European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0030OB00166.24V.1028.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 826,80 EUR (hierin enthalten 137,80 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Das Berufungsgericht wies das auf Ersatz von 30 % des Kaufpreises eines vom „Abgasskandal“ betroffenen Fahrzeugs gerichtete Klagebegehren wegen Unschlüssigkeit ab. Die Klägerin leite ihr Begehren aus einem zeitgleich mit einem Leasingvertrag geschlossenen Kaufvertrag und einem darin vereinbarten überhöhten Kaufpreis ab. Tatsächlich habe der Kaufvertrag aber lediglich der Spezifikation des Fahrzeugs gedient. Dem Klagevorbringen lasse sich nicht entnehmen, inwieweit es aufgrund dieser Vertragsgestaltung zu einer Verlagerung des Schadens auf die Klägerin gekommen sein solle. Ein Schaden aus dem Leasingvertrag selbst, etwa wegen überhöhter Leasingentgelte, werde nicht geltend gemacht.
[2] Das Berufungsgericht ließ die Revision nachträglich mit der Begründung zu, dass der zugrunde liegende Sachverhalt auch anders als vom Berufungsgericht beurteilt werden könnte.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die Revision der Klägerin ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Dartuung einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).
[4] 1. Der Oberste Gerichtshof hatte sich im Zusammenhang mit auf eine unzulässige Abschalteinrichtung gestützten Schadenersatzklagen gegen Hersteller von Dieselfahrzeugen bereits mehrfach mit vergleichbaren Sachverhaltskonstellationen zu befassen.
[5] 1.1. Das – ersichtlich auch hier vorliegende – Finanzierungsleasing ist eine Form des Investitionsleasing, bei dem an die Stelle des Eigentumserwerbs an den Anlagegütern die bloße Gebrauchsüberlassung tritt. Der Leasinggeber erwirbt eine den Wünschen des Leasingnehmers, der das Leasinggut seinerseits bei einem Dritten (Lieferanten, Hersteller, Händler) ausgesucht hat, entsprechende Sache, um sie diesem für bestimmte Zeit zum Gebrauch zu überlassen. Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre gehört beim Finanzierungsleasing jedenfalls die erstmalige Verschaffung des ordnungsgemäßen Gebrauchs des Leasingobjekts zur unabdingbaren Verpflichtung des Leasinggebers im Austausch zu den Leasingraten. Wenngleich sich der Leasinggeber ähnlich dem drittfinanzierten Kauf wirtschaftlich der Rolle des Kreditgebers annähert, schließt der Leasingnehmer keinen Kaufvertrag mit dem Lieferanten ab. Ihm stehen daher gegenüber dem Lieferanten weder Eigentumsverschaffungsansprüche noch eigene vertragliche Gewährleistungsansprüche noch ein Anspruch auf Gebrauchsüberlassung zu. Aber auch eine Kredit- oder Darlehensgewährung durch den Leasinggeber erfolgt nicht. Vielmehr besteht die vertragliche Hauptverpflichtung des Leasinggebers darin, dem Leasingnehmer ein zum vereinbarten Gebrauch taugliches Leasinggut zur Verfügung zu stellen. Auch die Auswahl des Lieferanten durch den Leasingnehmer ändert nichts an der Pflicht des Leasinggebers, dem Leasingnehmer die Gebrauchsmöglichkeit zu verschaffen (7 Ob 88/23a mwN).
[6] 1.2. Zu 7 Ob 88/23a wurde ausgesprochen, dass, sofern der Kläger von Anfang an beabsichtigte, den Erwerb des Fahrzeugs über Leasing zu finanzieren, der von ihm mit dem Händler geschlossene Kaufvertrag ausschließlich der Spezifikation des Fahrzeugs diente, das letztlich die Leasinggeberin erwerben und dem Kläger zum Gebrauch überlassen sollte. Inwieweit vor diesem Hintergrund bereits beim (ursprünglichen) Ankauf des Fahrzeugs bei der dort klagenden (ehemaligen) Leasingnehmerin der geltend gemachte Schaden aufgrund der Zahlung eines überhöhten Kaufpreises eingetreten sein solle, lasse sich deren Vorbringen nicht entnehmen. Einen Schaden aus dem Leasingvertrag, etwa aus überhöhten Leasingraten mache sie nicht geltend. Ob es allenfalls aufgrund des Leasingvertrags zu einer Schadensverlagerung gekommen wäre, also ein Mangel des Fahrzeugs, der typischerweise beim unmittelbar Geschädigten eintritt, im besonderen Fall durch ein Rechtsverhältnis auf einen Dritten überwälzt worden wäre, hänge von der konkreten Vertragsgestaltung ab, zu der die dortige Klägerin jedoch keine Behauptungen aufgestellt habe. Damit sei das Klagevorbringen aber unschlüssig geblieben (in diesem Sinn auch 7 Ob 128/23h; 7 Ob 74/23t; 5 Ob 118/23y; 3 Ob 226/23s; 4 Ob 218/23x ua).
[7] 1.3. Demgegenüber wurde in einer Konstellation, in der der Kaufvertrag nicht ausschließlich der Spezifikation des Fahrzeugs für den Abschluss eines Finanzierungsleasingvertrags diente, sondern zunächst ein zivilrechtlich voll wirksamer Kaufvertrag mit dem Händler zustande kam und erst in der Folge zur Finanzierung des (nach Leistung einer Anzahlung) restlichen Kaufpreises ein Leasingvertrag (einschließlich Übertragung des Eigentums am Fahrzeug vom Leasingnehmer an den Leasinggeber) zustande kam, die Aktivlegitimation des Klägers bejaht (8 Ob 22/22a; 8 Ob 109/23x).
[8] 2. Die Klägerin hat sich in erster Instanz zur Frage der Schlüssigkeit ihres Begehrens zwar darauf berufen, dass sie den Leasingvertrag erst nachträglich zur Finanzierung des Kaufpreises abgeschlossen habe. Diesem Standpunkt stehen allerdings die vom Berufungsgericht aus den vorgelegten unstrittigen Urkunden getroffenen ergänzenden Feststellungen entgegen, wonach der – von der Verkäuferin des Fahrzeugs vermittelte – Leasingvertrag bereits elf Minuten nach Abschluss des Kaufvertrags abgeschlossen wurde. Die – vom erstinstanzlichen Vorbringen der Klägerin nicht gedeckte – erstgerichtliche Feststellung, wonach die Klägerin anlässlich des Abschlusses des Kaufvertrags ein Altfahrzeug eingetauscht (in Zahlung gegeben) habe, wobei dessen Wert von 6.000 EUR auf den Kaufpreis angerechnet worden sei, hat als überschießend außer Betracht zu bleiben.
[9] 3. Das in erster Instanz erstattete Vorbringen, wonach die Klägerin für das Fahrzeug insgesamt (nämlich durch Leistung der Leasingraten und des Restwerts an die Leasinggeberin) „erheblich mehr bezahlt habe als nur den Kaufpreis“, stellt entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht keine schlüssige Behauptung eines Schadens aus dem Leasingvertrag selbst, etwa wegen überhöhter Leasingentgelte, dar.
[10] 4. Die von der Klägerin zitierte Entscheidung 2 Ob 172/22s ist hier nicht einschlägig, betraf sie doch eine ganz andere Rechtsfrage, nämlich die Geltendmachung offener Umsatzsteuer aus einer Totalschadensabrechnung nach einem Verkehrsunfall gegenüber Lenker und Halter, die die dortige Klägerin an die Leasinggeberin zu zahlen hatte (4 Ob 218/23x mwN); Gleiches gilt für die Entscheidung 2 Ob 29/20h, die ebenfalls Schadenersatzansprüche eines Leasingnehmers aus einem Verkehrsunfall betraf.
[11] 5. Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (behauptete Überraschungsentscheidung des Berufungsgerichts) liegt nicht vor. Auch wenn die Klägerin, wie sie geltend macht, im Fall der Erörterung durch das Berufungsgericht ergänzend vorgebracht bzw ihr Vorbringen dahin korrigiert hätte, dass sie am Tag des Kaufvertragsabschlusses lediglich einen Leasingantrag unterzeichnet habe und dieses Anbot erst nach Übermittlung des Formulars durch den Vermittler an die Leasinggeberin von dieser angenommen worden sei, der Leasingvertrag also nicht am selben Tag wie der Kaufvertrag zustande gekommen sei, hätte dies nichts an der rechtlichen Beurteilung geändert, dass der Kaufvertrag lediglich der Spezifikation des Leasinggegenstands diente. Entscheidend ist nämlich, dass die Klägerin – in relevantem Unterschied zu dem der Entscheidung 8 Ob 22/22a zugrunde liegenden Sachverhalt – bereits von Anfang an, also schon bei Unterfertigung des Kaufvertrags, eine Leasingfinanzierung beabsichtigte.
[12] 6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagten haben auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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