VfGH B398/89,B404/89,B405/89,B842/89

VfGHB398/89,B404/89,B405/89,B842/89B398/89,B404/89,B405/89,B842/89B398/89,B404/89,B405/89,B842/89B398/89,B404/89,B405/89,B842/898.3.1991

Anlaßfallwirkung der Feststellung der Verfassungswidrigkeit sowie der Aufhebung verschiedener Bestimmungen des MOG (MarktordnungsG-Nov 1985, MarktordnungsG-Nov 1986, MarktordnungsG-Nov 1987 und MarktordnungsG-Nov 1988) mit E v 08.03.91, G227/90, G232-252/90 ua.

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

 

Spruch:

Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen in ihren Rechten verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) ist schuldig, den Beschwerdeführern die mit jeweils S 15.000,-- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Zur Vermeidung von Wiederholungen sei zur Vorgeschichte der vorliegenden Beschwerden auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 22. Juni 1988, V139,140/87, und vom 30. Juni 1988, B849/86, B850/86, sowie auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. November 1985, Z84/07/0288, Z85/07/0108 und vom 8. Juni 1988, Z86/17/0160 verwiesen. Inhaltlich geht es in all diesen Verfahren um die Frage, inwieweit die den einzelnen Beteiligten zustehende Einzelrichtmenge im Sinne des §73 MOG 1985, BGBl. 210 (davor §57e Marktordnungsgesetz 1967) durch die von den Beteiligten (zum Teil mit dritten Personen) geschlossenen Vereinbarungen über die Verpachtung bzw. Eigentumsübertragung von Futterflächen bzw. durch Partnerschaftsvereinbarungen ab dem 29. November 1982 verändert wurde.

Die vorliegenden Beschwerden wenden sich nunmehr gegen folgende Bescheide:

a) Mit dem bereits vorhin erwähnten Erkenntnis vom 22. Juni 1988, V139,140/87 wurde die Z4 der Verordnung des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 22. März 1983 betreffend den Übergang der Einzelrichtmenge auf einen anderen Betrieb im Falle der Verpachtung oder der Eigentumsübertragung von Futterflächen, kundgemacht im Amtlichen Teil der "Österreichischen Milchwirtschaft" vom 7. April 1983, Beilage 4 (zu Heft 7), S. 41f, mit Ausnahme der Worte "und Eigentumsübertragungen" im ersten und zweiten Absatz der Z4, als gesetzwidrig festgestellt. Mit dem Erkenntnis vom 30. Juni 1988, B849/86, B850/86 wurden die unter anderem aufgrund dieser Verordnungsbestimmung ergangenen Bescheide des Geschäftsführers des Milchwirtschaftsfonds vom 29. Juli 1986 wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung aufgehoben.

Die zu B398/89 und B405/89 protokollierten Beschwerden derselben beiden Beschwerdeführer wenden sich gegen den nunmehr ergangenen Ersatzbescheid des Geschäftsführers des Milchwirtschaftsfonds vom 10. Februar 1989, mit dem die den Beschwerdeführern im Wirtschaftsjahr 1986/87 zustehende Einzelrichtmenge gem. §76 Abs1 MOG 1985, BGBl. 210 festgestellt wurde.

b) Die zu B404/89 protokollierte Beschwerde (desselben Beschwerdeführers wie der zu B405/89 protokollierten Beschwerde) wendet sich gegen einen in Bindung an die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. November 1985, Z85/07/0108 und vom 8. Juni 1988, Z86/17/0160, ergangenen Ersatzbescheid des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds, mit dem unter anderem die dem Beschwerdeführer für das Wirtschaftsjahr 1983/84 zustehende Einzelrichtmenge gemäß §76 Abs1 MOG 1985, BGBl. 210 festgestellt wurde.

c) Die zu B842/89 protokollierte Beschwerde (desselben Beschwerdeführers wie der zu B405/89 und B404/89 protokollierten Beschwerden) wendet sich gegen einen Bescheid des Geschäftsführers des Milchwirtschaftsfonds, mit dem - in Entsprechung der vom Verfassungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 22. Juni 1988, V139,140/87, und vom 30. Juni 1988, B849/86, B850/86, und vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 19. November 1985, Z84/07/0288, vertretenen Rechtsansicht - die dem Beschwerdeführer für das Wirtschaftsjahr 1988/89 zustehende Einzelrichtmenge gemäß §76 Abs1 MOG 1985, BGBl. 210, festgestellt wurde.

2. Durch diese Bescheide erachten sich die Beschwerdeführer in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen in ihren Rechten verletzt und beantragen die Aufhebung der angefochtenen Bescheide, in eventu die Abtretung der Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof.

3. Der Verfassungsgerichtshof hat die vorliegenden Beschwerden gemäß §35 Abs1 VerfGG iVm §187 ZPO zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

4. Unter anderem aus Anlaß der vorliegenden Beschwerden leitete der Verfassungsgerichtshof zunächst mit Beschlüssen vom 7. Dezember 1989 gemäß Art140 Abs1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "Verordnungen (allgemein verbindliche Anordnungen) der Verwaltungskommissionen der Fonds gelten als Bundesgesetze bis zur Erlassung neuer Verordnungen durch die zuständigen Organe der Fonds weiter und" in ArtVII Abs1 der Marktordnungsgesetz-Novelle 1988, BGBl. 330, ein. Mit Erkenntnis vom 3. März 1990, G2/90 ua., hob er diese gesetzliche Bestimmung als verfassungswidrig auf.

II. 1. Im fortgesetzten Beschwerdeverfahren leitete der Verfassungsgerichtshof einerseits mit Beschluß vom 15. März 1990 gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Z2 ("Eigentumsübertragung von Futterflächen") der Verordnung des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 6. Oktober 1982, kundgemacht im Amtlichen Teil der "Österreichischen Milchwirtschaft" vom 7. November 1982, Beilage 15 (zu Heft 21), Nr. 65b, S. 212f, ein, und hob diese Verordnungsbestimmung mit Erkenntnis vom 30. November 1990, V181-184/90, als gesetzwidrig auf.

2. Andererseits prüfte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus Anlaß dieser Beschwerdefälle (Beschluß vom 12. Oktober 1990) von Amts wegen die Verfassungsmäßigkeit sämtlicher Novellen des Marktordnungsgesetzes 1985, BGBl. 210, seit der MOG-Novelle 1985, BGBl. 291, soweit sie den Unterabschnitt "D. Absatzförderung im Bereich der Milchwirtschaft" sowie die dazu ergangenen Übergangs- und Ausnahmebestimmungen betrafen. Das aus Anlaß der vorliegenden Beschwerden eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren wurde zu G232-251/90 protokolliert.

Mit Erkenntnis vom 8. März 1991, G227-231/90 ua. (darunter G232-251/90), hat der Verfassungsgerichtshof

a) festgestellt, daß folgende gesetzliche Bestimmungen verfassungswidrig waren:

aa) ArtII Z5 und 6 sowie ArtIII Abs4 erster Satz, Abs5 zweiter bis letzter Satz, die Bezeichnung "zehn" in Abs6 erster Satz, Abs7 zweiter Satz, Abs8 und Art4 Abs2 des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1985, mit dem das Marktordnungsgesetz 1985 geändert wird (Marktordnungsgesetz-Novelle 1985), BGBl. Nr. 291;

bb) ArtII Z13 bis 15 und 18 sowie ArtIII Abs6, ArtV und ArtVI Abs2 Z2, jeweils des Abschnittes I des Bundesgesetzes vom 20. März 1986 über Änderungen des Marktordnungsgesetzes 1985 (Marktordnungsgesetz-Novelle 1986) und des Bundesfinanzgesetzes 1986, BGBl. Nr. 183;

cc) ArtII Z12 bis 14, 15, soweit diese sich auf §73 Abs7 bezieht, und Z17 bis 19 des Bundesgesetzes vom 27. März 1987, mit dem das Marktordnungsgesetz 1985 geändert wird (Marktordnungsgesetz-Novelle 1987), BGBl. Nr. 138; sowie

b) folgende gesetzliche Bestimmungen als verfassungswidrig aufgehoben:

aa) ArtIII Abs1 bis 3, Abs4 zweiter Satz, Abs5 erster Satz, Abs6 mit Ausnahme des Wortes "zehn" im ersten Satz, Abs7 mit Ausnahme des zweiten Satzes und Abs9 bis 14 des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1985, mit dem das Marktordnungsgesetz 1985 geändert wird (Marktordnungsgesetz-Novelle 1985), BGBl. Nr. 291;

bb) ArtIII Abs3 bis 5, ArtVI (mit Ausnahme des Abs2 Z2) und ArtVIII, jeweils des Abschnittes I des Bundesgesetzes vom 20. März 1986 über Änderungen des Marktordnungsgesetzes 1985 (Marktordnungsgesetz-Novelle 1986) und des Bundesfinanzgesetzes 1986, BGBl. Nr. 183;

cc) ArtIII Abs4 (mit Ausnahme der Verfassungsbestimmung) und Abs6, ArtIV (mit Ausnahme der Verfassungsbestimmung) und ArtV des Bundesgesetzes vom 27. März 1987, mit dem das Marktordnungsgesetz 1985 geändert wird (Marktordnungsgesetz-Novelle 1987), BGBl. Nr. 138;

dd) ArtII Z74 bis 76, 78, 83 und 84 sowie ArtV des Bundesgesetzes vom 9. Juni 1988, mit dem das Marktordnungsgesetz 1985 geändert wird (Marktordnungsgesetz-Novelle 1988), BGBl. Nr. 330.

Wie sich aus der Begründung dieses Erkenntnisses (Punkt IV.2. lite) sublit. cc)-ee)) sowie dem Umfang der Einstellung des Gesetzesprüfungsverfahrens G232-251/90 in dessen Spruchpunkt I. (s. Punkte 1.a), 2.a), 3.a) und b), 4. sowie 5.a) und b)) ergibt, erfolgte die Feststellung der Verfassungswidrigkeit bzw. die Aufhebung betreffend die Bestimmungen der Marktordnungsgesetz-Novelle 1985, BGBl. 291, und der Marktordnungsgesetz-Novelle 1986, BGBl. 183, aus Anlaß aller vorliegenden Beschwerden, die Aussprüche betreffend die Marktordnungsgesetz-Novellen 1987, BGBl. 138, und 1988, BGBl. 330, erfolgten nur aus Anlaß der Beschwerden B404/89 und B842/89.

III. 1. Die belangte Behörde hat bei Erlassung der angefochtenen Bescheide verfassungswidrige Gesetzesbestimmungen und eine gesetzwidrige Verordnungsbestimmung angewendet. Es ist nach Lage der Fälle nicht von vornherein ausgeschlossen, daß die Anwendung dieser Bestimmungen für die Beschwerdeführer nachteilig war.

Die Beschwerdeführer wurden also durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10404/1985).

Die Bescheide waren daher aufzuheben.

2. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist jeweils Umsatzsteuer in der Höhe von

S 2.500,-- enthalten.

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