VwGH 2011/09/0210

VwGH2011/09/021026.6.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des FB in X, vertreten durch Dr. Robert Zauchinger, Rechtsanwalt in 2100 Korneuburg, Hauptplatz 32, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 14. September 2011, Zl. 26/13-DOK/11, betreffend Disziplinarstrafe der Entlassung nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93;
BDG 1979 §95 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
StGB §27;
VwRallg impl;
VwRallg;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93;
BDG 1979 §95 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
StGB §27;
VwRallg impl;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahr 1963 geborene Beschwerdeführer stand bis zu seiner mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Entlassung als Fachoberinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und wurde bis zu seiner Suspendierung am 1. Juli 2005 als Hauptsachbearbeiter im Team Zollkasse beim Zollamt X verwendet.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13. Dezember 2007 wurde der Beschwerdeführer wie folgt für schuldig erkannt und verurteilt (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Der Beschwerdeführer, HF, FU und JK sind schuldig, sie haben in X und anderen Orten in den Jahren zirka 2000 bis

2004 und zwar

I.) Der Beschwerdeführer und HF als Beamte,

nämlich als Mitarbeiter der Verwahrstelle des Hauptzollamtes X mit dem Vorsatz, dadurch die Republik Österreich an ihren Rechten auf ordnungsgemäßen Verkauf bzw. Vernichtung beschlagnahmter Waren zu schädigen, ihre Befugnis, im Namen des Bundes in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte, nämlich den ordnungsgemäßen Verkauf bzw. Vernichtung beschlagnahmter Waren vorzunehmen, wissentlich missbraucht und durch die Tat einen im Zweifel EUR 50.000.-- nicht übersteigenden Schaden herbeigeführt, indem sie

1.) Waren, die zur Vernichtung bestimmt waren, sich

zueigneten oder diese auf eigene Rechnung verkauften;

2.) im Jänner 2003 zirka 10 kg Scandium im nicht mehr festgestellten Wert, das sie zur Vernichtung bestimmt wähnten, einer solchen nicht zuführten;

3.) acht Personenkraftwagen unter deren tatsächlichen

Marktwert und unter Ausschaltung eines ordnungsgemäßen Bieterverfahrens verkauften und zwar

  1. a) im Feber 2001 einen BMW 730 i;
  2. b) im November 2001 einen Opel Corsa;
  3. c) im Jahre 2003 einen Alfa Romeo 156;
  4. d) im Sommer 2001 einen Suzuki Swift;
  5. e) im Jahre 2003 einen Mercedes 200 D;
  6. f) im März 2001 einen VW-Passat;
  7. g) im Sommer 2002 einen Skoda Pickup

    und

    h) im Sommer 2002 einen Audi 80;

II.) zu den unter I.) geschilderten Taten beigetragen

und zwar

1.) FU, indem er

a) beschlagnahmte Fälschungen von Markenwaren, die zur

Vernichtung bestimmt waren, von den zuvor genannten Angeklagten in

einem nicht mehr exakt festzustellenden Betrag kaufte;

b) - laut Anklageschrift (entfällt);

c) 3 kg beschlagnahmtes Scandium im nicht mehr

festgestellten Wert von den genannten Angeklagten zum Verkauf

übernahm;

d) Rechnungen über den Ankauf der 8 beschlagnahmten

Personenkraftwagen ausstellte, die somit ausgebucht und von den

Beamten zu einem unter dem Marktwert liegenden Preis angekauft

werden konnten;

e) 2 Uhren der Marke Longines im Werte von zirka

EUR 8.000.-- vom Hauptzollamt um EUR 1.400.-- ankaufte und dem

Erstangeklagten zu diesem Betrag überließ;

2.) JK, indem er im Sommer 2004 nachstehende Waren,

die mit Ausnahme des unten angeführten Personenkraftwagens zur Vernichtung bestimmt waren, vom Zweitangeklagten im Wissen und Mitwirken des Erstangeklagten kaufte:

2 gefälschte Rolex Armbanduhren und 2 Kartons gefälschtes 'Solingen-Geschirr', weitere 480 gefälschte Armbanduhren, 310 gefälschte Edelstahlgeschirrsets, gefälschte Turn-Laufschuhe um einen Pauschalpreis von EUR 2.000.--, gefälschte Parfums um einen Pauschalpreis von EUR 2.000.--, 700 Stück Bekleidung und 115 gefälschte Paul & Shark Westen etc., um einen Pauschalpreis von EUR 2.000.--, einen Personenkraftwagen Alfa Romeo um EUR 99.--;

III.) FU den Zollbeamten (Beschwerdeführer) für

die pflichtwidrige Vornahme von Amtsgeschäften einen Vorteil gewährt, indem er Bestechungsgelder in der Höhe von ATS 20.000.-- an den Beschwerdeführer zahlte, um den Zuschlag bei Zigarettenverkäufen durch das Zollamt X zu bekommen;

IV.) der Beschwerdeführer durch Annahme der zu

Punkt III.) geschilderten Zahlungen für die pflichtwidrige Vornahme von Amtsgeschäften einen Vorteil angenommen.

Es haben dadurch begangen

der Beschwerdeführer und HF:

zu I.):

das Verbrechen des Missbrauches der Amtsgewalt nach dem § 301 Abs. 1 StGB;

der Beschwerdeführer

zu IV.):

das Verbrechen der Geschenkannahme durch Beamte nach dem § 304 Abs. 1 StGB;

FU und JK:

zu II.):

das Verbrechen des Missbrauches der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB als Beteiligte nach § 12 StGB,

und FU:

zu III.):

das Vergehen der Bestechung nach dem § 307 Abs. 1, Z. 1 StGB, und es werden dafür alle Angeklagten nach dem § 302 Abs. 1 StGB, der Beschwerdeführer und FU unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB wie folgt bestraft:

der Beschwerdeführer

zu einer Freiheitsstrafe von

1 (einem) Jahr;

HF

zu einer Freiheitsstrafe von

9 (neun) Monaten;

FU

zu einer Freiheitsstrafe von

1 (einem) Jahr,

und JK

zu einer Freiheitsstrafe von

6 (sechs) Monaten.

Alle Angeklagten werden gemäß § 389 Abs. 1 StPO auch zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Gemäß § 38 Abs. 1, Z. 1 StGB wird die erlittene Vorhaft wie

folgt angerechnet:

Beim Beschwerdeführer

vom 17.6.2005, 15.45 Uhr, bis zum 24.8.2005, 13.40 Uhr.

...

Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird bei allen Angeklagten die Freiheitsstrafe unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen."

Nach Erstattung einer Disziplinaranzeige und Fassung eines Einleitungsbeschlusses vom 14. April 2008 sowie eines Verhandlungsbeschlusses vom 10. September 2010 (ein wegen finanzstrafgesetzlicher Vorwürfe gegen den Beschwerdeführer geführtes Strafverfahren wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 25. Jänner 2010 beendet) wurde der Beschwerdeführer nach Durchführung einer Disziplinarverhandlung mit dem Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom 28. Februar 2011 wie folgt für schuldig erkannt:

"Der Beschwerdeführer ist schuldig,

1)

im Zusammenwirken mit anderen Personen (auch mit HF als Mitarbeiter der Verwahrstelle) mit dem Vorsatz, dadurch die Republik Österreich an ihren Rechten auf ordnungsgemäßen Verkauf bzw. ordnungsgemäße Vernichtung beschlagnahmter Waren zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte, nämlich den ordnungsgemäßen Verkauf bzw. die ordnungsgemäße Vernichtung beschlagnahmter Waren vorzunehmen, wissentlich missbraucht und dadurch einen Schaden herbeigeführt zu haben (Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt gem. § 302 Abs. 1 StGB), indem er in X und anderen Orten in den Jahren 2000 bis 2004 als Leiter der Verwahrstelle des Zollamtes X Waren, die zur Vernichtung bestimmt waren, sich zugeeignet oder diese auf eigene Rechnung verkauft hat (gemäß Punkt I.1 des Urteils des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13.12.2007 Zl. 032 Hv 94/07 m und den dazu gehörigen Ausführungen bei den Beitragstätern in Punkt II. des zitierten Urteils), im Jänner 2003 ca.10 kg Scandium, das er zur Vernichtung bestimmt wähnte, einer solchen nicht zugeführt hat (gemäß Punkt 1.2 des Urteils des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13.12.2007 und den dazu gehörigen Ausführungen bei den Beitragstätern in Punkt II. des zitierten Urteils), zumindest 3 Personenkraftwagen, nämlich im Feber 2001 einen BMW 730 i; im Sommer 2001 einen Suzuki Swift; im Jahre 2003 einen Mercedes 200 D unter deren tatsächlichen Marktwert und unter Ausschaltung eines ordnungsgemäßen Bieterverfahrens verkauft hat (gemäß Punkt 1.3 des Urteils des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13.12.2007 und den dazu gehörigen Ausführungen bei den Beitragstätern in Punkt II. des zitierten Urteils) und

2)

von FU Bestechungsgeld in der Höhe von zumindest 1 x ATS 20.000,-

(gemäß Punkt IV. des Urteils des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13.12.2007) zwecks pflichtwidriger Vornahme von Amtsgeschäften (Zuschläge bei Zigarettenverkäufen durch das Zollamt X) angenommen hat (Verbrechen der Geschenkannahme durch Beamte gem. § 304 Abs. 1 StGB) und

3)

als Mitglied einer Bande, der auch HF und weitere Mitarbeiter der Verwahrstelle angehört haben sollen, in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, somit gewerbsmäßig, eingangsabgabepflichtige Waren (im Juni 2003 11.848 ,14 Gramm Scandium, im Zeitraum Ende 2003 bis Mai 2004 482 Uhren mit der Markenbezeichnung 'Rolex', im Spätsommer 2004 242 17-teilge Geschirrsets mit der Markenbezeichnung 'Solingen', im September 2004 1.350 Paar Schuhe und Sportschuhe, 700 Stück Bekleidung (T-Shirts und Sportjacken), 10 Mützen, 50 Gürtel, 40 Taschen, 400 Duftwasserflaschen, 20 Uhren, 115 'Paul & Shark' Strickwesten sowie 4.000 Handycover, Handytaschen und Handyschnüre) der zollamtlichen Überwachung entzogen hat (Finanzvergehen des Schmuggels unter den erschwerenden Umständen der Gewerbs- und Bandenmäßigkeit gem. §§ 11, 35 Abs. 1, 38 Abs. 11 lit. a und b FinStrG),

vorsätzlich in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, somit gewerbsmäßig, eine eingangsabgabepflichtige Ware (im Zeitraum Ende 2003 bis Mai 2004 einen Pullover mit der Markenbezeichnung 'Paul & Shark') der zollamtlichen Überwachung entzogen hat (Finanzvergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels gern. §§ 35 Abs. 1 lit. a, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG) und

vorsätzlich in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, im Zusammenwirken mit einer anderen Person im August 2001 hinsichtlich eines Kraftfahrzeuges der Marke 'Suzuki Swift' und am 14.12.2001 hinsichtlich zweier Uhren mit der Markenbezeichnung 'Longines' unter Verletzung einer zollrechtlichen Wahrheitspflicht eine Verkürzung von Eingangsabgaben bewirkt hat

(Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben gem. §§ 11, 35 Abs. 2, 38 Abs. 11it. a FinStrG).

Er hat dadurch gegen die Dienstpflichten des § 43 Abs. 1 BDG, wonach der Beamte seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen hat, sowie des § 43 Abs. 2 BDG, wonach der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen hat, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt,

wie auch des § 45 Abs. 1 BDG, wonach der Vorgesetzte darauf zu achten hat, dass seine Mitarbeiter ihre dienstlichen Aufgaben gesetzmäßig und in zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise erfüllen (er hat seine Mitarbeiter dazu anzuleiten, Ihnen erforderlichenfalls Weisungen zu erteilen, aufgetretene Fehler und Missstände abzustellen) und § 59 Abs. 1 BDG, wonach es dem Beamten untersagt ist, im Hinblick auf seine amtliche Stellung für sich oder einen Dritten ein Geschenk, einen anderen Vermögensvorteil oder sonstigen Vorteil zu fordern, anzunehmen oder sich versprechen zu lassen verstoßen und dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen.

Gem. § 92 Abs. 1 Z 4 BDG wird hiefür gegen den Beschwerdeführer die Disziplinarstrafe der Entlassung ausgesprochen."

Die Behörde erster Instanz begründete ihren Bescheid ausführlich und vor allem damit, dass das Fehlverhalten des Beschwerdeführers als sehr gravierend anzusehen sei. Die Dienstpflichtverletzungen erschöpften sich nicht in der Verwirklichung des gerichtlich strafbaren Tatbestandes, es sei ein disziplinärer Überhang gegeben, es sei sowohl notwendig, zusätzlich zur bereits verhängten gerichtlichen Strafe eine Disziplinarstrafe zu verhängen und die Disziplinarstrafe der Entlassung sei auch angesichts der im Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, dargelegten gesetzlichen Kriterien erforderlich, um den Beschwerdeführer von der Begehung zukünftiger Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die Behörde sei nicht in der Lage, für den Beschwerdeführer eine weitere Beibehaltung im Finanzdienst (Zoll und Steuer) eine günstige Prognose zu stellen. Unter Abwägung sämtlicher Umstände sei aus spezialpräventiven und generalpräventiven Gründen die Strafe der Entlassung die einzige Möglichkeit, um den Beschwerdeführer und andere Beamte von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er im Wesentlichen Mängel des rechtskräftigen Urteils des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13. Dezember 2007 behauptete und meinte, dass der amtsmissbräuchliche Verkauf der Waren im Sommer 2004 auf Initiative seines Stellvertreters zu Stande gekommen sei und er selbst nur auf Grund seiner notorischen, zugegebenermaßen bereits eine leichte Charakterschwäche darstellenden Gutmütigkeit nicht in der Lage gewesen sei, die erforderlichen dienstrechtlichen Schritte zu unternehmen. Hinsichtlich der Strafbemessung führte der Beschwerdeführer aus, dass die belangte Behörde den Erschwerungsgrund der "Beeinträchtigung des Ansehens der Republik Österreich" zu Unrecht herangezogen habe. Auch habe die Behörde erster Instanz eine Reihe von Milderungsgründen nicht ausreichend berücksichtigt, weshalb die Disziplinarstrafe der Entlassung überhöht sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 105 BDG 1979 abgewiesen und dies nach Darstellung des Verfahrensganges und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen damit begründet, dass die belangte Behörde an die Tatsachenfeststellungen des rechtkräftigen Strafurteils gebunden sei. Die belangte Behörde habe im vorliegenden Fall sogar bei der Generalprokuratur beim Obersten Gerichtshof eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gemäß § 23 Abs. 1 StPO gegen das Urteil vom 13. Dezember 2007 angeregt, und mit Schreiben vom 8. August 2011 habe die Generalprokuratur mitgeteilt, nach Prüfung des Vorbringens und der Bezugsakten keinen Anlass zur Erhebung einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gefunden zu haben. Das Urteil sei daher gemäß § 95 BDG 1979 für die Disziplinarbehörden bindend und da die dem Beschwerdeführer angelasteten Sachverhalte aus dem Spruch des Strafurteils klar hervorgingen, komme einem scheinbaren Widerspruch zur Begründung des Urteils keine Bedeutung zu. Die Bindung des Urteils beziehe sich auch auf Feststellungen hinsichtlich der Schuld und zur Frage des subjektiven Tatseite (Wissentlichkeit im Hinblick auf das Verbrechen nach § 302 Abs. 1 StGB, Eventualvorsatz im Hinblick auf das Vergehen nach § 304 StGB und die Finanzstraftatbestände). Sodann führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid wie folgt aus:

"Zur Frage der rechtlichen Würdigung der Verfehlungen des Beschuldigten als Dienstpflichtverletzungen nach § 43 Abs. 1 und Abs. 2 BDG wird auf die nicht konkret vom Beschuldigten bestrittenen Ausführungen der erstinstanzlichen Disziplinarbehörde verwiesen, da der Beschuldigte seine Verfehlungen sämtlich mit Bezug auf sein dienstliches Handeln, somit nach dem Tatbestand des § 43 Abs. 1 BDG sowie nach § 43 Abs. 2 BDG, da all seine Verfehlungen geeignet waren, das Vertrauen der Allgemeinheit in seine Dienstführung massiv zu erschüttern, getätigt hat. Dies gilt auch für die Rechtsfrage des Vorliegens eines disziplinären Überhanges, der jedenfalls vorliegt, da sämtliche dem Beschuldigen angelasteten Verfehlungen auch den Tatbestande des § 43 Abs. 2 BDG erfüllen (VwGH 18.10.1989, 86/09/0178, VwGH 18.11.1993, 93/09/0320 und 93/09/0361). Der Verkauf der in Rede stehenden Pkws, der Verkauf bzw. die Zueignung der dem Beschuldigen anvertrauten Gegenstände, die oa. Geschenkannahme in Bezug auf die oa. Zuschlagserteilung sowie das Vergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels sind Tatbestände, die das Vertrauen der Allgemeinheit in die Dienstverrichtung des Beschuldigten massiv zerrüttet haben.

Soweit der Beschuldigte die Ausführungen des Strafgerichts im oa. Urteil zur Schwere der ihm angelasteten Verfehlung sowie zu den Strafzumessungsgründen für sich ins Treffen führt, ist damit für ihn nichts gewonnen, da weder hinsichtlich der Gewichtung der objektiven Schwere der Tat noch hinsichtlich der Strafbemessungsgründe eine Bindung der Disziplinarbehörden besteht und diesbezüglich auch nicht auf die Ausführungen des Strafurteils Bedacht zu nehmen ist (sinngemäß dazu etwa VwGH 27.6.2001, 99/09/0194), dies gilt auch für die vom Beschuldigten verbüßte Untersuchungshaft.

Wie schon das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis unter Berücksichtung der jüngeren Rechtsprechung (VwGH 14.11.2007, 2005/09/0115) zum Ausdruck bringt, hat der Beschuldigte durch seine durchaus schweren und über einen langen Zeitraum andauernden wiederholten und vielfältigen Dienstpflichtverletzungen im Kernbereich seiner dienstlichen Tätigkeit (zu denen eben der sorgsame Umgang des Beschuldigten mit Gegenständen gehört, die ihm zur Verwahrung, Verwertung oder Vernichtung anvertraut waren, weiters die Pflicht zur vollständigen Integrität, die eine Geschenkannahme in Bezug auf Amtshandlungen ausschließt und endlich die behördliche Befugnis des Beschuldigten, zur Hintanhaltung des gewerbsmäßigen Schmuggels Befehls- und Zwangsgewalt einzusetzen und nicht etwa selbst ein derartiges Fehlverhalten zu setzen) die Vertrauensbasis zu seinem Dienstgeber so nachhaltig zerstört, dass sein Dienstverhältnis nicht aufrecht bleiben kann, da in Anbetracht des Überwiegens der Erschwerungsüber die Strafmilderungsgründe und dem gesamten Persönlichkeitsbild des Beschuldigten keine Gewähr besteht, dass er künftig ähnliche Dienstpflichtverletzungen unterlassen werde. Der Beschuldigte hat durch sein gesamtes Fehlverhalten im Kernbereich der Dienstpflichten eines leitenden Zollbeamten in unentschuldbarer Weise schwer versagt und dabei auch erhebliche kriminelle Energie bewiesen. Auch bei einer verhältnismäßig geringen Gesamtschadenshöhe hat ein derartiges Fehlverhalten bei einem Zollbeamten ein nicht zu bagatellisierendes Gewicht.

Als mildernd waren lediglich die teilgeständige Verantwortung des Beschuldigten, seine früher gute Dienstverrichtung, sein guter Lebenswandel vor Begehung der Taten, seine Unbescholtenheit, die besonders günstige Gelegenheit zur Tatbegehung und die lange Dauer des Strafverfahrens zu werten. Schuldeinsicht kann dem Beschuldigten, der versucht hat, seine Verfehlungen herunterzuspielen, die Verantwortung auf den (vollends geständigen) Mittäter HF abzuschieben, nur bedingt (nämlich im Umfang seines Teilgeständnisses) zugebilligt werden. Eine untergeordnete Beteiligung an den oa. Verfehlungen kann dem Beschuldigten schon im Hinblick auf das gegen ihn ergangene Strafurteil, in dem dieser Sachverhalt keine Deckung findet, nicht zugebilligt werden. Die in kurzer Dauer verhängte Untersuchungshaft war lediglich Folge der vom Beschuldigten getätigten Malversationen und kann nicht als Strafmilderungsgrund herangezogen werden.

Dem stehen erschwerend die große Zahl an Tathandlungen und der lange Tatzeitraum von mehr als drei Jahren gegenüber, die die oa. Milderungsgründe jedenfalls aufwiegen.

Insgesamt wird nun durch die objektive Schwere und Vielzahl der dem Beschuldigten angelasteten Straftaten eine so hohe Gefährlichkeit des Täters dargetan, dass nur mit der Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung das Auslangen gefunden werden kann. In Anbetracht der Vielzahl von Tathandlungen kann bei einer auf einer Wahrscheinlichkeitsannahme fußenden Durchschnittsbetrachtung nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Beschuldigte in Zukunft wohl verhalten wird, eine positive Zukunftsprognose ist bei ihm zu verneinen; daher ist die Entlassung des Beschuldigten auch aus spezialpräventiven Gründen erforderlich. Insgesamt haben seine schweren Straftaten, wie bereits erwähnt, das Vertrauen in seine Dienstverrichtung in unwiederherstellbarer Weise zerstört, weswegen die DOK keine Möglichkeit sah, das Strafausmaß herabzusetzen.

Dem steht auch die aufgrund der Dienstrechts-Novelle 2008 dem Rechtsbestand nunmehr angehörende aktuelle Fassung des § 93 Abs. 1 BDG nicht entgegen, die das Erfordernis der Generalprävention als gleichwertige Funktion des Disziplinarstrafrechtes aufnimmt, wodurch es nach den dazu ergangenen erläuternden Bemerkungen vor dem Hintergrund der oa. Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.11.2007, 2005/09/0115, in Hinkunft auch ermöglicht werden sollte, bei besonders schweren Dienstpflichtverletzungen allein schon aus generalpräventiven Erwägungen eine Entlassung auszusprechen.

Nähere Übergangsbestimmungen sind dazu nicht ergangen. Stellt man bei einer verfassungskonformen Auslegung der Bestimmungen des Disziplinarrechtes darauf ab, dass im Lichte des Art. 7 EMRK auch hier ein Verhalten nicht bestraft werden darf, das zur Zeit der Begehung nicht strafbar war und auch nicht höhere Strafen verhängt werden dürfen als sie zum Zeitpunkt der Begehung der Tat gegolten haben, so bedeutet dieses Verbot der Rückwirkung, dass die neue Rechtslage in Anbetracht des vor dem Inkrafttreten der Novellierung gesetzten Verhaltens des Beschuldigten keine Anwendung zu finden hat. Dies ergibt sich auch unter Bedachtnahme auf das Günstigkeitsprinzip (vgl. Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten3, S. 18 f). Nach der hier relevanten Rechtslage im Zeitpunkt der Begehung der Dienstverletzungen hat hingegen die Generalprävention, also die Frage, inwieweit bei Bemessung der Strafe auch darauf abzustellen ist, ob diese erforderlich ist, der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken, nur im Zusammenhang mit der Norm des § 118 Abs. 1 Z 4 BDG eine nähere Bedeutung, während e contrario aus § 93 BDG zu schließen ist, dass - anders als unter dem Regime des StGB - auf generalpräventive Belange nicht ausschließlich abzustellen ist (VwGH 14.11.2007, 2005/09/0115, Kucsko-Stadelmayer, a.a.O., S. 82).

Auch ist auf die zum Zeitpunkt der Tatbegehung geltende Rechtslage abzustellen:

Die Berufungsbehörde hat ansonsten Änderungen in den Rechtsvorschriften, die bis zur Erlassung des Berufungsbescheides eintreten, zu berücksichtigen, wenn es sich im betreffenden Fall um die Beurteilung der Sachlage und Rechtslage im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung handelt. Gerade letzteres trifft aber auf Straferkenntnisse nicht zu, (und damit auch Disziplinarerkenntnisse) die darüber absprechen, ob der Beschuldigte einer zur Zeit der Tatbegehung geltenden Norm, an deren Stelle nicht etwa bis zur Erlassung des Bescheides erster Instanz eine dem Beschuldigten günstigere Vorschrift getreten ist (§ 1 Abs 2 VStG), zuwidergehandelt hat, und welche Strafe hiefür nach dieser Norm angemessen ist. Ein Disziplinarerkenntnis schafft nicht Recht, sondern stellt fest, ob geltendes Recht verletzt wurde. Dies kann aber - in dem oben umschriebenen Rahmen - nur nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht entschieden werden (VwGH 26.05.1997, 94/10/0075). Änderungen der Rechtslage nach Erlassung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses sind somit irrelevant (sinngemäß VwGH 26.05.1997, 94/10/0075, zur Bestimmung des § 51 VStG, die ebenso wie die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum § 44a Z 1 VStG auch im Disziplinarverfahren Anwendung findet).

Im Lichte dieser Ausführungen ist für den Beschuldigten auch unter Berücksichtigung der oa. Rechtslage und der neueren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nichts gewonnen; es ist nichts zu Tage getreten, was der Notwendigkeit der Entlassung des Beschuldigten aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis Abbruch tut. Die Möglichkeit der Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz hat hingegen bei einer derart hohen kriminellen Energie des Beschuldigten keine ausschlaggebende Bedeutung, da bei einer kriminellen Neigung des Beschuldigten gegen ihm anvertraute Wertgegenstände bzw. Güter letztlich auch die Möglichkeit einer außerdienstlichen Begehung im Raum stünde, die ebenfalls die Entlassung des Beschuldigten aus dem Zolldienst, der mit Befehls- und Zwangsgewalt ausgestattet ist, rechtfertigt. Auch ist im gesamten übrigen Bereich der Finanzverwaltung auf allen Arbeitsplätzen stets eine ordnungsgemäße Gebarung seitens der Bediensteten in allen Bereichen des Abgabewesens erforderlich, die vom Beschuldigten ebenso wenig mit der nötigen Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, wie die für einen Arbeitsplatz in der Finanzverwaltung nötige Integrität, die der Beschuldigte durch sein Vergehen nach § 304 StGB hat vermissen lassen. In Anbetracht der dem Beschuldigten beizumessenden negativen Zukunftsprognose ist daher für ihn auch bei einer Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz kein günstigerer Ausgang des gegen ihn durchgeführten Disziplinarverfahrens möglich.

In Anbetracht der Schwere der oa. Dienstpflichtverletzungen erweist sich insgesamt die Entlassung des Beschuldigten auch vor dem Hintergrund der oa. Rechtslage als gerechtfertigt.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission konnte im Lichte der Bestimmung des § 125a Abs. 2 bzw. Abs. 3 Z 5 BDG abgesehen werden. Die Anwendung der Bestimmung des § 125a Abs. 2 BDG ist im gegenständlichen Verfahren zulässig, da der entscheidungswesentliche Sachverhalt sowie die für die Strafbemessung maßgeblichen oa. angeführten Erschwerungsgründe großteils aus dem gegen den Beschuldigten ergangenen Strafurteil klar hervorgehen. Die Bestimmung des § 125a Abs. 3 Z 5 BDG konnte hingegen Anwendung finden, da die oa. Milderungsgründe des Teilgeständnisses und der Unbescholtenheit, des früher guten Lebenswandels sowie der zuvor guten Dienstverrichtung des Beschuldigten und der langen Dauer des Strafverfahrens bereits aufgrund der Aktenlage bekannt geworden sind und weitere Milderungsgründe nicht ersichtlich bzw. nicht absehbar sind."

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, in der Fassung vor der Dienstrechts-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 147, (BDG 1979), lauten:

"Allgemeine Dienstpflichten

§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

...

8. Abschnitt

Disziplinarrecht

...

Dienstpflichtverletzungen

§ 91. Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.

Disziplinarstrafen

§ 92. (1) Disziplinarstrafen sind

1. der Verweis,

2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben

Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,

3. die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen

unter Ausschluss der Kinderzulage, und

4. die Entlassung.

...

Strafbemessung

§ 93. (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

...

Zusammentreffen von gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlungen mit Dienstpflichtverletzungen

§ 95. (1) Wurde der Beamte wegen einer gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt und erschöpft sich die Dienstpflichtverletzung in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes, so ist von der Verfolgung abzusehen, wenn anzunehmen ist, dass die Verhängung einer Disziplinarstrafe nicht erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

(2) Die Disziplinarbehörde ist an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zu Grunde gelegte Tatsachenfeststellung eines Strafgerichtes (Straferkenntnis eines unabhängigen Verwaltungssenates) gebunden. Sie darf auch nicht eine Tatsache als erwiesen annehmen, die das Gericht (der unabhängige Verwaltungssenat) als nicht erweisbar angenommen hat.

(3) Wird von der Verfolgung nicht abgesehen, dann ist, wenn sich eine strafgerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verurteilung auf denselben Sachverhalt bezieht, eine Strafe nur auszusprechen, wenn und soweit dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

...

Verhandlung in Abwesenheit des Beschuldigten und Absehen von der

mündlichen Verhandlung

§ 125a. (1) ...

(2) Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinarsenat kann ungeachtet eines Parteienantrages Abstand genommen werden, wenn der Sachverhalt infolge Bindung an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils eines Strafgerichtes oder eines Straferkenntnisses eines unabhängigen Verwaltungssenates zu Grunde gelegte Tatsachenfeststellung hinreichend geklärt ist.

(3) Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der

Disziplinaroberkommission kann ungeachtet eines Parteienantrages

Abstand genommen werden, wenn

1. die Berufung zurückzuweisen ist,

2. die Angelegenheit an die erste Instanz zu verweisen

ist,

3. ausschließlich über eine Berufung gegen die

Auferlegung eines Kostenersatzes zu entscheiden ist,

4. sich die Berufung ausschließlich gegen die

Strafbemessung richtet oder

5. der Sachverhalt nach der Aktenlage in Verbindung

mit der Berufung geklärt erscheint."

In seinem Erkenntnis vom 16. Oktober 2008, Zl. 2007/09/0012, führte der Verwaltungsgerichtshof zu den §§ 93 ff BDG 1979 idF vor der Dienstrechtsnovelle 2008 wie folgt aus:

"Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, wurde von dem in der früheren Judikatur entwickelten 'Untragbarkeitsgrundsatz' abgegangen und betont, dass § 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 die Schwere der Dienstpflichtverletzung als 'Maß für die Höhe der Strafe' festlegt. Dieser Maßstab richtet sich nach dem Ausmaß der Schuld im Sinne der 'Strafbemessungsschuld' des Strafrechtes. Für die Strafbemessung ist danach sowohl das objektive Gewicht der Tat maßgebend wie auch der Grad des Verschuldens (vgl. die ErläutRV zur Vorgängerbestimmung des § 93 BDG 1979 im BDG 1977, 500 BlgNR

14. GP 83). Das objektive Gewicht der Tat (der 'Unrechtsgehalt') wird dabei in jedem konkreten Einzelfall - in Ermangelung eines typisierten Straftatbestandskatalogs im Sinne etwa des StGB - wesentlich durch die objektive Schwere der in jedem Einzelfall konkret festzustellenden Rechtsgutbeeinträchtigung bestimmt. Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei Beurteilung der Schwere einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 als gravierend ins Gewicht fällt, wenn ein Beamter durch die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen gerade jene Werte verletzt, deren Schutz ihm in seiner Stellung oblag (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. November 2001, Zl. 2000/09/0021). An dieser Auffassung hat sich auch durch das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, nichts Grundsätzliches geändert. Hinsichtlich des Grades des Verschuldens ist nach dem gemäß § 93 Abs. 1 dritter Satz BDG 1979 zu berücksichtigenden § 32 StGB darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen nahe liegen können.

Für die Strafbemessung im engeren Sinn ist weiters zu prüfen, inwieweit eine Disziplinarstrafe erforderlich ist, um den Täter von der weiteren Begehung von Dienstpflichtverletzungen abzuhalten; ferner sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe iS der §§ 33 ff StGB zu berücksichtigen, die nicht die Tatbegehungsschuld betreffen, also im Zeitpunkt der Tatausübung noch nicht vorhanden waren, wie etwa die seither verstrichene Zeit, Schadenswiedergutmachung oder das reumütige Geständnis. Wiegt die Dienstpflichtverletzung besonders schwer - insbesondere unter Berücksichtigung des objektiven Unrechtsgehalts der Tat - so kann von der Verhängung einer hohen (der höchsten) Disziplinarstrafe allerdings nur abgesehen werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen oder wenn keine spezialpräventiven Gründe die Verhängung einer Strafe in diesem Ausmaß gebieten.

Soweit es um eine Entlassung geht, ist die spezialpräventive Erforderlichkeit einer solchen (der disziplinarrechtlichen Tatschuld angemessenen) schweren Disziplinarstrafe nicht erst dann anzunehmen, wenn sich die Aussichten auf ein künftiges Unterbleiben von Dienstpflichtverletzungen - bei Beschränkung auf eine mildere Strafe - in einer vagen Hoffnung erschöpfen, und wird umgekehrt nicht nur bei besonderer Gewähr dafür zu verneinen sein. Abzustellen ist auf einen dazwischen liegenden Maßstab einer begründeten Wahrscheinlichkeit. Dabei ist freilich eine Entlassung schon nach der ersten schweren Dienstpflichtverletzung nicht ausgeschlossen, wenn auf Grund ihrer Eigenart und der Persönlichkeit des Täters die Wahrscheinlichkeit besteht, dass dieser im Falle einer geringeren Sanktion weitere Dienstpflichtverletzungen begehen werde.

Das gänzliche Außerachtlassen von Versetzungsmöglichkeiten (oder gar von schon erfolgten Versetzungen) entspricht nach den Gesetzesmaterialien (vgl. die ErläutRV 500 BlgNR 14. GP 83) nicht dem Willen des Gesetzgebers. Sind geeignete Versetzungsmöglichkeiten - bei deren Inanspruchnahme die Begehung gleichartiger Disziplinarvergehen durch den Beamten mit ausreichender Wahrscheinlichkeit verhindert werden kann - offenkundig oder werden sie vom Beamten im Disziplinarverfahren konkret ins Treffen geführt, so kann diese Frage in der Begründung dafür, warum er dessen ungeachtet zu entlassen sei, nicht zur Gänze ausgeklammert bleiben. Das bedeutet freilich keinen Anspruch des Betroffenen auf Versetzung statt Entlassung, sondern verpflichtet die Behörde lediglich dazu, sich in der Begründung ihrer Entscheidung mit einem diesbezüglichen im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen des Disziplinarbeschuldigten auseinander zu setzen.

Ist nach einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verurteilung ein Schuldspruch zu fällen, ist gemäß § 95 Abs. 3 BDG 1979 zu prüfen, ob und inwieweit es - zusätzlich zu den vom Gericht oder der Verwaltungsbehörde verhängten Sanktionen - einer Disziplinarstrafe bedarf, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten (vgl. dazu im Einzelnen das schon erwähnte Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Die Verhängung einer Disziplinarstrafe zusätzlich zu einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Strafe ist daher nur zulässig, wenn und soweit dies aus spezialpräventiven Gründen erforderlich ist, oder anders gewendet: Wenn und soweit die gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Strafe für sich alleine nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit erwarten lassen, dass der Beamte keine weiteren Dienstpflichtverletzungen begehen wird. Diese Überlegungen gelten insbesondere auch, soweit es um die schwerste Disziplinarstrafe der Entlassung geht: Liegt eine strafgerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verurteilung vor, die sich auf denselben Sachverhalt bezieht, so ist auch für die Disziplinarstrafe der Entlassung gemäß § 95 Abs. 3 BDG 1979 zu begründen, dass und aus welchen Gründen es ihrer Verhängung bedarf, um den Beamten - mit ausreichender Wahrscheinlichkeit - von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. An die nur teilweise - nämlich in Bezug auf weitere gerichtlich strafbare Handlungen - auf die gleiche Gefahr bezogene Prognose des Strafgerichts ist die Disziplinarbehörde dabei freilich, anders als hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen des Strafgerichts, nicht gebunden, geht es im Disziplinarverfahren doch um die Gefahr der Verletzung der spezifisch die öffentlichrechtlich Bediensteten treffenden aus dem Dienstrecht erfließenden Dienstpflichten." (gleichartige Formulierungen finden sich in den hg. Erkenntnissen vom 15. Mai 2008, Zl. 2006/09/0073, 16. Oktober 2008, Zl. 2007/09/0136, 20. November 2008, Zl. 2006/09/0242, 24. Juni 2009, Zl. 2006/09/0108, 31. Juli 2009, Zl. 2008/09/0223, 16. September 2009, Zl. 2008/09/0360, 15. Oktober 2009, Zlen. 2008/09/0004, 2008/09/0005, 2008/09/0332, 2009/09/0003, und etwa im hg Erkenntnis vom 26. Jänner 2012, Zl. 2009/09/0187)

Diese Überlegungen betrafen einen Fall, in dem es wie auch im vorliegenden Fall um die Entlassung eines Beamten ging, der wegen schweren Betruges zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Sie haben auch im vorliegenden Fall Bedeutung.

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheide deswegen für rechtswidrig, weil auf Seite 14 der Feststellungen des Strafurteils ausgeführt werde, dass die Personenkraftwagen unterpreisig gekauft worden seien, doch stehe dem die auf Seite 14 ergangene Feststellung, "der Wert dieser Personenkraftwagen kann jedoch exakt nicht mehr festgestellt werden", entgegen. Angesichts dieses Widerspruches hätte die belangte Behörde nach dem Grundsatz in duio pro reo die für den Beschwerdeführer günstiger Feststellung dem Erkenntnis zu Grunde legen müssen.

Damit zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil die Feststellung, dass der Wert der Personenkraftwagen nicht mehr exakt festgestellt werden konnte, der Feststellung, dass der Kauf unterpreisig stattgefunden habe, nicht entgegen steht.

Eine weitere Rechtswidrigkeit erblickt der Beschwerdeführer darin, dass sich die belangte Behörde auch an die Feststellung des Gerichtes, dass die Personenkraftwagen unter Ausschaltung eines ordnungsgemäßen Verkaufes bzw. Bieterverfahrens verkauft worden seien, als gebunden erachtet habe und bei richtiger Beurteilung es sich dabei nicht um Feststellungen, sondern um rechtliche Beurteilungen handle. Diese seien bei richtiger rechtlicher Beurteilung jedoch unzutreffend, weil die Verwertung beschlagnahmter, verfallener Gegenstände in einem Erlass, nämlich in der Zollkassenvorschrift (ZKV), erlassen von der Abteilung VI/7 des Bundesministeriums für Finanzen, GZ. 67 0601/3-VI/7/92, die mit 1. Jänner 1993 in Kraft getreten sei, geregelt gewesen sei und das Prozedere in diesem Erlass durch den Beschwerdeführer penibel eingehalten worden sei. Die damals gültige Zollkassenvorschrift habe angeordnet, dass die Verwertung grundsätzlich durch öffentliche Versteigerung zu erfolgen habe; unter den Voraussetzungen des § 50 der Abgabenexekutionsordnung sei jedoch ein Freihandverkauf zulässig gewesen. Diese Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle seien im vorliegenden Fall gegeben gewesen, weshalb eine "Ausschaltung eines ordnungsgemäßen Bieterverfahrens" dem Beschwerdeführer nicht vorgeworfen werden könne.

Damit zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil gemäß § 50 Abs. 1 der Abgabenexekutionsordnung ein freihändiger Verkauf nur dann zulässig ist, "wenn dies allen Beteiligten offenbar zum Vorteile gereicht", diese Voraussetzung war offensichtlich im vorliegenden Fall angesichts der Tatsache nicht gegeben, dass der Verkauf unterpreisig erfolgte und im Fall einer öffentlichen Versteigerung ein höherer Preis erzielt hätte werden können. Daher kann nicht gesagt werden, dass der freihändige Verkauf allen Beteiligten offenbar zum Vorteil gereichte.

Eine weitere Rechtswidrigkeit erblickt der Beschwerdeführer darin, dass ihm die belangte Behörde zu Unrecht eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 45 Abs. 1 BDG 1979 vorwerfe, weil er tatsächlich keine Leitungsaufgaben und -befugnisse gehabt habe.

Dem steht jedoch die unbestrittene Feststellung im Bescheid der Behörde erster Instanz entgegen, dass der Beschwerdeführer bis zu seiner vorläufigen Suspendierung am 1. Juli 2005 beim Zollamt X als Leiter des Verwahrlagers dienstverwendet worden sei. Dies hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung nicht bestritten und dort auch seine "falsch verstandene Loyalität zu seinem Stellvertreter" als zugegebenermaßen leichte Charakterschwäche bezeichnet. Sohin geht aus der Argumentation des Beschwerdeführers selbst seine Leitungsfunktion hervor.

Wenn der Beschwerdeführer meint, das Landesgericht für Strafsachen Wien sei mit seinem Urteil vom 13. Dezember 2007 gezielt unter jener Grenze gewesen, welche das Strafgesetzbuch in § 27 als Grenze für den Amtsverlust ziehe, so zeigt er damit jedenfalls eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf, weil sich die in § 95 Abs. 2 BDG 1979 normierte Bindungswirkung eines Strafurteils nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf die Strafbemessung durch das Strafgericht bezieht. Auch wenn das Strafgericht keine Strafe verhängt hat, die zum Amtsverlust gemäß § 27 StGB führt, sind die Disziplinarbehörden nicht gehindert, aus eigenem Ermessen die für die disziplinarrechtliche Ahndung der in Rede stehenden Dienstpflichtverletzungen aus disziplinarrechtlicher Sicht angemessene Disziplinarstrafe, also auch die Disziplinarstrafe der Entlassung zu verhängen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. März 1994, Zl. 93/09/0391).

Letztlich erachtet der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil aus spezialpräventiver Sicht keine Notwendigkeit für den Ausspruch seiner Entlassung gegeben gewesen sei. Es sei nicht in die Wertung einbezogen worden, dass der Beschwerdeführer nunmehr erstmalig bestraft worden sei und erstmalig disziplinär in Erscheinung getreten sei, weshalb die Einräumung einer zweiten Chance geboten erschienen wäre. Auch habe die belangte Behörde in keiner Weise die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des hoch verschuldeten Beschwerdeführers, der sorgepflichtig für zwei minderjährige Kinder sei, berücksichtigt.

Auch damit zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf, weil die belangte Behörde im Grunde des § 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 zutreffend von einer hohen objektiven Schwere der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Dienstpflichtverletzungen ausgegangen ist. Diese Schwere ist angesichts des großen objektiven Unrechtsgehaltes der Dienstpflichtverletzungen so hoch, dass durchaus auch bei Vorliegen von Milderungsgründen grundsätzlich die Entlassung als Disziplinarstrafe in Betracht kam. Der Beschwerdeführer hat nämlich mehrfach gerade jene Rechtsgüter verletzt, deren Schutz ihm als Beamter grundsätzlich oblag, nämlich Sicherung der Zollabgaben. Die belangte Behörde hat es auch nicht unterlassen, sich gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 im Sinne der dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mit den geltend gemachten Milderungsgründen auseinander zu setzen. Sie hat in ihren Erwägungen zum Ausdruck gebracht, es könne für die Zukunft keinesfalls ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer erneut versuchen werde, auch weiterhin Dienstpflichtverletzungen zu begehen. Die belangte Behörde hat daher auf ausreichende Weise beurteilt, dass gegen den Beschwerdeführer angesichts der gegen ihn bereits vom Landesgericht für Strafsachen Wien ausgesprochenen Strafe eine Disziplinarstrafe auszusprechen war und dass die Disziplinarstrafe der Entlassung zu verhängen war, um ihn von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

Ob und auf welchen anderen Arbeitsplatz eine Versetzung des Beschwerdeführers im vorliegenden Fall an Stelle der Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung in Frage gekommen wäre, hat die Beschwerde in keiner Weise angedeutet. Es ist daher nicht zu ersehen, inwiefern die belangte Behörde insoferne die ihr gebotene Prüfung eines gelinderen Mittels unterlassen hätte.

Der belangten Behörde kann letztlich auch angesichts des Berufungsvorbringens nicht der Vorwurf gemacht werden, sie hätte zu Unrecht von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung Abstand genommen, weil kein Hinweis darauf vorliegt, der von der Behörde erster Instanz festgestellte Sachverhalt wäre nicht hinreichend geklärt worden oder in entscheidenden Punkten nicht richtig, sodass rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen worden wären oder die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse gestützt hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 2009, Zl. 2008/09/0005, mwN).

Bei dieser Sachlage ist nicht zu ersehen, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden wäre, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 26. Juni 2012

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