VwGH 95/11/0320

VwGH95/11/032021.1.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des C in H, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. September 1995, Zl. 189 430/6-IV/10/95, betreffend Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes, zu Recht erkannt:

Normen

ZDG 1986 §13 Abs1 Z2;
ZDG 1986 §13 Abs1 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den mit den Schriftsätzen vom 13. und 27. Juli 1995 gestellten Antrag des (im Jahre 1968 geborenen) Beschwerdeführers auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 Zivildienstgesetz 1986 (ZDG) ab.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer stütze seinen Antrag darauf, daß er sich im März 1993 mit einem Partner zur Produktion von Gemüse aus biologischem Anbau zu einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht zusammengeschlossen habe und als Geschäftsführer mit seinem Privatvermögen hafte. Das seien 10 ha Grundbesitz, der für Kredite verpfändet sei. Ursprünglich sei der Beschwerdeführer mit 25 % beteiligt gewesen. Auf Grund eines Schenkungsvertrages vom 22. Juni 1995 (richtig: 1994) habe der Beschwerdeführer 25 % der Geschäftsanteile von seiner Mutter übernommen.

Der Beschwerdeführer sei im Juni 1986 der Musterung unterzogen worden. In der Folge sei ihm wegen des Studiums der Betriebswirtschaft ein Aufschub des Antrittes des Grundwehrdienstes bis 15. August 1996 gewährt worden. Mit Schriftsatz vom 23. März 1994 habe der Beschwerdeführer die Erklärung nach § 2 Abs. 1 ZDG abgegeben. Er habe während des gewährten Aufschubes und in Kenntnis der ausstehenden gesetzlichen Dienstleistungsverpflichtung den Gesellschaftsvertrag vom 1. September 1993 geschlossen und am 22. Juni 1994 weitere Anteile übernommen. Er habe damit gegen die Verpflichtung zur Harmonisierung seiner wirtschaftlichen Tätigkeiten mit der Verpflichtung zur Leistung des Präsenzdienstes bzw. des Zivildienstes verstoßen. Im übrigen könne er auch während der Zivildienstleistung im Rahmen seiner Freizeit seinen unternehmerischen Aufgaben nachkommen. Weiters sei zu berücksichtigen, daß auch der andere Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag zur Geschäftsführung verpflichtet sei. Unter Berücksichtigung der gesamten Sachlage könne den geltend gemachten wirtschaftlichen Interessen die besondere Rücksichtswürdigkeit nicht zuerkannt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG hat der Bundesminister für Inneres den Zivildienstpflichtigen auf dessen Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu befreien, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

In seiner Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof zu dieser Bestimmung - in Anlehnung an seine Rechtsprechung zur inhaltsgleichen Regelung des § 36a Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz 1990 (und dessen Vorgängerbestimmungen) - wiederholt ausgesprochen, daß besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen an der Befreiung von der Zivildienstpflicht dann nicht angenommen werden können, wenn der Zivildienstpflichtige seine persönlichen und wirtschaftlichen Interessen nicht so eingerichtet hat, daß bei Leistung des Zivildienstes vorhersehbare Schwierigkeiten vermieden werden, obwohl er damit rechnen mußte, zur Zivildienstleistung herangezogen zu werden (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 23. April 1996, Zl. 95/11/0399, mwN).

Diese Harmonisierungspflicht hat der Beschwerdeführer verletzt. Er hat in der Zeit, für die ihm der Antritt des Grundwehrdienstes im Hinblick auf sein Hochschulstudium aufgeschoben worden war, eine unternehmerische Tätigkeit begonnen, aus der er nun besonders rücksichtswürdige Interessen abzuleiten versucht. Er hätte mit der Aufnahme seiner unternehmerischen Tätigkeit bis zur Ableistung der Präsenzdienst- bzw. nunmehr der Zivildienstpflicht zuwarten müssen, und zwar auch dann, wenn es sich bei der Beteiligung an der Gesellschaft um die Wahrnehmung einer günstigen wirtschaftlichen Chance gehandelt hat. Den Nachteil, sich bietende berufliche Chancen und Verdienstmöglichkeiten wegen des noch zu leistenden Zivildienstes (bzw. Präsenzdienstes) nicht nützen zu können, haben zahlreiche Zivildienstpflichtige (Wehrpflichtige) zu tragen. Hat ein Zivildienstpflichtiger (Wehrpflichtiger) bereits vor Erfüllung der ihn treffenden Dienstleistungspflicht seine wirtschaftliche oder berufliche Existenz zu verwirklichen begonnen, so können die durch die zivildienstbedingte (präsenzdienstbedingte) Abwesenheit verursachten wirtschaftlichen Nachteile nicht die besondere Rücksichtswürdigkeit geltend gemachter wirtschaftlicher Interessen begründen (vgl. auch dazu das oben zitierte Erkenntnis vom 23. April 1996).

Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Da sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt bereits aus dem im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen des Beschwerdeführers im Zusammenhalt mit den von ihm vorgelegten Urkunden ergeben hat, bedurfte es keiner weiteren Ermittlungen durch die belangte Behörde. Der Beschwerdeführer, der die Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht durch die belangte Behörde behauptet, zeigt nicht auf, welche konkreten Ermittlungen er vermißt. Die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, daß nur der Beschwerdeführer das für die Führung des Betriebes notwendige Know-how besitze, ist im Hinblick auf die oben dargestellte Rechtslage ohne Bedeutung. Dasselbe gilt für die Behauptung, die Öffnung der Handelsketten für Biogemüse habe sich im Jahre 1993 vollzogen, sodaß die Führung des Betriebes in der derzeitigen Form nicht mehr möglich wäre, wenn der Beschwerdeführer den Betrieb nicht auf diese Marktentwicklung eingestellt hätte. Der Beschwerdeführer hat nämlich seine Harmonisierungspflicht im oben dargestellten Sinn bereits durch seine Beteiligung an dem Unternehmen und nicht erst durch die Reaktion auf eine bestimmte Marktentwicklung verletzt.

Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers ist der vorliegende Beschwerdefall mit jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1986, Slg. Nr. 12.269/A, zugrunde gelegen ist, nicht vergleichbar. Anders als in dem dem zitierten Erkenntnis zugrundeliegenden Beschwerdefall bestand für den Beschwerdeführer keine Notwendigkeit, seine wirtschaftlichen Tätigkeiten vor der Ableistung des Präsenzdienstes bzw. des Zivildienstes zu entfalten (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1988, Zl. 88/11/0017, das den nach dem seinerzeitigen Erkenntnis ergangenen Ersatzbescheid betroffen hat).

Da nach dem Gesagten den wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers aufgrund der Verletzung der Harmonisierungspflicht besondere Rücksichtswürdigkeit nicht zukommt, kann es auf sich beruhen, inwieweit es dem Beschwerdeführer möglich ist, während der Leistung des ordentlichen Zivildienstes im Rahmen seiner Freizeit im Unternehmen tätig zu werden.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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