VwGH 95/11/0399

VwGH95/11/039923.4.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres (ohne Datum), Zl. 194.265/4-IV/10/95, betreffend Befreiung von der Zivildienstpflicht, zu Recht erkannt:

Normen

VwRallg;
WehrG 1990 §36a Abs1 Z2;
ZDG 1986 §13 Abs1 Z2;
ZDG 1986 §14;
VwRallg;
WehrG 1990 §36a Abs1 Z2;
ZDG 1986 §13 Abs1 Z2;
ZDG 1986 §14;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des im Jahr 1968 geborenen Beschwerdeführers vom 27. Oktober 1995 auf "Aufschub" des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 Zivildienstgesetz 1986 (ZDG) abgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe in seinem Antrag bekanntgegeben, sein Studium abgeschlossen zu haben und seit September 1994 in einem der führenden Designerbüros Österreichs zu arbeiten. Diese Berufschance sei darauf zurückzuführen, daß er neben seinem Studium umfangreiche Kenntnisse im Umgang mit einem näher bezeichneten Designprogramm erworben habe. Bei seiner Arbeit habe er die Möglichkeit, Mängel seiner Ausbildung auszugleichen und nach einem später geleisteten Zivildienst wieder in seinem erlernten Beruf eine Anstellung zu finden. Er arbeite auf Werkvertragsbasis und genieße daher keinen Arbeitsplatzschutz. Diese Angaben des Beschwerdeführers seien mit Schreiben eines näher genannten Designerbüros vom 27. Oktober 1995 im wesentlichen bestätigt worden.

Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Interessen rechtfertigten nicht seine Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG. Der Beschwerdeführer habe mit der Beendigung seines Hochschulstudiums seine Berufsvorbereitung abgeschlossen. Er obliege derzeit einer faktischen Berufsausübung. Die Aufnahme der Berufstätigkeit sei in Ausnützung eines leistungsfreien Zeitraumes durch Inanspruchnahme des Aufschubes des Antrittes des ordentlichen Präsenzdienstes und in Kenntnis der ausstehenden Dienstleistungsverpflichtung erfolgt. Von der Unterbrechung einer Berufstätigkeit bzw. dem Nichtnützenkönnen von Berufs- oder Verdienstchancen seien grundsätzlich alle Zivildienstpflichtigen betroffen. Die Interessen des Dienstgebers an der Befreiung seien bei der Entscheidung über einen Antrag nach § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG nicht zu berücksichtigen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus diesen Gründen beantragt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer teilt die Auffassung der belangten Behörde, daß sein Antrag auf "Aufschub" des Zivildienstes unter dem Gesichtspunkt der geltend gemachten wirtschaftlichen Interessen als Antrag auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG zu beurteilen gewesen sei. Diese Vorgangsweise ist unbedenklich, zumal ein Aufschub des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes nach § 14 ZDG von vornherein nicht in Frage gekommen wäre, und zwar nach Z. 1 aus Altersgründen und nach Z. 2 wegen Beendigung des Hochschulstudiums.

Gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG hat der Bundesminister für Inneres den Zivildienstpflichtigen auf dessen Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu befreien, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

In seiner Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof zu dieser Bestimmung - in Anlehnung an seine Rechtsprechung zur inhaltsgleichen Regelung des § 36a Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz 1990 (und dessen Vorgängerbestimmungen) - wiederholt ausgesprochen, daß besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen an der Befreiung von der Zivildienstpflicht dann nicht angenommen werden können, wenn der Zivildienstpflichtige seine persönlichen und wirtschaftlichen Interessen nicht so eingerichtet hat, daß bei Leistung des Zivildienstes vorhersehbare Schwierigkeiten vermieden werden, obwohl er damit rechnen mußte, zur Zivildienstleistung herangezogen zu werden (siehe die hg. Erkenntnisse vom 30. Juni 1992, Zl. 92/11/0104, mwN).

Diese Harmonisierungspflicht hat der Beschwerdeführer verletzt. Er hat mit Schreiben vom 9. April 1994 die Erklärung nach § 2 Abs. 1 ZDG abgegeben. Nach dem Beschwerdevorbringen wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 9. Jänner 1995 festgestellt, daß seine Zivildiensterklärung den gesetzlichen Anforderungen entspreche und er zivildienstpflichtig sei. In seinem Antrag vom 27. Oktober 1995 teilte er mit, daß er nach Abschluß seines Studiums an der Hochschule für angewandte Kunst seit September 1994 in einem der führenden Designerbüros Österreichs arbeite. Der Beschwerdeführer hat also in der Zeit, für die ihm der Antritt des Grundwehrdienstes im Hinblick auf sein Hochschulstudium aufgeschoben worden war, nach Abschluß seines Hochschulstudiums eine berufliche Tätigkeit aufgenommen, aus der er nun besonders rücksichtswürdige Interessen abzuleiten versucht. Er hätte mit der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit bis zur Ableistung der Präsenzdienst- bzw. nunmehr der Zivildienstpflicht zuwarten müssen, und zwar auch dann, wenn es sich - wie in der Beschwerde ausführlich dargelegt wird - bei der im September 1994 aufgenommenen beruflichen Tätigkeit um die Wahrnehmung einer günstigen beruflichen Chance gehandelt hat, sodaß Ermittlungen, ob dies tatsächlich der Fall war, nicht erforderlich waren. Den Nachteil, sich bietende berufliche Chancen und Verdienstmöglichkeiten wegen des noch zu leistenden Zivildienstes (bzw. Präsenzdienstes) nicht nützen zu können, haben zahlreiche Zivildienstpflichtige (Wehrpflichtige) zu tragen. Hat ein Zivildienstpflichtiger (Wehrpflichtiger) bereits vor Erfüllung der ihn treffenden Dienstleistungspflicht seine berufliche Existenz zu verwirklichen begonnen, so können die durch die Unterbrechung der Berufstätigkeit infolge der zivildienstbedingten (präsenzdienstbedingten) Abwesenheit verursachten wirtschaftlichen Rückschläge nicht die besondere Rücksichtswürdigkeit geltend gemachter wirtschaftlicher Interessen begründen (vgl. auch dazu das oben zitierte Erkenntnis vom 30. Juni 1992).

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, bei der Entscheidung, ob besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen im Sinne des § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG vorliegen, seien auch die wirtschaftlichen Interessen anderer Personen als des Zivildienstpflichtigen miteinzubeziehen, weshalb die belangte Behörde auch die wirtschaftlichen Interessen des Designbüros, für das er arbeite, hätte berücksichtigen müssen. Zur Erwiderung auf dieses Vorbringen genügt gemäß § 43 Abs. 2 VwGG der Hinweis auf die gegenteilige hg. Rechtsprechung (siehe das Erkenntnis vom 27. Juni 1995, Zl. 95/11/0190, mwN). Demnach kommen bei der Entscheidung über einen Antrag nach § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG nur die dort genannten Interessen des Antragstellers, nicht aber auch die dritter Personen (etwa des Arbeitgebers, eines Geschäftspartners und dgl.) in Betracht. Die Beschwerde enthält nichts, was den Verwaltungsgerichtshof zu einem Abgehen von dieser Rechtsprechung veranlassen könnte.

Da sich die Beschwerde nach dem Gesagten als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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