VwGH 99/07/0042

VwGH99/07/004216.9.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde der Gemeinde N., vertreten durch Dr. Richard Köhler und Dr. Anton Draskovits, Rechtsanwälte in Wien VI, Amerlingstraße 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 20. November 1998, Zl. 31 3546/98-III/1/98-Ga, betreffend Genehmigung einer mikrobiologischen Aufbereitungsanlage (mitbeteiligte Partei: B Transportgesellschaft m.b.H. in N, vertreten durch Dr. Christian Onz, Rechtsanwalt in Wien, Ungargasse 59-61), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §39 Abs1;
AVG §8;
AWG 1990 §29 Abs5 Z2;
AWG 1990 §29 Abs5 Z3;
AWG 1990 §29 Abs5 Z4;
UVPG 1993 §30;
UVPG 1993 §34;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §12 Abs2;
AVG §39 Abs1;
AVG §8;
AWG 1990 §29 Abs5 Z2;
AWG 1990 §29 Abs5 Z3;
AWG 1990 §29 Abs5 Z4;
UVPG 1993 §30;
UVPG 1993 §34;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §12 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500.-binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei beantragte bei der Berghauptmannschaft Wien mit einem bei dieser Behörde am 22. April 1993 eingelangten Schriftsatz die Bewilligung zur Herstellung (Errichtung) einer mikrobiologischen Aufbereitungsanlage zum Zwecke der Herstellung von Rekultivierungsmaterial für verschiedene bereits ausgebeutete und verfüllte Abbaugrundstücke.

Mit Bescheid vom 15. Juni 1993 erteilte die Berghauptmannschaft der mitbeteiligten Partei unter Berufung auf § 146 des Berggesetzes 1975, BGBl. Nr. 259, die beantragte Bewilligung.

In einem an den Landeshauptmann von Niederösterreich (LH) gerichteten, bei diesem am 12. April 1994 eingelangten Schreiben vertrat die mitbeteiligte Partei die Auffassung, für ihre nach dem Berggesetz bewilligte Anlage sei ein abfallrechtliches Genehmigungsverfahren nicht erforderlich. Da jedoch die Anlage so konzipiert sei, dass Sickerwässer durch Niederschläge entstehen könnten, und somit Maßnahmen zum Schutz des Grundwassers vorgesehen seien, werde zusätzlich zur bergrechtlichen Bewilligung um die wasserrechtliche Genehmigung angesucht.

Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 20. Juli 1995 wurde gemäß § 68 Abs. 4 Z. 1 AVG der Bescheid der Berghauptmannschaft Wien vom 15. Juni 1993, mit welchem der mitbeteiligten Partei die Bewilligung zur Herstellung (Errichtung) einer mikrobiologischen Aufbereitungsanlage zum Zwecke der Herstellung von Rekultivierungsmaterial erteilt worden war, als nichtig erklärt. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass es sich bei der mikrobiologischen Aufbereitungsanlage der mitbeteiligten Partei um eine Anlage handle, welche einer Bewilligung nach § 29 Abs. 1 Z. 2 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990, (AWG), bedürfe, weshalb das Berggesetz 1975 auf diese Anlage keine Anwendung finde.

Mit Schreiben vom 4. Oktober 1995 forderte der LH die mitbeteiligte Partei auf, ihr Ansuchen um Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die Aufbereitungsanlage noch um eine Reihe von Unterlagen zu ergänzen, welche für ein Verfahren nach dem AWG erforderlich seien.

Mit Schreiben vom 18. März 1996 legte die mitbeteiligte Partei die gesamten Unterlagen (ursprüngliche Unterlagen und Ergänzung) vor, wobei das gesamte Projekt mit "März 1996" datiert ist.

In der Folge wurde gemäß § 29 Abs. 4 AWG (in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 151/1998) bekannt gemacht, dass die mitbeteiligte Partei um die Genehmigung zur Errichtung einer mikrobiologischen Aufbereitungsanlage angesucht habe.

Innerhalb der sechswöchigen Frist wurden keine Einwendungen vorgebracht.

Zur mündlichen Verhandlung am 15. September 1997 wurde die beschwerdeführende Partei nicht geladen.

Bei dieser Verhandlung war H.B. anwesend. Er wird im Anwesenheitsverzeichnis der Verhandlungsniederschrift als Anrainer geführt. In der Verhandlungsniederschrift ist folgende Äußerung dieses Verhandlungsteilnehmers protokolliert:

"Vom Herrn Gemeinderat B. (Gemeinde Rauchenwarth) wird Folgendes festgestellt:

Die Gemeinde Rauchenwarth ist von diesem Projekt nicht in Kenntnis gesetzt worden. Es wird daher eine neuerliche Zustellung der Ladung und eine neuerliche Verhandlung beantragt."

Der Amtssachverständige für Geohydrologie gab folgende Stellungnahme ab:

"Der Standort der geplanten mikrobiologischen Aufbereitungsanlage der (mitbeteiligten Partei) auf den Grundstücken 1034/3, 1034/4, 1034/5 und 1034/6, alle KG S., liegt im Bereich der so genannten "R.-Platte", einer Schotterflur über den Tegel und Sanden des Wiener Beckens rund 2,8 km nordwestlich von S. und ca. 1 km südöstlich von R. Auf Grund der Stellungnahme der Abteilung Hydrologie vom 18. Oktober 1996 wurde das Projekt um eine kurze geohydrologische Zusammenfassung, Lagepläne und eine geologische Zusammenstellung (Beilage 8) ergänzt. Die Stellungnahme vom 9. Mai 1997 bestätigt, dass die Ergänzungen eine ausreichende Beurteilungsgrundlage bilden.

Die geologischen und hydrogeologischen Standortbedingungen werden durch eine Untersuchung der Firma Proterra aus dem Jahr 1995 mit Ergänzungen aus 1995 und 1996 ausführlich erläutert und sind in Beilage 8 des Projektes dargestellt. Diese Untersuchung weist nach, dass bis zum 1. grundwasserstauenden Horizont, der aus Tegel gebildet wird und zwischen 10 bis 30 m unter Gelände liegt, kein Grundwasserinhalt vorhanden ist. Der erste ständig grundwasserführende Horizont liegt 40 - 50 m unter Gelände und wird von weiteren stauenden Horizonten überlagert.

Bei der vorgesehenen Anlage ist keine Versickerung von Wässern vorgesehen. Der Untergrund wird durch eine technische Dichtung unterhalb des Planums abgedichtet. Zusätzlich ist eine Sickerwassersammlung vorgesehen. Sollte es auf Grund eines technischen Gebrechens oder eines Fehlers zu einer Versickerung im Bereich der Anlage kommen, so würden diese Wässer bis zum

1. Grundwasserstau absickern und sich dort entsprechend der Anlage 8 der geologischen Zusammenstellung (Bericht der Firma Proterra) in westlicher Richtung und nach ca. 0,4 km in nördlicher Richtung verlagern. In dieser möglichen Verlagerungsrichtung auf dem Grundwasserstauer befinden sich keine Brunnenanlagen mit Trinkwassernutzung. Dies bedeutet, dass auch im Falle eines Schadens oder eines technischen Gebrechens eine Beeinträchtigung fremder Wasserrechte, insbesondere Grundwassernutzung, aus fachlicher Sicht auszuschließen ist. Die Ortschaften S. und R. werden durch zentrale WVA's mit dem erforderlichen Trinkwasser versorgt. Die Brunnenanlagen dieser Trinkwasserversorgungen liegen grundwasserstromseitlich bzw. grundstromwasserstromaufwärts der geplanten Anlage und können nicht durch den Betrieb der Anlage beeinträchtigt werden.

Laut Untersuchung der Firma Proterra ist nach der ÖNORM S 2070 der Standort der Standortklasse 4 zuzurechnen.

Aus fachlicher Sicht ist eine indirekte Beweissicherung des Standortes durch eine Grundwassersonde möglich. Diese Grundwassersonde entspricht der in dem Lageplan (Plan Nr. 5) des Projektes von Dipl.-Ing. T. vom März 1996 eingezeichneten neu zu errichtenden Sonde an der westlichen Grenze des Grundstückes 1034/5, KG S. Es werden daher folgende Auflagen festgelegt.

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