VwGH 92/08/0190

VwGH92/08/019016.3.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des W in H, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 11. August 1992, Zl. IVa-341/39/91, betreffend Ersatz von Sozialhilfekosten, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1284;
ABGB §143 Abs1;
ABGB §143;
ABGB §935;
ABGB §938;
ABGB §947;
AVG §37;
EMRK Art6 Abs1;
SHG Vlbg 1971 §10;
SHG Vlbg 1971 §8 Abs1;
SHG Vlbg 1971 §8 Abs5;
SHG Vlbg 1971 §9;
SHV Vlbg 1985 §7 Abs1 litb;
SHV Vlbg 1985 §8 Abs1 litb;
ABGB §1284;
ABGB §143 Abs1;
ABGB §143;
ABGB §935;
ABGB §938;
ABGB §947;
AVG §37;
EMRK Art6 Abs1;
SHG Vlbg 1971 §10;
SHG Vlbg 1971 §8 Abs1;
SHG Vlbg 1971 §8 Abs5;
SHG Vlbg 1971 §9;
SHV Vlbg 1985 §7 Abs1 litb;
SHV Vlbg 1985 §8 Abs1 litb;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.930,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die am 13. Februar 1905 geborene Mutter des Beschwerdeführers befindet sich seit 15. Jänner 1988 als "schwerer Pflegefall" in der Pflegeanstalt in L. Die anfallenden Verpflegskosten werden zum Teil aus ihren Einkünften, zum Teil aus Sozialhilfemitteln abgedeckt. Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz (erstinstanzliche Behörde) leitete schon im Jahre 1988 Ersatzverfahren gegen die beiden Söhne der Pflegebedürftigen, A u.K und den Beschwerdeführer, ein, setzte diese Verfahren aber mangels Vorliegens der Voraussetzungen einer Ersatzpflicht nach § 10 des Vorarlberger Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 26/1971 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 18/1986 (im folgenden: SHG), nicht fort. Im Jahre 1991 leitete die erstinstanzliche Behörde neuerlich Ersatzverfahren ein.

Mit Bescheid vom 27. August 1991 verpflichtete die erstinstanzliche Behörde den Beschwerdeführer gemäß § 10 SHG, zur teilweisen Deckung der für seine Mutter anfallenden Sozialhilfekosten ab 1. Jänner 1991 bis auf weiteres einen monatlichen Unterhalt von S 3.705,-- zu bezahlen. Die bisher fällig gewordenen Beträge seien binnen zwei Wochen nach Rechtskraft des Bescheides, die künftig fällig werdenden Beträge bis zum 10. eines jeden Monates im nachhinein an die erstinstanzliche Behörde zu entrichten.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid mit der Maßgabe, daß der monatliche Kostenersatz ab 1. Jänner 1991 auf S 2.830,-- und ab 1. Jänner 1992 auf S 2.650,-- herabgesetzt werde.

Ihrer Entscheidung legte die belangte Behörde nachstehende Festellungen zugrunde:

Mit "Leibrentenvertrag" vom 25. November 1985 habe die Mutter des Beschwerdeführers ihre gesamten Liegenschaften, ein Wohnhaus mit Garten von insgesamt rund 1.700 m2 und ein Waldstück mit rund 3.800 m2, die seit dem Tod ihres Ehegatten im Jahre 1978 in ihrem Alleineigentum gestanden seien, an ihren Enkel, den Neffen des Beschwerdeführers, übergeben. Dieser habe sich im Gegenzug verpflichtet, seiner Großmutter eine lebenslängliche Leibrente in Höhe von S 3.500,-- pro Monat zu leisten, und ihr im gesamten Erdgeschoß des Wohnhauses ein lebenslängliches und unentgeltliches Wohnungsrecht eingeräumt. Die Leibrente sei nach dem Lebenshaltungskostenindex des Amtes der Vorarlberger Landesregierung wertgesichert vereinbart worden. Der Neffe des Beschwerdeführers habe dazu gegenüber der belangten Behörde glaubhaft angegeben, daß ihm seine Großmutter öfters gesagt habe, sie brauche jemanden, "der zum Haus schaut und sie unterstützt." Sie habe das Haus jemandem übergeben wollen, "der ständig bei ihr wohnt und zu ihr schaut." Sie habe auch geäußert, daß ihr der Beschwerdeführer, der im K wohne, nichts nütze. Der Neffe des Beschwerdeführers sei im Jahre 1985 vor Abschluß des Vertrages zu seiner Großmutter gezogen. Damals sei sie noch bei recht guter Gesundheit gewesen. Sie habe ihm sogar den Haushalt gemacht. Im zweiten Halbjahr 1987 sei sie jedoch relativ rasch gesundheitlich verfallen. Sowohl ihre körperlichen als auch ihre geistigen Kräfte hätten nachgelassen. Es sei nicht mehr möglich gewesen, sie allein zu pflegen und zu versorgen. Es sei damals schließlich weder Warmwasser noch Heizung im Haus gewesen. Seit dem Jahre 1985 sei er Schritt für Schritt darangegangen, das zweihundertjährige Haus zu renovieren. Es sei total sanierungsbedürftig.

Die in L täglich für die Mutter des Beschwerdeführers aufgewendeten Verpflegskosten hätten sich im Jahre 1991 auf S 610,-- zuzüglich 10 % Mehrwertsteuer belaufen und betrügen im Jahre 1992 S 640,-- zuzüglich 10 % Mehrwertsteuer. An eigenen Einkünften verfüge sie über jeweils kleine Pensionen bzw. Renten von der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, dem Landesinvalidenamt Vorarlberg und der Landesversicherungsanstalt Oberbayern. Während ihres Heimaufenthaltes beziehe sie überdies von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft zu ihrer Pension einen Hilflosenzuschuß. Außerdem erhalte sie von ihrem Enkel die schon genannte Leibrente von monatlich S 3.500,--. Nach den sozialhilferechtlichen Bestimmungen (§ 8 SHG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 lit. b der Sozialhilfeverordnung, LGBl. Nr. 74/1991) setze sie 80 % ihres Einkommens (mit Ausnahme der Sonderzahlungen) zur teilweisen Deckung der anfallenden Verpflegskosten ein. Die restlichen 20 % dienten zur Bestreitung jener persönlichen Bedürfnisse, die mit den Versorgungsleistungen des Heimes nicht abgedeckt seien. Nach Abzug der Eigenleistungen der Mutter des Beschwerdeführers seien im Jahre 1991 die Sozialhilfekosten von durchschnittlich S 7.715,33 und in der Zeit von Jänner bis Juni 1992 von durchschnittlich S 7.577,03 entstanden. Berücksichtige man noch die vertraglich festgesetzte Indexanpassung der Leibrente, die vom Neffen des Beschwerdeführers nach den vorliegenden Unterlagen nicht durchgeführt worden sei, so ergebe sich eine um ca. 15 % höhere Leibrente. Dies habe um etwa S 400,-- geringere monatliche Sozialhilfekosten zur Folge, weil die Mutter des Beschwerdeführers auch vom Erhöhungsbetrag nur 80 % zur Kostendeckung einsetzen müsse. Sie habe somit aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit einen Unterhaltsbedarf im Ausmaß der ausgewiesenen Sozialhilfekosten (abzüglich der eben genannten S 400,--), die sie nicht selbst decken könne. (Es folgen Rechtsausführungen zum freigelassenen Einkommen, die in die Wiedergabe der rechtlichen Beurteilung aufgenommen werden).

Der Bruder des Beschwerdeführers sei verheiratet und habe drei Kinder. Seine Ehegattin sei nicht berufstätig. Seine Kinder (darunter der schon genannte Neffe des Beschwerdeführers) seien berufstätig und wohnten nicht mehr im elterlichen Haushalt. Unter anteiliger Anrechnung der Sonderzahlungen belaufe sich sein monatliches Netto-Einkommen auf rund S 24.000,--. Der Beschwerdeführer sei als Finanzbeamter beschäftigt. Sein monatliches Netto-Einkommen habe im Jahre 1991 unter anteiliger Berücksichtigung der Sonderzahlungen S 29.195,60 betragen und mache im Jahre 1992 S 29.784,-- aus. Er sei verheiratet, habe aber keine Kinder. Seine Ehegattin sei ebenfalls berufstätig und habe ein monatliches Netto-Einkommen von S 15.825,--. Der Beschwerdeführer lebe mit seiner Ehegattin in einer Dienstwohnung mit monatlichen Mietkosten von S 1.467,80. Diese Wohnung sei vor einigen Jahren mit einem Aufwand von ca. DM 30.000,-- renoviert worden. Zu diesem Zweck sei vom Beschwerdeführer ein Kredit mit einer Laufzeit bis 5. August 1995 aufgenommen worden. Die monatlichen Rückzahlungsraten beliefen sich im Jahre 1991 auf DM 300,--. Dies gelte bis auf weiteres auch für das laufende Jahr. Außerdem habe der Beschwerdeführer einen Privatkredit zur Abdeckung von finanziellen Ausfällen wegen eines Verkehrsunfalles aufgenommen. Die monatlichen Rückzahlungsraten von ebenfalls DM 300,-- liefen noch bis einschließlich Mai 1993.

In rechtlicher Hinsicht bewertete die belangte Behörde diesen Sachverhalt wie folgt:

Gemäß § 10 SHG hätten die zum Unterhalt verpflichteten Angehörigen eines Hilfsbedürftigen im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht die Kosten der Sozialhilfe zu ersetzen. Mit den Worten "im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht" verweise das Gesetz auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die gesetzliche Unterhaltspflicht. Die öffentlich-rechtliche Kostenersatzpflicht bestehe demnach sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach in den Grenzen der gesetzlichen Unterhaltspflicht.

Zur Unterhalts- bzw. Kostenersatzpflicht dem Grunde nach führte die belangte Behörde folgendes aus: Das der Mutter des Beschwerdeführers freigelassene Einkommen im Ausmaß von 20 % des Gesamteinkommens sei - in Relation zu dem vor dem Heimeintritt bestandenen Lebensstandard - für ihre sonstigen persönlichen Bedürfnisse gewidmet, nicht aber zur Deckung der offenen Verpflegskosten. Bei der Berechnung des Kostenersatzes durch unterhaltspflichtige Angehörige für die aufgewendeten Sozialhilfekosten könnten daher diese 20 % des freibleibenden Einkommens nicht mehr berücksichtigt werden. Die Mutter des Beschwerdeführers habe im Alter von 80 Jahren mit ihrem Enkel den schon genannten Leibrentenvertrag abgeschlossen. Wie sich aus den Aussagen des Enkels glaubhaft ergebe, sei bei Abschluß des Vertrages nicht die Sicherung ihrer materiellen Versorgung im Alter im Vordergrund gestanden, sei doch für sie mit dem Bezug ihrer Pensionen eine ausreichende, wenn auch bescheidene Unterhaltssicherung bereits gewährleistet gewesen. Die vereinbarte Leibrente habe daher wohl den Zweck einer ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt gehabt. Möglicherweise sei die Mutter des Beschwerdeführers im Hinblick auf das gute persönliche Verhältnis zu ihrem Enkel auch bestrebt gewesen, ihn in keine finanzielle Zwangslage zu bringen. Die eigentlichen Beweggründe für den Leibrentenvertrag seien vielmehr darin gelegen gewesen, daß die Mutter des Beschwerdeführers ihr Haus jemanden habe übergeben können, der in der Lage gewesen sei, die offensichtlich dringend notwendigen, umfangreichen Sanierungen noch zu ihren Lebzeiten in Angriff zu nehmen. Nach den Angaben des Neffen des Beschwerdeführers werde er in das 200jährige Haus allein in diesem Jahr (1992) ca. 1 Mio S,-- investieren müssen. Als sanierungsbedürftig habe er das Dach, den Dachstuhl, die Fenster, die Installationen (kein Warmwasser) und die fehlende Heizung genannt. Außerdem möge es für die Mutter des Beschwerdeführers auch wichtig gewesen sein, daß eine Person ihres Vertrauens bei ihr wohne, die zum Rechten sehe und ihr hilfreich zur Seite stehe. Nach Ansicht der belangten Behörde seien jedenfalls nachvollziehbare Gründe vorhanden gewesen, die es verständlich machten, weshalb die Mutter des Beschwerdeführers ihr Liegenschaftsvermögen schon zu Lebzeiten übertragen habe. Nicht zu bestreiten sei, daß die Mutter des Beschwerdeführers durch diese Vermögensübertragung ihren beiden Söhnen eine später mögliche Erbschaft vorenthalten habe. Gesetzliche Erben müßten jedoch damit rechnen und zur Kenntnis nehmen, daß der Erblasser schon zu Lebzeiten - aus welchen Gründen immer - Verfügungen über sein Vermögen treffe, die ihnen zum Nachteil gereichen könnten. Am Bestand einer Unterhaltspflicht ändere sich dadurch nichts. Solange der unterhaltsberechtigte Elternteil seine Unterhaltspflicht gegenüber seinem Kind nicht gröblich vernachlässigt habe, bleibe die Unterhaltspflicht des Kindes nach § 143 ABGB ihm gegenüber dem Grunde nach bestehen. Sogar ein Selbstverschulden an der Notlage schließe einen Unterhaltsanspruch gegenüber dem Kind nicht aus. Der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung aber vor allem auf Ansprüche seiner Mutter gegen ihren Enkel nach § 947 ABGB verwiesen, die seiner Meinung nach seine Unterhaltspflicht nicht eintreten lasse. Dazu sei zunächst festzustellen, daß es sich bei einem Leibrentenvertrag um ein entgeltliches Rechtsgeschäft handle, weshalb eine Anfechtung nach § 947 ABGB nicht möglich sei. Immerhin habe der Neffe des Beschwerdeführers beim Abschluß des Vertrages in Kauf nehmen müssen, daß er seine damals noch bei guter Gesundheit befindliche Großmutter noch über mehrere Jahre hinweg versorgen müsse. Aber auch wenn man im Sinne des Beschwerdeführers davon ausginge, daß hier allenfalls eine gemischte Schenkung vorliege, sei es nicht möglich, seine Mutter auf eine Anfechtung des Vertrages zu verweisen. Nach § 8 Abs. 1 und 3 SHG seien nämlich bei der Gewährung der Sozialhilfe nur verwertbare Vermögen (und Einkommen) zu berücksichtigen, soweit deren Einsatz dem Hilfsbedürftigen zumutbar sei. Das SHG stelle somit nur auf tatsächlich zur Verfügung stehendes Vermögen (und Einkommen) ab. Zwar anerkenne die Rechtsprechung in bestimmten Grenzen auch eine Rechtsverfolgungspflicht des Hilfsbedürftigen, eine Verweigerung eines Anspruches auf Sozialhilfe wäre aber unter Verweis auf bestehende anderweitige Ansprüche nur zulässig, wenn diese Ansprüche gegen Dritte eine sofortige Deckung des bestehenden Bedarfs bewirkten. Dies könne bei einer Vertragsanfechtung nach § 947 ABGB aber keineswegs erwartet werden, sei doch ein erfolgreicher Ausgang in Rücksicht auf den Inhalt des Vertrages zumindest sehr ungewiß und vor allem nicht innerhalb kurzer Zeit erreichbar. Es sei daher auch die Meinung des Beschwerdeführers verfehlt, die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 947 ABGB mit der Heranziehung des Stammes eigenen Vermögens im Sinne des § 143 Abs. 3 ABGB gleichzusetzen. Außerdem wäre es nach Ansicht der belangten Behörde der Mutter des Beschwerdeführers - in Rücksicht auf ihr Alter und ihren Gesundheitszustand - nicht zumutbar, einen Vertrag anzufechten, den sie mit der anerkennenswerten Absicht geschlossen habe, ihre Vermögensverhältnisse ihren Wünschen gemäß zu regeln und die Erhaltung des Wohnhauses sicherzustellen. Es habe daher den Vorschriften des SHG entsprochen, die Mutter des Beschwerdeführers nicht auf einen Anspruch nach § 947 ABGB zu verweisen, sondern Hilfsbedürftigkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 SHG anzunehmen und demzufolge von Unterhaltsansprüchen gegenüber den gesetzlich zum Unterhalt verpflichteten Personen auszugehen. Davon abgesehen sei darauf hinzuweisen, daß nach § 8 Abs. 3 SHG in Verbindung mit § 8 Abs. 3 SHV bei der Gewährung von Sozialhilfe ein kleines Eigenheim des Hilfsbedürftigen außer Ansatz zu lassen sei, das ihm oder dessen Familie als Unterkunft diene, wenn die Verwertung für den Hilfsbedürftigen oder dessen Familie eine besondere Härte darstellen würde. Selbst wenn also das übergebene Haus in L noch im Eigentum der Mutter des Beschwerdeführers wäre, müßte es von der Sozialhilfe als freizulassendes Vermögen angesehen werden, weil es ihrem Enkel als Unterkunft diene und eine Verwertung für ihn in Rücksicht auf die von ihm bereits durchgeführten Investitionen sicherlich eine besondere Härte darstellen würde.

Zur Kostenersatzpflicht des Beschwerdeführers der Höhe nach ging die belangte Behörde für das Jahr 1991 unter Zugrundelegung des festgestellten Gesamteinkommens des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin von S 45.020,-- pro Monat von einem Unterhaltsanspruch der Ehegattin gegen den Beschwerdeführer von rund S 2.200,-- pro Monat und demnach von einem für die Kostenersatzbemessung anrechenbaren Einkommen des Beschwerdeführers von S 27.000,-- pro Monat aus. Für das Jahr 1992 errechne sich dieses anrechenbare monatliche Einkommen des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung eines Unterhaltsanspruches seiner Ehegattin von rund S 2.400,-- pro Monat mit S 27.400,-- monatlich. Unter Bedachtnahme auf die mit Erlaß der belangten Behörde vom 14. Dezember 1973 aufgestellten Richtlinien für die Bemessung des Kostenersatzes nach § 10 SHG errechnete die belangte Behörde sodann den dem Beschwerdeführer zumutbaren monatlichen Kostenersatz für das Jahr 1991 mit S 2.830,-- und für das Jahr 1992 mit S 2.650,--. Hiebei seien, weil die Dienstwohnung von beiden Ehegatten bewohnt werde, die Mietkosten und die Rückzahlungsraten aus dem Wohnungsrenovierungskredit beiden Ehegatten je zur Hälfte zugemessen worden. Bringe man den vorgeschriebenen Kostenersatz von seinem anrechenbaren Einkommen in Abzug, so verbleibe ihm noch ein monatlicher Betrag von S 24.170,-- im Jahre 1991 bzw. S 24.750,-- im Jahre 1992 zur Bestreitung des eigenen Unterhaltes. Ziehe man in Betracht, daß zu einigen der vom Beschwerdeführer genannten Ausgaben (z. B.

Haushaltsversicherung, Kfz-Kosten, Bausparkasse, Radio, Fernsehen, Ansparung für Wohnungskauf) auch seine Ehegattin im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht beizutragen habe, weil es sich um Kosten ihrer Lebensgemeinschaft handle, müsse es dem Beschwerdeführer möglich sein, mit diesen Mitteln seinen eigenen Unterhalt in ausreichendem Maß zu decken. Zum Berufungseinwand des Beschwerdeführers, seine allfällige Unterhaltspflicht gegenüber seiner Mutter vermindere sich bei entsprechender Bedachtnahme auf jene seines Bruders, führt die belangte Behörde aus, sie gehe im Sinne des Berufungsvorbringens vom aufrechten Bestand der Unterhaltspflicht des Bruders des Beschwerdeführers aus; es werde daher in weiterer Folge Aufgabe der erstinstanzlichen Behörde sein, auch dessen Kostenersatzpflicht mittels Vergleiches oder Bescheides festzulegen. Aber auch unter der Annahme, daß der Bruder des Beschwerdeführers, wie dieser behaupte, zusätzliches Einkommen aus der Vermietung eines Hauses habe, könne jetzt schon festgestellt werden, daß er jedenfalls nicht zu einem Kostenersatz verpflichtet werden könne, der die nach Abzug des Kostenersatzes des Beschwerdeführers und des Mehrbetrages aus der Indexanpassung der Leibrente ungedeckten Sozialhilfekosten übersteigen könnte. Nach Abzug dieser Beträge blieben nämlich noch monatliche Sozialhilfekosten von rund S 4.485,-- für das Jahr 1991 bzw. S 4.530,-- für das Jahr 1992 über. Es könne im Hinblick auf die bereits festgestellten persönlichen Verhältnisse des Bruders des Beschwerdeführers ausgeschlossen werden, daß er zu einem Kostenersatz verpflichtet werden könne, der die Kostenersatzleistung des Beschwerdeführers um deutlich mehr als die Hälfte übersteige. Nur dann aber, wenn eine so hohe Kostenersatzverpflichtung möglich wäre, könnte sie zu einer Verminderung des dem Beschwerdeführer auferlegten Kostenersatzes führen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 SHG haben die zum Unterhalt verpflichteten Angehörigen im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht die Kosten der Sozialhilfe zu ersetzen. Über den Kostenersatz nach § 10 können nach § 11 Abs. 2 leg. cit. mit den Ersatzpflichtigen Vergleiche abgeschlossen werden. Kommt kein Vergleich zustande, so ist nach § 11 Abs. 3 leg. cit. über den Kostenersatz im Verwaltungsweg zu entscheiden.

Der Beschwerdeführer erhebt gegen die zuletzt genannte Bestimmung verfassungsrechtliche Bedenken. Seiner Auffassung nach hätten über eine Unterhaltsverpflichtung, auch wenn sie von einem Sozialhilfeträger aufgrund einer Art Legalzession geltend gemacht werde, Tribunale nach Art. 6 Abs. 1 MRK zu entscheiden, weil Unterhaltspflichten seit jeher zum Kernbereich des Zivilrechtes gehörten. Den materiellen Charakter eines Unterhaltsanspruches könne auch nicht das öffentlich-rechtliche Kleid des § 10 SHG ändern. Diese Auffassung vertrete nunmehr auch der Bundesgesetzgeber (in den Erläuterungen der Regierungsvorlage zum JWG 1989, BGBl. Nr. 161/1989, 171 BlgNR. 17. GP, 29 f). Sollte der vom Beschwerdeführer ebenfalls angerufene Verfassungsgerichtshof von der ihm eingeräumten Befugnis zur Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde Gebrauch machen, rege er die Stellung eines Gesetzesprüfungsantrages durch den Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich des § 11 Abs. 3 SHG an, zumal die Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof nur aufgrund einer summarischen Prüfung erfolge.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der Parallelbeschwerde mit Beschluß vom 30. November 1992, B 1338/92, abgelehnt. Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 3111/1956, 6532/1971, 6570/1971, 7764/1976, von denen abzugehen sich der Gerichtshof auch aufgrund seiner jüngeren Judikatur, z. B. VfSlg. 11500/1987 und 11937/1988, nicht veranlaßt sehe) lasse das Beschwerdevorbringen die behauptete Verletzung von Rechten durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich - unter Bedachtnahme auf die im eben genannten Beschluß zitierte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, insbesondere die grundlegenden Ausführungen zu "zivilrechtlichen Ansprüchen und Verpflichtungen" im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK im Erkenntnis VfSlg. 11500/1987 - nicht veranlaßt, einen Gesetzesprüfungsantrag zu stellen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers handelt es sich bei der Ersatzpflicht des § 10 SHG nämlich um keine privatrechtliche Unterhaltsverpflichtung, sondern um eine - dem Grund und der Höhe nach freilich an die privatrechtliche Unterhaltsverpflichtung anknüpfende und durch sie begrenzte - öffentlich-rechtliche, zur Vermeidung einer sachlich nicht gerechtfertigten Entlastung des privatrechtlich Unterhaltspflichtigen geschaffene Verpflichtung zum Ersatz des dem Sozialhilfeträger erwachsenden Aufwandes für - mit privatrechtlichen Unterhaltsleistungen inhaltsgleichen - Sozialhilfeleistungen, die dieser aufgrund einer eigenen durch Gesetz auferlegten, als solche keine Unterhaltspflicht darstellenden Verpflichtung erfüllt hat (vgl. OGH, RZ 1990, 71, mit weiteren Judikaturhinweisen; Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht, 524 f). Diese Verpflichtung ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch keine "zivilrechtliche Verpflichtung" im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK. Die vom Beschwerdeführer zitierten Erläuterungen zum JWG 1989 vermögen den Gerichtshof, abgesehen davon, daß sie sich auf ein anderes Rechtsgebiet beziehen, zu keiner anderen Beurteilung zu bestimmen.

In der Sache selbst stellt der Beschwerdeführer nicht die Höhe der für seine Mutter aufgewendeten Verpflegskosten an sich und des aus Sozialhilfemitteln gedeckten Teiles in Abrede, bestreitet aber - wie schon im Verwaltungsverfahren - aus mehreren (bei der Behandlung der Einzelrügen wiederzugebenden) Gründen unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften seine Ersatzpflicht nach § 10 SHG mangels Bestandes einer Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Mutter nach § 143 ABGB.

Diese nach den obigen Darlegungen für die Ersatzpflicht dem Grund und der Höhe nach maßgebende Bestimmung lautet:

"(1) Das Kind schuldet seinen Eltern und Großeltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht imstande ist, sich selbst zu erhalten, und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat.

(2) Die Unterhaltspflicht der Kinder steht der eines Ehegatten, eines früheren Ehegatten, von Vorfahren und von Nachkommen näheren Grades des Unterhaltsberechtigten im Rang nach. Mehrere Kinder haben den Unterhalt anteilig nach ihren Kräften zu leisten.

(3) Der Unterhaltsanspruch eines Eltern- oder Großelternteiles mindert sich insoweit, als ihm die Heranziehung des Stammes eigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat ein Kind nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet."

Nach Auffassung des Beschwerdeführers stellt die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen ihn in Anbetracht des von ihm als Schenkungsvertrag gewerteten Leibrentenvertrages jedenfalls auch einen Rechtsmißbrauch dar, der dem Fall des § 143 Abs. 1 letzter Satzteil (gröbliche Unterhaltsvernachlässigung) gleichzusetzen sei. Seine Mutter habe ihn nämlich nach seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren, worauf die belangte Behörde aber nicht eingegangen sei, in ihrem Testament vom 14. Oktober 1982 als Alleinerbe eingesetzt. Die Erwägungen und Überlegungen der belangten Behörde über die Motive seiner Mutter, die Liegenschaft ihrem Enkel zu schenken, schlügen daher fehl und seien unhaltbar bzw. das Ergebnis eines mangelhaften Verfahrens. Die Angaben seines Neffen seien jedenfalls "mit Vorsicht zu genießen", weil dieser offenkundig Nutznießer aus dem pflichtteilsverkürzenden Schenkungsvertrag sei. Wenn nun der Beschwerdeführer durch seine Mutter um sein gesamtes Erbe, auch soweit es von seinem Vater stamme, gebracht worden sei, indem sie es zur Gänze ihrem Enkel geschenkt und dadurch bewußt die Pflichtteilsansprüche des Beschwerdeführers hintertrieben habe (falls sie den Schenkungszeitpunkt um zwei Jahre überlebe, was nunmehr der Fall sei), so stelle es einen Rechtsmißbrauch dar, wenn sie nunmehr von ihrem übergangenen Sohn noch zusätzliche Unterhaltsleistungen fordere und der Enkel nur den "guten Tropfen" genieße. Daß dies seiner Mutter bekannt gewesen sei, gehe aus ihrem Testament hervor. Sie müsse sich ganz offensichtlich Gedanken darüber gemacht haben, welche Folgen es für den Beschwerdeführer habe, wenn sie das ihm zugedachte Erbe nun an seinen Neffen verschenke.

Dieser Auffassung ist schon die belangte Behörde - vor dem Hintergrund der erbrechtlichen Bestimmungen des ABGB - mit Recht entgegengetreten. Es genügt hinzuzufügen, daß aus der bloßen, der Mutter des Beschwerdeführers - ungeachtet seiner behaupteten Einsetzung zum Alleinerben und seiner Noterbenstellung - zustehenden anderweitigen Verfügung über ihre Liegenschaft, auch wenn sie sich hiebei "Gedanken darüber gemacht haben" muß, welche Folgen dies für den Beschwerdeführer habe, nicht abgeleitet werden kann, diese Verfügung selbst stelle (unter der Voraussetzung der Wertung des Leibrentenvertrages als Schenkungsvertrag) eine dessen Sittenwidrigkeit bewirkende mißbräuchliche Rechtsausübung im Sinne des herrschenden Verständnisses (vgl. Krejci in Rummel2, ABGB, Rz 138 ff zu § 879) dar oder es sei zumindest die spätere Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen nach § 143 ABGB gegen ihn im genannten Sinne schikanös und deshalb dem Fall einer die Unterhaltsverpflichtung ausschließenden gröblichen Unterhaltsvernachlässigung gleichzusetzen; dies ganz abgesehen davon, daß die Minderung allfälliger künftiger Erb- oder Pflichtteilsansprüche keine "Unterhaltsvernachlässigung" darstellen oder ihr gleichgestellt werden kann. Wie die belangte Behörde nämlich mit Recht betont hat, ist es für den Unterhaltsanspruch nach § 143 ABGB ohne Belang, daß sich der Vorfahre durch eigenes Verschulden in die Notlage gebracht hat (vgl. Schwimann/Schlemmer, ABGB I, § 143 Rz 1). Davon zu unterscheiden sind die allfälligen Konsequenzen einer solchen Verfügung nach § 947 ABGB für die Bemessung des Unterhaltsanspruches unter dem Gesichtspunkt des "Nicht-Imstande-Seins". Darauf wird später einzugehen sein.

Unter Hinweis auf diese eben genannte Voraussetzung eines Unterhaltsanspruches nach § 143 ABGB rügt der Beschwerdeführer aber zunächst, daß die belangte Behörde seiner Auffassung nach zu Unrecht seinen Einwand, es sei das Eigeneinkommen des Unterhaltsberechtigten über die Grenzen der sozialhilferechtlichen Bestimmungen hinaus zu berücksichtigen, verworfen habe. Zur Auslegung dieser Voraussetzung dürfe nicht auf die sozialhilferechtlichen Bestimmungen zurückgegriffen werden. Gehe man von den Verpflegskosten für seine Mutter einerseits und den Sozialhilfekosten andererseits aus, so ergebe sich, daß von seiner Mutter im Jahre 1991 ca. S 12.400,-- pro Monat einbringlich gemacht worden seien. Seien dies aber nur 80 % ihres Einkommens (mit Ausnahme der Sonderzahlungen), so verblieben ihr monatlich S 3.200,-- sowie die Sonderzahlungen. Nach seiner Berechnung müßten ihr daher monatlich S 5.700,-- zur freien Verfügung stehen. Von diesem Betrag sei ihr im Sinne des § 143 Abs. 1 ABGB sicherlich der Einsatz des größten Teiles, etwa S 5.000,--, zumutbar. Ihr Unterhaltsbedarf läge daher von vornherein nur bei ca. S 2.700,--. Dies habe aber unter Bedachtnahme auf die anteilige Unterhaltsverpflichtung seines Bruders (dessen nicht unerhebliche Mieteinkünfte die belangte Behörde nicht geprüft habe) Konsequenzen für seine Ersatzpflicht.

Diesen Einwänden kommt Berechtigung zu. Die belangte Behörde hat nämlich zwar zu Beginn ihrer rechtlichen Überlegungen - nach den obigen Darlegungen zu den verfassungsrechtlichen Bedenken des Beschwerdeführers zutreffend (soweit es sich auf gesetzliche Unterhaltsansprüche bezieht) - ausgeführt, das SHG verweise mit den Worten "im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht" auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die gesetzliche Unterhaltspflicht, die öffentlich-rechtliche Kostenersatzpflicht bestehe demnach sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach in den Grenzen der gesetzlichen Unterhaltspflicht, diese Grundsätze aber im vorliegenden Zusammenhang außer Acht gelassen. Sie meint nämlich diesbezüglich, daß das der Mutter des Beschwerdeführers nach den sozialhilferechtlichen Bestimmungen über den zumutbaren Einsatz der eigenen Einkünfte freigelassene Einkommen im Ausmaß von 20 % des Gesamteinkommens (zu ergänzen: und die Sonderzahlungen) - in Relation zu dem vor dem Heimeintritt bestandenen Lebensstandard - für ihre sonstigen persönlichen Bedürfnisse, nicht aber zur Deckung der offenen Verpflegskosten gewidmet sei, und daß "daher" diese Einkommensteile bei der Berechnung des Kostenersatzes durch unterhaltspflichtige Angehörige nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Damit verwechselt sie aber die Berücksichtigungsfähigkeit von Einkommensteilen des Hilfsbedürftigen für die Bestimmung des Ausmaßes der Sozialhilfe im Sinne des § 8 Abs. 1 SHG und damit indirekt für den Ersatz durch den Hilfsbedürftigen selbst nach § 9 SHG, die ausschließlich nach den Sozialhilfevorschriften vorzunehmen ist (nämlich für 1991 nach § 8 Abs. 5 SHG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 lit. b der Sozialhilfeverordnung, LGBl. Nr. 59/1985 in der Fassung der Verordnung LGBl. Nr. 48/1990, und für 1992 nach § 8 Abs. 5 SHG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 lit. b der Sozialhilfeverordnung, LGBl. Nr. 74/1991), und die für den Kostenersatz von Angehörigen entscheidende Berücksichtigungsfähigkeit von Einkommensteilen des Unterhaltsberechtigten nach § 143 ABGB, die ausschließlich nach dieser Bestimmung zu beurteilen ist (vgl. Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht, 526, unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zur vergleichbaren Rechtslage nach dem NÖSHG vom 17. Jänner 1989, Zl. 87/11/0223). Danach besteht aber auch dann keine Unterhalts- und damit (wegen der Anknüpfung an sie) keine Ersatzpflicht für das Kind eines Hilfsbedürftigen, wenn dieser (ungeachtet seiner Verpflichtung nach den sozialhilferechtlichen Bestimmungen zum Einsatz dieser Mittel) imstande ist, seinen Lebensunterhalt (im Gegenstand: Verpflegskosten und die damit nicht gedeckten Unterhaltsbedürfnisse) aus dem ihm nach sozialhilferechtlichen Bestimmungen "freibleibenden" Einkommen zu bestreiten. Es ist also aufgrund der jeweils unterschiedlichen gesetzlichen Voraussetzungen durchaus denkbar, daß Einkommensteile des Hilfsbedürftigen zwar dem Zugriff durch den Sozialhilfeträger nach sozialhilferechtlichen Regelungen (vorerst) entzogen sind, gleichzeitig aber - unter dem Blickwinkel des Unterhaltsrechtes - zumutbarerweise auch für den aus der Pflegebedürftigkeit entstehenden Sonderbedarf aufzuwenden sind und insoweit daher den Unterhaltsanspruch nicht entstehen lassen oder doch vermindern. Diese Verschiedenheit der gesetzlichen Voraussetzungen (d.h. die fehlende Übereinstimmung des Sozialhilferechtes mit dem Unterhaltsrecht in diesem Belang) hat die belangte Behörde verkannt und schon deshalb den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet. Diese Rechtswidrigkeit ist mangels von Feststellungen über das der Mutter des Beschwerdeführers "freibleibende" Einkommen und der (neben den durch die Verpflegskosten gedeckten) zusätzlichen Unterhaltsbedürfnisse (für die bei einer 86- bzw 87-jährigen Frau im allgemeinen ein Aufwand in der Höhe des Taschengeldes nach den sozialhilferechtlichen Bestimmungen ausreichend sein wird: vgl. das schon zitierte Erkenntnis vom 17. Jänner 1989, Zl. 87/11/0223) im Sinne des Beschwerdevorbringens auch relevant. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, daß die belangte Behörde schon deshalb in Verbindung mit der anteiligen Unterhaltspflicht des Bruders des Beschwerdeführers nach § 143 Abs. 2 ABGB nach Prüfung der vom Beschwerdeführer behaupteten Mieteinnahmen seines Bruders zu einer zumindest niedrigeren Kostenersatzpflicht des Beschwerdeführers gelangt wäre.

Nach Auffassung des Beschwerdeführers ist aber - anders als die belangte Behörde meint - § 8 SHG auch keine taugliche Auslegungsgrundlage bei Beurteilung der Frage, inwieweit der unterhaltsfordernden Person gemäß § 143 Abs. 3 ABGB die Heranziehung des Stammes des eigenen Vermögens zumutbar ist. Deshalb seien die Ausführungen der belangten Behörde über die Zumutbarkeit eines Widerrufs der Schenkung vom 25. November 1985 wegen Bedürftigkeit gemäß § 947 ABGB verfehlt. Sollte die Mutter des Beschwerdeführers aufgrund ihres Gesundheitszustandes solche Ansprüche nicht mehr stellen können, so sei ihr ein Sachwalter zu bestellen. Unbestritten sei der vom Beschwerdeführer vor den Verwaltungsbehörden angegebene Schätzwert des übertragenen Vermögens mit mindestens 4 Mio S. Niemand könne an der Tatsache vorbeigehen, daß es sich unter diesen Umständen beim Leibrentenvertrag mit einer vorgesehenen Leistung von S 42.000,-- jährlich um eine überwiegende Schenkung gehandelt habe. Denn selbst bei Annahme einer zehnjährigen Lebensdauer der zum Schenkungszeitpunkt 80jährigen Mutter des Beschwerdeführers hätte die Gesamtgegenleistung lediglich S 420.000,-- betragen, wobei dieser Betrag noch abzuzinsen wäre. Tatsächlich sei aber die Lebenserwartung einer 80jährigen im Jahre 1985 weit unter zehn Jahren gelegen gewesen. Da das geschenkte Vermögen beim Geschenknehmer noch vorhanden sei, komme hier ausnahmsweise tatsächlich § 947 ABGB zur Geltung, obwohl der Tatbestand - nach den Kommentaren zu dieser Bestimmung - offenbar in der Rechtspraxis äußerst selten sei. Die gesetzlichen Zinsen vom geschenkten Wert betrügen nach den bislang unwiderlegten Behauptungen des Beschwerdeführers S 160.000,-- im Jahr (4 % von 4 Mio S). Ziehe man die Leibrentenleistung ab, so ergebe sich immer noch ein Betrag von S 118.000,-- im Jahr oder fast S 10.000,-- pro Monat, womit der gesamte Sozialhilfebedarf abzudecken wäre.

Auch diesem Einwand kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Gemäß § 946 ABGB dürfen Schenkungsverträge in der Regel nicht widerrufen werden. Eine Ausnahme enthält unter anderem § 947 ABGB. Danach ist der Geschenkgeber, wenn er in der Folge (das heißt nach Abschluß des Schenkungsvertrages) in solche Dürftigkeit gerät, daß es ihm an dem nötigen Unterhalte gebricht, befugt, jährlich von dem geschenkten Betrage die gesetzlichen Zinsen, insoweit die geschenkte Sache oder derselben Wert noch vorhanden ist und ihm der nötige Unterhalt mangelt, von dem Beschenkten zu fordern, wenn sich anders dieser nicht selbst in gleich dürftigen Umständen befindet. Nach dieser Bestimmung steht dem Geschenkgeber nicht das Recht zu, die Erfüllung des Schenkungsversprechens zu verweigern oder die Herausgabe des Geschenkes zu verlangen, er kann nur die gesetzlichen Zinsen (derzeit 4 %) vom Geschenk bzw. dessen Wert begehren, soweit es ihm am notdürftigen - nicht bloß am anständigen oder standesgemäßen - Unterhalt fehlt (vgl. Schubert in Rummel2, ABGB, Rz 1 zu § 947; Stanzl in Klang IV/12, 620; Schwimann/Binder, IV/1, § 947, Rz 1 ff). Letzteres ist im Beschwerdefall unbestritten der Fall. Die belangte Behörde verneint aber eine Anwendbarkeit dieser Bestimmung primär deshalb, weil ein Leibrentenvertrag ein entgeltliches Rechtsgeschäft sei, § 947 ABGB aber eine Schenkung voraussetze; subsidiär ("aber auch wenn man ... davon ausginge, daß ... eine gemischte Schenkung vorliegt, ...")

lehnt sie eine Anwendung dieser Bestimmung unter Hinweis auf sozialhilferechtliche Bestimmungen ab. Beide Rechtsauffassungen sind unzutreffend.

Der Vertrag, mit dem eine Leibrente zugesichert wird, ist zwar (auch) ein (zu den Glücksverträgen zählender) Leibrentenvertrag nach den §§ 1284 ff ABGB; er kann aber auch mit anderen Vertragstypen gekoppelt oder vermischt sein. Seine Rechtsnatur ist nach dem ihm zugrunde liegenden Kausalverhältnis zu beurteilen. Danach kann aber auch eine "gemischte Schenkung" - im Sinne des später darzulegenden Verständnisses dieses Rechtsbegriffes in der Rechtsprechung und dem Schrifttum - anzunehmen sein (vgl. Krejci in Rummel2, ABGB, Rz 5 und 25 zu den §§ 1284 bis 1286; Schwimann/Binder, ABGB IV/2, § 1284 Rz 1; OGH, SZ 27/222). Auf eine "gemischte Schenkung" ist aber § 947 ABGB anwendbar (vgl. unter anderem OGH SZ 49/75). Die erstgenannte Auffassung der belangten Behörde, ein Leibrentenvertrag sei ein entgeltliches Rechtsgeschäft und daher seine Anfechtung nach § 947 ABGB (im Sinn der Geltendmachung des Anspruchs auf die gesetzlichen Zinsen) nicht möglich, ist daher rechtsirrig.

Unzutreffend ist aber auch die zweitgenannte Auffassung, es sei nicht möglich, die Mutter des Beschwerdeführers auf eine Anfechtung des Leibrentenvertrages zu verweisen, weil dem die genannten sozialhilferechtlichen Bestimmungen entgegenstünden. Denn auch diesbezüglich verwechselt die belangte Behörde den für die Bestimmung des Ausmaßes der Sozialhilfe im Sinne des § 8 Abs. 1 SHG und indirekt für den Ersatz durch den Empfänger der Sozialhilfe maßgebenden zumutbaren Einsatz der eigenen Mittel des Hilfsbedürftigen, der nur nach sozialhilferechtlichen Bestimmungen vorzunehmen ist, mit der (im Verhältnis zum Beschwerdeführer allein maßgebenden) unterhaltsrechtlichen Frage, ob der Hilfsbedürftige nicht im Sinne des § 143 ABGB imstande ist, sich aufgrund eines gegenüber dem Beschenkten bestehenden Anspruches nach § 947 ABGB selbst zu erhalten, was ausschließlich nach dieser Bestimmung zu prüfen ist. Unter Bedachtnahme auf den Ausnahmecharakter der Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern und Großeltern, die insbesondere in den Absätzen 2 und 3 des § 143 ABGB zum Ausdruck kommt (vgl. Schwimann/Schlemmer, ABGB I, § 143 Rz 7), ist ein "Nicht - Imstande - Sein" des Vorfahren zur Selbsterhaltung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 947 ABGB nicht schon dann gegeben, wenn der danach zustehende Betrag nicht, nicht rechtzeitig oder nur schwierig vom Geschenknehmer hereingebracht werden kann (vgl. dazu Pichler in Rummel2, ABGB, Rz 1 zu § 143 in Verbindung mit Rz 1 zu § 141). Demgemäß hätte die belangte Behörde prüfen müssen, ob dem gegenständlichen Leibrentenvertrag eine gemischte Schenkung zugrunde lag und, bejahendenfalls, ob bzw. inwieweit bei Zutreffen der sonstigen Voraussetzungen des § 947 ABGB die danach zu ermittelnde Forderung der Mutter des Beschwerdeführers gegen ihren Enkel einem Unterhaltsanspruch gegen den Beschwerdeführer entgegenstand.

Aufgrund der beiden vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsauffassungen hat sich die belangte Behörde nicht mit der Frage befaßt, ob dem gegenständlichen Leibrentenvertrag eine "gemischte Schenkung" zugrunde liegt. Für eine solche Annahme reicht allerdings nicht schon jedes (so auch nicht das vom Beschwerdeführer behauptete) OBJEKTIVE Mißverhältnis zwischen dem Wert der Liegenschaft und der Gegenleistungen des Neffen des Beschwerdeführers aus. Eine gemischte Schenkung ist nach herrschender Meinung (vgl. im Zusammenhang mit der Beurteilung von Übergabsverträgen: OGH, SZ 59/6, SZ 53/167, SZ 50/101, und JBl. 1989, 377; im Zusammenhang mit Leibrentenverträgen: OGH, SZ 49/43 und SZ 27/222; Schubert in Rummel2, Rz 9 zu § 938) grundsätzlich nur dann anzunehmen, wenn die Parteien einen aus entgeltlichen und unentgeltlichen Elementen vermischten Vertrag schließen wollten; wie sich aus § 935 ABGB ergibt, ist entscheidend, ob die vertragschließenden Parteien einen Teil der Leistung als geschenkt ansehen wollten, sie sich also des doppelten Charakters des abgeschlossenen Geschäftes als entgeltlichen und unentgeltlichen bewußt gewesen sind. Ob eine solche (übereinstimmende) Schenkungsabsicht, deren Beurteilung in das Gebiet der Tatsachenfeststellungen fällt, vorliegt, läßt sich aber auch aus den Umständen des Einzelfalles, zu denen das Vorliegen eines krassen Mißverhältnisses der beiderseitigen Leistungen im Schenkungszeitpunkt gehört, erschließen. Solcher Untersuchungen bedarf es wegen der Möglichkeit einer Verschleierung der teilweisen Schenkungsabsicht vor allem bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen.

Um vor diesem rechtlichen Hintergrund beurteilen zu können, ob mit dem gegenständlichen Leibrentenvertrag von den Vertragspartnern eine gemischte Schenkung beabsichtigt war (vgl. dazu auch Krejci in Rummel2, ABGB, Rz 25 zu den §§ 1284 bis 1286; Schwimann/Binder, ABGB IV/2, § 1284 Rz 1), reichen die allein auf die Aussage des Neffen des Beschwerdeführers gestützten Feststellungen nicht aus. Dazu hätte es

- sachverhaltsbezogen - einerseits Feststellungen über den Wert der Liegenschaft und der Gegenleistungen des Neffen des Beschwerdeführers (nämlich des Schätzwertes der Leibrente und des Wohnrechts der Mutter des Beschwerdeführers; zur Ermittlung dieses Schätzwertes vergleiche OGH, JBl 1978, 645, SZ 27/222 und SZ 53/167; Krejci in Rummel2, ABGB, Rz 12 zu den §§ 1284 bis 1286, unter Bezug auf SZ 48/92), jeweils zum Zeitpunkt des Abschlusses des Leibrentenvertrages, und andererseits, sofern (noch) möglich, der Vernehmung der Mutter des Beschwerdeführers, allenfalls des Vertragsverfassers bedurft. Das Unterbleiben dieser Feststellungen aufgrund der genannten unrichtigen Rechtsauffassungen ist deshalb relevant, weil im Falle der Bejahung des Vorliegens einer gemischten Schenkung der Mutter des Beschwerdeführers (unter der ebenfalls nicht geprüften Voraussetzung, daß sich der Neffe des Beschwerdeführers "nicht selbst in gleich dürftigen Umständen befindet") ein Anspruch gegen ihren Neffen auf Bezahlung von 4 % Zinsen vom Wert der im Zeitpunkt des Bedarfes (nämlich der Zeit ab 1. Jänner 1991) noch vorhandenen Bereicherung (vgl. Schwimann/Binder, ABGB IV/1, § 947 ABGB Rz 6), das heißt von der noch vorhandenen als geschenkt anzusehenden Wertdifferenz (vgl. JBl 1989, 377, SZ 39/46, SZ 52/36), zugestanden wäre und dadurch nach den obigen Darlegungen eine Unterhalts- und damit Kostenersatzpflicht des Beschwerdeführers im relevanten Zeitraum unter Umständen zur Gänze entfallen oder doch weiter reduziert worden wäre.

Aus den vorstehenden Überlegungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

Zu dem zur hg. Zl. AW 92/08/0021, protokollierten Antrag, der eingebrachten Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird bemerkt, daß die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung beantragt wurde, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte