Normen
ABGB §472;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §32;
BauO NÖ 1996 §33 Abs2;
BauO NÖ 1996 §34;
BauO NÖ 1996 §35;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1 idF 8200-2;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;
ABGB §472;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §32;
BauO NÖ 1996 §33 Abs2;
BauO NÖ 1996 §34;
BauO NÖ 1996 §35;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1 idF 8200-2;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Stadt Krems an der Donau Aufwendungen in der Höhe von EUR 41-- und dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Erstbeschwerdeführer war Miteigentümer der Liegenschaft EZ 868 Grundbuch KG Stein mit dem darauf errichteten Haus in Krems, Alauntalstraße 98. Dieses Haus ist in gekuppelter Bauweise an das Haus des Mitbeteiligten (Alauntalstraße 100) angebaut.
Der Erstbeschwerdeführer brachte in seinem an den Magistrat der Stadt Krems gerichteten Antrag vom 16. August 1999 vor, dass vom Haus Alauntalstraße 100 zumindest ein Stahlträger in die straßenseitigen Außenmauerwerksteile seines Gebäudes, Alauntalstraße 98 hineinrage. Diese Auflagerausbildung der Stahlträger des Nachbargebäudes sei eindeutig bauordnungswidrig. Er stellte daher den Antrag, das Bauamt wolle die aufgezeigte Bauordnungswidrigkeit feststellen und dem Mitbeteiligten die Herstellung des bauordnungskonformen Zustandes auftragen. Mit diesem Antrag legte der Erstbeschwerdeführer das Privatgutachten des Ing. W. vor; aus den darin befindlichen Fotos, die die aus Anlass der Befundaufnahme vorgenommene Öffnung an der Außenmauer des Hauses Alauntalstraße 98 zeigen, ist ein Stahlträger ersichtlich, der (offenbar) vom Haus Alauntalstraße 100 in das Haus Alauntalstraße 98 reicht.
Der Magistrat der Stadt Krems führte eine Verhandlung unter Beiziehung eines bautechnischen und eines umweltschutztechnischen Amtssachverständigen durch. Mit Bescheid vom 20. März 2000 trug die Baubehörde erster Instanz dem Mitbeteiligten als Liegenschaftseigentümer der Liegenschaft Alauntalstraße 100 unter Bezugnahme auf den genannten Antrag, der als Eingabe "des Liegenschaftseigentümers der Liegenschaft Alauntalstraße 98 " bezeichnet wurde, auf,
- 1. die Dachrinnen zu demontieren,
- 2. im Bereich der Grundgrenze wo derzeit die Träger freigelegt seien, das Außenmauerwerk so weit zu öffnen, dass die beiden I-Träger mittels autogenem Schweißgerät abgetrennt werden könnten,
3. zwischen dem Ende der I-Träger und der Feuermauer des Hauses Alauntalstraße 98 eine Dämmplatte einzubauen und
4. die freigelegten Mauerteile ordnungsgemäß auszumauern, zu verputzen und wieder zu verfärbeln.
Mit dem hier angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Mitbeteiligten Folge, behob den Bescheid des Magistrats vom 20. März 2000 "ersatzlos" und wies den Antrag des Erstbeschwerdeführers vom 16. August 1999 als unbegründet ab. Eingangs der Begründung dieses Bescheides wird der Erstbeschwerdeführer als Eigentümer des Hauses Alauntalstraße 98 bezeichnet. Durch das von der belangten Behörde ergänzend eingeholte Gutachten habe sich ergeben, dass bei Abschneiden der I-Träger an der Grundgrenze die Körperschallübertragung auf die anderen Gebäudeverbindungen nicht vermindert werde und daher das Abtrennen der I-Träger die Lärmbelastung nur in einem nicht merkbaren Ausmaß verringern würde. Ein Auftrag nach § 33 NÖ BauO könne nur dann erteilt werden, wenn dadurch die Lärmbelästigung zumindest gemildert werde.
Bezüglich der Frage, ob der überragende I-Träger eine Konsenswidrigkeit infolge einer bewilligungsbedürftigen, aber nicht bewilligten Änderung vom bewilligten Zustand des Bauwerkes darstelle, wurde festgestellt, dass das Haus Alauntalstraße 100 in den Jahren 1908 bis 1910 erbaut werden sei, wobei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon damals die Stahlträger eingezogen worden seien. Unterlagen über das damalige Bauverfahren seien nicht mehr auffindbar. Es könne daher nicht festgestellt werden, dass die I-Träger mit Einverständnis des Eigentümers des Hauses Alauntalstraße 98 im Zuge der Errichtung des Hauses Alauntalstraße 100 verankert worden wären. Da weder eine Baubewilligung noch eine Verhandlungsschrift inklusive Baubeschreibung und Pläne vorhanden seien, könne die Frage der Konsensmäßigkeit nicht eindeutig geklärt werden. Damit fehle der Baubehörde aber der relevante Nachweis über eine Konsenswidrigkeit des Hauses Alauntalstraße 100, sodass eine Maßnahme nach § 33 NÖ BauO nicht vorgeschrieben werden könne.
In ihrer dagegen erhobenen, zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde brachten die Beschwerdeführer u.a. vor:
"Der Erstbeschwerdeführer (...) war seinerzeit gemeinsam mit seiner verstorbenen Gattin E Eigentümer der Liegenschaft EZ 868 des Grundbuches der KG 12132 Stein, bestehend aus den Grundstücken 181/27 Baufläche (begrünt) und .339 Baufläche samt dem damit errichteten Haus 3500 Krems, Alauntalstraße 98.
Mit Einantwortungsurkunde vom 17.10.1997 wurde der der E zugeschriebene Hälfteanteil an die gemeinsamen Kinder ..., den Zweitbeschwerdeführer, und M übertragen.
Mit Schenkungsvertrag vom 21.10.1998 hat der Erstbeschwerdeführer seine Anteile an der vorgenannten Liegenschaft dem Zweitbeschwerdeführer geschenkt und übergeben. Gleichzeitig hat sich der Erstbeschwerdeführer das Fruchtgenussrecht an den dem Zweitbeschwerdeführer eigentümlichen 3/4 Anteilen der Vertragsliegenschaft vorbehalten
Der Zweitbeschwerdeführer hat zwischenzeitig auch das letzte Viertel der Liegenschaft von seiner Schwester erworben."
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom 24. September 2001, B 736/01, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In ihrer Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof begehren die Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, hilfsweise wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, verzichtete aber auf Erstattung einer Gegenschrift. Der Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift.
Vom Verwaltungsgerichtshof wurde wegen der Darlegungen der Beschwerdeführer zu den Eigentumsverhältnissen beim Grundbuch des Bezirksgerichtes Krems/Donau erhoben, dass die Einverleibung des Eigentumsrechtes für den Zweitbeschwerdeführer auf Grund des Schenkungsvertrages vom 21. Oktober 1998 am 12. Jänner 1999 bewilligt und vollzogen worden war.
Die Beschwerde ist aus nachstehenden Erwägungen nicht zulässig:
Zur Beschwerde des Erstbeschwerdeführers:
Zur Erhebung einer Parteibeschwerde ist nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG legitimiert, wer behauptet, durch den Bescheid in seinen subjektiven Rechten verletzt zu sein. Die Behauptung der Verletzung eines eigenen subjektiven Rechts begründet die Prozesslegitimation dann, wenn eine solche Verletzung möglich ist (vgl. z.B. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Februar 1999, Zl. 98/10/0375).
Ob eine Verletzung von Rechten des Erstbeschwerdeführers eintreten konnte, ist anhand jener Bestimmungen zu prüfen, die die belangte Behörde auf Grund des vom Erstbeschwerdeführer gestellten Antrages anzuwenden hatte. Im Zeitpunkt des Antrages (16. August 1999) galt die NÖ BauO 1996 in der Fassung LGBl. 8200- 2; im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides galt die NÖ BauO 1996 in der Fassung LGBl. 8200-6. Durch die zuletzt genannte Novelle hat die die Parteistellung regelnde Bestimmung des § 6 NÖ BauO keine Änderung erfahren, wohl aber durch die Novelle LGBl. 8200-3, welche am 17. September 1999 in Kraft getreten ist. Deren Übergangsbestimmung im Art. II Z. 2 sah vor, dass anhängige Verfahren nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen sei. Es ist daher § 6 NÖ BauO 1996 in der Fassung LGBl. 8200-2 (BO) anzuwenden.
Nach § 6 Abs. 1 BO haben im Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach § 32, § 33 Abs. 2, § 34 und § 35 Parteistellung der Bauwerber und/oder der Eigentümer des Bauwerkes, der Eigentümer des Baugrundstückes und die Eigentümer der Grundstücke, die mit dem Baugrundstück eine gemeinsame Grenze haben oder von diesem durch eine öffentliche Verkehrsfläche, ein Gewässer oder einen Grüngürtel mit einer Breite bis zu 14 m getrennt sind. Nachbarn sind somit auch dann Parteien, wenn sie die Behebung eines Baugebrechens (§ 33 Abs. 2 BO) begehren. Voraussetzung ist aber, dass sie Eigentümer des benachbarten Grundstückes sind; Servitutsrechte vermitteln im Baubewilligungsverfahren keine subjektiv-öffentlichen Rechte (siehe die Nachweise aus der hg. Judikatur bei Hauer-Zaussinger, NÖ Baurecht6, Seite 167, E 19).
Der Erstbeschwerdeführer war im Zeitpunkt der Antragstellung nicht Eigentümer eines benachbarten Grundstückes und daher auch nicht dazu legitimiert, ein Bauauftragsverfahren einzuleiten; seine Eingabe hätte schon von der Baubehörde erster Instanz zurückgewiesen werden müssen. Der Umstand, dass die Baubehörde zweiter Instanz seine Eingabe ab-, aber nicht zurückgewiesen hat, lässt eine Verletzung von Rechten des Erstbeschwerdeführers nicht erkennen. Die Entscheidung der Baubehörde zweiter Instanz weist ausdrücklich den Antrag des Erstbeschwerdeführers ab; da er nicht einmal zu einer Antragstellung legitimiert war, vermochte die abweisende Entscheidung seine Rechtsposition nicht zu schmälern. Bestand somit gar keine Möglichkeit einer Verletzung von Rechten des Erstbeschwerdeführers auf Grund der auf dem Nachbargrundstück errichteten Baulichkeit, dann fehlte dem Erstbeschwerdeführer auch die Berechtigung zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde.
Zur Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers:
Der Zweitbeschwerdeführer wäre zwar im Verwaltungsverfahren zu einer Antragstellung legitimiert gewesen, er hat aber keinen Antrag gestellt. Er war daher auch nicht Bescheidadressat. Der angefochtene Bescheid ist nicht geeignet, in seine Nachbarrechte einzugreifen, weil mit dem angefochtenen Bescheid ausschließlich ein Antrag des Erstbeschwerdeführers abgewiesen worden war. Auch die erfolgte "ersatzlose" Behebung des erstinstanzlichen Bescheides, der in einem Verfahren ergangen war, welches von keiner dazu legitimierten Person eingeleitet worden war, vermag keine Wirkung für ein neues, von einer anderen Person eingeleitetes Verfahren zu entfalten.
Die Beschwerde war somit bezüglich beider Beschwerdeführer mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen, wobei ein derartiger Beschluss nach dem Abs. 3 der zuletzt genannten Bestimmungen in jeder Lage des Verfahrens zu fassen war.
In Anbetracht der seit 1989 durchgeführten umfangreichen Verwaltungsverfahren zur Feststellung allfälliger Konsenswidrigkeiten des Gebäudes des Mitbeteiligten sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu einem Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung veranlasst, wonach bei der Frage, ob ein vermuteter Konsens anzunehmen ist, ein besonders sorgfältiges Ermittlungsverfahren durchzuführen ist (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1996, Zl. 95/05/0026 und vom 1. September 1998, Zl. 98/05/0088).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 18. Februar 2003
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