VwGH 2008/05/0191

VwGH2008/05/019128.1.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der W GmbH in Kilb, vertreten durch Dr. Manfred Moser und Mag. Michael Wild, Rechtsanwälte in 7033 Pöttsching, Wiener Neustädter Straße 57, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 11. August 2008, Zl. BMWA-551.600/0005-IV/1/2008, betreffend elektrizitätsrechtliche Bewilligung eines Windparks (mitbeteiligte Parteien: 1. A H und 2. E H, beide in Pöttelsdorf, vertreten durch Rechtsanwälte Dax & Partner in 7540 Güssing, Europastraße 1, 3. H S in 7023 Pöttelsdorf, 4. E B in 7023 Stöttera, 5. H N in 7023 Pöttelsdorf, und 6. E W in 7023 Pöttelsdorf), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §18 Abs3;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §62 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §82a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §18 Abs3;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §62 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §82a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 1. Juli 2008, Zl. BMWA- 551.600.0004/IV/1/2008, hat die belangte Behörde als die auf Grund der Devolutionsanträge der mitbeteiligten Parteien gemäß Art. 12 Abs. 3 B-VG zuständig gewordene Behörde über den Antrag der Beschwerdeführerin "auf elektrizitätsrechtliche Genehmigung der Errichtung und des Betriebes des Windparks Pöttelsdorf der Windstrom Wulkatal West GmbH" wie folgt entschieden:

"Bescheid

Spruchteil 1

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit erteilt der Windstrom Wulkatal West GmbH ... die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der nachfolgend beschriebenen Stromerzeugungsanlagen WKA Pö 3 bis WKA Pö 5.

Die Anlage muss mit der Beschreibung und den mit einem Hinweis auf diesen Bescheid versehenen Planunterlagen übereinstimmen, soweit sich aus der nachfolgenden Beschreibung und den Auflagen nichts anderes ergibt.

Die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der beantragten Windkraftanlage WKA Pö 2 wird nicht erteilt.

...

Spruchteil 2

Die Einwendungen der Verbund Austrian Power Grid AG (APG) vom 6.9.2004 werden mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen.

Spruchteil 3

Die Einwendungen von Herrn Gerhard Bleier, Hauptstraße 68, 7023 Stöttera, werden mangels Parteistellung zurückgewiesen.

Spruchteil 4

Die über Verlangen von

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde jederzeit von Amts wegen Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaften Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden berichtigen.

Die Berichtigung ist ein im Instanzenzug anfechtbarer Bescheid. Die Erlassung eines Berichtigungsbescheides im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG bewirkt nicht, dass dieser Berichtigungsbescheid an die Stelle des fehlerhaften Bescheides tritt. Ein Berichtigungsbescheid bildet vielmehr mit dem von ihm berichtigten Bescheid eine Einheit. Wird daher ein vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtener Bescheid nach Erhebung der Beschwerde von der belangten Behörde berichtigt, dieser Berichtigungsbescheid vom Beschwerdeführer aber unangefochten gelassen, so hat der Verwaltungsgerichtshof seiner Überprüfung den angefochtenen Bescheid in der Fassung, die er durch die Berichtigung erhalten hat, zu Grunde zu legen (vgl. hiezu die im Anschluss an den Beschluss eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, Zl. 86/11/0007, VwSlg. 12.329/A, ergangene ständige Rechtsprechung). Einem Berichtigungsbescheid kommt nur feststellende, nicht jedoch rechtsgestaltende Wirkung zu. Seine Funktion erschöpft sich ausschließlich in der Feststellung des tatsächlichen Inhaltes des berichtigten Bescheides schon zum Zeitpunkt seiner in berichtigungsbedürftiger Form erfolgten Erlassung. Einem solchen Verständnis vom Wesen des Berichtigungsbescheides entspricht die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes des Inhaltes, dass ein Berichtigungsbescheid mit dem von ihm berichtigten Bescheid eine Einheit bildet, sodass der berichtigte Bescheid im Sinne des Berichtigungsbescheides in dem Zeitpunkt als geändert angesehen werden muss, in dem er in Rechtskraft erwachsen ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2006, Zl. 2005/08/0221, mit weiteren Nachweisen).

Gegenstand des hg. Beschwerdeverfahrens zur Zl. 2008/05/0166 war daher der angefochtene Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 1. Juli 2008 in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 1. August 2008, weil dieser Berichtigungsbescheid unangefochten geblieben ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. März 2008, Zl. 2005/04/0003). Der unangefochten gebliebene Berichtigungsbescheid wirkt auf den berichtigten Bescheid zum Zeitpunkt der Erlassung des berichtigten Bescheides zurück und bildet mit dem berichtigten Bescheid eine Einheit. Der angefochtene Bescheid ist somit in der Fassung des Berichtigungsbescheides Gegenstand der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. März 2006, Zl. 2002/17/0023).

Die belangte Behörde vertritt nun in ihrer Gegenschrift die Auffassung, dass der ihrem Berichtigungsbescheid angeschlossene Bewilligungsbescheid vom 11. August 2008, überschrieben mit "berichtigte Fassung", nur als Serviceleistung der belangten Behörde insoweit anzusehen sei, um den Parteien eine berichtigte Fassung des ursprünglichen Genehmigungsbescheides vorzulegen; dies lasse auch die Anführung im Berichtigungsbescheid beim Begriff "Beilage" erkennen. Bedingt durch die datenverarbeitungstechnische Umwandlung (ELAK) des ursprünglichen Bescheides in eine Beilage zum Berichtigungsbescheid seien die im elektronischen Akt enthaltenen so genannten "Felder" (Aktenzahl, Daten, Name des SB, etc.), die systembedingt automatisch ausgefüllt würden, mit den Daten des Berichtigungsbescheides versehen worden. Diese automatisierte Funktion im ELAK sei dem Sachbearbeiter der belangten Behörde nicht bekannt gewesen, sodass auch anlässlich einer nachprüfenden Kontrolle vor der Abfertigung des Berichtigungsbescheides diese Änderung nicht bemerkt worden sei. Es erscheine nach Meinung der belangten Behörde denkunmöglich, dass durch einen Berichtigungsbescheid eine neuerliche Erlassung des ursprünglichen Bescheides erfolge. Es könne daher keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die belangte Behörde im Wege eines Berichtigungsbescheides neuerlich über einen Verfahrensgegenstand abgesprochen habe.

Damit verkennt die belangte Behörde, dass selbst von dem Bescheidcharakter formlos ergangener, nicht als Bescheid bezeichneter Erledigungen auszugehen ist, sofern ihrem Inhalt zu entnehmen ist, dass mit ihnen über ein konkretes Rechtsverhältnis abgesprochen werden soll. Ein Bescheid liegt immer dann vor, wenn der Verwaltungsakt nach seinem Inhalt als Äußerung des autoritativen Behördenwillens zur Regelung einer bestimmter Angelegenheit zu deuten ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2001, Zl. 2000/07/0054). Die Eigenschaft eines Schreibens als Bescheid bestimmt sich nicht nur nach der äußeren Form, sondern nach dem (objektiven) Inhalt, sofern aus diesem der Bescheidwille erkennbar ist. Dies ist dann der Fall, wenn darin ein normativer Abspruch über Rechte oder Rechtsverhältnisse des Adressaten enthalten ist. Bei der Beurteilung dieser Frage ist auch das Gesetz insoweit als Deutungsschema für das konkrete Schriftstück maßgebend, als sich aus diesem ergibt, ob die Behörde von Rechts wegen verpflichtet ist, einen Bescheid zu erlassen. Die Frage nach dem Bescheidcharakter einer Erledigung im Zweifel zu Lasten der Partei zu beantworten, ist unzulässig (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 19. April 2001, Zl. AW 2001/08/0013).

Aus dem übermittelten Bescheid vom 1. August 2008 ("berichtigte Fassung") ist klar erkennbar, dass die Behörde über einen Antrag der Beschwerdeführerin abgesprochen hat und es sich hiebei um eine (neuerliche) Genehmigung handelt, die auf Grund dieses Bescheides erteilt worden ist. Dies folgt beschwerdefallbezogen aus der Angabe des neuen Bescheiddatums und der neuen Bescheidzahl.

Es ist offenkundig und wird von der belangten Behörde auch ausdrücklich betont, dass die Ausfertigung dieses Bescheides mit automationsunterstützter Datenverarbeitung hergestellt wurde und eine schriftliche Ausfertigung von elektronisch erstellten Erledigungen darstellt. Eine solcherart hergestellte Ausfertigung stellt einen rechtsgültigen Bescheid dar, weil in einem solchen Fall gemäß § 82a AVG weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung oder eine Amtssignatur geboten ist.

Es bestehen daher keine Zweifel, dass der Beschwerde ein Bescheid mit einer Möglichkeit der Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin im Rahmen des von ihr geltend gemachten Beschwerdepunktes zu Grunde liegt. Dieser Bescheid ist inhaltlich ident mit dem Genehmigungsbescheid der belangten Behörde vom 1. Juli 2008 in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 11. August 2008. Mit dem (zweiten) Genehmigungsbescheid der belangten Behörde vom 11. August 2008 wird über denselben Antrag der Beschwerdeführerin abgesprochen wie mit dem Bescheid vom 1. Juli 2008. Er verstößt daher gegen das Gebot des ne bis in idem (§ 68 Abs. 1 AVG), sodass der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 2008, Zl. 2006/11/0078).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 28. Jänner 2009

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