VfGH G2/90,G3/90,G4/90,G5/90,G6/90,G7/90,G31/90

VfGHG2/90,G3/90,G4/90,G5/90,G6/90,G7/90,G31/90G2/90,G3/90,G4/90,G5/90,G6/90,G7/90,G31/90G2/90,G3/90,G4/90,G5/90,G6/90,G7/90,G31/90G2/90,G3/90,G4/90,G5/90,G6/90,G7/90,G31/90G2/90,G3/90,G4/90,G5/90,G6/90,G7/90,G31/90G2/90,G3/90,G4/90,G5/90,G6/90,G7/90,G31/90G2/90,G3/90,G4/90,G5/90,G6/90,G7/90,G31/903.3.1990

Aufhebung einer Übergangsbestimmung in ArtVII Abs1 der MarktordnungsG-Novelle 1988; Verfassungswidrigkeit der Verweisung auf nicht in einem dem Bundesgesetzblatt gleichwertigen Kundmachungsblatt kundgemachte Rechtsvorschriften bzw. auf Normen ohne Anführung der Fundstelle;

Präjudizialität gegeben; vom Geltungsbereich der in Prüfung gezogenen Bestimmung erfaßte Verordnungen als Grundlage der in den Anlaßverfahren angefochtenen Bescheide;

Erstreckung der Anlaßfallwirkung für eine beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdesache nach im Hinblick auf das fortgeschrittene Prozeßgeschehen zu spät eingelangtem und daher formell in das Gesetzesprüfungsverfahren nicht mehr einbezogenem Gesetzesprüfungsantrag des Verwaltungsgerichtshofes

Normen

B-VG Art18 Abs1 B-VG Art49 B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität B-VG Art140 Abs5 B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz B-VG Art148e MarktordnungsG-Nov 1988 ArtVII Abs1
B-VG Art18 Abs1 B-VG Art49 B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität B-VG Art140 Abs5 B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz B-VG Art148e MarktordnungsG-Nov 1988 ArtVII Abs1

 

Spruch:

Die Wortfolge "Verordnungen (allgemein verbindliche Anordnungen) der Verwaltungskommissionen der Fonds gelten als Bundesgesetze bis zur Erlassung neuer Verordnungen durch die zuständigen Organe der Fonds weiter und" in ArtVII Abs1 der Marktordnungsgesetz-Novelle 1988, BGBl. Nr. 330, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Die aufgehobene Bestimmung ist auch auf jenen Tatbestand nicht mehr anzuwenden, der der beim Verfassungsgerichtshof zu G31/90 anhängigen Rechtssache zugrunde liegt.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. ArtVII Abs1 der Marktordnungsgesetz-Novelle 1988, BGBl. 330, hat folgenden Wortlaut:

"Verordnungen (allgemein verbindliche Anordnungen) der Verwaltungskommissionen der Fonds gelten als Bundesgesetze bis zur Erlassung neuer Verordnungen durch die zuständigen Organe der Fonds weiter und die in den Geschäftsordnungen der Fonds am 30. Juni 1988 enthaltenen Aufgaben der Verwaltungskommissionen gelten bis zur Neuerlassung der Geschäftsordnungen der Fonds als Aufgaben der geschäftsführenden Ausschüsse."

Nach ArtXI Abs2 Z2 dieser Novelle ist diese Bestimmung mit 1. Juli 1988 in Kraft getreten. Sie wurde im Zusammenhang damit erlassen, daß durch ArtII dieser Novelle das MOG 1985 unter anderem insoweit geändert wurde, daß die Verwaltungskommissionen als Organ der Fonds nach dem MOG abgeschafft wurden (vgl. die Erläuterungen zur RV, 599 B NR XVII. GP, S. 40f).

II. 1. Beim Verfassungsgerichtshof sind folgende Verfahren anhängig:

a) Die Volksanwaltschaft beantragt beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art148e B-VG, die "Verordnung des Milchwirtschaftsfonds vom 7. Dezember 1982, kundgemacht in der Zeitschrift 'Österreichische Milchwirtschaft', Amtlicher Teil, Blg. 1 zu Heft 2 vom 21. Jänner 1983, über die Zuweisung des Einzugs- und Versorgungsgebietes der stillgelegten Käserei Thalgauberg an die Käserei Walkner in Asperding, Gemeinde Seeham" als gesetzwidrig aufzuheben. Dieses Verfahren ist beim Verfassungsgerichtshof unter V22/89 protokolliert.

b) Der zu B409/89 protokollierten Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit dem in Erledigung einer Berufung des Beschwerdeführers gegen einen Bescheid des Milchwirtschaftsfonds ergangenen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 10. Februar 1989 wurde unter anderem festgestellt, daß der zuständige Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb verpflichtet ist, die im Betrieb des Beschwerdeführers erzeugte Milch zu übernehmen, soferne der Beschwerdeführer genau bestimmte Auflagen bei der Milcherzeugung einhält. Dieser Bescheid stützte sich unter anderem auf die "Kundmachung des Milchwirtschaftsfonds vom 30.6.1975 betreffend die Festlegung des Einzugsgebietes der Sennereigenossenschaft Fügen und Beschränkung der Übernahmspflicht für Rohmilch auf hartkäsetaugliche Milch hinsichtlich des gesamten Einzugsgebietes, verlautbart in der "Österreichischen Milchwirtschaft", Beilage 7 zu Heft 15 vom 7.8.1975" und auf die Verordnung "des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 25.6. und 22.7.1987 (verlautbart in der "Österreichischen Milchwirtschaft", Beilage 14 zu Heft 16 vom 21.8.1987, Pkt. 69) betreffend Bestimmungen über die Übernahme von hartkäsetauglicher Milch durch Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebe und über die Auszahlung eines Zuschlages für die Erzeugung von Emmentaler, Bergkäse und Parmesan geeignete Milch".

Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt.

c) Zur Vermeidung von Wiederholungen sei zur Vorgeschichte der unter B398/89 und B405/89 protokollierten Beschwerden auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 22. Juni 1988, V139,140/87, und vom 30. Juni 1988, B849/86, B850/86, verwiesen. Mit diesen Erkenntnissen wurde die Gesetzwidrigkeit der Z4 der Verordnung des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 22. März 1983 betreffend den Übergang der Einzelrichtmenge auf einen anderen Betrieb im Falle der Verpachtung oder der Eigentumsübertragung von Futterflächen, kundgemacht im Amtlichen Teil der "Österreichischen Milchwirtschaft" vom 7. April 1983, Beilage 4 (zu Heft 7), S. 41f, mit Ausnahme der Worte "und Eigentumsübertragungen" im ersten und zweiten Absatz der Z4, festgestellt und die unter anderem aufgrund dieser Verordnungsbestimmung ergangenen Bescheide des Geschäftsführers des Milchwirtschaftsfonds vom 29. Juli 1986 wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung aufgehoben. Die vorliegenden Beschwerden derselben beiden Beschwerdeführer wenden sich gegen den nunmehr ergangenen Ersatzbescheid des Geschäftsführers des Milchwirtschaftsfonds vom 10. Februar 1989, mit dem die den Beschwerdeführern im Wirtschaftsjahr 1986/87 zustehende Einzelrichtmenge gem. §76 Abs1 MOG 1985, BGBl. 210 festgestellt wurde. Nach der Begründung dieses Bescheides liegt ihm (aufgrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 22. Juni 1988, V139,140/87) die Verordnung des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 6. Oktober 1982, verlautbart in der Zeitschrift "Österreichische Milchwirtschaft", Beilage 15 (zu Heft 21) vom 7. November 1982, Nr. 65b, S. 212ff, zugrunde.

In den Beschwerden erachten sich die Beschwerdeführer in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie wegen Anwendung von rechtswidrigen generellen Normen in ihren Rechten verletzt und beantragen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof.

d) Zur Vorgeschichte der zu B404/89 protokollierten Beschwerde sei ebenfalls auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 22. Juni 1988, V139,140/87 und vom 30. Juni 1988, B849/86, B850/86, verwiesen. Die Beschwerde wendet sich nunmehr gegen einen in Bindung an die genannten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes ergangenen Ersatzbescheid des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds, mit dem unter anderem die dem Beschwerdeführer für das Wirtschaftsjahr 1983/84 zustehende Einzelrichtmenge gemäß §76 Abs1 MOG 1985, BGBl. 210, festgestellt wurde. Nach der Begründung dieses Bescheides liegt ihm unter anderem die Verordnung des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 6. Oktober 1982, verlautbart in der Zeitschrift "Österreichische Milchwirtschaft", Beilage 15 (zu Heft 21) vom 7. November 1982, Nummer 65b,

S. 212ff, zugrunde.

Der Beschwerdeführer behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie wegen Anwendung von rechtswidrigen generellen Normen in seinen Rechten verletzt zu sein und beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, in eventu die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

e) Zur Vorgeschichte der zu B842/89 protokollierten Beschwerde sei ebenfalls auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 22. Juni 1988, V139,140/87 und vom 30. Juni 1988, B849/86, B850/86, verwiesen.

Diese Beschwerde wendet sich gegen einen Bescheid des Geschäftsführers des Milchwirtschaftsfonds, mit dem unter anderem die dem Beschwerdeführer für das Wirtschaftsjahr 1988/89 zustehende Einzelrichtmenge gemäß §76 Abs1 MOG 1985, BGBl. 210, festgestellt wurde. Nach der Begründung dieses Bescheides liegt ihm unter anderem die Verordnung des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftfonds vom 6. Oktober 1982, verlautbart in der Zeitschrift "Österreichische Milchwirtschaft", Beilage 15 (zu Heft 21) vom 7. November 1982, Nummer 65b, S. 212ff, zugrunde.

Der Beschwerdeführer behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie wegen Anwendung von rechtswidrigen generellen Normen in seinen Rechten verletzt zu sein und beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, in eventu die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

2. Aus Anlaß dieser Verfahren beschloß der Verfassungsgerichtshof am 7. Dezember 1989, die Wortfolge "Verordnungen (allgemein verbindliche Anordnungen) der Verwaltungskommissionen der Fonds gelten als Bundesgesetze bis zur Erlassung neuer Verordnungen durch die zuständigen Organe der Fonds weiter und" in ArtVII Abs1 der Marktordnungsgesetz-Novelle 1988, BGBl. Nr. 330, von Amts wegen zu prüfen.

Hiebei ging er von folgenden vorläufigen Annahmen aus:

a) Der Verfassungsgerichtshof nahm betreffend das auf Antrag der Volksanwaltschaft eingeleitete Verfahren an, daß er bereits zur Prüfung der Prozeßvoraussetzungen, nämlich ob es sich bei der von der Volksanwaltschaft nach Art148e B-VG bekämpften Norm um eine Verordnung handle, die in Prüfung gezogene Wortfolge anzuwenden haben dürfte, sodaß sie für das Verfahren präjudiziell sei.

In den Verfahren über die auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden ging der Verfassungsgerichtshof davon aus, daß er bei Prüfung der Frage, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen in seinen Rechten verletzt wurde, auch zu beurteilen habe, welcher Rang im Stufenbau der Rechtsordnung den Normen zukomme, auf denen der angefochtene Bescheid beruhe. Hiebei habe der Verfassungsgerichtshof auch die in Prüfung gezogene Bestimmung anzuwenden, da die angefochtenen Bescheide jeweils auf Verordnungen beruhten, die vom Geltungsbereich der in Prüfung gezogenen Bestimmung erfaßt wären.

In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, daß der Verfassungsgerichtshof von der Annahme ausging, die in Prüfung gezogene Bestimmung betreffe nicht nur Verordnungen der Verwaltungskommissionen selbst, sondern auch solche der geschäftsführenden Ausschüsse, die von der Verwaltungskommission delegiert wurden.

b) Seine inhaltlichen Bedenken legte der Verfassungsgerichtshof folgendermaßen dar:

"Die in Prüfung gezogene Norm bestimmt ihren, als Gesetz geltenden Inhalt nicht selbst, sondern verweist hiezu auf Normen, die von einem anderen Normgeber erlassen wurden, und macht diese zum Gesetzesinhalt. Nun hat der Verfassungsgerichtshof zwar in ständiger Judikatur (vgl. VfSlg. 5633/1967, 7586/1975 mit Hinweisen auf die Vorjudikatur) erkannt, daß gegen eine Umschreibung des Norminhaltes durch Hinweis auf frühere Vorschriften grundsätzlich nichts einzuwenden ist. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Verweisung ist jedoch nach dieser Rechtsprechung, daß die Norm, auf die verwiesen wird, in einem Verkündungsorgan publiziert wurde, das jenem gleichwertig ist, in dem die verweisende Norm kundgemacht wurde und daß in der verweisenden Norm das Publikationsorgan ausdrücklich genannt wird, in dem die verwiesene Norm publiziert wurde (vgl. zu diesem Themenkreis Koja, Zur Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit statischer und dynamischer Verweisungen, ÖJZ 1979, S. 29). Diese Erfordernisse ergeben sich aus Art49 und 18 B-VG.

Die in Prüfung gezogene Norm scheint beiden Voraussetzungen nicht zu genügen. Daß die Verordnungen der Verwaltungskommission in der Beilage zur Zeitschrift 'Österreichische Milchwirtschaft' kundgemacht wurden, vermag - wie aus dem Erkenntnis VfSlg. 7586/1975, S. 499, und der dort zitierten Vorjudikatur folgt - daran nichts zu ändern, daß sie nur dann in den Rang eines Gesetzes gehoben werden können, wenn sie den an ein Gesetz zu stellenden Kundmachungserfordernissen entsprechen. Es bedarf wohl keiner näheren Erörterung, daß diese Voraussetzung auf die genannte Zeitschrift des Milchwirtschaftfonds nicht zutreffen dürfte. Diese Zeitschrift ist nicht wie das Bundesgesetzblatt der breiten Bevölkerung als Verlautbarungsorgan bekannt, keinesfalls ist es wie dieses jedem Staatsbürger öffentlich zugänglich oder kann es ebenso leicht bezogen werden (vgl. §6 Abs1 BGBlG).

Wie nicht weiter begründet zu werden braucht, genügt die in Prüfung gezogene Verweisungsnorm anscheinend auch dem weiteren Erfordernis nicht, daß in ihr die Fundstelle der verwiesenen Norm ausdrücklich genannt wird. Bloß zur Illustration sei angeführt, daß es offenbar sogar dem zuständigen Organ des Milchwirtschaftsfonds im Verfahren über den Verordnungsprüfungsantrag der Volksanwaltschaft unbekannt war, daß durch diese Verweisungsnorm die betreffende Verordnung in Gesetzesrang gehoben wurde, weil dies in der ansonsten umfangreichen Äußerung in keiner Weise erwähnt wurde.

Unter diesen Umständen scheint der allgemeine Hinweis in ArtVII Abs1 leg.cit. auf nicht ohne weiteres auffindbare Verordnungen auch dem Art18 B-VG zu widersprechen."

3. Die Bundesregierung teilte in ihrer Äußerung die vorläufigen Annahmen zu den Prozeßvoraussetzungen und die inhaltlichen Bedenken. Sie stellte lediglich zur Erwägung, "ob die vom Verfassungsgerichtshof abgeleiteten Postulate hinsichtlich der allgemeinen Zugänglichkeit bzw. der Bekanntheit des Publikationsorgans auch dann in der vom Verfassungsgerichtshof angenommenen Strenge anzunehmen sind, wenn es sich - wie im Fall der Marktordnung - um relativ klar umgrenzte Adressatenkreise handelt und das in Frage kommende Publikationsorgan in den in Betracht kommenden Verkehrskreisen als Kundmachungsorgan den zu fordernden Bekanntheitsgrad besitzt."

Für den Fall der Aufhebung stellte die Bundesregierung den Antrag, nach Art140 Abs5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr zu bestimmen, um die in diesem Fall erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Das Verfahren hat nichts ergeben, was die Annahmen des Verfassungsgerichtshofes über die Prozeßvoraussetzungen widerlegt. Sowohl die zugrundeliegenden verfassungsgerichtlichen Verfahren als auch die vorliegenden Gesetzesprüfungsverfahren sind daher zulässig.

2. Soweit die Bundesregierung meint, wenn gesetzliche Normen nur einen engen Personenkreis als Adressaten hätten, könne möglicherweise die Publikation von gesetzlichen Bestimmungen in einem diesem Personenkreis bekannten Verlautbarungsblatt ausreichend sein, ist dem zu entgegnen, daß sich das Erfordernis der Kundmachung von Bundesgesetzen im Bundesgesetzblatt aus Art49 B-VG ergibt.

Der Verfassungsgerichtshof geht von dem Grundgedanken aus, daß nach Art49 B-VG Gesetze - entsprechend ihrer rechtsstaatlichen Funktion - stets in einem für die Publikation von Gesetzen verfassungsrechtlich vorgesehenen Publikationsorgan der Allgemeinheit kundzumachen sind und nicht nur jenem Personenkreis, der vornehmlich als Adressat des Gesetzes in Betracht kommt (vgl. auch VfSlg. 2750/1954, S. 365). Ansonsten hätte es auch der Norm des Art49 Abs2 B-VG für die Kundmachung von Staatsverträgen nicht bedurft. Der Argumentation der Bundesregierung kann daher nicht gefolgt werden.

Sonst wurde gegen die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes nichts vorgebracht; die Bedenken treffen zu.

ArtVII der MOG-Novelle 1988 ist daher in dem in Prüfung gezogenen Umfang verfassungswidrig, weil er entgegen Art49 B-VG auf Rechtsvorschriften verweist, die nicht in einem dem Bundesgesetzblatt gleichwertigen Kundmachungsblatt verlautbart wurden, und gegen Art18 B-VG verstößt, weil er auf in einem anderen Verlautbarungsblatt kundgemachte Normen verweist, ohne deren Fundstelle anzuführen.

IV. 1. Die in Prüfung gezogene Norm ist daher als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Von der Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstelle gemäß Art140 Abs5 B-VG sah der Verfassungsgerichtshof ab, weil dem Gerichtshof nicht erkennbar ist, welche gesetzlichen Vorkehrungen im Falle der Aufhebung erforderlich sein sollten; auch die Bundesregierung hat in ihrer Anregung auf Setzung einer Frist dies nicht weiter begründet.

3. Der Ausspruch, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz B-VG.

4. Der Verwaltungsgerichtshof beantragt aus Anlaß einer bei ihm anhängigen Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, der sich ua. auf Verordnungen von Organen des Milchwirtschaftsfonds stützt, aus den gleichen Gründen, wie sie der Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluß darlegte, die Aufhebung der mit diesem Beschluß in Prüfung gezogenen gesetzlichen Bestimmung. Dieser Antrag langte beim Verfassungsgerichtshof am 22. Februar 1990 ein.

Eine formelle Einbeziehung dieses Antrages in das Gesetzesprüfungsverfahren war im Hinblick auf das fortgeschrittene Prozeßgeschehen nicht mehr möglich.

Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch beschlossen, von der ihm gemäß Art140 Abs7 zweiter Satz B-VG eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen und (mit dem vorletzten Absatz des Spruches) die Anlaßfallwirkung auch für diese beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdesache herbeizuführen.

Damit erübrigt sich eine weitere Erledigung des vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Gesetzesprüfungsantrages.

5. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B-VG und §64 Abs2 VerfGG.

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