VwGH 97/16/0348

VwGH97/16/034825.9.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDDr. Jahn, über die Beschwerde der Z & Co in W, vertreten durch Dr. Christian Kuhn und Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien I, Elisabethstraße 22, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 10. Juli 1997, Zl. RV 0348-09/07/97, betreffend Börsenumsatzsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

BewG 1955 §6;
KVG 1934 §18 Abs2 Z3;
KVG 1934 §21 Z1;
BewG 1955 §6;
KVG 1934 §18 Abs2 Z3;
KVG 1934 §21 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerdeschrift ergibt sich im Zusammenhalt mit der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides der folgende unstrittige Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin erwarb von F G dessen zur Gänze einbezahlten Geschäftsanteil (Nominale S 700.000,--) an der F G GmbH. Zusätzlich zu einem in Punkt III des Notariatsaktes vereinbarten Kaufpreises verpflichtete sich die Beschwerdeführerin in Punkt VII des Vertrages, dafür zu sorgen, daß der Veräußerer und seine Gattin, die für Schulden der Gesellschaft eine Bürgschaft bzw. Haftung bis zum Ausmaß von S 16,700.000,-- übernommen hatten, von dieser Haftung befreit werden. Für den Fall der Inanspruchnahme des Veräußerers und seiner Gatten verpflichtete sich die Beschwerdeführerin, F und L G insoweit schadlos zu halten.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien bezog daraufhin auch die Haftungsübernahme in die Steuerbemessungsgrundlage ein, wogegen die Beschwerdeführerin berief.

Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab und vertrat die Auffassung, die von der Beschwerdeführerin in der Berufung ins Treffen geführte Regreßmöglichkeit des Haftenden ändere nichts daran, daß die Haftungsübernahme zum vereinbarten Preis gehöre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichteinbeziehung der vertraglich vereinbarten Haftungsfreistellung in die Bemessungsgrundlage der Börsenumsatzsteuer verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG gelten als Anschaffungsgeschäfte auch bedingte oder befristete Anschaffungsgeschäfte.

Nach § 21 Z. 1 leg. cit. wird die Steuer regelmäßig von dem vereinbarten Preis berechnet.

Nach ständiger hg. Judikatur sind neben dem jeweils fixierten Abtretungspreis auch noch alle anderen ziffernmäßig bestimmten Leistungen zum vereinbarten Preis zu rechnen, wenn diese Leistungen des Erwerbers notwendig waren, um den Geschäftsanteil zu erhalten (vgl. dazu insbesondere die hg. Erkenntnisse vom 27. Februar 1997, Zl. 95/16/0110, und vom 19. Jänner 1994, Zl. 93/16/0142, 0143). Auch die Übernahme von Haftungen, sofern sie ziffernmäßig bestimmt sind, gehört zum vereinbarten Preis, wenn die Haftungsübernahme Voraussetzung für den Erwerb des Geschäftsanteiles ist (vgl. dazu insbesondere das hg. Erkenntnis vom 16. November 1995, Zl. 95/16/0111, 0112, 0113).

Insoweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang vermeint, es liege im Beschwerdefall gar keine Haftungsübernahme vor, sondern - wegen der Wortwendung "dafür zu sorgen" - nur eine sog. Verwendungszusage, so übersieht sie, daß die unstrittig auch vereinbarte Schadloshaltung des Veräußerers und seiner Gattin durch die Beschwerdeführerin für den Fall des Nichtgelingens ihrer Haftungsbefreiung ganz eindeutig zeigt, daß die getroffene Vereinbarung weit mehr ist, als eine bloße Bemühenszusage des Erwerbers, sich gegenüber dem Gläubiger für die Entlassung des Veräußerers und seiner Gattin aus der Haftung "zu verwenden". Mit der getroffenen Vereinbarung hat die Beschwerdeführerin vielmehr iS des § 880a, zweiter Halbsatz ABGB die Haftung dafür übernommen, daß die Haftungsfreistellung des Veräußerers und seiner Gattin durch den Gläubiger erfolgt. Im Falle des Scheiterns dieser Bemühungen hat die Beschwerdeführerin dem Veräußerer bzw. seiner Gattin dafür einzustehen, daß eine Inanspruchnahme durch den Gläubiger erfolgt (arg.: Schadloshaltung). Die belangte Behörde ist damit zu Recht vom Vorliegen einer Haftungsübernahmevereinbarung ausgegangen.

Nach ständiger Judikatur (vgl. dazu insbesondere die hg. Erkenntnisse vom 22. Mai 1996, Zl. 96/16/0100, und vom 2. März 1992, Zl. 91/15/0109) gelten gemäß § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG bedingte Anschaffungsgeschäfte als unbedingt geschlossen und begründen die Steuerpflicht ohne Rücksicht darauf, ob in der Folge überhaupt eine Verbindlichkeit zur Erfüllung des Geschäftes begründet wird. Dies entspricht dem für Verkehrsteuern ganz allgemein geltenden Grundsatz, daß auch der spätere Wegfall der vertraglich vereinbarten Pflicht nichts mehr an der bereits entstandenen Steuerschuld ändert. Angewendet auf die hier in Rede stehende Haftungsvereinbarung bedeutet dies aber, daß die vertraglich übernommene Haftung ohne Rücksicht darauf in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen ist, ob der Erwerber des Anteils aus der getroffenen Vereinbarung letzten Endes überhaupt zur Haftung herangezogen wird (bzw. in welchem Ausmaß); ebenso ohne Einfluß auf die einmal begründete Steuerpflicht ist die Frage, inwieweit sich der Haftende allenfalls nach der Inanspruchnahme durch den Gläubiger an einer dritten Person regressieren kann (vgl. dazu insbesondere auch den hg. Beschluß vom 26. Juni 1997, Zl. 97/16/0166, 0167, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Dem von der Beschwerdeführerin diesbezüglich unternommenen Versuch, das vereinbarte Bemühen des Erwerbers zur Erlangung einer Haftungsfreistellung des Veräußeres samt Schadloshaltung vom Hauptgeschäft (auf welches jedenfalls § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG anzuwenden ist) zu trennen und die besagte Vereinbarung in Anwendung des § 6 BewG als aufschiebend bedingt und damit noch nicht existent zu behandeln, muß der Erfolg versagt bleiben. Die in Rede stehende Vereinbarung ist nämlich Teil des Anschaffungsgeschäftes und kann in Ermangelung einer gesetzlichen Differenzierung nicht von diesem losgelöst und rechtlich anders behandelt werden als das Anschaffungsgeschäft insgesamt. Für eine derartige Zerlegung rechtsgeschäftlicher Vereinbarungen in einzelne Elemente mit unterschiedlichem rechtlichen Schicksal bietet das Gesetz keinerlei Grundlage. Wenn die Beschwerdeführerin dazu vermeint, es habe § 6 BewG auch im Bereich der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Börsenumsatzsteuer zur Anwendung zu kommen, so übersieht sie dabei, daß die im § 21 Z. 1 KVG im Wege des Begriffes "vereinbarter Preis" normierte Bemessungsgrundlage von der hg. Judikatur dahin verstanden wird, daß dadurch oft schwierige Bewertungsfragen vermieden werden sollen (vgl. dazu insbesondere das oben schon zitierte hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1994, Zl. 93/16/0142, 0143 und die dort angeführte Vorjudikatur). Angesichts der in § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG enthaltenen Regelung über bedingte Vereinbarungen besteht im Bereich der Börsenumsatzsteuer auch keine echte Gesetzeslücke, die eine analoge Anwendung des § 6 BewG rechtfertigen könnte.

Insgesamt ergibt sich daher bereits aus dem Beschwerdeinhalt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war. Mit Rücksicht auf die durch die angeführte hg. Judikatur klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

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