr Antrag nach § 44 Abs. 3 NAG war daher gemäß § 44b Abs. 1 Z 1 NAG zurückzuweisen, es sei denn, es wäre im Hinblick auf maßgebliche Sachverhaltsänderungen seit der ergangenen Ausweisung, eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 EMRK erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. April 2011, 2010/21/0294 bis 0297).

Die belangte Behörde gelangte zu dem Ergebnis, dass eine derartige Sachverhaltsänderung nicht eingetreten sei.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen diese Auffassung und macht dazu geltend, dass sie auf Grund des langen Aufenthalts im Bundesgebiet nicht hätte ausgewiesen werden dürfen. Damit wendet sie sich in Wahrheit aber in unzulässiger Weise - die Überprüfung des Ausspruches der im Asylverfahren ergangenen Ausweisung ist nicht Gegenstand des Verfahrens vor der Niederlassungsbehörde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 7. April 2011, 2011/22/0066, 0067, und 2011/22/0030 bis 0034) - gegen die im Asylverfahren getroffene Beurteilung.

Inwieweit ein seit der Erlassung der Ausweisung geänderter Sachverhalt vorläge, der eine Neubeurteilung nach Art. 8 EMRK erforderlich gemacht hätte, legt die Beschwerdeführerin nicht dar. Mit ihrer bloß pauschal gehaltenen Behauptung, der Sachverhalt habe sich seit der Ausweisungsentscheidung wesentlich geändert, bleibt gänzlich im Dunkeln, worin diese Änderung gelegen sein soll. Die seit der Ausweisungsentscheidung vom 5. Juni 2009 vergangene Zeit kann für sich allein eine derartige Änderung nicht bewirken.

An dieser Beurteilung ändert auch nichts, dass in der Beschwerde auf die Vorlage einer Patenschaftserklärung sowie auf Freunde mit österreichischer Staatsbürgerschaft hingewiesen wurde. Die Patenschaftserklärung wurde nicht zur Dartuung einer im Sinne des Art. 8 EMRK bestehenden Integration vorgelegt, sondern um gegenüber der Niederlassungsbehörde nachzuweisen, dass die Unterhaltsmittel gesichert seien. Dem Vorbringen, die Beschwerdeführerin verfüge über Freunde im Bundesgebiet, ist entgegenzuhalten, dass nicht erkennbar ist, inwieweit darin eine nach Erlassung der Ausweisung eingetretene Sachverhaltsänderung zu sehen wäre.

Es ist sohin nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde davon ausging, ein maßgeblich geänderter Sachverhalt, der eine Neubeurteilung nach Art. 8 EMRK erfordert hätte, sei nicht vorgelegen.

Da sohin die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 22. Juli 2011

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