VwGH 2007/09/0136

VwGH2007/09/013616.10.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des GG in P, vertreten durch Dr. Josef Sailer, Rechtsanwalt in 2460 Bruck an der Leitha, Schlossmühlgasse 14, gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 22. November 2006, Zl. 65/9-DOK/06, betreffend Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 §38;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93 Abs1;
BDG 1979 §95 Abs1;
BDG 1979 §95 Abs3;
StGB §207a;
StGB §32;
StGB §33;
StGB §34;
StGB §35;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 §38;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93 Abs1;
BDG 1979 §95 Abs1;
BDG 1979 §95 Abs3;
StGB §207a;
StGB §32;
StGB §33;
StGB §34;
StGB §35;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im gegenständlichen Umfang des Strafausspruches wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der im Jahr 1958 geborene Beschwerdeführer stand als Gruppeninspektor in einem aktiven öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; im verfahrensgegenständlichen Zeitraum war seine Dienststelle die Polizeiinspektion R., auf eigenes Ansuchen wurde er mit Wirksamkeit vom 1. Juli 2007 zur Grenzpolizeiinspektion H. versetzt.

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 21. April 2006 wurde der Beschwerdeführer des Vergehens der pornographischen Darstellungen Minderjähriger nach § 207a Abs. 3 erster bis vierter Fall StGB schuldig erkannt und - unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB und Bedachtnahme auf § 37 Abs. 1 StGB - zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je EUR 20,--, sohin insgesamt EUR 7.200,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit zu 180 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt.

Nach dem Schuldspruch dieses rechtskräftigen Strafurteiles wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe

1. am 26. und 27. März 2004 durch Herunterladen auf die Festplatte seines PC und

2. am 31. März 2004 durch dauerhaftes Abspeichern auf einer CD-Rom

sich eine Vielzahl kinderpornographischer Darstellungen verschafft und zumindest die auf der CD-Rom abgespeicherten auch bis zum 23. Jänner 2006 (Hausdurchsuchung) besessen.

In dem sachgleichen, dieselbe Vorgangsweise des Beschwerdeführers betreffenden Disziplinarverfahren erkannte die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres den Beschwerdeführer nach mündlicher Verhandlung mit Disziplinarerkenntnis vom 24. Juli 2006 für schuldig, er habe - über seine strafgerichtliche Verantwortlichkeit hinaus - dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 iVm § 91 BDG 1979 begangen, und verhängte über den Beschwerdeführer wegen dieser Dienstpflichtverletzung gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung. (Vom Vorwurf, der Beschwerdeführer habe die sittliche und seelische Entwicklung seiner - zum Entscheidungszeitpunkt - 15-jährigen Tochter, zwischen dem Jahr 2001 und dem 21. Jänner 2006 dahingehend gefährdet, dass er in deren Mansardenzimmer im gemeinsamen Wohnhaus insgesamt 204 Stück Videokassetten, ausschließlich mit pornographischem Inhalt aufbewahrt habe, diese Videos für das Mädchen frei zugänglich und somit für sie ab ihrem elften Lebensjahr die Gelegenheit zum Zugriff bzw. Abspielen der Pornovideos gegeben gewesen sei, und somit eine weitere Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 begangen, wurde der Beschwerdeführer mit der Begründung freigesprochen, dass zum diesbezüglichen, von der Staatsanwaltschaft Korneuburg wegen des Vorwurfes des § 208 StGB verfolgten Faktum eine Einstellung gemäß § 90 Abs. 1 StPO erfolgt sei.)

Die von ihr verhängte Disziplinarstrafe der Entlassung begründete die Disziplinarbehörde erster Instanz im Wesentlichen damit, dass die Vorgehensweise des Beschwerdeführers als "besonders krasser Fall" zu werten sei, da sich der Beschwerdeführer nicht damit begnügt hätte, einmalig eine pornografische Darstellung herunterzuladen, sondern sich eine Vielzahl davon verschafft hätte und darüber hinaus die Darstellungen über einen langen Zeitraum (vom 27. März 2004 bzw. 31. März 2004 bis zur Hausdurchsuchung am 23. Jänner 2006) behalten habe. Das Verhalten des Beschwerdeführers sei sowohl geeignet, Bedenken auszulösen, er werde die ihm konkret zu besorgen übertragenen dienstlichen Aufgaben (besonderer Funktionsbezug) als auch jene Aufgaben, die jeden Beamten zukämen (allgemeiner Funktionsbezug) nicht in sachlicher Weise erfüllen. Einziges relevantes Strafzumessungskriterium sei die objektive Schwere der Dienstpflichtverletzung. Anderen Strafzumessungsgründen könne keine ausschlaggebende Bedeutung hier zukommen. Daran könnten auch etwaige Milderungsgründe, wie vorhandene Belobigungen, bisherige disziplinarrechtliche Unbescholtenheit, selbst eine allfällig günstige Zukunftsprognose nichts verändern. Auf Grund einer negativen Dienstbeschreibung könne aber nicht einmal mehr von einer günstigen Zukunftsprognose ausgegangen werden.

Dieses Disziplinarerkenntnis bekämpfte der Beschwerdeführer in seiner Berufung insoweit, "als gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 die Disziplinarstrafe der Entlassung (und nicht eine 'gelindere' Disziplinarstrafe) ausgesprochen wurde". Er machte u.a. geltend, es mangle dem bisherigen Disziplinarverfahren ein Eingehen auf die Täterpersönlichkeit, außerdem seien die Strafzumessungsgründe nicht richtig angewendet worden und die persönliche Situation des Beschuldigten nicht ausreichend berücksichtigt worden. Es sei völlig unbeachtet geblieben, dass die Tathandlung des Beschwerdeführers vom März 2004 bis zum Entdecken im Februar 2006 keinerlei weitere Auswirkungen gehabt hätte. Außerdem sei eine Versetzung an einen anderen Dienstort ausreichend, damit etwa jene Teile der Bevölkerung bzw. seiner Kollegen oder unmittelbaren nächsten Umgebung, die von seiner verwerflichen Handlung entfernt Kenntnis erlangt hätten, in ihrem Bedürfnis nach dienstrechtlichen Maßnahmen befriedigt seien.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab.

In der Begründung stützte sie diese Entscheidung - im Anschluss an eine zusammenfassende Wiedergabe des Verfahrensganges, des erstinstanzlichen Bescheides und der Berufung sowie neben Darlegung der von ihr als im vorliegenden Fall relevant erachteten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - ausgehend davon, dass sich die Berufung ausschließlich gegen die Strafbemessung richtete, im Wesentlichen auf folgende Erwägungen:

Das Fehlverhalten des Beschwerdeführers sei von der erstinstanzlichen Disziplinarbehörde als Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 qualifiziert worden und dieser Schuldspruch in Teilrechtskraft erwachsen, weshalb auch der disziplinäre Überhang gegeben sei.

Entgegen der Rechtsmeinung des Beschwerdeführers sei sein Fehlverhalten, nämlich das von ihm begangene Delikt nach § 207a StGB in Ansehung der hohen Bedeutung, die dem Schutz der sexuellen Integrität Minderjähriger zukommt, derart gravierend, dass den vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Milderungsgründen zur Strafbemessung keine ausschlaggebende Bedeutung mehr zukomme. Ungeachtet der dem Beschwerdeführer zuzubilligenden Milderungsgründe, wie etwa einer guten Zukunftsprognose, einer früheren guten Dienstverrichtung, der disziplinären Unbescholtenheit und einer geständigen Verantwortung, würden im gegenständlichen Fall die Erschwerungsgründe, wie eben der Besitz der inkriminierten CDs über einen längeren Zeitraum (und damit verbunden einer längeren Tatbegehung), die Vielzahl der heruntergeladenen Bilder und der besondere Verhaltensunwert einer Tatbegehung nach § 207a StGB in Anbetracht der damit verbundenen sexuellen Ausbeutung hilfloser Kinder und Jugendlicher überwiegen, sodass der Beschwerdeführer insgesamt dadurch nicht mehr das Bild eines den rechtlich geschützten Werten verbundenen Beamten biete und er zu einer weiteren Dienstverrichtung untragbar geworden sei. So habe der Verwaltungsgerichtshof (im Erkenntnis vom 10. September 1986, Zl. 85/09/0146) hinsichtlich der disziplinären Entlassung eines wegen eines Sexualdelikts verurteilten Beamten ausgesprochen, bei dieser Art der Verfehlung könne nicht von einem Vergehen minderen Grades gesprochen werden, woran auch das bisherige anstandslose Verhalten des Beamten nichts ändern könne und er in seiner Funktion untragbar geworden sei. Diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei jedenfalls auch auf die Begehung von Delikten nach § 207a StGB anwendbar, da durch ein derartiges Fehlverhalten jedenfalls das Vertrauen der Allgemeinheit in die Dienstverrichtung eines Exekutivbeamten unwiederbringlich zerstört werde.

Durch seine Handlungsweise habe der Beschwerdeführer, wie im erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnis zutreffend ausgeführt, ein sehr schwerwiegendes Fehlverhalten (auch) im Kernbereich seiner Dienstpflichten als Exekutivbeamter gesetzt. Diesbezüglich sei von einem hohen Grad des Verschuldens und einem hohen Unrechtsgehalt der Verfehlung des Beschwerdeführers auszugehen. Das dem Beschwerdeführer angelastete Fehlverhalten sei im Hinblick auf den hohen Stellenwert, der der körperlichen und sittlichen Integrität Minderjähriger zukommt, als dermaßen schwerwiegend anzusehen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die Dienstverrichtung des Beschwerdeführers irreparabel zerstört und er für eine weitere Dienstverrichtung untragbar sei.

Die Entlassung ist die schwerste Disziplinarstrafe gegen aktive Beamte. Sie bezwecke, dass sich die Dienstbehörde von einem Beamten, der sich infolge seines Fehlverhaltens untragbar gemacht hat (Untragbarkeitsgrundsatz), unter Auflösung des Beamtenverhältnisses trennen könne. Nur die im Fehlverhalten des Beamten offenbar gewordene Untragbarkeit, die es der Dienstbehörde unzumutbar macht, mit dem Beamten weiterhin das Beamtenverhältnis fortzusetzen, dürfe Grund für die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung sein. Damit bewirke die Entlassung zugleich die Reinigung der Beamtenschaft von einem Organwalter, der sich nicht mehr als würdig erwiesen hat, ihr noch weiterhin anzugehören.

Auch eine "günstige Zukunftsprognose" und andere dem Beschwerdeführer zuzubilligende Milderungsgründe würden den eingetretenen Vertrauensbruch nicht aus der Welt schaffen können, ebenso wenig die Versetzung des Beschuldigten an eine andere Dienststelle. Vertrage die Funktion der öffentlichen Verwaltung die Weiterbeschäftigung eines Beamten nicht mehr, dann auch nicht teilweise oder an einem anderen Dienstort oder in anderer dienstlicher Verwendung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung durch den Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. Juni 2007, B 470/07, für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich darin in seinem Recht "auf Erlassung einer fehlerfreien Ermessensentscheidung, insbesondere auf korrekte Anwendung der §§ 92 Abs. 1 BDG, 95 Abs. 1 BDG" verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des BDG 1979 lauten:

"Allgemeine Dienstpflichten

§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

...

Dienstpflichtverletzungen

§ 91. Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem ("Disziplinarrecht") zur Verantwortung zu ziehen.

§ 92. (1) Disziplinarstrafen sind

  1. 1. der Verweis,
  2. 2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,

    3. die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderzulage,

    4. die Entlassung.

    ...

    Strafbemessung

§ 93. (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

...

Zusammentreffen von gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlungen und Dienstpflichtverletzungen

§ 95. (1) Wurde der Beamte wegen einer gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt und erschöpft sich die Dienstpflichtverletzung in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes, so ist von der Verfolgung abzusehen, wenn anzunehmen ist, dass die Verhängung einer Disziplinarstrafe nicht erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

(2) Disziplinarbehörde ist an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zu Grunde gelegte Tatsachenfeststellung eines Strafgerichtes (Straferkenntnis eines unabhängigen Verwaltungssenates) gebunden. Sie darf auch nicht eine Tatsache als erwiesen annehmen, die das Gericht (der unabhängige Verwaltungssenat) als nicht erweisbar angenommen hat.

(3) Wird von der Verfolgung nicht abgesehen, dann ist, wenn sich eine strafgerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verurteilung auf denselben Sachverhalt bezieht, eine Strafe nur auszusprechen, wenn und soweit dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

...

Verhandlung in Abwesenheit des Beschuldigten und Absehen von der

mündlichen Verhandlung

§ 125a. (1) ...

(2) Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinarsenat kann ungeachtet eines Parteienantrages Abstand genommen werden, wenn der Sachverhalt infolge Bindung an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils eines Strafgerichtes oder eines Straferkenntnisses eines unabhängigen Verwaltungssenates zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung hinreichend geklärt ist.

(3) Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission kann ungeachtet eines Parteienantrages Abstand genommen werden, wenn

  1. 1. die Berufung zurückzuweisen ist,
  2. 2. die Angelegenheit an die erste Instanz zu verweisen ist,
  3. 3. ausschließlich über eine Berufung gegen die Auferlegung eines Kostenersatzes zu entscheiden ist,

    4. sich die Berufung ausschließlich gegen die Strafbemessung richtet oder

    5. der Sachverhalt nach der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt erscheint."

    2. Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, wurde von dem in der früheren Judikatur entwickelten "Untragbarkeitsgrundsatz" abgegangen und betont, dass § 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 die Schwere der Dienstpflichtverletzung als "Maß für die Höhe der Strafe" festlegt. Dieser Maßstab richtet sich nach dem Ausmaß der Schuld im Sinne der "Strafbemessungsschuld" des Strafrechtes. Für die Strafbemessung ist danach sowohl das objektive Gewicht der Tat maßgebend wie auch der Grad des Verschuldens (vgl. die ErläutRV zur Vorgängerbestimmung des § 93 BDG 1979 im BDG 1977, 500 BlgNR 14. GP 83). Das objektive Gewicht der Tat (der "Unrechtsgehalt") wird dabei in jedem konkreten Einzelfall - in Ermangelung eines typisierten Straftatbestandskatalogs im Sinne etwa des StGB - wesentlich durch die objektive Schwere der in jedem Einzelfall konkret festzustellenden Rechtsgutbeeinträchtigung bestimmt. Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei Beurteilung der Schwere einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 als gravierend ins Gewicht fällt, wenn ein Beamter durch die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen gerade jene Werte verletzt, deren Schutz ihm in seiner Stellung oblag (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. November 2001, Zl. 2000/09/0021). An dieser Auffassung hat sich auch durch das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, nichts Grundsätzliches geändert. Hinsichtlich des Grades des Verschuldens ist nach dem gemäß § 93 Abs. 1 dritter Satz BDG 1979 zu berücksichtigenden § 32 StGB darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen können.

    Für die Strafbemessung im engeren Sinn ist weiters zu prüfen, inwieweit eine Disziplinarstrafe erforderlich ist, um den Täter von der weiteren Begehung von Dienstpflichtverletzungen abzuhalten; ferner sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe iS der §§ 33 ff StGB zu berücksichtigen, die nicht die Tatbegehungsschuld betreffen, also im Zeitpunkt der Tatausübung noch nicht vorhanden waren, wie etwa die seither verstrichene Zeit, Schadenswiedergutmachung oder das reumütige Geständnis. Wiegt die Dienstpflichtverletzung besonders schwer - insbesondere unter Berücksichtigung des objektiven Unrechtsgehalts der Tat - so kann von der Verhängung einer hohen (der höchsten) Disziplinarstrafe allerdings nur abgesehen werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen oder wenn keine spezialpräventiven Gründe die Verhängung einer Strafe in diesem Ausmaß gebieten. Soweit es um eine Entlassung geht, ist die spezialpräventive Erforderlichkeit einer solchen (der disziplinarrechtlichen Tatschuld angemessenen) schweren Disziplinarstrafe nicht erst dann anzunehmen, wenn sich die Aussichten auf ein künftiges Unterbleiben von Dienstpflichtverletzungen - bei Beschränkung auf eine mildere Strafe - in einer vagen Hoffnung erschöpfen, und wird umgekehrt nicht nur bei besonderer Gewähr dafür zu verneinen sein. Abzustellen ist auf einen dazwischen liegenden Maßstab einer begründeten Wahrscheinlichkeit. Dabei ist freilich eine Entlassung schon nach der ersten schweren Dienstpflichtverletzung nicht ausgeschlossen, wenn auf Grund ihrer Eigenart und der Persönlichkeit des Täters die Wahrscheinlichkeit besteht, dass dieser im Falle einer geringeren Sanktion weitere Dienstpflichtverletzungen begehen werde.

    Das gänzliche Außerachtlassen von Versetzungsmöglichkeiten (oder gar von schon erfolgten Versetzungen) entspricht nach den Gesetzesmaterialien (vgl. die ErläutRV 500 BlgNR 14. GP 83) nicht dem Willen des Gesetzgebers. Sind geeignete Versetzungsmöglichkeiten - bei deren Inanspruchnahme die Begehung gleichartiger Disziplinarvergehen durch den Beamten mit ausreichender Wahrscheinlichkeit verhindert werden kann - offenkundig oder werden sie vom Beamten im Disziplinarverfahren konkret ins Treffen geführt, so kann diese Frage in der Begründung dafür, warum er dessen ungeachtet zu entlassen sei, nicht zur Gänze ausgeklammert bleiben. Das bedeutet freilich keinen Anspruch des Betroffenen auf Versetzung statt Entlassung, sondern verpflichtet die Behörde lediglich dazu, sich in der Begründung ihrer Entscheidung mit einem diesbezüglichen im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen des Disziplinarbeschuldigten auseinander zu setzen.

    Ist nach einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verurteilung ein Schuldspruch zu fällen, ist gemäß § 95 Abs. 3 BDG 1979 zu prüfen, ob und inwieweit es - zusätzlich zu den vom Gericht oder der Verwaltungsbehörde verhängten Sanktionen - einer Disziplinarstrafe bedarf, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten (vgl. dazu im Einzelnen das schon erwähnte Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Die Verhängung einer Disziplinarstrafe zusätzlich zu einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Strafe ist daher nur zulässig, wenn und soweit dies aus spezialpräventiven Gründen erforderlich ist, oder anders gewendet: Wenn und soweit die gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Strafe für sich alleine nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit erwarten lassen, dass der Beamte keine weiteren Dienstpflichtverletzungen begehen wird.

    Diese Überlegungen gelten insbesondere auch, soweit es um die schwerste Disziplinarstrafe der Entlassung geht: Liegt eine strafgerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verurteilung vor, die sich auf denselben Sachverhalt bezieht, so ist auch für die Disziplinarstrafe der Entlassung gemäß § 95 Abs. 3 BDG 1979 zu begründen, dass und aus welchen Gründen es ihrer Verhängung bedarf, um den Beamten - mit ausreichender Wahrscheinlichkeit - von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. An die nur teilweise - nämlich in Bezug auf weitere gerichtlich strafbare Handlungen - auf die gleiche Gefahr bezogene Prognose des Strafgerichts ist die Disziplinarbehörde dabei freilich, anders als hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen des Strafgerichts, nicht gebunden, geht es im Disziplinarverfahren doch um die Gefahr der Verletzung der spezifisch die öffentlichrechtlich Bediensteten treffenden aus dem Dienstrecht erfließenden Dienstpflichten.

    3. Unter Anwendung dieser Grundsätze bedeutet dies für den konkreten Beschwerdefall:

    Die belangte Behörde ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Berufung des Beschwerdeführers erkennbar nur gegen die Strafbemessung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses vom 24. Juli 2006 gerichtet hat, weshalb dessen Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist.

    Ebenso ist der belangten Behörde - unabhängig von dem von ihr aufgezeigten Umstand, dass damit die Anwendbarkeit des § 95 Abs. 1 BDG 1979 ausgeschlossen ist (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 18. Oktober 1989, Zl. 86/09/0178, und vom 18. November 1993, Zlen. 93/09/0320 und 93/09/0361) - beizupflichten, dass angesichts des Tätigkeitsfeldes des Beschwerdeführers das von ihm begangene Delikt nach § 207a StGB in Ansehung der hohen Bedeutung, die dem Schutz der körperlichen und sexuellen Integrität Minderjähriger zukommt, nicht als ein Vergehen minderen Grades sondern als derart schwerwiegend anzusehen ist, dass die Verhängung einer Disziplinarstrafe gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 in Betracht zu ziehen ist. In diesem Sinne wurde auch in der jüngeren Rechtsprechung der deutschen Disziplinargerichte schon der (bloße) Besitz kinderpornographischer Darstellungen als schweres Dienstvergehen gewertet, das zur Entfernung aus dem Dienst oder zur Degradierung führen kann (vgl. dazu u.a. Beschluss des dt. BVerfG vom 18. Jänner 2008, Zl. 2 BvR 313/07).

    Die belangte Behörde ist somit zwar im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Dienstpflichtverletzungen des Beschwerdeführers gemäß § 95 Abs. 1 BDG 1979 in der gerichtlich strafbaren Handlung nicht erschöpfte, wegen welcher er rechtskräftig verurteilt worden war, und dass daher ein - erheblicher - "disziplinärer Überhang" vorlag. Sie hat aber in keiner Weise beurteilt, ob und inwieweit gegen den Beschwerdeführer angesichts der gegen ihn bereits vom Landesgericht Korneuburg ausgesprochenen Strafe eine Disziplinarstrafe auszusprechen und ob die Disziplinarstrafe der Entlassung erforderlich war, um ihn von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten (§ 95 Abs. 3 BDG 1979; vgl. auch dazu das bereits genannte hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, auf welches insoferne gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 verwiesen wird). Bei der dabei anzustellenden Prognose wird die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren die Gefährlichkeit des Beschwerdeführers nach einer Beurteilung seiner - auch in der Dienstpflichtverletzung zum Ausdruck gebrachten - Persönlichkeit zu beurteilen haben.

    Letztlich hat die belangte Behörde ihre Entscheidung, von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung im Rahmen des ihr von § 125a Abs. 2 und 3 BDG 1979 eingeräumten Ermessens Abstand zu nehmen (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115), nicht begründet. Dies belastet den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

    4. Der Aufhebungsgrund des § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG geht jenem des § 42 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. vor. Daher war der angefochtene Bescheid in seinem Strafausspruch gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben und die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Darin findet die in der Beschwerde begehrte Umsatzsteuer für Schriftsatzaufwand keine Deckung.

    5. Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 1 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

    Wien, am 16. Oktober 2008

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