Normen
WehrG 1990 §36a Abs1 Z2;
WehrG 1990 §36a Abs1 Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der im Jahr 1971 geborene Beschwerdeführer wurde 1989 der Stellung unterzogen und für "Tauglich" erklärt. Wegen seiner Zugehörigkeit zu der religiösen Bekenntnisgemeinschaft "Jehovas Zeugen" und einer Bestätigung vom 6. Oktober 1989, wonach er aktiver Prediger dieser Bekenntnisgemeinschaft sei, wurde er nicht zum Präsenzdienst einberufen.
Mit Schreiben vom 6. August 1999 teilte die genannte Bekenntnisgemeinschaft dem Militärkommando Niederösterreich mit, dass der Beschwerdeführer "seit 11. Juli nicht mehr mit uns verbunden ist".
Mit Schreiben vom 20. September 1999 teilte das Militärkommando Niederösterreich dem Beschwerdeführer mit, der Grund, warum er bisher aus militärischen Rücksichten nicht zur Ableistung des ordentlichen Präsenzdienstes einberufen worden sei, sei weggefallen, weshalb er mit seiner Einberufung zum nächstfolgenden Einberufungstermin zu rechnen habe.
Der Beschwerdeführer antwortete mit dem am 8. November 1999 bei der Erstbehörde eingelangten Antrag auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Präsenzdienstes. Er brachte dazu im Wesentlichen vor, sein Vater habe 1971 einen holzverarbeitenden Betrieb gegründet, in dem jetzt 74 Mitarbeiter beschäftigt seien. Seit vier Jahren bestehe eine Niederlassung in Deutschland und seit kurzem eine in Salzburg. Der Beschwerdeführer sei seit 1991 in diesem Betrieb tätig und aufgrund seiner Ausbildung sowohl für technische Problemstellungen und Anfragen als auch für die gesamte Werbung zuständig. Der bisherige Konzessionär für den Bereich der zimmermannsmäßigen Ausführung der Blockhäuser habe sich per Februar 1999 selbständig gemacht und stehe daher nicht mehr zur Verfügung. Der Beschwerdeführer habe sich aus diesem Grund entschlossen, den sieben Monate dauernden Vorbereitungskurs auf die Zimmermeisterprüfung zu beginnen, der voraussichtlich bis April 2000 dauere.
Das Militärkommando Niederösterreich wies diesen Antrag mit Bescheid vom 31. Jänner 2000 ab.
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 1. März 2000 ab. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, es lägen keine besonders rücksichtswürdigen wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers in Ansehung des Unternehmens der G. GmbH vor, weil er nicht deren Gesellschafter sei. Die vom Beschwerdeführer erklärte Absicht, in Zukunft Gesellschaftsanteile zu übernehmen, begründe keine wirtschaftlichen Interessen, weil es sich dabei um in der Zukunft liegende Ereignisse handle. Es lägen auch keine besonders rücksichtswürdigen familiären Interessen vor, solche wären nur dann zu bejahen, wenn ein Familienangehöriger des Wehrpflichtigen in seinen eigenen Belangen der Unterstützung durch den Wehrpflichtigen bedürfte, die ihm dieser aber wegen der Leistung des Grundwehrdienstes nicht gewähren könne, und wenn der unterstützungsbedürftige Familienangehörige als Folge des Ausbleibens dieser Unterstützung in seiner Gesundheit oder in sonstigen lebenswichtigen Interessen gefährdet würde. Ein derartiges Unterstützungsbedürfnis der Familienangehörigen des Beschwerdeführers könne die belangte Behörde aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes nicht erkennen. Derartiges sei auch nicht behauptet worden.
Der Beschwerdeführer gab am 7. März 2000 eine Zivildiensterklärung ab. Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. März 2000 wurde festgestellt, dass durch die Zivildiensterklärung Zivildienstpflicht nicht eingetreten sei.
Mit Schriftsatz vom 26. April 2000 beantragte der Beschwerdeführer, ihn befristet bis Ende 2000 von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes zu befreien. Zur Begründung dieses Antrages führte er aus, er sei seit Monaten bemüht, wieder in die eingangs genannte Bekenntnisgemeinschaft aufgenommen zu werden. Er sei als Sohn des Firmeninhabers unabkömmlich. Zuletzt sei hinzugekommen, dass sein Vater aufgrund einer schweren Erkrankung in den nächsten Monaten nicht in der Lage sein werde, seinen Leitungsaufgaben nachzukommen. Aufgrund der am 10. April 2000 abgelegten Konzessionsprüfung stehe er als einziger Konzessionsträger in der Firma zur Verfügung. Eine Einberufung zum jetzigen Zeitpunkt sei daher für das Unternehmen ruinös.
Mit Bescheid vom 5. Mai 2000 wies das Militärkommando Niederösterreich diesen Antrag ab.
Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ab. In der Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der (im Jahr 1941 geborene) Vater des Beschwerdeführers sei handelsrechtlicher Geschäftsführer und Leiter der seit 1979 bestehenden G. GmbH. Als Gesellschafter fungierten die Eltern des Beschwerdeführers mit jeweils 25 % der Geschäftsanteile sowie eine Treuhandverwaltung hinsichtlich der restlichen 50 %, die früher der mittlerweile verstorbenen Großmutter des Beschwerdeführers gehört hätten. In der Hochsaison beschäftige das Unternehmen 70 Arbeitnehmer. Neben dem Beschwerdeführer seien sein Vater und J.M., der als gewerberechtlicher Geschäftsführer des Betriebes fungiere, als leitende Mitarbeiter tätig. Der Beschwerdeführer sei derzeit als Betriebsassistent, Verkaufsleiter sowie als Marketing- und Kommunikationsverantwortlicher tätig. Im Falle seiner Abwesenheit vertrete ihn sein Vater. Der Beschwerdeführer lebe im gemeinsamen Haushalt mit seiner Ehefrau und zwei Söhnen (geboren 1996 und 1998). Er habe am 10. April 2000 die Zimmermeisterprüfung abgelegt. Aufgrund der vorgelegten fachärztlichen Befunde sei durch den leitenden Sanitätsoffizier des Militärkommandos Niederösterreich beim Vater des Beschwerdeführers eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von 60 % festgestellt worden.
Beim Beschwerdeführer lägen keine besonders rücksichtswürdigen wirtschaftlichen Interessen im Sinne des § 36a Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz 1990 - WG vor, weil er nicht Gesellschafter der G. GmbH sei. Wirtschaftliche Interessen lägen derzeit nur bei den Eltern des Beschwerdeführers. Mit dem Vorbringen, es sei geplant, dass er das Unternehmen weiter führen und die gewerberechtliche Geschäftsführung übernehmen werde, könne er keine besonders rücksichtswürdigen wirtschaftlichen Interessen begründen, weil es sich dabei um in der Zukunft liegende ungewisse Ereignisse handle.
Beim Beschwerdeführer lägen aufgrund der festgestellten Minderung der Erwerbsfähigkeit seines Vaters familiäre Interessen vor, doch seien diese nicht besonders rücksichtswürdig, weil die Gesundheit oder andere lebenswichtige Interessen des Vaters durch die präsenzdienstbedingte Abwesenheit des Beschwerdeführers nicht gefährdet würden. Das gelte auch für die Mutter des Beschwerdeführers, hinsichtlich der der Beschwerdeführer lediglich ein Schreiben einer Naturheilpraxis vorgelegt habe, dessen Aussagen einer medizinischen Beurteilung nicht zugänglich seien. Im Rahmen der ehelichen Beistandspflicht seien die Eltern des Beschwerdeführers gehalten, einander wechselseitig Hilfe zu leisten. Außerdem hätten auch jene Familienangehörigen, deren Unterstützungsbedürftigkeit der Wehrpflichtige geltend mache, ihre wirtschaftlichen Angelegenheiten unter Bedachtnahme auf die Präsenzdienstpflicht des Wehrpflichtigen einzurichten. Die Eltern des Beschwerdeführers hätten spätestens seit dem Zeitpunkt, als er der genannten Bekenntnisgemeinschaft nicht mehr angehört habe, in Kenntnis der Präsenzdienstpflicht des Beschwerdeführers entsprechende Dispositionen zu treffen gehabt, um seine Abwesenheit während der Präsenzdienstleistung zu überbrücken. Dies werde auch dadurch erleichtert, dass im Unternehmen ein leitender Mitarbeiter, nämlich J.M., der auch als gewerberechtlicher Geschäftsführer fungiere, zur Verfügung stehe, wenn dieser auch - den Angaben des Beschwerdeführers zufolge - nur als Teilzeitkraft im Betrieb beschäftigt sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 36a Abs. 1 Z. 2 WG können taugliche Wehrpflichtige auf ihren Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des Präsenzdienstes befreit werden, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.
Der Beschwerdeführer bekämpft die Auffassung der belangten Behörde, bei ihm lägen keine wirtschaftlichen Interessen in Ansehung des Unternehmens der G. GmbH vor, weil er nicht Gesellschafter sei. Er verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Übernahme des Unternehmens durch ihn geplant sei und dass er wesentlichen Anteil an der Betriebsführung habe.
Dem ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, dass wirtschaftliche Interessen eines Wehrpflichtigen am Betrieb eines Unternehmens nur dann zu bejahen sind, wenn der Wehrpflichtige selbst Unternehmensinhaber (Mitinhaber) ist. Im Falle eines Betriebes durch eine Gesellschaft ist daher erforderlich, dass der Wehrpflichtige Gesellschafter ist (siehe dazu u.a. die hg. Erkenntnisse vom 30. April 1991, Zl. 90/11/0075, vom 1. Dezember 1992, Zl. 92/11/0113, und vom 10. November 1998, Zl. 97/11/0377, jeweils mwN). Die beabsichtigte Übernahme von Geschäftsanteilen an der G. GmbH stellt ein in der Zukunft liegendes ungewisses Ereignis dar, das im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides wirtschaftliche Interessen im oben genannten Sinne nicht begründen kann (vgl. dazu u.a. die hg. Erkenntnisse vom 8. Mai 1990, Zl. 89/11/0056, vom 21. März 1995, Zl. 94/11/0402, und vom 18. November 1997, Zl. 97/11/0059, mwN).
Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers lässt sich aus dem von ihm zitierten hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1998, Zl. 97/11/0290, für seinen Standpunkt nichts gewinnen. Wirtschaftliche Interessen wurden in jenem Fall deshalb angenommen, weil das Unternehmen, das zunächst vom Wehrpflichtigen als Alleininhaber betrieben worden war, in der Folge in der Rechtsform einer offenen Erwerbsgesellschaft betrieben wurde, an der der Beschwerdeführer beteiligt war. Ähnliches gilt für das vom Beschwerdeführer herangezogene hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1987, Zl. 87/11/0093, in dem es u.a. darum ging, ob der Vater des Wehrpflichtigen während dessen präsenzdienstbedingter Abwesenheit dessen (!) Unternehmen führen könne.
Familiäre Interessen im Sinne des § 36a Abs. 1 Z. 2 WG sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann gegeben, wenn ein Familienangehöriger des Wehrpflichtigen in seinen eigenen Belangen der Unterstützung durch den Wehrpflichtigen bedarf, die ihm dieser wegen der Ableistung des Präsenzdienstes nicht gewähren kann. Die besondere Rücksichtswürdigkeit solcher familiärer Interessen ist dann anzunehmen, wenn durch die Nichtunterstützung des Angehörigen eine Gefährdung seiner Gesundheit oder sonstiger lebenswichtiger Interessen zu befürchten ist. Zur Unterstützung des Angehörigen ist in diesem Zusammenhang nicht nur der Wehrpflichtige, sondern die ganze Familie berufen (siehe dazu u. a. die hg. Erkenntnisse vom 19. April 1988, Zl. 87/11/0102, vom 22. September 1992, Zl. 92/11/0053, und vom 23. Mai 2000, Zl. 99/11/0370, mwN).
Im gegebenen Zusammenhang könnten besonders rücksichtswürdige familiäre Interessen dann angenommen werden, wenn sich der Gesundheitszustand des Vaters des Beschwerdeführers tatsächlich so gravierend verschlechtert hätte, dass er bei Ausbleiben der Unterstützung durch den Beschwerdeführer in der Unternehmensleitung in seiner Gesundheit gefährdet wäre. Nach der Aktenlage (insbesondere einer vom Beschwerdeführer vorgelegten ärztlichen Bestätigung Dris. N. vom 2. Mai 2000) befindet sich der Vater des Beschwerdeführers bereits seit 1996 wegen Hypertonie in ärztlicher Behandlung. Dass seit der rechtskräftigen Abweisung des Befreiungsantrages des Beschwerdeführers vom 8. November 1999 durch den Bescheid der belangten Behörde vom 1. März 2000 eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingetreten wäre, kann aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.
Im Übrigen mussten die Eltern des Beschwerdeführers seit spätestens Juli 1999 damit rechnen, dass der Beschwerdeführer den Grundwehrdienst leisten muss. Da auch jene Familienangehörigen, deren Unterstützungsbedürftigkeit der Wehrpflichtige geltend macht, ihre wirtschaftlichen Angelegenheiten unter Bedachtnahme auf die Präsenzdienstpflicht des wehrpflichtigen Angehörigen einzurichten haben (siehe dazu die hg. Erkenntnisse vom 4. Juni 1991, Zl. 90/11/0231, vom 1. Dezember 1992, Zl. 92/11/0113, und vom 10. November 1998, Zl. 97/11/0377), hätten die Eltern des Beschwerdeführers als Gesellschafter der G. GmbH Dispositionen zu treffen gehabt, damit der Beschwerdeführer während der Erfüllung der Präsenzdienstpflicht entsprechend vertreten werden kann. Dass die Eltern des Beschwerdeführers dies überhaupt versucht hätten, wurde nicht behauptet und ist auch nach der Aktenlage nicht ersichtlich, weshalb den aus der Unterstützungsbedürftigkeit des Vaters abgeleiteten familiären Interessen des Beschwerdeführers die besondere Rücksichtswürdigkeit fehlt. Im Hinblick auf dieses Ergebnis ist es ohne Bedeutung, wenn die Mutter des Beschwerdeführers aufgrund ihres Gesundheitszustandes und ihrer Ausbildung den Vater des Beschwerdeführers im Rahmen der Unternehmensleitung nicht entsprechend unterstützen kann.
Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang einen Widerspruch zum hg. Erkenntnis vom 1. Dezember 1992, Zl. 92/11/0113, erblickt, ist ihm zu erwidern, dass der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis nicht die Auffassung vertreten hat, für die Besorgung der Vertretung für den im Betrieb der Eltern tätigen Wehrpflichtigen sei eine Zeitspanne von acht Jahren erforderlich. Aus dem Umstand, dass in jenem Beschwerdefall eine solche Zeitspanne aufgrund der von den Militärbehörden dem Wehrpflichtigen mehrmals bewilligten befristeten Befreiungen tatsächlich zur Verfügung stand, ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen.
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 23. Jänner 2001
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