Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein aus Lagos stammender, der Volksgruppe der Ibo angehörender, nigerianischer Staatsbürger, reiste am 5. März 2005 in das Bundesgebiet ein und stellte zwei Tage später einen Asylantrag. Bei seinen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt am 10. März und am 9. Mai 2005 gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, sein Vater sei Mitglied der "Ogboni secret Powers" gewesen. Nach dessen Tod am 2. Mai 2004 sei der Beschwerdeführer von ihm nicht bekannten Mitgliedern der Ogboni aufgefordert worden, ihnen beizutreten, was er aber als Christ abgelehnt habe. In der Folge sei er von einem "guten Freund seines Vaters" von der Kirche, in der sich der Beschwerdeführer versteckt habe, zu "Leuten in schwarzer Kleidung" gebracht worden. Sie hätten "die Geister angerufen", den Beschwerdeführer auf den Kopf geschlagen und dessen Hände mit einem Stab berührt. Der Beschwerdeführer habe seine Hände nicht bewegen können und sei aus Angst wieder in die Kirche geflüchtet. Nachdem der ihn dort betreuende Priester die Vision gehabt habe, dass "der Geist dieser Ogbonis" so stark sei, dass sie den Beschwerdeführer töten könnten, habe er dem Beschwerdeführer zur Flucht aus Nigeria geraten. Für den Fall der Rückkehr befürchte er, dass ihn die Mitglieder der Ogboni "mit ihren spirituellen Fähigkeiten" töten.
Mit Bescheid vom 15. Juni 2005 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997 - AsylG ab (Spruchpunkt I.). Weiters stellte es gemäß § 8 Abs. 1 AsylG die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria fest (Spruchpunkt II.) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt III.).
Das Bundesasylamt unterzog das Vorbringen des Beschwerdeführers keiner Beweiswürdigung, sondern legte es seiner weiteren Beurteilung zugrunde. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Ängste vor einer durch Geister verursachten Verfolgung bzw. möglichen Ermordung seiner Person - so führte das Bundesasylamt (soweit für dieses Verfahren maßgeblich) aus - seien "in Anbetracht der das Leben in Schwarzafrika stark beeinflussenden Mythen und Vorstellungen subjektiv gesehen verständlich, objektiv betrachtet aber gewiss nicht konkret unter die derzeitigen asylrechtlichen Bestimmungen zu subsumieren". Das Bundesasylamt kam deshalb rechtlich zur Abweisung des Asylantrages und in Verbindung mit Feststellungen "zur Situation in Nigeria" zur Versagung von Refoulement-Schutz. Mangels "sozialer, familiärer oder ökonomischer Anknüpfungspunkte zu Österreich" hielt das Bundesasylamt schließlich auch die Ausweisung des Beschwerdeführers für gerechtfertigt.
Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem - ohne Durchführung einer Berufungsverhandlung erlassenen - angefochtenen Bescheid vom 11. August 2005 "gemäß § 7, § 8 Abs. 1 und § 8 Abs. 2 AsylG" ab, wobei sie zur Begründung auf die für weitgehend zutreffend erachteten Ausführungen des Bundesasylamtes verwies. Ergänzend sei - so führte die belangte Behörde im Wesentlichen noch aus - klarzustellen, dass der Beschwerdeführer die behauptete Bedrohungssituation ausschließlich auf spirituelle Fähigkeiten von Mitgliedern der Ogboni zurückgeführt habe. Gegen ihn gerichtete Angriffe mit "nicht spirituellen, gleichsam konventionellen Mitteln" habe der Beschwerdeführer nicht behauptet. Da es aber "nicht im Einklang mit den Naturgesetzen" stehe, dass Personen einander durch den Einsatz von spirituellen Fähigkeiten Nachteile zufügen könnten, habe der Beschwerdeführer nicht dargetan, dass ihm von Seiten der Mitglieder der Ogboni-Gesellschaft mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung drohen könnte. Die belangte Behörde begründete auch noch näher, weshalb ihrer Auffassung nach am Maßstab der diesbezüglichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine mündliche Berufungsverhandlung unterbleiben konnte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Voranzustellen ist, dass im vorliegenden Fall für den Beschwerdeführer daraus nichts zu gewinnen ist, dass ihm das Bundesasylamt und im Hinblick auf die gewählte Verweisungstechnik auch die belangte Behörde eine subjektive Aussageehrlichkeit zugebilligt hat (vgl. in diesem Zusammenhang die zu § 6 Z 3 AsylG idF vor der Novelle 2003 ergangenen Erkenntnisse vom 12. Dezember 2002, Zl. 99/20/0609, und vom 25. März 2003, Zl. 2001/01/0509, sowie das daran anknüpfende, diese Überlegungen auch auf nach § 7 AsylG zu beurteilende Fälle übertragende Erkenntnis vom 28. Jänner 2005, Zl. 2004/01/0494). Anders als in jenen Konstellationen, die den zitierten Entscheidungen zugrunde lagen, wurde vom Beschwerdeführer hier nämlich kein Bedrohungsszenario ins Treffen geführt, für das es eine naturwissenschaftlich unbedenkliche Erklärung geben und dem - ausgehend von einer Wahrunterstellung - als Ereignis mit einem möglichen realen Hintergrund bei der Beurteilung einer asylrelevanten Verfolgungsgefahr maßgebliche Bedeutung zugemessen werden könnte.
In dem erwähnten Erkenntnis vom 25. März 2003 hat der Verwaltungsgerichtshof auch ausdrücklich klargestellt, dass mit den in dieser Entscheidung angestellten Überlegungen nicht zum Ausdruck gebracht werden soll, die behauptete Gefahr spiritueller Tötung (in der vom dortigen Beschwerdeführer dargestellten Form) könnte tatsächlich stattfinden. Demgegenüber wird in der Beschwerde - die ausdrücklich einräumt, eine Bedrohung "auf nicht spirituelle Weise" sei vom Beschwerdeführer nicht behauptet worden, und die Mitglieder des Ogboni-Kultes hätten es aufgrund ihrer spirituellen Fähigkeiten "nicht notwendig", auf "konventionelle gewaltvolle Bedrohungsmittel zurückzugreifen" - der Standpunkt vertreten, "die Tatsache, durch Einsatz von spirituellen Fähigkeiten Nachteile erleiden zu können", entziehe sich zwar den Vorstellungen von Europäern, sie könne aber "auch nicht ausgeschlossen werden". Es wären daher nach Meinung des Beschwerdeführers "genauere" Ermittlungen über die "spirituellen Fähigkeiten von afrikanischen Ogboni" vorzunehmen, insbesondere wäre der Beschwerdeführer im Rahmen einer mündlichen Berufungsverhandlung über seine diesbezüglich gemachten persönlichen Erfahrungen zu befragen gewesen.
Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil auch die Beschwerde keinen Beleg dafür nennen kann, aus dem sich Anhaltspunkte für die Existenz der vom Beschwerdeführer befürchteten Phänomene ergeben könnten, worauf die Gegenschrift zutreffend hinweist. Im Übrigen finden sich im erstinstanzlichen Bescheid (von der belangten Behörde übernommene) Feststellungen, die sich - zusätzlich zu den hier nicht relevanten Ausführungen, die sich auf die "Reformed Ogboni-Fraternity" beziehen - auch mit den "traditionellen" Ogboni-Geheimgesellschaften befassen und denen keine konkreten Hinweise auf Verfolgungen der behaupteten Art zu entnehmen sind. Diesen Sachverhaltsannahmen ist die Berufung auch nicht entgegen getreten. Zu einer Bescheidaufhebung führende Ermittlungsmängel liegen daher entgegen der Beschwerdemeinung insoweit nicht vor.
Außerdem bleibt die Beschwerde auch Ausführungen darüber schuldig, welche konkreten - neben dem schon geschilderten Erlebnis gemachten - persönlichen Erfahrungen des Beschwerdeführers verlässliche Rückschlüsse auf die angesprochenen spirituellen Kräfte der Ogboni-Mitglieder und ihre Methoden bei Beitrittsverweigerung zugelassen hätten. Da auch der im Wesentlichen nur die in erster Instanz vorgetragenen Fluchtgründe wiederholende Inhalt der Berufung - ungeachtet eines darauf abzielenden ausdrücklichen Antrages - keinen ausreichender Grund für die Durchführung einer Berufungsverhandlung geboten hatte, liegt auch insofern kein relevanter Verfahrensmangel vor (vgl. zur Verhandlungspflicht der belangten Behörde aufgrund eines Parteienantrages grundlegend das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2003, Zl. 2002/20/0533).
Soweit sich die Beschwerdeausführungen auch noch mit einer inländischen Fluchtalternative befassen, wird übersehen, dass die belangte Behörde - anders als die Erstbehörde - die Verneinung der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers darauf ausdrücklich nicht gestützt hat. Auch auf den mangelnden Zusammenhang mit einem Konventionsgrund wurde die Berufungsentscheidung nicht gegründet, sodass die diesbezügliche Argumentation in der Beschwerde ebenfalls ins Leere geht. Schließlich fehlt es für die Auffassung des Beschwerdeführers, bei der Entscheidung über die Gewährung von Asyl sei Ermessen zu üben, an einer gesetzlichen Grundlage.
Die Beschwerde vermag daher insoweit, als sie sich gegen die Bestätigung der ersten beiden Spruchpunkte des Bescheides des Bundesasylamtes richtet, keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen und kann somit in Bezug auf die Asyl- und Refoulement-Entscheidung nicht erfolgreich sein.
Mit Rechtswidrigkeit belastet ist hingegen der im Bescheid des Bundesasylamtes vorgenommene Ausspruch nach § 8 Abs. 2 AsylG über die Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet". Diesbezüglich wurde nämlich verkannt, dass die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden.
Es war daher die unveränderte Bestätigung von Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben, während die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere unter Bedachtnahme auf § 50 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003 und erfolgte im ausdrücklich verzeichneten Umfang.
Wien, am 23. November 2006
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