VwGH 2011/01/0243

VwGH2011/01/024326.1.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des N A in W, vertreten durch Dr. Rudolf Mayer, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Universitätsstraße 8/2, gegen den Bescheid der Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Wien vom 25. Mai 2011, Zl. 1 Vk 54/11, betreffend eine Angelegenheit des Strafvollzugs (weitere Partei: Bundesministerin für Justiz), zu Recht erkannt:

Normen

StPO §266;
StVG §156b Abs2;
StVG §156b;
StVG §156c Abs1 Z4;
StVG §156c Abs2 Z5;
StVG §156c;
StVG §156d;
StVG §20 Abs1;
StPO §266;
StVG §156b Abs2;
StVG §156b;
StVG §156c Abs1 Z4;
StVG §156c Abs2 Z5;
StVG §156c;
StVG §156d;
StVG §20 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Urteil des Bezirksgerichts Meidling vom 29. Juni 2010 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten, bedingt nachgesehen für eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt. Mit Urteil vom 6. Oktober 2010 gab das Landesgericht für Strafsachen Wien der dagegen erhobenen Berufung der Staatsanwaltschaft Wien Folge und erhöhte die über den Beschwerdeführer verhängte Freiheitsstrafe, unter Ausschaltung der bedingten Strafnachsicht, auf vier Monate.

Am 23. November 2010 beantragte der Beschwerdeführer die Bewilligung des Vollzuges der Freiheitsstrafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrests. Diesen Antrag wies die Leiterin der Justizanstalt Wien-Simmering mit Bescheid vom 31. März 2011 mit der Begründung ab, dass von einer hohen Missbrauchsgefahr im Sinne des § 156c Abs. 1 Z. 4 des Strafvollzugsgesetzes (StVG) auszugehen sei. Aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer bereits mehrfach wegen zum Teil einschlägiger Straftaten zu Freiheitsstrafen verurteilt und mehrere Freiheitsstrafen bedingt ausgesprochen worden seien, ergebe sich die Wirkungslosigkeit bereits gewährter Rechtswohltaten aus spezialpräventiver Sicht. Angesichts der Art und Weise der gesetzten kriminellen Handlung sowie früherer Verurteilungen könne keine Verbesserung des Lebenswandels erkannt werden.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an die Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Wien (die belangte Behörde).

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25. Mai 2011 gab die belangte Behörde dieser Beschwerde "gemäß §§ 120 Abs 1, 121 Abs 1 StVG iVm §§ 156b ff StVG und 66 Abs 4 AVG" nicht Folge und führte dazu begründend im Wesentlichen aus, der vollzugsgegenständlichen Verurteilung sei zugrunde gelegen, dass der Beschwerdeführer am 29. Juni 2009 dem P. mit einem Sessel gegen den Oberarm geschlagen und ihm dadurch eine zwei Zentimeter lange Rissquetschwunde an der Außenseite des linken Oberarms zugefügt habe. Bei der Strafzumessung seien als mildernd keine Umstände, als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen gewertet worden.

Der Beschwerdeführer weise einen ordentlichen Wohnsitz im Inland auf, wobei die (näher bezeichnete) Wohnung in Wien, in der er allein lebe, für den Strafvollzug durch elektronisch überwachten Hausarrest geeignet sei. Der Beschwerdeführer sei seit Dezember 2010 Geschäftsführer eines näher genannten Lokals in Wien. Er betreibe dieses Lokal (ein Cafe) seit sieben Jahren und habe nach der Trennung von seiner Frau die Geschäftsführung übernommen. Arbeitsplatz und Wohnung seien nur etwa 150 Meter voneinander entfernt. Derzeit arbeite der Beschwerdeführer von Montag bis Sonntag von 7.00 bis 2.00 Uhr in dem Cafe, sein Verdienst als Geschäftsführer betrage EUR 1.149,50 monatlich. Für die Zeit des elektronisch überwachten Hausarrests sei geplant, dass sein Vater und seine Schwester, die derzeit in Mazedonien lebten, nach Österreich kommen, um dem Beschwerdeführer im Lokal auszuhelfen. Er würde dann von Montag bis Freitag von 6.45 bis 20.00 Uhr und am Samstag von 6.45 bis 13.00 Uhr mit Pausen arbeiten und käme auf eine Wochenarbeitszeit von mehr als 60 Stunden. Aufgrund der aufrechten Beschäftigung genieße der Beschwerdeführer Kranken- und Unfallversicherungsschutz.

Es lägen demnach zwar die Voraussetzungen des § 156c Abs. 1 Z. 1 bis 3 StVG vor, maßgeblicher Aspekt für die Gewährung des Strafvollzugs durch elektronisch überwachten Hausarrest sei darüber hinaus jedoch die Prüfung allfälliger Risikofaktoren im Hinblick auf die Gefährlichkeit des Verurteilten, Art und Beweggrund der Anlasstat oder früherer Verurteilungen, den nunmehrigen Lebenswandel und die Chance auf ein redliches Fortkommen nach der Haft. Die Prüfung dieser Risikofaktoren lasse den Antrag des Beschwerdeführers scheitern.

Der Beschwerdeführer weise sechs (näher dargestellte) Vorstrafen auf, davon vier einschlägige wegen Gewaltdelikten. Zu der dem vollzugsgegenständlichen Urteil zugrunde liegenden Tat sei es gekommen, als der Beschwerdeführer in einem Lokal in der Nähe seiner Wohnung mit seinem Steuerberater eine Besprechung gehabt habe. Er sei mit der Zeugin M. in Streit geraten, habe diese am Kopf gepackt und gegen die Tischkante geschlagen. Nachdem diese dem P. von dem Vorfall erzählt und dieser den Beschwerdeführer aufgefordert habe, M. zukünftig in Ruhe zu lassen, sei er aufgestanden und habe dem P. zumindest einmal mit einem Sessel gegen den Oberarm geschlagen, wodurch dieser verletzt worden sei. Diese während offener Probezeit begangene strafbare Handlung und die einschlägige Vorstrafenbelastung zeigten deutlich auf, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage sei, sich zu beherrschen, und in Konfliktsituationen sehr schnell tätlich werde und körperliche Gewalt anwende.

Die wiederkehrenden Verurteilungen wegen Gewaltdelikten sowie die Tatsache, dass auch Geldstrafen, bedingt nachgesehene Freiheitsstrafen und der Vollzug eines einmonatigen Strafteils (wegen eines Vermögensdelikts) den Beschwerdeführer nicht beeindruckt hätten, zeigten einen charakterimmanenten Hang des Beschwerdeführers zur Gewaltdelinquenz und zur Negierung von Normen auf. Diese Umstände würden die Bewilligung des Strafvollzugs durch elektronisch überwachten Hausarrest trotz der seit der Verurteilung vergangenen Zeit ausschließen, weil das Risiko, dass der Beschwerdeführer die Vollzugsform aufgrund seiner persönlichen Defizite im auch durch sozialarbeiterische Maßnahmen nicht lückenlos überwachbaren "Arbeitsausgangszeitraum" missbrauchen werde, nicht ausreichend ausgeschlossen werden könne. Als sein eigener Chef im Cafe wäre der Beschwerdeführer keinerlei Kontrolle unterworfen und im Rahmen seiner Tätigkeit zweifelsohne auch öfters Situationen wie jener ausgesetzt, in der er zuletzt (in einem Lokal) tätlich geworden sei. Demgegenüber könne das Missbrauchsrisiko im Strafvollzug (gemeint: in der Justizanstalt) durch die strafferen Kontrollmöglichkeiten der Justizanstalten selbst bei Gewährung von Freigang zur Aufrechterhaltung der Beschäftigung minimiert werden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Durch BGBl. I Nr. 64/2010, mit dem unter anderem das Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969 (StVG), novelliert wurde, hat der Gesetzgeber die Möglichkeit des Vollzuges von Freiheitsstrafen in Form von elektronisch überwachtem Hausarrest geschaffen.

1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des StVG in der am 1. September 2010 in Kraft getretenen Fassung der genannten Novelle BGBl. I Nr. 64/2010 lauten (samt Überschriften):

"Strafvollzug durch elektronisch überwachten Hausarrest Grundsätze des Strafvollzugs durch elektronisch überwachten

Hausarrest

§ 156b. (1) Der Vollzug der Strafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrests bedeutet, dass der Strafgefangene sich in seiner Unterkunft aufzuhalten, einer geeigneten Beschäftigung (insbesondere einer Erwerbstätigkeit, einer Ausbildung, der Kinderbetreuung, gemeinnütziger Arbeit oder einer vergleichbaren der Wiedereingliederung dienenden Tätigkeit) nachzugehen und sich angemessenen Bedingungen seiner Lebensführung außerhalb der Anstalt (Abs. 2) zu unterwerfen hat. Dem Strafgefangenen ist es untersagt, die Unterkunft außer zur Ausübung seiner Beschäftigung, zur Beschaffung des notwendigen Lebensbedarfs, zur Inanspruchnahme notwendiger medizinischer Hilfe oder aus sonstigen in den Bedingungen genannten Gründen zu verlassen. Er ist durch geeignete Mittel der elektronischen Aufsicht zu überwachen und soweit zu betreuen, als dies zur Erreichung des erzieherischen Strafzwecks erforderlich ist.

(2) Die Bedingungen sollen eine den Zwecken des Strafvollzugs dienende Lebensführung sicherstellen und insbesondere die in der Unterkunft zu verbringenden Zeiten sowie die Beschäftigungszeiten, welche tunlichst der Normalarbeitszeit zu entsprechen haben, festlegen. Die Bundesministerin für Justiz ist ermächtigt, durch Verordnung Richtlinien für die Gestaltung der Bedingungen der Lebensführung außerhalb der Anstalt sowie über die Art und die Durchführung der elektronischen Überwachung, einschließlich der Festlegung jener Justizanstalten, die über Einrichtungen zur elektronischen Aufsicht zu verfügen haben, zu erlassen.

(3) Der Strafgefangene hat die mit Verordnung der Bundesministerin für Justiz festzusetzenden Kosten des elektronischen Hausarrests zu ersetzen. Diese Verpflichtung entfällt, soweit durch ihre Erfüllung der zu einer einfachen Lebensführung notwendige Unterhalt des Strafgefangenen und der Personen, zu deren Unterhalt er verpflichtet ist, gefährdet wäre. Die Kosten sind monatlich im Nachhinein bis zum Fünften des Folgemonats zu entrichten. Die Verpflichtung zum Kostenersatz bildet einen gesonderten Ausspruch der Bewilligung (§ 156d Abs. 2).

(4) Die §§ 1 bis 3, 4 bis 20, 22, 26, 27, 30 Abs. 1, 32a, 35, 36 Abs. 1, 64 Abs 2 letzter Satz, 72, 99, 99a, 102 Abs. 1, 102a, 103 Abs. 4 bis Abs. 6, 104 bis 106, 107, 108, 109 Z 1, 4 und 5, 110, 113 bis 116a, 118, 119 bis 122, 123, 126 Abs. 2 Z 4, 133, 144 Abs. 2, 145, 146 Abs. 1, 147, 148, 149 Abs. 1, Abs. 4 und Abs. 5, 152, 152a, 153, 154 Abs. 2, 156 Abs. 1 erster Satz, 156a, 179, 179a, 180 und 180a gelten sinngemäß.

Bewilligung und Widerruf

§ 156c. (1) Der Vollzug einer zeitlichen Freiheitsstrafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrests ist auf Antrag des Strafgefangenen oder auf Grund eines schon vor Strafantritt zulässigen Antrags des Verurteilten zu bewilligen, wenn

1. die zu verbüßende oder noch zu verbüßende Strafzeit zwölf Monate nicht übersteigt oder nach sinngemäßer Anwendung des § 145 Abs. 2 voraussichtlich nicht übersteigen wird,

2. der Rechtsbrecher im Inland

  1. a. über eine geeignete Unterkunft verfügt,
  2. b. einer geeigneten Beschäftigung nachgeht,
  3. c. Einkommen bezieht, mit dem er seinen Lebensunterhalt bestreiten kann,

    d. Kranken- und Unfallversicherungsschutz genießt,

    3. die schriftliche Einwilligung der mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen vorliegt, und

    4. nach Prüfung der Wohnverhältnisse, des sozialen Umfelds und allfälliger Risikofaktoren sowie bei Einhaltung der Bedingungen (§ 156b Abs. 2) anzunehmen ist, dass der Rechtsbrecher diese Vollzugsform nicht missbrauchen wird.

(2) Die Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest ist zu widerrufen, wenn

1. eine für ihre Anordnung notwendige Voraussetzung wegfällt, wobei § 145 Abs. 3 sinngemäß gilt,

2. der Strafgefangene eine Anordnung oder eine ihm auferlegte Bedingung entweder in schwerwiegender Weise oder trotz einer förmlicher Mahnung nicht einhält,

3. der Strafgefangene länger als einen Monat mit der Zahlung des Kostenbeitrags in Verzug ist, wobei eine neuerliche Bewilligung nicht in Betracht kommt, bevor der rückständige Kostenbeitrag entrichtet worden ist,

4. der Strafgefangene erklärt, die Bedingungen nicht mehr einhalten zu können, oder

5. gegen den Strafgefangenen der dringende Verdacht besteht, eine vorsätzliche gerichtlich strafbare Handlung während des elektronisch überwachten Hausarrests oder eine vorsätzliche oder fahrlässige gerichtlich strafbare Handlung, deren Aburteilung nach Abs. 1 Z 4 einer Bewilligung des Strafvollzugs durch elektronisch überwachten Hausarrest entgegenstehen würde, begangen zu haben oder sich dem weiteren Strafvollzug entziehen zu wollen.

Zuständigkeit und Verfahren

§ 156d. (1) Die Entscheidungen über die Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest und den Widerruf stehen dem Leiter der Justizanstalt zu, in der die Freiheitsstrafe im Zeitpunkt der Antragstellung vollzogen wird oder in der sie zu vollziehen wäre, wenn die Unterkunft des Strafgefangenen oder Verurteilten im Sprengel desjenigen Landesgerichtes gelegen ist, in dem auch die Justizanstalt liegt, und diese über Einrichtungen zur elektronischen Überwachung verfügt (§ 156b Abs. 2). Wird der Strafgefangene in einer anderen Anstalt angehalten, kommt die Entscheidung über die Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest der Vollzugsdirektion zu, die im Falle der Genehmigung des Antrags zugleich die erforderliche Strafvollzugsortsänderung zu verfügen hat. § 135 Abs. 2 erster Satz letzter Halbsatz und zweiter Satz sowie Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Zugleich mit der Bewilligung des Vollzugs der Strafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrests sind dem Strafgefangenen die Bedingungen seiner Lebensführung außerhalb der Anstalt (§ 156b Abs. 2) sowie der von ihm zu entrichtende Betrag des Kostenersatzes (§ 156b Abs. 3) aufzuerlegen und ihm erforderlichenfalls Betreuung durch eine in der Sozialarbeit erfahrene Person (§ 29c Bewährungshilfegesetz in der Fassung BGBl. I Nr. 64/2010) zu gewähren.

(3) Wurde der Rechtsbrecher wegen einer im § 52a Abs. 1 StGB genannten strafbaren Handlung verurteilt, so ist vor Entscheidung zur Prüfung der Voraussetzungen des § 156c Abs. 1 Z 4 eine Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter einzuholen.

(4) Kann über den Antrag eines Verurteilten nicht innerhalb der Frist des § 3 Abs. 2 entschieden werden, so ist die Anordnung des Strafvollzuges bis zur rechtskräftigen Entscheidung vorläufig zu hemmen, wenn der Antrag nicht offenbar aussichtslos ist. Wird dem Antrag stattgegeben, hat sich die Aufnahme auf die in den §§ 131 Abs. 1 sowie 132 Abs. 4 und 7 vorgesehenen Maßnahmen zu beschränken."

2. Die belangte Behörde begründete die Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers auf Vollzug einer Freiheitsstrafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrests mit dem Risiko, dass er diese Vollzugsform durch neuerliche Begehung strafbarer Handlungen (insbesondere von Gewaltdelikten) missbrauchen werde und verneinte damit das Vorliegen der Voraussetzung des § 156c Abs. 1 Z. 4 StVG.

2.1. Gemäß § 156c Abs. 1 Z. 4 StVG ist der Vollzug einer zeitlichen Freiheitsstrafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrests nur zu bewilligen, wenn nach Prüfung der Wohnverhältnisse, des sozialen Umfelds und allfälliger Risikofaktoren sowie bei Einhaltung der Bedingungen (§ 156b Abs. 2 StVG) anzunehmen ist, dass der Rechtsbrecher diese Vollzugsform nicht missbrauchen wird.

2.2. Zum Verständnis des Begriffs des Missbrauchs der Vollzugsform ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der elektronisch überwachte Hausarrest nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers eine besondere Vollzugsform der Freiheitsstrafe darstellt. Dies kommt in den Gesetzesmaterialien zu BGBl. I Nr. 64/2010 zum Ausdruck, wenn darin etwa ausgeführt wird, dass der elektronisch überwachte Hausarrest als "Haft anderer Art" für den Vollzug von Freiheitsstrafen und der Untersuchungshaft eingeführt werden soll (ErlRV 772 BlgNR 24. GP, S. 3). Da es sich beim elektronisch überwachten Hausarrest um eine Form des Vollzugs handle, müsse sich der Strafgefangene gewissen Einschränkungen in seiner Lebensführung unterwerfen, die dem Zweck des Strafvollzugs entsprechen sollen (ebd., S. 5).

In diesem Sinn hat auch der Oberste Gerichtshof zur Bestimmung des § 173a StPO, welche die Fortsetzung der Untersuchungshaft im elektronisch überwachten Hausarrest regelt, ausgesprochen, dass es sich beim elektronisch überwachten Hausarrest nur um eine Modalität der Untersuchungshaft und nicht etwa um ein diese substituierendes gelinderes Mittel handelt (und insofern die Erhebung einer Grundrechtsbeschwerde gegen eine die Fortsetzung des Vollzugs der Untersuchungshaft im elektronisch überwachten Hausarrest nicht bewilligende Entscheidung für nicht zulässig erachtet; vgl. dazu die Entscheidungen des OGH vom 23. Dezember 2010, 15 Os 165/10v = JBl 2011, 472, und vom 10. Jänner 2011, 13 Os 145/10p; siehe auch das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2011, Zl. 2010/21/0410).

Auch der Strafvollzug in der neu geschaffenen Vollzugsform des elektronisch überwachten Hausarrests hat daher den (allgemeinen) Zwecken des Strafvollzugs gemäß § 20 Abs. 1 StVG zu entsprechen.

Nach dieser Bestimmung soll der Strafvollzug den Verurteilten zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepassten Lebenseinstellung verhelfen und sie abhalten, schädlichen Neigungen nachzugehen. Der Vollzug soll außerdem den Unwert des der Verurteilung zugrunde liegenden Verhaltens aufzeigen.

Ein Missbrauch (auch) dieser Vollzugsform ist daher insbesondere dann anzunehmen, wenn zu befürchten ist, dass der Rechtsbrecher infolge der Anwendung des elektronisch überwachten Hausarrests ein Verhalten setzt, das mit den genannten Zwecken des Strafvollzugs nicht im Einklang steht.

2.3. Aufgrund des systematischen Zusammenhanges mit der Bestimmung über den Widerruf der Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest (vgl. insbesondere § 156c Abs. 2 Z. 5 StVG) ist ein Risiko, der Strafgefangene werde die Vollzugsform missbrauchen, im Einzelnen vor allem dann anzunehmen, wenn die begründete Befürchtung besteht, dass er während des elektronisch überwachten Hausarrests weitere strafbare Handlungen, insbesondere Vorsatzdelikte, begehen oder sich dem weiteren Strafvollzug entziehen werde.

§ 156c Abs. 2 Z. 5 StVG sieht nämlich den Widerruf des elektronisch überwachten Hausarrests dann vor, wenn gegen den Strafgefangenen der dringende Verdacht besteht, eine vorsätzliche gerichtlich strafbare Handlung während des elektronisch überwachten Hausarrests oder eine vorsätzliche oder fahrlässige gerichtlich strafbare Handlung, deren Aburteilung nach Abs. 1 Z. 4 einer Bewilligung des Strafvollzugs durch elektronisch überwachten Hausarrest entgegenstehen würde, begangen zu haben oder sich dem weiteren Strafvollzug entziehen zu wollen.

Davon ausgehend stellen bereits begangene (vorsätzliche wie fahrlässige) strafbare Handlungen Risikofaktoren dar, die gemäß § 156c Abs. 1 Z. 4 StVG neben den Wohnverhältnissen und dem sozialen Umfeld des Verurteilten in die Beurteilung der Missbrauchsgefahr einzufließen haben. Darüber hinaus nennen die Gesetzesmaterialien (ErlRV 772 BlgNR 24. GP, S. 8) die Gefährlichkeit des Betroffenen, Art und Beweggrund der Anlasstat oder früherer Verurteilungen, den nunmehrigen Lebenswandel und die Chancen auf ein redliches Fortkommen nach der Haft als weitere Aspekte, die bei Beurteilung der Missbrauchsgefahr zu berücksichtigen sind. Auch die Wahrscheinlichkeit der Einhaltung der nach § 156b Abs. 2 StVG auferlegten Bedingungen stellt einen Risikofaktor dar.

2.4. Nach dem Gesagten stellt die Einschätzung, ob die Gefahr besteht, der Verurteilte werde die Vollzugsform des elektronisch überwachten Hausarrests missbrauchen, eine Prognosebeurteilung dar, bei der vor dem Hintergrund der in den Gesetzesmaterialien genannten Aspekte auf die Wohnverhältnisse, das soziale Umfeld und allfällige Risikofaktoren abzustellen ist. Bei der Erstellung dieser Prognose besteht für die Strafvollzugsbehörden ein Beurteilungsspielraum, wobei die Entscheidung anhand der dargestellten Kriterien zu begründen ist.

3. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage vermag die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Fallbezogen hat die belangte Behörde den ihr bei der erforderlichen Prognoseentscheidung zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten und die Gründe für die Annahme einer Missbrauchsgefahr (durch Begehung weiterer Straftaten) nachvollziehbar dargelegt.

3.1. Es kann der belangten Behörde nämlich nicht entgegengetreten werden, wenn sie ausgehend von den einschlägigen Vorstrafen des Beschwerdeführers aufgrund von Gewaltdelikten, unter Berücksichtigung von Art und Umständen der der vollzugsgegenständlichen Verurteilung zugrunde liegenden strafbaren Handlungen und im Hinblick auf seine in Aussicht genommene Tätigkeit von der Gefahr ausgegangen ist, dass er während des elektronisch überwachten Hausarrests weitere Straftaten begehen werde.

Der Einschätzung der belangten Behörde, wonach der Beschwerdeführer in Konfliktsituationen zu Tätlichkeiten neige, nicht ausgeschlossen werden könne, dass er während der Tätigkeit im genannten Lokal wieder in derartige Situationen kommen werde und eine ausreichende Kontrolle durch sozialarbeiterische Maßnahmen nicht möglich sei, tritt auch die Beschwerde nicht substantiiert entgegen. Durch den (bloßen) Hinweis, wonach der Beschwerdeführer durch das Verspüren des "Haftübels" in Form einer im Oktober 2010 erlittenen Untersuchungshaft nachhaltig gebessert worden sei, vermag die Beschwerde die auf die konkrete Situation des Beschwerdeführers abstellende Prognose der belangten Behörde nicht zu erschüttern.

3.2. Dass ein Ausspruch durch das erkennende Gericht, wonach eine Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest für einen bestimmten Zeitraum nicht in Betracht komme (§ 266 Strafprozessordnung idF BGBl. I Nr. 64/2010), nicht getroffen wurde, ändert nichts daran, dass die Strafvollzugsbehörden die Voraussetzungen für den Vollzug der Freiheitsstrafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrests im Falle eines darauf abzielenden Antrags anhand der dargestellten gesetzlichen Bestimmungen zu beurteilen haben.

4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 26. Jänner 2012

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