Normen
GehG 1956 §13a Abs1;
GehG 1956 §13a Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein rechtskundiger Beamter im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG, steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Steiermark; seine Dienststelle ist die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg.
Mit Schreiben der Rechtsabteilung 1 des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 24. Februar 1993 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, daß die Vergütungen für die Vertretung des Bezirkshauptmannes in einem ungebührlich hohen Betrage ausgezahlt worden seien, wodurch ein Übergenuß von brutto S 232.970,70 für die letzten drei Jahre entstanden sei. Vergütungen gebührten jeweils pro Vertretung und nicht - wie in den Datenerfassungsbelegen ausgewiesen und ausbezahlt - pro Stunde. Da gemäß § 13a des Gehaltsgesetzes Übergenüsse einzufordern bzw. von den Bezügen einzubehalten seien, ergehe das Ersuchen um Bekanntgabe, welche Höhe der Rückzahlungsraten dem Beschwerdeführer zumutbar erscheine.
In seiner am 17. März 1993 bei der belangten Behörde eingelangten Stellungnahme führte der Beschwerdeführer aus, die jeweiligen Vergütungsansprüche würden von seinen Kollegen und ihm mittels "Lochvorlage" im Dienstwege der Rechtsabteilung 1 gemeldet. Auf der Rückseite dieser "Lochvorlagen" sei jeweils eine Tabelle mit Angaben über Zeitpunkt und Dauer der Vertretung des Bezirkshauptmannes und den je nach Dauer zuzuordnenden Kennzahlen erstellt. Es sei aus der "Lochvorlage" somit zweifelsfrei zu erkennen gewesen, daß die Überstundenleistung als Vertreter des Bezirkshauptmannes erbracht worden sei, wieviele Vertretungen pro Monat angeordnet worden seien, an welchen Wochentagen die Vertretung erfolgt sei und wie lange die Dienstleistung gedauert habe. Die Berechnung der Höhe der jeweiligen Vergütung obliege weder dem Beschwerdeführer noch dessen Dienststelle, sondern werde von der Rechtsabteilung 1 vorgenommen. Im Vertrauen auf die gesetzeskonforme Bemessung der Vergütungen habe er diese seit Februar 1987 in gutem Glauben bezogen, er sei im November 1992 erstmalig vom Kanzleileiter der Bezirkshauptmannschaft V. darüber informiert worden, daß mit den Vergütungen für die Vertretungen etwas nicht in Ordnung sei. Ab diesem Zeitpunkt sei das Ausfüllen der "Lochvorlagen" insofern modifiziert worden, als in der Spalte Einheit die Anzahl der Vertretungen eingetragen werde. Es scheine ihm auch zum jetzigen Zeitpunkt noch unglaublich, daß die Berechnung durch die Rechtsabteilung 1 durch sechs Jahre hindurch falsch erfolgt sein solle. Nach seiner Rechtsauffassung bestehe keine Verpflichtung eines Landesbeamten, die ihm von der Landesbuchhaltung angewiesenen Bezüge zu überprüfen. Dies wäre ihm auch gar nicht möglich gewesen, weil er vor Erhalt des Schreibens vom 24. Februar 1993 über die Höhe der Ansprüche nicht informiert gewesen und die Art der Berechnung bzw. die Höhe des Anspruches auf dem Gehaltszettel nicht ersichtlich sei. Außerdem könne einem Beamten des politischen Dienstes kein höheres Wissen bezüglich der Berechnung von Bezügen zugemutet werden als der für die Berechnung zuständigen Dienststelle.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15. September 1993 hat die belangte Behörde ausgesprochen, daß gemäß § 13a Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 in der als Landesgesetz geltenden Fassung (in der Folge kurz: GG 1956/Stmk) die zu Unrecht empfangenen Leistungen in der Höhe von brutto S 221.520,10 zu ersetzen seien und der Rückersatz in monatlichen Teilbeträgen von S 1.500,-- gemäß § 13a Abs. 2 leg. cit. vorgeschrieben und ab 1. Oktober 1993 von den Bezügen einbehalten werde.
In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, daß eine amtswegig durchgeführte Überprüfung der sogenannten Lochvorlage "Zulagenmeldung für Beamte" ergeben habe, daß die vom Beschwerdeführer vorgelegten Zulagenmeldungen hinsichtlich der gemeldeten Vertretungseinheiten falsch seien. Wie aus den Datenerfassungsbelegen ersichtlich sei, sei vom Beschwerdeführer die Zeiteinheit der einzelnen Vertretungen geltend gemacht und nicht die einzelne Vertretung als Einheit angegeben worden. Da die mit Beschluß der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. Mai 1974, GZ. 1-VStbE 616/1974, gebührenden Vergütungen der Vertretung der Landeshauptleute jeweils pro Vertretung und nicht pro Stunde ausbezahlt würden, sei ein Übergenuß von S 221.520,10 entstanden. Die Rückverrechnung erfolge gemäß § 13b Abs. 2 GG 1956/Stmk drei Jahre rückwirkend bis März 1990 (Auszahlung der Vergütungen für Vertretungen im Dezember 1980 - richtig wohl: 1989). In der Folge wurden die geleisteten Vertretungstätigkeiten im einzelnen aufgelistet. Die pauschalierte Überstundenvergütung und die pauschalierte Sonn- und Feiertagsvergütungen für Vertretungen bis zu 3 Stunden seien im Ausmaß von 1,3386 v.H. und 2,1815 v.H. des Gehaltes der Gehaltsstufe 2, Dienstklasse V, die Aufwandsentschädigung mit S 108,-- festgelegt worden. Für Dienstleistungen von mehr als 3 Stunden sowie Vertretungen an Samstagen, Sonn- und Feiertagen von mehr als 3 Stunden oder bei mehreren Vertretungsfällen an einem Tag sei die pauschalierte Überstundenvergütung und die pauschalierte Sonn- und Feiertagsvergütung im Ausmaß von 2,0079 v.H. und 3,2722 v.H. des Gehaltes der Gehaltsstufe 2, Dienstklasse V, und die Aufwandsentschädigung mit S 162,-- festgelegt worden. Mit Beschluß der Steiermärkischen Landesregierung vom 2. April 1990 sei der Fixbetrag der Aufwandsentschädigung mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1990 von S 108,-- auf S 231.-- und von S 162,-- auf S 347,-- angehoben worden. Die im Beschluß der Steiermärkischen Landesregierung aus dem Jahre 1974 erfolgte Bemessung von Vergütungen sei allen Bezirkshauptmannschaften mit Erlaß der Rechtsabteilung 1 vom 31. Mai 1974 zur Kenntnis gebracht worden. Mit Richterlaß vom 11. April 1990, Richterlaß Nr. 01-08 1990, seien alle Bezirkshauptmannschaften und politische Exposituren über die Neubemessung der Aufwandsentschädigungen unter Hinweis auf den im Jahre 1974 ergangenen Richterlaß mit dem Auftrag informiert worden, diesen Richterlaß allen betroffenen Bediensteten nachweislich zur Kenntnis zu bringen. Nach Wiedergabe der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob dem Empfänger eines nicht geschuldeten Betrages guter Glaube zuzubilligen sei, kommt die belangte Behörde schließlich zu dem Ergebnis, daß dem Beschwerdeführer beispielsweise im Gehaltsnachweis für den Monat März 1992 eine Nachzahlung der Überstundenvergütung in der Höhe von S 5.101,30, der Aufwandsentschädigung in der Höhe von S. 5.899,-- und der Sonn- und Feiertagsvergütung in der Höhe von S 3.002,60 ausgewiesen worden sei. Dies ergebe eine Summe von S 14.002,90 für insgesamt 8 getätigte Vertretungen im Dezember 1991 und einen Übergenuß von S 10.723,40. Schon die absolute Höhe dieses zu Unrecht bezogenen Betrages und die Relation dieses Betrages zu jenen Vergütungen, auf die der Beschwerdeführer Anspruch gehabt hätte, spreche gegen eine Gutgläubigkeit im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Bei einer überschlägigen Überprüfung der jeweils überwiesenen Vergütungen, somit bei Anwendung eines bloß durchschnittlichen Grades an Aufmerksamkeit hätte der Beschwerdeführer zumindest Zweifel an der Rechtmäßigkeit der erbrachten Leistungen haben müssen. Die Höhe der Überstunden und Sonn- und Feiertagsvergütung sei mit einem Prozentsatz der Gehaltsstufe 2, Dienstklasse V, die Aufwandsentschädigung mit einem Fixbetrag festgelegt. Die Bemessungsgrundlage, nämlich die Erlässe der Rechtsabteilung 1 aus dem Jahre 1974 und 1990, lägen in der Bezirkshauptmannschaft auf. Angesichts der Berechnungsmodalität könne der Einwand der Kompliziertheit derselben ernstlich nicht erhoben werden. Es ergebe sich daher der im Spruch festgestellte Bruttoübergenuß (die Berechnung des Nettoübergenusses wird näher dargelegt).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 des Steiermärkischen Landesbeamtengesetzes 1974, LGBl. Nr. 124, in der Fassung LGBl. Nr. 33/1984, sind - soweit landesgesetzlich und in den einen Bestandteil dieses Gesetzes bildenden Anlagen nicht anderes bestimmt ist - auf die Landesbeamten die für das Dienstrecht einschließlich des Besoldungs- Disziplinar- und Pensionsrechtes der Bundesbeamten am Tage der Beschlußfassung dieses Gesetzes maßgeblichen Bundesgesetze als Landesgesetze sinngemäß anzuwenden.
Nach § 13a Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, in der Fassung BGBl. Nr. 109/1966, sind zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse), soweit sie nicht in gutem Glauben empfangen sind, dem Bund zu ersetzen.
Der Anspruch auf Leistungen verjährt nach § 13b Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, in der Fassung
BGBl. Nr. 214/1972, wenn er nicht innerhalb von drei Jahren geltend gemacht wird, nachdem die anspruchsbegründende Leistung erbracht worden oder der anspruchbegründende Aufwand entstanden ist. Das Recht auf Rückforderung zu Unrecht entrichteter Leistungen (§ 13a GG) verjährt nach Abs. 2 der genannten Bestimmung nach drei Jahren ab ihrer Entrichtung.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Empfang in gutem Glauben nicht nach der subjektiven Gesetzeskenntnis des Bediensteten, sondern nach der objektiven Erkennbarkeit des Irrtums der auszahlenden Stelle zu beurteilen. Die Gutgläubigkeit wird demnach nicht durch das Erkennen des Übergenusses bzw. des Irrtums der auszahlenden Stelle oder durch auffallende Sorglosigkeit ausgeschlossen. Gutgläubigkeit ist vielmehr schon dann nicht anzunehmen, wenn der Leistungsempfänger - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv betrachtet - bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt an der Rechtmäßigkeit der ihm ausbezahlten Leistung auch nur Zweifel hätte haben müssen. Voraussetzung für die Entstehung eines Ersatzanspruches des Bundes nach § 13a Abs. 1 GG 1956 sind das Vorliegen einer zu Unrecht empfangenen Leistung (eines Übergenusses) und das Fehlen des guten Glaubens im Zeitpunkt des Empfanges der Leistung.
Eine zu Unrecht bezogene Leistung liegt vor, wenn für die Empfangnahme kein gültiger Titel, sei es Gesetz oder Bescheid vorhanden ist (ständige Rechtsprechung - vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. März 1993, Zl. 89/12/0062, und vom 19. Jänner 1994, Zl. 91/12/0213, mwN).
Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides die in den zitierten Beschlüssen der Steiermärkischen Landesregierung erfolgte Bemessung der Vergütungen allen Bezirkshauptmannschaften in den Erlässen der belangten Behörde vom 31. Mai 1974 und vom 11. April 1990 betreffend die Abgeltung von Vertretungen des Bezirkshauptmannes durch pauschalierte Nebengebühren (Überstundenvergütung, Sonn- und Feiertagsvergütung, Aufwandsentschädigung) zur Kenntnis gebracht wurde. Die belangte Behörde vertritt hiezu in ihrer Gegenschrift die Ansicht, daß durch die genannten Erlässe die Kundmachung der Beschlüsse der Steiermärkischen Landesregierung erfolgt sei.
Die Festsetzung einheitlicher Pauschale für im wesentlichen gleichartige Dienste nach § 15 Abs. 2 vorletzter Satz GG 1956/Stmk hat wegen ihres Inhaltes nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes jedoch in der Form einer Rechtsverordnung zu ergehen, die im Fall ihrer Erlassung durch die Steiermärkische Landesregierung im Landesgesetzblatt kundzumachen ist (vgl. § 2 Abs. 1 lit. c des Gesetzes über das Landesgesetzblatt für die Steiermark, LGBl. Nr. 27/1976). Lediglich in Form eines internen Erlasses bestehende Richtlinien stellen mangels gehöriger Kundmachung nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren maßgebende Rechtsquelle dar (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Februar 1994, Zl. 93/12/0065, vom 21. Mai 1990, Zl. 89/12/0045, und vom 23. September 1991, Zl. 90/12/0002, uam.).
Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Anspruch für Vertretungskosten (Überstundenvergütung, Sonn- und Feiertagsvergütung, Aufwandsentschädigung) ist somit ausschließlich aufgrund der in Betracht kommenden Bestimmungen des Gehaltsgesetzes zu prüfen. Ausgehend davon, daß die belangte Behörde weder Anzahl noch Dauer der geleisteten Vertretungsdienste des Beschwerdeführers bestreitet, deren Abgeltung jedoch in unzulässiger Weise allein auf Grund der Bestimmungen der beiden genannten internen Erlässe der Steiermärkischen Landesregierung berechnet hat, erweist sich, daß jedenfalls kein Übergenuß in der im angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Höhe vorliegt.
Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil nach § 49 Abs. 1 zweiter Satz VwGG (in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997) Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand nur dann gebühren, wenn der Beschwerdeführer tatsächlich durch einen Rechtsanwalt vertreten war. Das Mehrbegehren an Stempelgebühren war abzuweisen, weil die Vorlage weiterer Beilagen nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.
Wien, am 16. Dezember 1998
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