VwGH 2012/01/0083

VwGH2012/01/008320.6.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des X. in Y., vertreten durch Mag. Jochen Serenyi, Rechtsanwalt in 1170 Wien, Hernalser Hauptstraße 116/14-17, gegen den Bescheid der Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Wien vom 20. April 2012, Zl. 2 Vk 61/12, betreffend eine Angelegenheit des Strafvollzugs (weitere Partei: Bundesministerin für Justiz), zu Recht erkannt:

Normen

StGB §207 Abs1;
StGB §212 Abs1 Z1;
StGB §43a Abs3;
StVG §156c Abs1 Z2 litb;
StVG §156c Abs1 Z4;
StGB §207 Abs1;
StGB §212 Abs1 Z1;
StGB §43a Abs3;
StVG §156c Abs1 Z2 litb;
StVG §156c Abs1 Z4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit (rechtskräftigem) Urteil des Landesgerichtes Z. vom 26. Jänner 2011 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen und des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach den §§ 207 Abs. 1, 212 Abs. 1 Z. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt. Gemäß § 43a Abs. 3 StGB wurde der Vollzug eines Teils der Freiheitsstrafe von 12 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer ab Herbst 2009 bis Mai 2010 in wiederholten Angriffen an seiner 2004 geborenen Enkeltochter geschlechtliche Handlungen vorgenommen hat, indem er ihre Scheide betastete, als er mit ihr im Bett lag oder auf der Toilette war.

Am 19. Oktober 2011 beantragte der Beschwerdeführer die Bewilligung des Vollzuges des unbedingten Teils der Freiheitsstrafe im Ausmaß von sechs Monaten in Form des elektronisch überwachten Hausarrests. Diesen Antrag wies der Leiter der Justizanstalt Z. mit Bescheid vom 10. Februar 2012 mit der Begründung ab, dass keine geeignete Beschäftigung vorliege und die Gesamtbeurteilung nach Prüfung der Wohnverhältnisse, des sozialen Umfeldes und allfälliger Risikofaktoren ergeben habe, dass auch bei Einhaltung einer Betreuung durch die Bewährungshilfe zu befürchten sei, der Beschwerdeführer werde diese Vollzugsform missbrauchen. Zusätzlich habe der Leiter der Justizanstalt auf eine Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter verwiesen, wonach sich genauere Einschätzungen betreffend eines weiteren Risikos nicht anstellen ließen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an die Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Wien (die belangte Behörde) und brachte darin im Wesentlichen vor, die erstinstanzliche Behörde habe sich bei ihrer Entscheidung auf einen angeblichen Widerspruch hinsichtlich der Beschäftigung - nämlich als körperlich schwer arbeitender Waldarbeiter für die A. tätig sein zu wollen und gleichzeitig seit 1. August 2011 mit Pensionsbezug als gemindert arbeitsfähig gemeldet zu sein - gestützt.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. April 2012 gab die belangte Behörde dieser Beschwerde "gemäß §§ 120 Abs 1, 121 Abs 1 StVG iVm § 66 Abs 4 AVG und §156b, c StVG" keine Folge.

Begründend führte sie nach Darstellung des Verfahrensganges und der relevanten Gesetzesbestimmungen zusammengefasst aus, die Vollzugsform des elektronisch überwachten Hausarrestes dürfe nur bewilligt werden, wenn anzunehmen ist, dass der Betroffene die Vollzugsform unter entsprechender sozialarbeiterischer Betreuung nicht missbrauchen werde. Der Beschwerdeführer habe sich in der - der Verurteilung vom 26. Jänner 2011 zugrundeliegenden - Hauptverhandlung leugnend und schulduneinsichtig sowie von keinerlei Problembewusstsein berührt gezeigt. Nach der aus Anlass des verfahrensgegenständlichen Antrags eingeholten Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter vom 12. Dezember 2011 wäre es im Falle der Gewährung des elektronisch überwachten Hausarrests jedenfalls notwendig, auf ein striktes Kontaktverbot des Beschwerdeführers zu seiner Enkelin zu achten bzw. den Kontakt mit potenziellen anderen Opfern möglichst auszuschließen. Darüber hinaus müssten eine fachärztlich kontrollierte Alkoholkarenz, regelmäßige Kontakte zur Bewährungshilfe sowie die Bereitschaft zur begleitenden psychotherapeutischen Behandlung gesichert sein. Letztere würde eine Aufgabe der Delikts- und Problemverleugnung durch den Beschwerdeführer voraussetzen.

Der Beschwerdeführer habe in einer Stellungnahme vom 1. Februar 2012 ausgeführt, unumwunden bereit zu sein, mit allen dafür notwendigen Voraussetzungen und Komponenten den Kontakt mit der Bewährungshilfe sowie eine begleitende Behandlung in Anspruch zu nehmen. Diese Bereitschaft zur Inanspruchnahme der psychotherapeutischen Behandlung reiche jedoch nicht aus, sondern sei zwingend erforderlich, dass der Beschwerdeführer sich selbst und seiner Familie seine Taten und die Geschehensproblematik eingestehe, was aber tatsächlich nicht der Fall sei. Der Beschwerdeführer habe vielmehr sogar in seinem Antrag vom 19. Oktober 2011 nochmals festgehalten, seine Enkelin nicht sexuell missbraucht zu haben und bedauere diese das Ganze ebenso wie den Umstand, nicht die Wahrheit gesagt zu haben. Die Beeinflussung des Opfers auch während des Strafverfahrens, ihre Aussage zu widerrufen, sei bereits umfassendes Thema in der Urteilsbegründung (des Urteils des Landesgerichtes Z. vom 26. Jänner 2011) gewesen. Die Aufgabe der (gemeint:) Delikts- und Problemverleugnung sei jedoch Voraussetzung dafür, dass eine psychotherapeutische Behandlung zur Bearbeitung der mangelhaften Kontrollmöglichkeit der sexuellen Impulse Sinn mache und eine faire und professionelle Auseinandersetzung des Beschwerdeführers mit seiner Tat, dem Leid und der Verwirrung des sehr jungen Opfers und infolge auch des "kriminogenen" Umfelds (Beeinflussung des Opfers durch Familienmitglieder) und den eigenen Beweggründen unter psychotherapeutischer Anleitung überhaupt möglich sei. Die nachhaltige und massive Delikts- und Problemverleugnung in Zusammenhang mit der grundsätzlichen Deliktsproblematik stelle einen derartig gravierenden Risikofaktor dar, dass nicht mit der notwendigen Sicherheit gewährleistet sei, dass der Beschwerdeführer diese Vollzugsform unter entsprechender sozialarbeiterischer Betreuung, die allein ohne therapeutische Behandlung - wie die Begutachtung ergeben habe - nicht ausreichend sei, nicht missbrauchen werde. Im Übrigen stünden auch generalpräventive Erwägungen einer derartigen Vorgangsweise entgegen. Festzuhalten sei weiters, dass die Bestätigung der A., wonach der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinem Bruder auf Waldflächen mit der Erzeugung von Brennholz tätig sein werde, den Zeitraum zwischen 15. Oktober 2011 und 31. März 2012 umfasse, sodass zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde kein gültiger Beschäftigungsnachweis mehr vorliege, was für sich schon die Unmöglichkeit der begehrten Maßnahme bedeute.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1. Durch BGBl. I Nr. 64/2010, mit dem unter anderem das Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969 (StVG), novelliert wurde, hat der Gesetzgeber die Möglichkeit des Vollzuges von Freiheitsstrafen in Form von elektronisch überwachtem Hausarrest geschaffen.

2. Die maßgeblichen Bestimmungen des StVG in der am 1. September 2010 in Kraft getretenen Fassung der genannten Novelle BGBl. I Nr. 64/2010 lauten (samt Überschriften):

"Strafvollzug durch elektronisch überwachten Hausarrest Grundsätze des Strafvollzugs durch elektronisch überwachten

Hausarrest

§ 156b. (1) Der Vollzug der Strafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrests bedeutet, dass der Strafgefangene sich in seiner Unterkunft aufzuhalten, einer geeigneten Beschäftigung (insbesondere einer Erwerbstätigkeit, einer Ausbildung, der Kinderbetreuung, gemeinnütziger Arbeit oder einer vergleichbaren der Wiedereingliederung dienenden Tätigkeit) nachzugehen und sich angemessenen Bedingungen seiner Lebensführung außerhalb der Anstalt (Abs. 2) zu unterwerfen hat. Dem Strafgefangenen ist es untersagt, die Unterkunft außer zur Ausübung seiner Beschäftigung, zur Beschaffung des notwendigen Lebensbedarfs, zur Inanspruchnahme notwendiger medizinischer Hilfe oder aus sonstigen in den Bedingungen genannten Gründen zu verlassen. Er ist durch geeignete Mittel der elektronischen Aufsicht zu überwachen und soweit zu betreuen, als dies zur Erreichung des erzieherischen Strafzwecks erforderlich ist.

(2) Die Bedingungen sollen eine den Zwecken des Strafvollzugs dienende Lebensführung sicherstellen und insbesondere die in der Unterkunft zu verbringenden Zeiten sowie die Beschäftigungszeiten, welche tunlichst der Normalarbeitszeit zu entsprechen haben, festlegen. Die Bundesministerin für Justiz ist ermächtigt, durch Verordnung Richtlinien für die Gestaltung der Bedingungen der Lebensführung außerhalb der Anstalt sowie über die Art und die Durchführung der elektronischen Überwachung, einschließlich der Festlegung jener Justizanstalten, die über Einrichtungen zur elektronischen Aufsicht zu verfügen haben, zu erlassen.

(3) Der Strafgefangene hat die mit Verordnung der Bundesministerin für Justiz festzusetzenden Kosten des elektronischen Hausarrests zu ersetzen. Diese Verpflichtung entfällt, soweit durch ihre Erfüllung der zu einer einfachen Lebensführung notwendige Unterhalt des Strafgefangenen und der Personen, zu deren Unterhalt er verpflichtet ist, gefährdet wäre. Die Kosten sind monatlich im Nachhinein bis zum Fünften des Folgemonats zu entrichten. Die Verpflichtung zum Kostenersatz bildet einen gesonderten Ausspruch der Bewilligung (§ 156d Abs. 2).

(4) Die §§ 1 bis 3, 4 bis 20, 22, 26, 27, 30 Abs. 1, 32a, 35, 36 Abs. 1, 64 Abs. 2 letzter Satz, 72, 99, 99a, 102 Abs. 1, 102a, 103 Abs. 4 bis Abs. 6, 104 bis 106, 107, 108, 109 Z 1, 4 und 5, 110, 113 bis 116a, 118, 119 bis 122, 123, 126 Abs. 2 Z 4, 133, 144 Abs. 2, 145, 146 Abs. 1, 147, 148, 149 Abs. 1, Abs. 4 und Abs. 5, 152, 152a, 153, 154 Abs. 2, 156 Abs. 1 erster Satz, 156a, 179, 179a, 180 und 180a gelten sinngemäß.

Bewilligung und Widerruf

§ 156c. (1) Der Vollzug einer zeitlichen Freiheitsstrafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrests ist auf Antrag des Strafgefangenen oder auf Grund eines schon vor Strafantritt zulässigen Antrags des Verurteilten zu bewilligen, wenn

1. die zu verbüßende oder noch zu verbüßende Strafzeit zwölf Monate nicht übersteigt oder nach sinngemäßer Anwendung des § 145 Abs. 2 voraussichtlich nicht übersteigen wird,

2. der Rechtsbrecher im Inland

  1. a. über eine geeignete Unterkunft verfügt,
  2. b. einer geeigneten Beschäftigung nachgeht,
  3. c. Einkommen bezieht, mit dem er seinen Lebensunterhalt bestreiten kann,

    d. Kranken- und Unfallversicherungsschutz genießt,

    3. die schriftliche Einwilligung der mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen vorliegt, und

    4. nach Prüfung der Wohnverhältnisse, des sozialen Umfelds und allfälliger Risikofaktoren sowie bei Einhaltung der Bedingungen (§ 156b Abs. 2) anzunehmen ist, dass der Rechtsbrecher diese Vollzugsform nicht missbrauchen wird.

(2) Die Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest ist zu widerrufen, wenn

1. eine für ihre Anordnung notwendige Voraussetzung wegfällt, wobei § 145 Abs. 3 sinngemäß gilt,

2. der Strafgefangene eine Anordnung oder eine ihm auferlegte Bedingung entweder in schwerwiegender Weise oder trotz einer förmlicher Mahnung nicht einhält,

3. der Strafgefangene länger als einen Monat mit der Zahlung des Kostenbeitrags in Verzug ist, wobei eine neuerliche Bewilligung nicht in Betracht kommt, bevor der rückständige Kostenbeitrag entrichtet worden ist,

4. der Strafgefangene erklärt, die Bedingungen nicht mehr einhalten zu können, oder

5. gegen den Strafgefangenen der dringende Verdacht besteht, eine vorsätzliche gerichtlich strafbare Handlung während des elektronisch überwachten Hausarrests oder eine vorsätzliche oder fahrlässige gerichtlich strafbare Handlung, deren Aburteilung nach Abs. 1 Z 4 einer Bewilligung des Strafvollzugs durch elektronisch überwachten Hausarrest entgegenstehen würde, begangen zu haben oder sich dem weiteren Strafvollzug entziehen zu wollen.

Zuständigkeit und Verfahren

§ 156d. (1) Die Entscheidungen über die Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest und den Widerruf stehen dem Leiter der Justizanstalt zu, in der die Freiheitsstrafe im Zeitpunkt der Antragstellung vollzogen wird oder in der sie zu vollziehen wäre, wenn die Unterkunft des Strafgefangenen oder Verurteilten im Sprengel desjenigen Landesgerichtes gelegen ist, in dem auch die Justizanstalt liegt, und diese über Einrichtungen zur elektronischen Überwachung verfügt (§ 156b Abs. 2). Wird der Strafgefangene in einer anderen Anstalt angehalten, kommt die Entscheidung über die Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest der Vollzugsdirektion zu, die im Falle der Genehmigung des Antrags zugleich die erforderliche Strafvollzugsortsänderung zu verfügen hat. § 135 Abs. 2 erster Satz letzter Halbsatz und zweiter Satz sowie Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Zugleich mit der Bewilligung des Vollzugs der Strafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrests sind dem Strafgefangenen die Bedingungen seiner Lebensführung außerhalb der Anstalt (§ 156b Abs. 2) sowie der von ihm zu entrichtende Betrag des Kostenersatzes (§ 156b Abs. 3) aufzuerlegen und ihm erforderlichenfalls Betreuung durch eine in der Sozialarbeit erfahrene Person (§ 29c Bewährungshilfegesetz in der Fassung BGBl. I Nr. 64/2010) zu gewähren.

(3) Wurde der Rechtsbrecher wegen einer im § 52a Abs. 1 StGB genannten strafbaren Handlung verurteilt, so ist vor Entscheidung zur Prüfung der Voraussetzungen des § 156c Abs. 1 Z 4 eine Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter einzuholen.

(4) Kann über den Antrag eines Verurteilten nicht innerhalb der Frist des § 3 Abs. 2 entschieden werden, so ist die Anordnung des Strafvollzuges bis zur rechtskräftigen Entscheidung vorläufig zu hemmen, wenn der Antrag nicht offenbar aussichtslos ist. Wird dem Antrag stattgegeben, hat sich die Aufnahme auf die in den §§ 131 Abs. 1 sowie 132 Abs. 4 und 7 vorgesehenen Maßnahmen zu beschränken."

3. Die belangte Behörde begründete die Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers auf Vollzug einer Freiheitsstrafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrests zunächst damit, dass die Bewilligungsvoraussetzung des § 156c Abs. 1 Z. 4 StVG nicht erfüllt sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dieser Bestimmung im Erkenntnis vom 26. Jänner 2012, Zl. 2011/01/0243, Folgendes ausgeführt:

"2.1. Gemäß § 156c Abs. 1 Z. 4 StVG ist der Vollzug einer zeitlichen Freiheitsstrafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrests nur zu bewilligen, wenn nach Prüfung der Wohnverhältnisse, des sozialen Umfelds und allfälliger Risikofaktoren sowie bei Einhaltung der Bedingungen (§ 156b Abs. 2 StVG) anzunehmen ist, dass der Rechtsbrecher diese Vollzugsform nicht missbrauchen wird.

2.2. Zum Verständnis des Begriffs des Missbrauchs der Vollzugsform ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der elektronisch überwachte Hausarrest nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers eine besondere Vollzugsform der Freiheitsstrafe darstellt. Dies kommt in den Gesetzesmaterialien zu BGBl. I Nr. 64/2010 zum Ausdruck, wenn darin etwa ausgeführt wird, dass der elektronisch überwachte Hausarrest als "Haft anderer Art" für den Vollzug von Freiheitsstrafen und der Untersuchungshaft eingeführt werden soll (ErlRV 772 BlgNR 24. GP, S. 3). Da es sich beim elektronisch überwachten Hausarrest um eine Form des Vollzugs handle, müsse sich der Strafgefangene gewissen Einschränkungen in seiner Lebensführung unterwerfen, die dem Zweck des Strafvollzugs entsprechen sollen (ebd., S. 5).

In diesem Sinn hat auch der Oberste Gerichtshof zur Bestimmung des § 173a StPO, welche die Fortsetzung der Untersuchungshaft im elektronisch überwachten Hausarrest regelt, ausgesprochen, dass es sich beim elektronisch überwachten Hausarrest nur um eine Modalität der Untersuchungshaft und nicht etwa um ein diese substituierendes gelinderes Mittel handelt (und insofern die Erhebung einer Grundrechtsbeschwerde gegen eine die Fortsetzung des Vollzugs der Untersuchungshaft im elektronisch überwachten Hausarrest nicht bewilligende Entscheidung für nicht zulässig erachtet; vgl. dazu die Entscheidungen des OGH vom 23. Dezember 2010, 15 Os 165/10v = JBl 2011, 472, und vom 10. Jänner 2011, 13 Os 145/10p; siehe auch das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2011, Zl. 2010/21/0410).

Auch der Strafvollzug in der neu geschaffenen Vollzugsform des elektronisch überwachten Hausarrests hat daher den (allgemeinen) Zwecken des Strafvollzugs gemäß § 20 Abs. 1 StVG zu entsprechen.

Nach dieser Bestimmung soll der Strafvollzug den Verurteilten zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepassten Lebenseinstellung verhelfen und sie abhalten, schädlichen Neigungen nachzugehen. Der Vollzug soll außerdem den Unwert des der Verurteilung zugrunde liegenden Verhaltens aufzeigen.

Ein Missbrauch (auch) dieser Vollzugsform ist daher insbesondere dann anzunehmen, wenn zu befürchten ist, dass der Rechtsbrecher infolge der Anwendung des elektronisch überwachten Hausarrests ein Verhalten setzt, das mit den genannten Zwecken des Strafvollzugs nicht im Einklang steht.

2.3. Aufgrund des systematischen Zusammenhanges mit der Bestimmung über den Widerruf der Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest (vgl. insbesondere § 156c Abs. 2 Z. 5 StVG) ist ein Risiko, der Strafgefangene werde die Vollzugsform missbrauchen, im Einzelnen vor allem dann anzunehmen, wenn die begründete Befürchtung besteht, dass er während des elektronisch überwachten Hausarrests weitere strafbare Handlungen, insbesondere Vorsatzdelikte, begehen oder sich dem weiteren Strafvollzug entziehen werde.

§ 156c Abs. 2 Z. 5 StVG sieht nämlich den Widerruf des elektronisch überwachten Hausarrests dann vor, wenn gegen den Strafgefangenen der dringende Verdacht besteht, eine vorsätzliche gerichtlich strafbare Handlung während des elektronisch überwachten Hausarrests oder eine vorsätzliche oder fahrlässige gerichtlich strafbare Handlung, deren Aburteilung nach Abs. 1 Z. 4 einer Bewilligung des Strafvollzugs durch elektronisch überwachten Hausarrest entgegenstehen würde, begangen zu haben oder sich dem weiteren Strafvollzug entziehen zu wollen.

Davon ausgehend stellen bereits begangene (vorsätzliche wie fahrlässige) strafbare Handlungen Risikofaktoren dar, die gemäß § 156c Abs. 1 Z. 4 StVG neben den Wohnverhältnissen und dem sozialen Umfeld des Verurteilten in die Beurteilung der Missbrauchsgefahr einzufließen haben. Darüber hinaus nennen die Gesetzesmaterialien (ErlRV 772 BlgNR 24. GP, S. 8) die Gefährlichkeit des Betroffenen, Art und Beweggrund der Anlasstat oder früherer Verurteilungen, den nunmehrigen Lebenswandel und die Chancen auf ein redliches Fortkommen nach der Haft als weitere Aspekte, die bei Beurteilung der Missbrauchsgefahr zu berücksichtigen sind. Auch die Wahrscheinlichkeit der Einhaltung der nach § 156b Abs. 2 StVG auferlegten Bedingungen stellt einen Risikofaktor dar.

2.4. Nach dem Gesagten stellt die Einschätzung, ob die Gefahr besteht, der Verurteilte werde die Vollzugsform des elektronisch überwachten Hausarrests missbrauchen, eine Prognosebeurteilung dar, bei der vor dem Hintergrund der in den Gesetzesmaterialien genannten Aspekte auf die Wohnverhältnisse, das soziale Umfeld und allfällige Risikofaktoren abzustellen ist. Bei der Erstellung dieser Prognose besteht für die Strafvollzugsbehörden ein Beurteilungsspielraum, wobei die Entscheidung anhand der dargestellten Kriterien zu begründen ist. "

4. Die Beschwerde bringt in diesem Zusammenhang im Wesentlichen vor, die Beurteilung der belangten Behörde, wonach nicht anzunehmen sei, dass der Beschwerdeführer die begehrte Vollzugsform nicht missbrauchen werde, sei "vollkommen verfehlt". Die belangte Behörde argumentiere hier mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers im verfahrenseinleitenden Antrag vom 10. Oktober 2011, wonach dieser beteuert habe, dass er seine Enkeltochter nicht sexuell missbraucht habe. Die belangte Behörde verkenne jedoch das Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 1. Februar 2012 sowie in seiner Beschwerde (an die belangte Behörde) vom 22. Februar 2012, wonach er sich bereit erklärt habe, alle ihm auferlegten Verhaltensmaßnahmen unumwunden zu erfüllen, um den von ihm beantragten Vollzug in Form eines elektronisch überwachten Hausarrests bewilligt zu bekommen. Damit sei "natürlich schon aus sprachlich(er) Sicht eben auch die Aufgabe …(der) Delikts- und Problemverleugnung mitumfasst" gewesen. Der Beschwerdeführer würde wohl nicht einer umfassenden und unumwundenen Problembearbeitung im Zuge von Psychotherapie und sonstigen ihm auferlegten Maßnahmen zustimmen bzw. hätte dem nicht zugestimmt, wenn keine "korrespondierende Einstellung zur Problemlösung" bei ihm vorherrschen würde, welche eine Aufgabe der Delikts- und Problemverleugnung in sich trage. Der Beschwerdeführer verweise daher darauf, dass er "keine delikts- oder problemleugnende Einstellung" in sich trage, er sich daher zu den Taten bekenne.

Weiters mangle es der Einschätzung der belangten Behörde, wonach im Falle des Beschwerdeführers von einem gravierenden Risikofaktor auszugehen sei, an den notwendigen Grundlagen. So werde in der Stellungnahme der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter vom 12. Dezember 2011 ausgeführt, die aktuelle statistischnomothetische Prognose liefere Hinweise auf die Zugehörigkeit zu einer Gruppe von Tätern, von der vergleichsweise wenig mit einem weiteren Sexualdelikt rückfällig würden, und die nicht primär über eine erhöhte pädosexuelle (richtig:) Erregungsbereitschaft im Sinne einer exklusiven Pädophilie verfügten. Warum die belangte Behörde davon ausgehe, dass vom Beschwerdeführer ein erhöhtes Risiko ausgehe, werde nicht nachvollziehbar begründet. Auch hinsichtlich der Annahme der belangten Behörde, generalpräventive Erwägungen würden einer derartigen Vorgangsweise entgegenstehen, mangele es an einer Begründung. Zudem sei im Unterschied zu den den hg. Erkenntnissen vom 26. Jänner 2012, Zl. 2011/01/0243, und vom 15. März 2012, Zl. 2011/01/0226, zugrundeliegenden Sachverhalten der Beschwerdeführer (vor der Verurteilung vom 26. Jänner 2011) unbescholten. Schließlich sei die von der belangten Behörde verlangte "Eingestehung der Geschehensproblematik" in § 156c StVG nicht als Voraussetzung für die Zuerkennung des elektronisch überwachten Hausarrestes verlangt.

5. Dem Beschwerdevorbringen ist zunächst zu entgegnen, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die begehrte Vollzugsform des elektronisch überwachten Hausarrestes nicht deshalb versagt hat, weil eine von ihr angenommene (im Gesetz keine Deckung findende) Bewilligungsvoraussetzung der "Eingestehung der Geschehensproblematik" nicht erfüllt wurde. Sie hat lediglich den Umstand, dass beim Beschwerdeführer von einer Aufgabe der Delikts- und Problemverleugnung nicht ausgegangen werden könne und demnach die in der Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter vom 12. Dezember 2011 angesprochene Voraussetzung einer im Fall der Gewährung der begehrten Vollzugsform unabdingbaren begleitenden psychotherapeutischen Behandlung nicht vorliege, bei der Beurteilung der Bewilligungsvoraussetzung des § 156c Abs. 1 Z. 4 StVG einbezogen. Diese Vorgangsweise ist aber entgegen der Beschwerdeansicht nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Soweit die Beschwerde sich gegen die Einschätzung der belangten Behörde wendet, beim Beschwerdeführer liege eine Aufgabe der Delikts- und Problemverleugnung in Wahrheit nicht vor, zeigt sie eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Die behördliche Beweiswürdigung ist der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nämlich nur dahin unterworfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind, was dann der Fall ist, wenn sie den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut nicht widersprechen. Dem Gerichtshof kommt es hingegen nicht zu, die Beweiswürdigung der belangten Behörde darüber hinaus auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2011, Zl. 2009/01/0019, mwN).

Vor dem Hintergrund der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers in dem der vollzugsgegenständlichen Verurteilung zugrundeliegenden Strafverfahren und der noch im Antrag auf Gewährung des Vollzugs der Freiheitsstrafe in Form von elektronisch überwachtem Hausarrest enthaltenen Beteuerung des Beschwerdeführers, seine Enkeltochter nicht sexuell missbraucht zu haben, ist die Annahme der belangten Behörde, beim Beschwerdeführer liege eine Aufgabe der Delikts- und Problemverleugnung in Wahrheit nicht vor, auch bei Berücksichtigung der (erstmals in der Stellungnahme vom 1. Februar 2012 zum Ausdruck gebrachten und - dem Beschwerdevorbringen zufolge - zur Erlangung der begehrten Vollzugsform vorgebrachten) Bereitschaft (u.a.) zur Inanspruchnahme einer psychotherapeutischen Behandlung nicht als unschlüssig zu erkennen.

Soweit der Beschwerdeführer für seine Standpunkt die Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter vom 12. Dezember 2011 ins Treffen zu führen sucht und der belangten Behörde eine in dieser Hinsicht mangelhafte Begründung des angefochtenen Bescheides vorwirft, ist darauf hinzuweisen, dass gerade nach dieser Äußerung es als jedenfalls notwendig erachtet wurde, auf ein striktes Kontaktverbot des Beschwerdeführers zu seiner Enkelin zu achten, den Kontakt mit potenziellen anderen Opfern möglichst auszuschließen und eine fachärztlich kontrollierte Alkoholkarenz, regelmäßige Kontakte zur Bewährungshilfe sowie die Bereitschaft zur begleitenden psychotherapeutischen Behandlung sicherzustellen, wobei Letzteres eine Aufgabe der Delikts- und Problemverleugnung durch den Beschwerdeführer zur Voraussetzung habe. Indem sich die belangte Behörde - wie ausgeführt - in nicht unschlüssiger Weise auf die fehlende Aufgabe der Delikts- und Problemverleugnung im Falle des Beschwerdeführers gestützt hat, hat sie die in der genannten Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter als zur Risikominderung jedenfalls erforderlich erachteten Maßnahmen bei ihrer Entscheidung berücksichtigt, sodass der von der Beschwerde gerügte Begründungsmangel nicht vorliegt.

Dem angefochtenen Bescheid sind auch keine Hinweise darauf zu entnehmen, dass die belangte Behörde die (vor der vollzugsgegenständlichen Verurteilung vorliegende) Unbescholtenheit des Beschwerdeführers falsch beurteilt hätte. Entgegen der Beschwerdeansicht folgt aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer erstmals - hier: wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen und des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses - strafgerichtlich verurteilt wurde, aber nicht, dass die im Sinne des § 156c Abs. 1 Z. 4 StVG vorgenommene Prognosebeurteilung der belangten Behörde allein deshalb sich als unschlüssig erweisen würde.

6. Nach dem Gesagten hat die belangte Behörde den ihr vom Gesetz eingeräumten Beurteilungsspielraum bei ihrer Prognosebeurteilung nicht überschritten. Die insoweit auf § 156c Abs. 1 Z. 4 StVG gestützte Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers auf Bewilligung des Vollzuges einer Freiheitsstrafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrests ist daher nicht zu beanstanden. Bei diesem Ergebnis bedarf es weder einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Abweisung des Antrages zu Recht auch auf § 156c Abs. 1 Z. 2 lit. b StVG gestützt werden konnte, noch ein Eingehen auf den Umstand, dass die belangte Behörde - zusätzlich zur einzelfallbezogenen Prognosebeurteilung im Hinblick auf § 156c Abs. 1 Z. 4 StVG - auch generalpräventive Erwägungen als der beantragten Vollzugsform entgegenstehend angesehen hat.

7. Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

8. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 20. Juni 2012

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