VwGH 97/01/0764

VwGH97/01/076429.7.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des D in Wien, vertreten durch Dr. Brigitte Stampfer, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Stadlergasse 27, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 2. September 1996, Zl. UVS-02/05/00039/96, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs1;
AVG §34 Abs2 idF 1990/357;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §67a Abs1 Z2;
AVGNov 1990 Art4 Abs1;
AVGNov 1990 Art4 Abs2;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
VStG §16 Abs1;
VStG §53 Abs4;
VStG §53;
VStG §54;
VwRallg;
AVG §13 Abs1;
AVG §34 Abs2 idF 1990/357;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §67a Abs1 Z2;
AVGNov 1990 Art4 Abs1;
AVGNov 1990 Art4 Abs2;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
VStG §16 Abs1;
VStG §53 Abs4;
VStG §53;
VStG §54;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als er die ihm zugrundeliegende Beschwerde im Punkt "Haftbedingungen" abweist (und damit auch hinsichtlich seines Ausspruches über die dem Beschwerdeführer zum Ersatz auferlegten Kosten) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 15. November 1990, Zl. SD 500/90, verhängte die Sicherheitsdirektion für Wien über den Beschwerdeführer gemäß § 34 AVG 1950 eine Ordnungsstrafe von S 1.000,--, weil er sich in einer schriftlichen Eingabe an die Bundespolizeidirektion Wien vom 4. August 1990 (Berufung gegen einen Bescheid, mit dem ein Auskunftsbegehren abgewiesen worden war) einer beleidigenden Schreibweise bedient hatte. Ergänzend wurde ausgesprochen, daß im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe an deren Stelle Haft von drei Tagen trete.

Eine gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 12. Juli 1991 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unzulässig zurückgewiesen.

In der Folge gegen den Beschwerdeführer eingeleitete Exekutionsmaßnahmen zur Hereinbringung der verhängten Ordnungsstrafe blieben erfolglos. Die Bundespolizeidirektion Wien forderte ihn daher mit Schreiben vom 24. November 1993 zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe auf. Der Beschwerdeführer kam dieser Aufforderung nicht nach; zahlreiche daraufhin unternommene Versuche, ihn vorzuführen, scheiterten.

Am 28. Juni 1994 suchte der Beschwerdeführer zwecks amtsärztlicher Untersuchung nach einem Verkehrsunfall das Bezirkspolizeikommissariat Wien-Landstraße auf. Im Hinblick auf den bestehenden Vorführbefehl wurde er um 10.10 Uhr zum Strafantritt wegen der ausstehenden Ersatzfreiheitsstrafe festgenommen. Auf diese wurde ihm der bei ihm vorgefundene Geldbetrag von S 544,-- angerechnet, sodaß er nach Verbüßung der verbliebenen Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von einem Tag, acht Stunden und 50 Minuten am 29. Juni 1994 um 19.00 Uhr wieder entlassen wurde.

Gegen die Vollziehung der Ersatzfreiheitsstrafe am Bundespolizeikommissariat Wien - Landstraße erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gemäß § 67c AVG an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien (die belangte Behörde). Dabei machte er im wesentlichen geltend, daß der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe - im Hinblick auf die per 1. Jänner 1991 in Kraft getretene AVG-Novelle 1990, welche die Möglichkeit eines Freiheitsentzugs bei Ordnungsstrafen beseitigte - rechtswidrig gewesen sei. Außerdem erachtete er sich durch die Haftbedingungen und durch den anläßlich der Verhaftung gepflogenen Umgang mit seinen persönlichen Sachen und Wertgegenständen, die nicht zur Gänze zurückgestellt bzw. teilweise beschädigt worden seien, in seinen Rechten verletzt. Bezüglich der Haftbedingungen führte er im einzelnen aus, daß er in einem Haftraum untergebracht worden sei, der nicht habe gelüftet werden können und in den nicht genügend Tageslicht eingefallen sei. Demzufolge sei der Raum andauernd - ohne Unterbrechung auch während der Nachtstunden - durch eine grelle Lampe erhellt worden, was ein Schlafen unmöglich gemacht habe. In der Zelle habe es keine Toilette und keine Waschgelegenheiten gegeben, in einer Ecke habe sich menschlicher Kot befunden. Ihm selbst sei erst am 29. Juni 1994 der Besuch der Toilette gestattet worden, sodaß er gleichfalls in der Zelle habe urinieren müssen. Schließlich sei ihm mehr als 24 Stunden lang weder Flüssigkeit noch Nahrung zur Verfügung gestellt worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet ab und ergänzend gestellte Anträge auf Ersatz von Kosten "für abgenommene und nicht wieder ausgefolgte Gegenstände und "für gesetzwidrige Gefangenhaltung" als unzulässig zurück. Dabei stellte sie insbesondere fest, daß dem Beschwerdeführer während der Haft Nahrung und Flüssigkeit zur Verfügung gestellt worden sei. Er habe außerdem mehrmals Gelegenheit gehabt, die Toilette aufzusuchen. Die Haftzelle habe keinerlei sanitären Übelstand aufgewiesen, sie sei mit elektrischem Licht beleutet gewesen.

Rechtlich führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß die zwangsweise Vorführung eines Bestraften zum Antritt und zum Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anzusehen sei. Des weiteren begründete sie ihre Entscheidung damit, daß die Neufassung des § 34 AVG dem Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe nicht entgegenstehe, da "nach dem Übergangsrecht zum VStG 1950" am 1. Jänner 1991 anhängige Verfahren nach der bis zum Inkrafttreten der AVG-Novelle geltenden Rechtslage zu Ende zu führen seien. Hinsichtlich der übrigen Beschwerdepunkte lasse der festgestellte Sachverhalt keine Rechtswidrigkeit erkennen; für einen Kostenzuspruch schließlich fehle (schon) ihre Zuständigkeit.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof gerichtete, von diesem an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene und rechtzeitig ergänzte Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte - unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift -, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich gemäß der Umschreibung des Beschwerdepunktes (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) in seiner Beschwerdeergänzung 1. in seinem Recht auf Feststellung, daß der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe rechtswidrig gewesen sei und 2. in seinem Recht auf Ersatz für den gesetzwidrigen Vollzug (der Ersatzfreiheitsstrafe) verletzt. Ausdrücklich unbekämpft läßt er damit zunächst jenen Teil des angefochtenen Bescheides, mit dem auf Grundlage seiner Beschwerde an die belangte Behörde über die Art der Behandlung seiner persönlichen Sachen und Wertgegenstände abgesprochen worden ist. Dem gesamten Inhalt seiner Beschwerdeergänzung läßt sich darüber hinaus aber unzweifelhaft entnehmen, daß es ihm im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nur mehr um die Modalitäten des Vollzugs der Ersatzfreiheitsstrafe geht. Bei Ausführung der Beschwerdegründe wird nämlich bloß auf die Umstände bzw. die Bedingungen der Haft abgestellt und letztlich ausgeführt, daß die Durchführung des Vollzugs der Ersatzfreiheitsstrafe gesetzwidrig gewesen sei und gegen § 53c VStG i.V.m. § 36 AVG verstoßen habe; die Tatsache des Vollzugs an sich wird dagegen - anders als noch in der ursprünglichen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof - nicht mehr in Frage gestellt. Konsequenterweise ist das Begehren des Beschwerdeführers daher darauf gerichtet, den angefochtenen Bescheid "nur" wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, während andernfalls - würde schon die Haft als solche bekämpft werden - der Bescheid unter dem Gesichtspunkt inhaltlicher Rechtswidrigkeit zu beanstanden wäre. Wenn im Beschwerdepunkt von gesetzwidrigem Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe die Rede ist, so kann darunter somit nur Art und Weise dieses Vollzugs verstanden werden.

Durch die von der beschwerdeführenden Partei vorgenommene Bezeichnung des Beschwerdepunktes wird der Prozeßgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Bescheides gemäß § 41 Abs. 1 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht der beschwerdeführenden Partei, sondern ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung sie behauptet (vgl. etwa den hg. Beschluß vom 18. Dezember 1997, Zl. 96/18/0437, m.w.N.). Nach dem Vorgesagten bedeutet das, daß hier nur mehr darauf einzugehen ist, ob der Beschwerdeführer durch die Modalitäten des Vollzugs der Ersatzfreiheitsstrafe, also durch die Haftbedingungen, in Rechten verletzt wurde. Dahingestellt bleiben kann dagegen insbesondere, ob die Bundespolizeidirektion Wien - wie von der belangten Behörde in ihrem Bescheid zugrundegelegt - überhaupt noch berechtigt war, die rechtskräftig verhängte Ersatzfreiheitsstrafe in Vollzug zu setzen. Der Vollständigkeit halber sei dessen ungeachtet angemerkt, daß die AVG-Novelle 1990 (BGBl. Nr. 357/1990), die die Möglichkeit der Verhängung einer primären Haftstrafe oder einer Ersatzfreiheitsstrafe als Ordnungsstrafe beseitigte, dem Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe nicht im Wege stand: Wohl bestimmte Art. IV Abs. 1 der genannten Novelle, daß sie - und damit die hier maßgebliche Bestimmung des § 34 Abs. 2 AVG in der neuen Fassung - mit 1. Jänner 1991 in Kraft trete, sodaß seither die Verhängung von Ersatzfreiheitsstrafen grundsätzlich nicht mehr rechtens ist; Abs. 2 dieses Artikels (wiederlautbart als Übergangsrecht zum AVG 1950) sieht jedoch vor, daß am 1. Jänner 1991 anhängige Verfahren nach der bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (1. Jänner 1991) geltenden Rechtslage zu Ende zu führen sind. Mithin kommt/kam ausnahmsweise - Anhängigkeit des Verfahrens zur Verhängung einer Ordnungsstrafe zum 1. Jänner 1991 vorausgesetzt - die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe auch nach dem 1. Jänner 1991 in Betracht. Umso mehr muß es zulässig sein, eine rechtskräftige Ersatzfreiheitsstrafe noch nach diesem Zeitpunkt zu vollziehen (vgl. auch Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts8, Rz 493). Hätte der Gesetzgeber der AVG-Novelle 1990 anderes gewollt, hätte er - vergleichbar der Regelung des Art. II. Abs. 3 der VStG-Novelle 1987 (wiederverlautbart als Übergangsrecht zum VStG 1950) - ausdrücklich aussprechen müssen, daß vor dem 1. Jänner 1991 verhängte Freiheitsstrafen bzw. Ersatzfreiheitsstrafen (soweit es sich um Ordnungsstrafen handelt) nicht zu vollziehen sind.

Wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, stellen die zwangsweise Vorführung zum Strafantritt und die nachfolgende Anhaltung eines Bestraften Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar (vgl. etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Juni 1989, Slg. Nr. 12.029). Aber auch die hier allein streitgegenständliche Art und Weise des Vollzugs der Ersatzfreiheitsstrafe kann tauglicher Gegenstand einer "Maßnahmenbeschwerde" sein. Unter der einer Beschwerdeführung zugänglichen "Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt" in der Bedeutung des Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG wird nach herrschender Judikatur nämlich nicht nur das "Ob", sondern auch das "Wie", das heißt also die konkrete Gestaltung des jeweiligen Verwaltungsaktes, verstanden (Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 41. zu § 67a AVG). Die belangte Behörde hat über die bei ihr eingebrachte Beschwerde daher auch im Punkt "Haftbedingungen" zu Recht meritorisch entschieden.

Im Rahmen des dieser Entscheidung vorangegangenen Ermittlungsverfahrens hat die belangte Behörde am 24. Mai 1996 und am 25. Juni 1996 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Dabei wurden die von der Bundespolizeidirektion Wien namhaft gemachten Zeugen RvI St. und RvI Z. vernommen, von deren Angaben ausgehend in Verbindung mit den Ausführungen der Bundespolizeidirektion Wien in ihrer Gegenschrift die belangte Behörde zur Feststellung des eingangs wiedergegebenen Sachverhaltes gelangte. Den dazu im Widerspruch stehenden Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde (und in einer Stellungnahme zur Gegenschrift) vermochte sie hingegen nicht zu folgen, weil er am 24. Mai 1996 nicht bereit gewesen sei, seine Beschwerde näher zu präzisieren und auf den Sachverhalt einzugehen und zu der auf den 25. Juni 1996 erstreckten Verhandlung - deren Termin hatte der Beschwerdeführer gemäß Niederschrift über die Verhandlung vom 24. Mai 1996 unter Ladungsverzicht zur Kenntnis genommen - unentschuldigt nicht erschienen sei. Die Ablehnung der Beweisanträge des Beschwerdeführers - auf Beiziehung medizinischer Sachverständiger, auf Durchführung eines Lokalaugenscheins im Haftraum Nr. 3 des Bezirkspolizeikommissariats Wien-Landstraße und auf zeugenschaftliche Vernehmung "des N.N., der bis Nachmittag 29.06.94. mit mir die Zelle teilte, bis er in den JGH überstellt wurde" - begründete die belangte Behörde damit, daß der Sachverhalt auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens habe ausreichend geklärt werden können.

Daß seine Beweisanträge unerledigt geblieben sind, greift der Beschwerdeführer in der Beschwerde als Verfahrensmangel auf. Die belangte Behörde habe sich zu Unrecht mit der Einvernahme der Zeugen der Gegenseite begnügt und ihm (dem Beschwerdeführer) nicht ausreichend Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben. Dadurch sei er in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzt worden. Außerdem wäre die belangte Behörde nach dem Grundsatz der amtswegigen Wahrheitsforschung verpflichtet gewesen, von sich aus Widersprüche objektiv aufzuklären und die schriftlichen Ausführungen des Beschwerdeführers wie andere Beweismittel zu berücksichtigen. Wäre die belangte Behörde so vorgegangen, so hätte sich herausgestellt, daß er, der Beschwerdeführer, über 24 Stunden keine Möglichkeit zur Nahrungs- bzw. Flüssigkeitsaufnahme gehabt habe, daß die Nachtruhe nicht eingehalten worden sei, weil ständig ein grelles, unangenehmes Licht gebrannt habe, daß die Zelle mit Fäkalien verdreckt gewesen und daß nicht für ausreichend Frischluftzufuhr gesorgt worden sei.

Soweit der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde wäre im Hinblick auf sein Ausbleiben von der Verhandlung vom 25. Juni 1996 verpflichtet gewesen, ihm deren Ergebnisse (Einvernahme des Zeugen RvI St.) zur Stellungnahme zur Kenntnis zu bringen, ist ihm zu erwidern, daß er sich durch sein unentschuldigtes Nichterscheinen bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde am 25. Juni 1996 selbst der Möglichkeit begeben hat, dabei seine Rechte wahrzunehmen, insbesondere im Rahmen der Vernehmung Fragen an den vorgenannten Zeugen zu stellen. Im übrigen ist auf die - von der belangten Behörde beachtete - Bestimmung des § 67 f Abs. 3 AVG zu verweisen, wonach der Bescheid und seine wesentliche Begründung auf Grund der Verhandlung und zwar, wenn möglich, sogleich nach deren Schluß zu beschließen und zu verkünden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. April 1992, Zl. 91/11/0126).

Im Ergebnis zu Recht rügt die Beschwerde allerdings, daß es die belangte Behörde mit der Einvernahme der Zeugen RvI St. und RvI Z. hat bewenden lassen. Zwar kann ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß sie Beweisanträgen des Beschwerdeführers nicht Folge leistete. Die beantragten medizinischen Sachverständigen können nämlich schon der Natur der Sache nach keine Hinweise auf den Zustand der Haftzelle und die Haftbedingungen liefern; den Antrag auf Durchführung eines Lokalaugenscheins aber hat der Beschwerdeführer zurückgezogen, indem er - gemäß der Niederschrift über die öffentliche mündliche Verhandlung vom 24. Mai 1996 - erklärte, es sei völlig sinnlos "nach nunmehr zwei Jahren die Beweisaufnahmen durchzuführen, da die Zelle nunmehr umgebaut wurde und die Haftbedingungen, die damals herrschten, nicht mehr überprüft werden können". Der ins Treffen geführte Mithäftling "N.N."

wiederum wurde weder durch Name noch durch Adresse individualisiert, sodaß insoweit nicht von einem ordnungsgemäßen Beweisantrag gesprochen werden kann. Der Umstand, daß das Beweisanbot in diesem Punkt mangelhaft war, berechtigte die belangte Behörde jedoch nicht, das Verfahren ohne jeglichen Versuch, diesen Mithäftling einzuvernehmen, abzuschließen.

Gemäß § 39 Abs. 2 erster Halbsatz AVG hat die Behörde, soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Andordnungen enthalten, von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der in diesem Teil enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen. Auch im Antragsverfahren obliegt es der Behörde, innerhalb der Grenzen ihrer Möglichkeiten und des vom Verfahrenszweck her gebotenen und zumutbaren Aufwandes dieser amtswegigen Ermittlungspflicht nachzukommen (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, S. 261, E 29 zu § 39 AVG zitierte hg. Rechtsprechung; zuletzt hg. Erkenntnis vom 2. Juni 1998, Zl. 97/01/1146).

Richtig weist der Beschwerdeführer darauf hin, daß die belangte Behörde durch Anfrage bei der Bundespolizeidirektion Wien ohne besondere Schwierigkeiten Name und Anschrift seines damaligen Mithäftlings hätte in Erfahrung bringen können. Diese Vorgangsweise in Verbindung mit einer daran anschließenden amtswegigen Ladung jenes Mithäftlings wäre vom Verfahrenszweck her geboten gewesen.

Indem die belangte Behörde demgegenüber ohne weiteres schon nach Einvernahme der von der Gegenseite namhaft gemachten Zeugen den Sachverhalt für geklärt erachtete, hat sie somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher im Rahmen des Beschwerdepunktes "Haftbedingungen" gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben. Hingegen hat die belangte Behörde zu Recht die bei ihr erhobenen Schadenersatzforderungen zurückgewiesen, weil weder Art. 129a B-VG noch § 67a AVG eine Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate zur Entscheidung über vermögensrechtliche Ersatzansprüche begründen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG (im besonderen auf § 50) i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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