Normen
BauO NÖ 1996 §1 Abs3 Z4;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1 Z4;
BauO NÖ 1996 §6;
EisenbahnG 1957 §43;
StarkstromwegeG NÖ 1979 §2;
BauO NÖ 1996 §1 Abs3 Z4;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1 Z4;
BauO NÖ 1996 §6;
EisenbahnG 1957 §43;
StarkstromwegeG NÖ 1979 §2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Schreiben vom 3. April 2007 beantragten der Erstmitbeteiligte und die Zweitmitbeteiligte die baubehördliche Bewilligung für die Durchführung von Zubauarbeiten - konkret die Errichtung eines Wohnraums über der bestehenden Garage - auf einem näher genannten Grundstück in der KG Amstetten. Mit Bescheid vom 30. Mai 2007 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen. In diesem Bescheid ist ein Hinweis für den Bauherrn enthalten, wonach auf Grund der im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeit der elektrischen Leitung für das gegenständliche Grundstück gemäß P 1, 2 Dienstbarkeitsbestellungsvertrag 1955-10- 12 für die Republik Österreich (Eisenbahnverwaltung) die Zustimmung der Ö erforderlich sei, eine baubehördliche Bewilligung allein berechtige nicht zur Ausführung.
1.2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin (nach dessen Zustellung) Berufung. Als Rechtsnachfolgerin der Österreichischen Bundesbahnen sei sie Dienstbarkeitsberechtigte bezüglich des verfahrensgegenständlichen Grundstückes, auf dem eine 110- kV-Bahnstromleitung verlaufe; ihr sei die eisenbahnrechtliche Bewilligung zum Betrieb der betreffenden Stromleitungsanlage erteilt worden. Auf Grund dieser eisenbahnrechtlichen Bewilligung sei sie berechtigt, alle öffentlichen Interessen der vom gegenständlichen Vorhaben betroffenen öffentlichen Eisenbahn als subjektiv-öffentliches Recht in einem Verwaltungsverfahren geltend zu machen. Vom bescheidgegenständlichen Bauwerk würden die vorgeschriebenen Höhenangaben nicht eingehalten, auf Grund der daraus resultierenden Unterschreitung der Sicherheitsabstände komme es zu einer Gefährdung der Bahnstromleitung. Weiters sei die notwendige Begrenzung zur Ausbreitung von Feuer auf die Anlage der Beschwerdeführerin nicht gegeben. Als Eigentümerin der Bahnstromleitung sei sie Eigentümerin eines oberirdischen Bauwerkes iSd § 6 Abs. 1 Z. 4 NÖ Bauordnung 1996. Die Beschwerdeführerin habe auch Auflagen angeführt, deren Erfüllung aus eisenbahnrechtlicher Sicht erforderlich sei. Eine Nichtbeachtung der zu setzenden Maßnahmen stelle einen rechtswidrigen Eingriff in die subjektiv-öffentlichen und privaten Rechte der Beschwerdeführerin sowie eine Verletzung des öffentlichen Interesses an einem aufrechten und funktionierenden Eisenbahnbetrieb dar.
1.3. Zunächst erledigte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 1. August 2007 selbst und wies diese als unzulässig zurück. In der Begründung wurde ausgeführt, dass durch die Dienstbarkeit die Beschwerdeführerin eine Parteistellung nicht erlangt habe. Ihr Vorbringen umfasse Angelegenheiten, die dem Privatrecht und anderen öffentlich-rechtlichen Bestimmungen als dem Baurecht zuzuordnen seien.
Dagegen hat die Beschwerdeführerin den Antrag gestellt, dass die Berufung der Berufungsbehörde zur Entscheidung vorgelegt werde. Mit Bescheid vom 7. September 2007 wies der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde die Berufung ebenfalls als unzulässig zurück, weil Servitutsberechtigten keine Parteistellung iSd § 6 NÖ Bauordnung 1996 zukomme.
1.4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobene Vorstellung vom 20. September 2007 gemäß § 61 Abs. 4 NÖ Gemeindeordnung 1973 als unbegründet abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass im Grundbuch die Dienstbarkeit der elektrischen Leitungen für das Baugrundstück gemäß dem Dienstbarkeitsbestellungsvertrag vom 12. Oktober 1955 für die Republik Österreich (Eisenbahnverwaltung) einverleibt sei und darauf gestützt die Beschwerdeführerin die Auffassung vertrete, sie wäre als Partei der Verfahrens in ihren subjektivöffentlichen Rechten verletzt. Mit Blick auf § 6 NÖ Bauordnung 1996 sei aber davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin als Eigentümerin der über das dienende Grundstück verlaufenden Leitungen - diese unterlägen nicht dem Regime der NÖ Bauordnung 1996 - und als Servitutsberechtigte im Sinn des § 6 NÖ Bauordnung 1996 nicht als Nachbar im Baubewilligungsverfahren anzusehen sei. Servitutsrechte im Baubewilligungsverfahren stellten keine subjektiv-öffentlichen Rechte dar. Die Behauptung einer Servitutsbeeinträchtigung stelle eine privatrechtliche Einwendung dar, die die Baubehörde nicht zur Abweisung eines Baubewilligungsantrags aus diesem Grunde berechtige. Nach § 66 Abs. 4 AVG sei eine Berufung u.a. dann als unzulässig anzusehen, wenn sie von einer Person erhoben worden sei, der die Berechtigung zur Erhebung der Berufung - wie im vorliegenden Fall mangels einer Parteistellung - gar nicht zukomme. Der Beschwerdeführerin mangle es an der Parteistellung, sie sei zur Erhebung der Berufung nicht legitimiert gewesen, weshalb der Stadtrat die Berufung zu Recht als unzulässig zurückgewiesen habe.
1.5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die Beschwerdeführerin erachtet sich "sowohl in ihren Rechten auf Verfahrensteilnahme (Parteienrechte) als auch in ihren Rechten auf Schutz ihrer Rechte und Interessen im Bauverfahren verletzt".
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:
2.1. § 6 der NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200, lautet wie folgt:
"§ 6
Parteien, Nachbarn und Beteiligte
(1) In Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach § 32, § 33 Abs. 2, § 34 Abs. 2 und § 35 haben Parteistellung:
- 1. der Bauwerber und/oder der Eigentümer des Bauwerks
- 2. der Eigentümer des Baugrundstücks
- 3. die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z.B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind (Nachbarn), und
4. die Eigentümer eines ober- oder unterirdischen Bauwerks auf den Grundstücken nach Z. 2 und 3, z.B. Superädifikat, Baurechtsobjekt, Keller, Kanalstrang (Nachbarn).
Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt sind.
Beteiligte sind alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden.
(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die
1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4)
sowie
2. den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben,
gewährleisten und über
3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 9) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen.
(3) Grenzt eine Straße an das Baugrundstück, dann hat der Straßenerhalter Parteistellung im Sinne des Abs. 1. Abweichend davon darf der Straßenerhalter nur jene Rechte geltend machen, die die Benützbarkeit der Straße und deren Verkehrssicherheit gewährleisten."
2.2. Entgegen der Meinung der Beschwerde hat die von der belangten Behörde vertretene Auffassung die hg. Rechtsprechung für sich. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass Servitutsrechte im Baubewilligungsverfahren keine subjektiv-öffentlichen Rechte iSd § 6 NÖ Bauordnung 1996 begründen (vgl. die Entscheidungen vom 18. Februar 2003, Zl. 2001/05/1151, und vom 20. September 2005, Zl. 2003/05/0186, beide mwH). Diesbezügliche Einwendungen sind privatrechtlicher Natur. Daran vermag der Hinweis der Beschwerdeführerin auf § 43 des Eisenbahngesetzes (wonach in der Umgebung von Eisenbahnanlagen (Gefährdungsbereich) - der bei Hochspannungsfreileitungen mit "allseits je 25 m" festgelegt sei - die Errichtung von Anlagen oder die Vornahme sonstiger Handlungen verboten sei, durch die der Bestand der Eisenbahn oder ihr Zugehör oder die regelmäßige und sichere Führung der Eisenbahn und des Betriebs von Schienenfahrzeugen auf der Eisenbahn sowie des Verkehrs auf der Eisenbahn gefährdet würden) nichts zu ändern. Auch der Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 2006, Zl. 2006/03/0057, geht fehl, bezieht sich doch diese Entscheidung auf die Frage der Parteistellung nicht nach der NÖ Bauordnung 1996, sondern in einem nach dem Eisenbahngesetz 1957 geführten Verwaltungsverfahren. Gleiches gilt für das von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Erkenntnis vom 17. Juli 1998, Zl. 88/10/0098, zumal dieses die Parteistellung in einem Feststellungsverfahren nach dem Forstgesetz 1975 betrifft. Das von der Beschwerde genannte hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2000, Zl. 98/05/0220, ist schon deshalb nicht zielführend, weil diesem ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde liegt. Der Hinweis auf das von der Beschwerdeführerin für ihren Standpunkt ins Treffen geführte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 21. Juni 2007, B 698/05- 11, übersieht, dass in dem diesem Erkenntnis zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahren nach der Tiroler Bauordnung bezüglich der dortigen Beschwerdeführerin die für die Anrainereigenschaft notwendige 15 m-Entfernung eingehalten wurde und diese daher die Stellung eines Nachbarn hatte. Zu den Beschwerdeausführungen zum notwendigen Schutz der mit der Eisenbahn verbundenen öffentlichrechtlichen Sicherheitsinteressen ist festzuhalten, dass das Eisenbahngesetz 1957 ohnehin Regelungen betreffend die Bewilligung bzw. die Ermöglichung u.a. von Anlagen im Gefährdungsbereich und Eisenbahnanlagen enthält (vgl. § 43 des Eisenbahngesetzes 1957). Wenn die Beschwerdeführerin meint, sie sei als Eigentümerin der in Rede stehenden Leitung auf dem Baugrundstück eine Eigentümerin eines oberirdischen Bauwerks iSd § 6 Abs. 1 Z. 4 NÖ Bauordnung 1996, ist sie darauf hinzuweisen, dass "elektrische Leitungsanlagen, ausgenommen Gebäude, (§ 2 des NÖ Starkstromwegegesetzes, LGBl. 7810)" vom Geltungsbereich der NÖ Bauordnung 1996 gemäß ihrem § 1 Abs. 3 Z. 4 ausgenommen sind, und vorliegend kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass es sich bei den in Rede stehenden Leitungsanlagen der Beschwerdeführerin um "Gebäude" auf dem in Rede stehenden Baugrundstück handeln würde. Auf dem Boden des Gesagten besteht schließlich - anders als die Beschwerde gemeint - vorliegend auch keine Veranlassung dafür, eine sich über den Wortlaut der NÖ Bauordnung 1996 hinwegsetzende "verfassungskonforme Auslegungsinterpretation" des § 6 leg. cit. vorzunehmen.
2.3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.4.Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 26. Februar 2009
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