VwGH 2000/11/0098

VwGH2000/11/009821.11.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und den Senatspräsidenten Dr. Bernard sowie die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des M in H, vertreten durch Dr. Klaus Holter, Rechtsanwalt in 4710 Grieskirchen, Roßmarkt 21, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Februar 2000, Zl. 141209/6- IV/10/00, betreffend Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes, zu Recht erkannt:

Normen

ZDG 1986 §13 Abs1 Z2;
ZDG 1986 §13 Abs1 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der (im Jahr 1967 geborene) Beschwerdeführer wurde auf Grund seiner mängelfreien Zivildiensterklärung vom 29. Jänner 1993 zivildienstpflichtig.

Mit Schreiben vom 9. Dezember 1999 beantragte er die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Zivildienstes und führte aus, er sei Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes mit einem Flächenausmaß von 4,7 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche. Weiters habe er von seinen Eltern einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb im Ausmaß von 32 ha gepachtet (davon 16 ha Wald). Ferner habe er von verschiedenen Landwirten landwirtschaftliche Flächen im Ausmaß von 17 ha gepachtet. Die Bewirtschaftung erfolge mit 12 Mutterkühen, 65 Maststieren und 24 Zuchtsauen. Von der landwirtschaftlich genutzten Fläche würden 25 ha als Acker und der Rest als Wiesen bewirtschaftet. In seinem Haushalt lebten seine Eltern und sein (im Jahr 1964 geborener) Bruder, der im landwirtschaftlichen Betrieb mitarbeite, weil zwei Arbeitskräfte erforderlich seien. Seine Eltern seien Pensionisten und könnten auf Grund ihres Gesundheitszustandes nicht mehr in der Landwirtschaft mitarbeiten. Er sei vom Betrieb unabkömmlich, weil insbesondere am Morgen und am Abend die Viehbetreuung zu erfolgen habe. Weil das Einkommen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb nicht ausreiche, die finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen, arbeite er schichtweise bei einer Futtermittelfirma.

Mit Schreiben vom 28. Dezember 1999 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf, Nachweise betreffend Art, Höhe, Laufzeit und monatliche Belastung der bestehenden finanziellen Verpflichtungen (z.B. Kreditverträge, Unterhaltsleistungen, Pflichtversicherungen), Umsatzsteuervoranmeldungen und Einkommensnachweise betreffend die letzten 12 Monate, den Pachtvertrag, eine Aufstellung der Bezirksbauernkammer über die Berechnung der Kapitaldienstgrenze, fachärztliche Bescheinigungen über die Minderung der Arbeitskraft seiner Eltern und den Arbeitsvertrag mit der Futtermittelfirma vorzulegen.

Der Beschwerdeführer legte eine Einkommensberechnung und Ermittlung der Kapitaldienstgrenze durch die Bezirksbauernkammer E. vor, einen Dienstzettel vom 10. Juli 1996 und eine Arbeits- und Entgeltbestätigung vom 15. Jänner 2000, eine Kreditbestätigung der Sparkasse E. sowie Pachtverträge betreffend den Landwirtschaftsbetrieb seiner Eltern vom 25. Jänner 1994 mit Änderung vom 30. Dezember 1996, einen weiteren Pachtvertrag betreffend eine näher bezeichnete Liegenschaft sowie Befunde einer Fachärztin für Orthopädie betreffend die Eltern des Beschwerdeführers.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 9. Dezember 1999 gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 Zivildienstgesetz - ZDG ab. In der Begründung dieses Bescheides führte sie im Wesentlichen aus, die Dienstzeit Zivildienstleistender entspreche annähernd jener bei Ausübung eines zivilen Berufes. Durch die Dienstzuteilung zu einer in der Nähe seines Wohnortes gelegenen Einrichtung und die Rahmenbedingungen des Zivildienstes habe der Beschwerdeführer Gelegenheit, seine Landwirtschaft so wie bei Ausübung eines zivilen Berufes zu betreuen. Nach dem vorgelegten Dienstzettel sei er als Mischmeister beschäftigt. Seine wöchentliche Arbeitszeit betrage 38,5 Stunden. Er könne auch zu Mehrarbeitsleistungen herangezogen werden. Gegenüber der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes sei in Bezug auf den zeitlichen Mehraufwand kein so gravierender Unterschied zu erblicken, dass daraus besonders rücksichtswürdige Interessen im Sinne des § 13 ZDG abzuleiten wären. Kreditverträge seien nicht vorgelegt worden. Der Verwendungszweck der ausgewiesenen Verbindlichkeiten laut Schreiben der Sparkasse E. sei nicht ersichtlich. Die Aufstellung der Bezirksbauernkammer E. sei kein ausreichender Nachweis betreffend die Einkommenssituation des Unternehmens, da die Berechnung lediglich nach einer Annäherungsmethode erfolgt sei. Ferner seien nicht ausgewiesen EU-Förderungen, Erträge aus ca. 53 ha bewirtschafteter Fläche sowie die Pensionen der Eltern des Beschwerdeführers. Der Aufforderung, im Falle der Pauschalierung eine Ausgaben-/Einnahmenrechnung einschließlich der Subventionen vorzulegen, sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Die Behauptung des Beschwerdeführers, bei Leistung des ordentlichen Zivildienstes sei seine finanzielle Grundlage gefährdet, könne unter Berücksichtigung der weiterhin möglichen, eingeschränkten Mitarbeit des Beschwerdeführers in seinem Unternehmen nicht als erwiesen angesehen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG hat der Bundesminister für Inneres den Zivildienstpflichtigen auf dessen Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu befreien, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Zivildienstpflichtige in seinen persönlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten so zu disponieren, dass bei Leistung des Zivildienstes vorhersehbare Schwierigkeiten vermieden werden. Verletzt er diese Pflicht, fehlt seinen wirtschaftlichen Interessen die besondere Rücksichtswürdigkeit (vgl. dazu u.a. die hg. Erkenntnisse vom 23. April 1996, Zl. 95/11/0399, und vom 21. Jänner 1997, Zl. 95/11/0320, m.w.N.).

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer keine Verletzung dieser Harmonisierungspflicht durch die Pachtung der Landwirtschaft seiner Eltern vorgeworfen. Sie hält die wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers deshalb für nicht besonders rücksichtswürdig, weil es dem Beschwerdeführer möglich sei, seine Landwirtschaft auch während der Zivildienstleistung ohne Existenzgefährdung weiterzuführen. Gegen diese Auffassung vermag der Beschwerdeführer nichts Stichhaltiges ins Treffen zu führen. Die Überlegung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer auch derzeit auf Grund seiner Vollzeitbeschäftigung bei einer Futtermittelfirma nicht seine ganze Arbeitskraft seinem Landwirtschaftsbetrieb widmen könne und sich insofern durch die Zivildienstleistung keine wesentliche Änderung ergeben würde, kann nicht als unschlüssig erkannt werden. Wenn auch - worauf der Beschwerdeführer zutreffend hinweist - der Zivildienstpflichtige keinen Rechtsanspruch auf Zuweisung zu einer Einrichtung an einem bestimmten Ort hat, entspricht doch die Zuweisung zu Einrichtungen in der Nähe des Wohnortes des Zivildienstpflichtigen der Übung und im vorliegenden Fall auch der erklärten Absicht der belangten Behörde, sodass auf diesen Umstand im Rahmen der bei der Beurteilung der besonderen Rücksichtswürdigkeit von wirtschaftlichen Interessen anzustellenden Prognose, ob die Zivildienstleistung die wirtschaftliche Existenz des Zivildienstpflichtigen gefährden würde, Bedacht zu nehmen ist. Berücksichtigt man zudem, dass für die im Zusammenhang mit der Tierhaltung regelmäßig anfallenden schweren Arbeiten der Bruder des Beschwerdeführers zur Verfügung steht, kann nicht davon ausgegangen werden, dass durch die zivildienstbedingte Abwesenheit des Beschwerdeführers eine existenzbedrohende Behinderung in der Bewirtschaftung seines landwirtschaftlichen Unternehmens bewirkt würde. Es kann daher auf sich beruhen, ob die durch die Zivildienstleistung allenfalls reduzierte Verfügbarkeit der Arbeitskraft des Beschwerdeführers nicht auch durch eine für die Dauer der Zivildienstleistung zu planende den gegebenen Verhältnissen entsprechende Reduzierung des Viehbestandes und durch den gelegentlichen Einsatz fremder Arbeitskräfte ausgeglichen werden kann. Die in diesem Zusammenhang gerügten Verfahrensmängel sind daher unerheblich.

Soweit der Beschwerdeführer mit seinen Verbindlichkeiten bei der Sparkasse E. argumentiert, ist ihm zu erwidern, dass die belangte Behörde mit Recht darauf hingewiesen hat, dass er keine Kreditverträge vorgelegt habe und der Verwendungszweck der aushaftenden Verbindlichkeiten nicht ersichtlich sei.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bestand für die belangte Behörde keine Grundlage, das Vorliegen besonders rücksichtswürdiger familiärer Interessen anzunehmen. Familiäre Interessen gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG setzen voraus, dass Familienangehörige des Zivildienstpflichtigen in ihren eigenen Belangen der Unterstützung durch den Zivildienstpflichtigen bedürfen, die ihnen dieser aber wegen der Leistung des Zivildienstes nicht gewähren könnte (siehe dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1998, Zl. 98/11/0056, m.w.N.). Derartiges hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht behauptet und lässt sich auch dem Akteninhalt nicht entnehmen. Die Beschwerdebehauptung, die Eltern des Beschwerdeführers seien auf Grund ihres Gesundheitszustandes nicht mehr in der Lage, die Landwirtschaft zu betreiben oder in der Landwirtschaft mitzuarbeiten, ist in Bezug auf die familiären Interessen des Beschwerdeführers ohne Bedeutung, weil die Landwirtschaft ohnedies von ihm und nicht mehr von seinen Eltern betrieben wird.

Der Beschwerdeführer macht im Zusammenhang mit der Beurteilung der Berechnung der Kapitaldienstgrenze durch die Bezirksbauernkammer E. als Verfahrensmangel geltend, die belangte Behörde hätte ihm neuerlich eine Frist zur Stellungnahme einräumen müssen. Er unterlässt es aber, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels darzutun. Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, was der Beschwerdeführer im Falle einer neuerlichen Stellungnahme vorgebracht hätte und inwiefern dies im Ergebnis zu einem anderen Bescheid hätte führen können. Gegen die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Erwägungen der belangten Behörde, warum sie die genannte Berechnung nicht für aussagekräftig hält, führt die Beschwerde nichts Konkretes ins Treffen.

Der Beschwerdeführer macht schließlich als Begründungsmangel geltend, der angefochtene Bescheid enthalte keine Beurteilung der Rechtsfrage. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Begründung des angefochtenen Bescheides deutlich erkennen lässt, aus welchen Gründen die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Interessen nicht für besonders rücksichtswürdig im Sinne des § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG gehalten werden. Die belangte Behörde hat daher zu erkennen gegeben, dass die Voraussetzungen für die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes nach dieser Gesetzesstelle nicht erfüllt sind.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. November 2000

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