VwGH 95/10/0098

VwGH95/10/009824.11.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde der S in Riegersdorf, vertreten durch Dr. Gerhard Kucher und Dr. Norbert Rabitsch, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt,

St. Veiter Straße 9, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 6. April 1995, Zl. Ro-238/2/1995, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
NatSchG Krnt 1986 §5;
NatSchG Krnt 1986 §51 Abs1;
NatSchG Krnt 1986 §51 Abs2;
NatSchG Krnt 1986 §53 Abs1;
NatSchG Krnt 1986 §9 Abs5;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
NatSchG Krnt 1986 §5;
NatSchG Krnt 1986 §51 Abs1;
NatSchG Krnt 1986 §51 Abs2;
NatSchG Krnt 1986 §53 Abs1;
NatSchG Krnt 1986 §9 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 29. März 1993 beantragte die Marktgemeinde A. die Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung für Räumungsmaßnahmen am F.-Gerinne am Unterlauf des K.-Baches.

Mit Bescheid vom 2. Juni 1993 wies die BH den Antrag unter Hinweis auf die §§ 8, 10 Abs. 3 lit. a und b und 58 des Kärntner Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 54/1986 ab. Begründend wurde u.a. dargelegt, das Projekt sehe eine Eintiefung der Gerinnesohle und Aufweitungen des Bachprofiles über eine Länge von rund 700 m vor. Die Maßnahme übe eine entwässernde Wirkung auf ein Feuchtgebiet mit einer Ausdehnung von 2,5 bis 3 ha aus, die eine Austrocknung des Gebietes erwarten lassen. Die Maßnahme führe somit zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung des Gefüges des Haushaltes der Natur bzw. des Charakters des betroffenen Landschaftsraumes. Die Maßnahme solle ein geordnetes Abfließen der Oberflächenwässer gewährleisten und dadurch eine weitere Vernässung von landwirtschaftlichen Grundstücken nördlich des Gerinnes hintanhalten. Das öffentliche Interesse an der beantragten Maßnahme sei nicht höher zu bewerten als das Interesse an der Bewahrung des Feuchtgebietes vor störenden Eingriffen.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung; sie legte dar, sie sei Eigentümerin der Grundstücke Nr. 413/1 und 414. Das Grundstück 414 werde vom F.-Gerinne durchflossen, das das Grundstück in einen nördlichen und südlichen Teil trenne. Das Grundstück sei ursprünglich als Acker genutzt worden, weise aber nunmehr infolge der zunehmenden Vernässung eine Erlen- und Fichtenbestockung auf. Nördlich des Grundstückes schließe das Grundstück Nr. 413/1 an, auf dem sich das Wirtschaftsgebäude der Beschwerdeführerin befinde. Die Marktgemeinde A. sei auf Grund eines Bescheides vom 23. März 1970 zur Erhaltung des Gerinnes verpflichtet. Da die Gemeinde dieser Obliegenheit seit dem Jahre 1970 nicht entsprochen habe, sei es in der Folge zur Anlandung gekommen, weshalb die Marktgemeinde nunmehr um die naturschutzrechtliche Bewilligung zur Räumung des Gerinnes und der dadurch bedingten geringfügigen Verbreiterung angesucht habe. Die durch die Unterlassung der Räumung bedingte Anlandung der Sohle des Gerinnes führe dazu, daß dieses in Zeiten starker Niederschläge und der Schneeschmelze aus den Ufern trete und den nördlichen Teil des Grundstückes 414 überflute. Davon sei sogar das auf dem Grundstück 413/1 situierte Wirtschaftsgebäude betroffen. Die Beschwerdeführerin habe der Marktgemeinde A. die ausdrückliche Zustimmung zur beabsichtigten Maßnahme erteilt, weil sie nicht nur ein rechtliches Interesse, sondern einen Rechtsanspruch auf Räumung des Gerinnes habe, damit die oben beschriebenen Nachteile von ihren Grundstücken abgewehrt würden. Die BH habe im Rahmen der Interessenabwägung verkannt, daß dem Schutz der land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen und der Gebäude höheres Gewicht zukäme als dem Schutz des Feuchtgebietes.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung unter Hinweis auf die §§ 8 und 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 5, 51 und 53 Abs. 1 des Kärntner Naturschutzgesetzes 1986, LGBl. Nr. 54, idF LGBl. Nr. 4/1988 und LGBl. Nr. 104/1993 (NSchG), als unzulässig zurück. Begründend wurde nach zusammenfassender Darstellung des Verfahrensganges und Hinweisen auf die Rechtslage sowie die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im wesentlichen dargelegt, die Parteistellung des vom Projektwerber verschiedenen Grundeigentümers lasse sich aus § 51 Abs. 2 NSchG nicht ableiten, weil diese Vorschrift nicht den Schutz von Eigentümerrechten bezwecke; außerdem sei die Parteistellung des vom Bewilligungswerber verschiedenen Grundeigentümers auf die verfahrensrechtliche Durchsetzung des Zustimmungserfordernisses beschränkt. Ebensowenig sei eine Parteistellung als Anrainer im Sinne des § 53 Abs. 1 NSchG gegeben, weil der hier anzuwendende Bewilligungstatbestand des § 5 Abs. 1 lit. e NSchG nicht zu jenen gehöre, bei denen § 53 Abs. 1 leg. cit. den Anrainern Parteistellung im Bewilligungsverfahren einräume.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde macht nach allgemeinen Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 8 AVG geltend, es könne nicht zweifelhaft sein, daß durch die den Antrag der Marktgemeinde A. abweisende Sachentscheidung in die Rechtssphäre der Beschwerdeführerin bestimmend eingegriffen werde. Dies folge daraus, daß die Grundstücke der Beschwerdeführerin immer wieder überflutet würden; die von der Marktgemeinde A. beantragten Maßnahmen seien erforderlich, um die ordnungsgemäße Abfuhr der Oberflächenwässer zu gewährleisten. Die an das Gerinne angrenzenden Flächen wiesen eine offensichtliche Vernässung auf, was zwingend zu einer Ertragseinbuße und Arbeitserschwernissen führe. Die belangte Behörde irre, wenn sie davon ausgehe, daß aus § 51 Abs. 2 NSchG die Parteistellung der Beschwerdeführerin sich nicht ergebe, weil die Vorschrift nicht den Schutz von Eigentümerrechten bezwecke. Maßgeblich sei vielmehr, daß im Falle der Abweisung der von der Marktgemeinde A. beantragten Maßnahmen dies einen nachhaltigen (privatrechtlichen) Einfluß auf das Eigentumsrecht der Beschwerdeführerin hätte, als auch künftighin Vernässungen und Bewirtschaftungserschwernisse sowie Schäden von den an das Gerinne angrenzenden Grundstücken der Beschwerdeführerin nicht abgehalten werden könnten.

Damit ist die Beschwerde nicht im Recht. Ein Berufungsrecht steht - mangels besonderer Einräumung durch die Verwaltungsvorschriften - nur Parteien des Verfahrens zu, d.h. Beteiligten, deren Rechte oder rechtliche Interessen durch den Bescheid berührt werden.

Bei entsprechenden Sachverhaltskonstellationen geht die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu baurechtlichen Vorschriften davon aus, daß die Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Bewilligung, der nicht vom Berufungswerber gestellt worden war, nicht in dessen Rechte eingreift; eine solche Berufung ist zurückzuweisen (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 15. Jänner 1985, Zl. 82/05/0139, vom 6. Oktober 1983, Zlen. 83/06/0120, 0121, 0122, und vom 20. September 1988, Zl. 88/05/0004). Auch im Zusammenhang mit naturschutzbehördlichen Bewilligungsverfahren wurde die Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch Abweisung eines Antrages, der nicht vom Beschwerdeführer gestellt worden war, verneint (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 21. Februar 1994, Zl. 91/10/0236, und vom 20. Juni 1994, Zl. 94/10/0089).

Aus dem NSchG kann ein Recht der Beschwerdeführerin auf Erteilung der Bewilligung auf Grund eines nicht von ihr gestellten Antrages nicht abgeleitet werden; dies weder unter dem Gesichtspunkt des Erfordernisses der Zustimmung des Grundeigentümers im Sinne des § 51 Abs. 2 NSchG noch unter dem - im Beschwerdefall im Hinblick auf die Lage der Grundstücke der Beschwerdeführerin zum Vorhaben ebenfalls in Betracht zu ziehenden - Gesichtspunkt der Parteistellung von Anrainern im Sinne des § 53 Abs. 1 NSchG.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 51 Abs. 2 NSchG ist die Parteistellung des vom Bewilligungswerber verschiedenen Grundeigentümers auf die verfahrensrechtliche Durchsetzung des Zustimmungserfordernisses beschränkt (vgl. die Erkenntisse vom 18. Juni 1990, Slg. 13.219/A, und vom 27. Februar 1995, Zl. 91/10/0089); danach kommt dem Grundeigentümer das Recht zu, geltend zu machen, die Bewilligung müsse versagt werden, weil er dem Vorhaben nicht zugestimmt habe. Aus § 51 Abs. 2 NSchG folgt somit nicht das Recht, geltend zu machen, die von einem Dritten beantragte Bewilligung müsse diesem erteilt werden.

Auch aus § 53 Abs. 1 NSchG folgt ein solches Recht nicht. Danach kommt in Verfahren nach §§ 4 lit. b, 5 Abs. 1 lit. a, c und f, Anrainern die Stellung von Parteien im Sinne des § 8 AVG zu. Für Anrainer werden in den Bestimmungen des § 9 Abs. 5 subjektive öffentliche Rechte begründet.

Der Beschwerdeführerin kommt somit schon deshalb auch als Anrainer keine Parteistellung zu, weil unbestritten ist, daß hier kein Verfahren über die Bewilligungstatbestände nach §§ 4 lit. b, 5 Abs. 1 lit. a, c und f vorliegt, in dem § 53 Abs. 1 den Anrainern Parteistellung einräumt (vgl. ähnlich die Erkenntnisse vom 20. Dezember 1993, Zl. 93/10/0230, und vom 21. November 1994, Zl. 94/10/0112).

Im übrigen umfaßt die Parteistellung der Anrainer im Sinne des § 53 Abs. 1 zweiter Satz NSchG das Recht, geltend zu machen, es lägen die in § 9 Abs. 5 NSchG normierten Versagungsgründe vor. Schon daraus folgt, daß § 51 Abs. 2 NSchG den Anrainern ebenfalls kein Recht auf Erteilung der von einem Dritten beantragten naturschutzbehördlichen Bewilligung vermittelt.

Die Beschwerdeführerin war durch die Versagung der Bewilligung gegenüber der Marktgemeinde A. somit nicht in durch das NSchG vermittelten Rechten verletzt.

Die Berufung auf die privatrechtliche Rechtsposition der Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihr Grundeigentum ist im vorliegenden Zusammenhang nicht zielführend, weil privatrechtliche Beziehungen - hier das Eigentum an im (Auswirkungs-)Bereich des Vorhabens gelegenen Grundstücken - Dritter nach den hier anzuwendenden materiellen Vorschriften des NSchG, die eine Bedachtnahme ausschließlich auf öffentliche Interessen anordnen, für die Frage, ob für ein Vorhaben eine Bewilligung zu erteilen oder zu versagen ist, außer Betracht zu bleiben haben (vgl. z.B. den Beschluß vom 26. Juni 1989, Zl. 89/10/0158, und das Erkenntnis vom 21. November 1994, Zl. 94/10/0112).

Die belangte Behörde hat die Berufung der Beschwerdeführerin daher zu Recht zurückgewiesen; auf die Darlegungen der Beschwerde, die sich mit Fragen des auf die Feststellung der Bewilligungsvoraussetzungen gerichteten Ermittlungsverfahrens auseinandersetzen, war daher nicht einzugehen.

Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und - im Rahmen des Antrages - auf der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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